Elias Ansatz der Soziologie
Figurationen und Interdependenz sind entscheidende Begriffe
Gesellschaftliche Prozesse können nicht ausschließlich vom Individuum aus gedacht werden (—>methodologischer Individualismus)
Gesellschaftliche Prozesse können nicht ausschließlich vom „Ganzen“ aus gedacht werden (—> methodologischer Holismus)
—>Die interdependente Verknüpfung von Individuum und Gesellschaft macht sozialen Wandel erklärbar
—>Soziogenese (Transformation der Gesellschaftsstruktur) und Psychogenese (Transformation der Persönlichkeitsstruktur) bedingen sich gegenseitig (vgl. Prozess der Zivilisation)
Über den Prozess der Zivilisation
Betrachtung der Entstehungsgeschichte von Gesellschaften im Zeitverlauf (ca. 800 bis 1900 n.Chr.)
Staaten bilden sich heraus und beanspruchen das Gewaltmonopol (vgl. Weber 1921 [1980])
Das Individuum verlagert u.A. dadurch äußere Zwänge und Verhaltenskontrollen nach Innen
Internalisierung von Normen
Fremdzwang wird zum Selbstzwang
„[…] daß [sic!] der Prozeß [sic!] der Zivilisation eine Veränderung des menschlichen Verhaltens und Empfindens in einer ganz bestimmten Richtung ist.“ (S.312)
Kennzeichen:
Ungeplant
Nicht rational
Mit „eigentümlicher Ordnung“ (S.313)
„[…] daß sich aus allem Planen und Handeln der Menschen vieles ergibt, was kein Mensch bei seinem Handeln eigentlich beabsichtigt hat.“ (S.314) (—> Logik der Aggregation)
Der Ursprung des Prozesses
„Aus ihr, aus der Interdependenz der Menschen, ergibt sich eine Ordnung von ganz spezifischer Art, eine Ordnung, die zwingender und stärker ist, als Wille und Vernunft der einzelnen Menschen, die sie bilden.“ (S.314)
Gegenseitige Wechselwirkungen und Abhängigkeiten bilden den Ursprung sozialen Wandels.
—>„durch die Eigendynamik eines Beziehungsgeflechtes“ (S.316)
Woraus ergibt sich das Beziehungsgeflecht?
—>Gesellschaftlicher Differenzierung
Folgen der gesellschaftlichen Differenzierung
Was ist gesellschaftliche/funktionale Differenzierung?
≈ Arbeitsteilung
—>Abhängigkeit der Mitglieder untereinander (vgl. Durkheim)
—>„Der Einzelne wird gezwungen, sein Verhalten immer differenzierter, immer gleichmäßiger und stabiler zu regulieren.“ (S.317)
Warum folgt das aus gegenseitiger Abhängigkeit?
Reziprozitätsnorm („wie du mir, so ich dir“)
Wie wird die funktionale Differenzierung operationalisiert?
„Sie [Wege und Straßen] sind gewissermaßen räumliche Funktionen der gesellschaftlichen Verflechtung […]“ (S.318)
Was sind die messbaren Indikatoren?
Qualität der Straße
Ausmaß des Verkehrs
Quelle der Hauptgefahr
Quelle der Hauptgefahr in differenzierten Gesellschaften resultiert aus dem Verlust der Selbstkontrolle.
—>„Mit der Differenzierung des gesellschaftlichen Gewebes wird auch die soziogene, psychische Selbstkontrollapparatur differenzierter, allseitiger und stabiler.“ (319f)
Ursprung der Selbstkontrolle?
„Die eigentümliche Stabilität der psychischen Selbstzwang-Apparatur, die als ein entscheidender Zug im Habitus jedes ‚zivilisierten‘ Menschen hervortritt, steht mit der Ausbildung von Monopolinstituten der körperlichen Gewalttat und mit der wachsenden Stabilität der gesellschaftlichen Zentralorgane in engstem Zusammenhang.“ (S.320)
—>Ohne staatliches Gewaltmonopol keine weitreichende Arbeitsteilung/Differenzierung
Wieso?
„Hier ist der Einzelne vor dem plötzlichen Überfall, vor dem schockartigen Einbruch der körperlichen Gewalt in sein Leben weitgehend geschützt […]“ (S.321)
ABER:
„ […] aber er ist zugleich selbst gezwungen, den eigenen Leidenschaftsausbruch, die Wallung, die ihn zum körperlichen Angriff eines Anderen treibt, zurückzudrängen.“ (S.321)
—>Steigt mit steigender Arbeitsteilung
—>Arbeitsteilung macht das Leben sicherer, aber auch weniger „spannend“.
„Die Monopolisierung der körperlichen Gewalt, die Konzentrierung der Waffen und der Bewaffneten in einer Hand macht die Gewaltausübung mehr oder weniger berechenbar und zwingt die waffenlosen Menschen in den befriedeten Räumen zu einer Zurückhaltung durch die eigene Voraussicht oder Überlegung; sie zwingt diese Menschen mit einem Wort in geringerem oder höherem Maße zur Selbstbeherrschung.“ (326)
Gruppenarbeit: Was sind die Vor- und Nachteile der Selbstkontrolle
Wie kommt es zur Selbstkontrolle im Individuum?
Sozialisation
Fremdzwänge werden zu Selbstzwängen
Herausbildung eines Gewissens („über-ich“)
Inkorporierung der gesellschaftlichen Anforderungen
„ […] diese Regelung seines Verhaltens und seines Triebhaushalts wird ihm von klein auf so zur Gewohnheit gemacht, daß [sic!] sich in ihm, gleichsam als eine Relaisstation der gesellschaftlichen Standarde, eine automatische Selbstüberwachung der Triebe im Sinne der jeweiligen gesellschaftsüblichen Schemata und Modelle, eine ‚Vernunft‘, ein differenzierteres und stabileres ‚Über-Ich‘ herausbildet, und daß [sic!] ein Teil der zurückgehaltenen Triebregungen und Neigungen ihm überhaupt nicht mehr unmittelbar zum Bewußtsein [sic!] kommt.“ (S.329)
Zusammenfassung
Staatliches Gewaltmonopol bedingt das Ausmaß der Arbeitsteilung
Staatliches Gewaltmonopol bedingt das Ausmaß der Selbstkontrolle
Positive Aspekte: Planbare Lebensverhältnisse mit ökonomischer Sicherheit
Negative Aspekte: Triebe können u.U. nicht ausreichend befriedigt werden
Interdependenz —-> Triebsteuerung —> Selbstkontrolle
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