Differenz zwischen Zeit und Zeitformen
Zeit = Objektive Annahme, dass es Zeit gibt
Zeitformen = grammatische Form des Verbs, durch die Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft eines Geschehens, eines Sachverhaltes usw. ausgedrückt wird
Genauere Definition und Funktion von “Tempusformen”
Erklärt sich über Funktion: Zeitlichkeit ausdrücken (man kennt drei Zeithorizonte: V – G – Z)[1]
Tempus = eine grammatische Kategorie, die am Verb markiert wird und zur Verbflexion (Konjugation)[2] beiträgt.
—>Die charakteristische Funktion der Tempora: Sachverhalt zeitlich zu situieren.
zeitliche Einordnungsfunktion teilen sie auch mit den Temporaladverbien[3] —>S ätze müssen kein Temporaladverb enthalten, während jeder finite Satz notgedrungen ein finites Verb aufweist.
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[1] Alle Zeithorizonte sind vertreten, größtenteils doppelt (FI und FII)
[2] = Abwandlung einer Verbform nach ihren grammatischen Merkmalen
[3] Besonderheiten Adverbien: Können vor dem finiten Verb allein stehen. Nicht flektierbar " jetzt, am 1. Januar, bald, vor einer Stunde, etc…
[4] Vereinfachungen sind in der mündlichen Sprache üblich, wodurch gerne die Präsensform für eine Angabe der Zukunft genutzt wird
Frage: Warum gibt es genau sechs Tempusformen?[1]
=> Wir haben zwar 6 Zeitformen, die aber mehr als 6 Funktionen einnehmen können:
sollte die Bezeichnungen (z.B. Präsens) nur als Bezeichnungen sehen, die nur wenig über die Funktion der entsprechenden Verbform aussagen.
Lässt man sich von der Bezeichnung leiten, dass würde man nicht erkennen, dass Präsens auch eine Futur-Ersatzfunktion[4] haben kann.
—> Tempus und Zeit meinen nicht dasselbe, bspw. Morgen kommt Opa. Verb im Präsens, aber Zeithorizont Zukunft.
3 Kriterien/ Instanzen, mit denen man Zeitformen unterscheidet
1. Instanz: Sprecherzeitpunkt/Ausgangspunkt (aktuelle Gegenwart)
—>dient dem Sprecher als übergeordnete Fix- und Bezugspunkt beim Gebrauch deiktischer Ausdrücke, die sich auf Zeit beziehen.
2. Instanz: Betrachtungszeitpunkt[1]
—>Zeitpunkt in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, wo sich die Handlung/Ereignis zuträgt
3. Instanz: Ereigniszeitpunkt:
—> B und E sind entweder nicht abgeschlossen oder abgeschlossen (Plusquamperfekt und Futur II[2])
—>Zeitpunkt oder Zeitspanne, von wo aus beim Sprechen auf ein Ereignis geblickt wird
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[1] Morgen, wenn ich aus dem Fenster sehe, wird es regnen.
[2] Gestern, als ich aus dem Fenster sah, hatte es geregnet " Betrachtung des Regens ist bereits abgeschlossen, da es anschließend entweder nicht mehr regnete oder die Person nicht mehr aus dem Fenster sah
Futur 1: Morgen, wenn ich aus dem Fenster sehe, wird es regnen.
Präsens: Jetzt, da ich aus dem Fenster sehe, regnet es.
Präteritum: Gestern, als ich aus dem Fenster sah, regnete es.
Perfekt (V): Gestern, als ich aus dem Fenster gesehen habe, hat es geregnet.
Perfekt (G): Jetzt, da ich aus dem Fenster sehe, hat es geregnet.
Perfekt (Z): Morgen habe ich die Hausarbeit fertig gestellt
Plusquamperfekt: Gestern, als ich aus dem Fenster gesehen hatte, hatte es geregnet.
Futur II: Morgen, wenn ich aus dem Fenster sehe, wird es geregnet haben.
S (Gegenwart); B (Zukunft); E ® (nicht abgeschlossenes und zusammenhängendes Ereignis)
S (Gegenwart); B (Gegenwart); E (Gleichzeitiges Ereignis)
S (Gegenwart); B (Vergangenheit); E (Gleichzeitiges Ereignis)
S (Gegenwart); B (Vergangenheit); E (Ungleichzeitigkeit: vollendete Form: abgeschlossenes, vorzeitiges Ereignis)
S (Gegenwart); B (Zukunft); E (Gleichzeitiges Ereignis)
S (Gegenwart); B (Zukunft); E (Ungleichzeitigkeit: vollendete Form: abgeschlossenes, vorzeitiges Ereignis)
Veraltete) schulische Einteilung der Zeitformen nach Ereigniszeitpunkt[1]
[1] Einteilung der Zeitformen nach dem Duden (neuen Modell, ausgehend von dem Betrachter-Zeitpunkt)
V
G
Z
Präteritum
Perfekt[1] ——->
Plusquamperfekt
Präsens
Futur 1
Futur 2
Kriterien: S – B – E
Zeitreferenz
S (Sprecherzeitpunkt)
Gegenwart
B S
B = S
S " B
B (Betrachtungszeitpunkt
Vergangenheit
Zukunft
B = E (Ereignis)
ð Gleichzeitigkeit
Futur I
B ≠ E
ð Vor-/ Nachzeitigkeit
Perfekt
Futur II
·* Die Perfekt-Tempora Präsens-, Präteritum- und Futurperfekt können pauschal als Vorzeitigkeitstempora im Verhältnis zum jeweils entsprechenden einfachen Tempus (Präteritum, Präsens, Futur) bestimmt werden.
· Die Hilfsverbkonstruktion haben/sein + Partizip II führt einen Hilfszeitpunkt – zusätzliche Orientierungszeit- ein, dessen Situierung durch die Tempusform (Präteritum, Präsens, Futur) des Hilfsverbs angezeigt wird.
· Beim Präteritumsperfekt (a) und Futurperfekt (b) Orientierungszeit vor bzw. nach dem Sprecherzeitpunkt
[1] Frage der Abgeschlossenheit " Perfekt bewegt sich in der mündlichen Sprache auf allen drei Zeithorizonten (Polyfunktional)
Kritik am Veraltete) schulische Einteilung der Zeitformen nach Ereigniszeitpunkt[1]
—> Kritik: Perfekt nicht reiner Vergangenheits-, sondern kann auch Futurperfekt ersetzen; Präsens kann auch Futur-Ersatz sein.
Didaktischer Aspekt: Ist die klassische Einteilung der Zeitformen noch aktuell?
Perfekt und Präsens[1] = Polyfunktional (v.a. in der mündlichen Sprache schon fest integriert)
Duden greift empirisch nicht
Es gibt Grundannahmen (Grundmodell), die greifen, und dann gibt’s noch Sonderfälle ("spricht für das Duden-Modell)[2]
=> Zentral = die Eindeutigkeit des Gesagten
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[1] Durch Temporaladverb = Zukunft; szenisches Präsens = Vergangenheit
[2] Präteritum ist nicht Polyfunktional
3 Funktionen des Präsens (mehrfunktional/polyfunktional; drei außerliterarische Fkt.)
Aktuales Präsens —> „jetzt bin ich“, primäres Gegenwartstempus, Ausgangspunkt aller anderen Tempusformen
Panchronisches Präsens —> nicht auf eine bestimmte Zeit bezogen, sondern allgemeingültig, generalisiert „Gott ist“; „Die Erde dreht sich um die Sonne.“
Ersatzform für Futur —> „Morgen fahre ich nach Berlin.“ der Form nach Präsens, aber Funktion Futur)
Tempus und Textualität: dreistufiges Grundmodell
6 Tempus-Standardformen & literarische Besonderheiten
Funktional-Integratives Expertise-Niveau
Literarische Besonderheiten in Form und Funktion
Epik: Szenisches – Räsonierendes – Episches Präsens
Lyrik: Absolutes Präsens
Bildungssprachliches Standard-Niveau
6 Tempusformen (3×2) als Dudenmodell in Form und Funktion
(hängen nicht voneinander ab, Funktion kann auch eine andere sein): mündliche Alltagsrede Perfekt und schriftlich Präteritum - literarischen Standartformen des epischen Präteritums
Alltags-Niveau
Regionale/dialektale/milieubezogene Form-Spezialitäten und ihre Funktion(en). Typischerweise mündlicher Sprachgebrauch
Präsensform im epischen Präteritum eine funktional untergeordnete Rolle[1], aber als Leittempus in der Prosa[2] ein zunächst eher innovativ-moderndes, aber inzwischen gängiges Phänomen abgib
=> gute Schreiber und Rezipienten sollten dieses elaborierte Wissen verfügen
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[1] im Zusammenhang mit wörtlicher Rede im Erzähltext, als eingebettetes szenisches oder räsonierendes Präsens
[2] als episches Präsens
Szenisches Präsens
Tempuswechsel: Art der Hervorhebung " „Verlebendigung“
Eine bestimmte Szene wird hervorgehoben à dieser Moment der Erzählung ist wichtig
Nur in Erzählungen, die in der Grundform im epischen Präteritum geschrieben sind
Räsonierendes Präsens[1]:
Erzählerkommentar[1]
Allgemeingültiger Zeitcharakter[2]
—>Vgl. Panchronisches Präsens " allzeitigem Geltungsanspruch[3]
In Erzählungen, die in der Grundform im epischen Präteritum geschrieben sind
Kann auch unabhängig vom Szenischen Präsens stehen
Nicht auf Handlungsebene
[1] Verwendet der Erzähler, wenn er seine subjektiven und persönlichen Ansichten über Wert- und Gedankensysteme darbietet + wenn er seine subjektiven und persönlichen Wahrnehmungen über das Leen im Allgemeinen und die Welt äußert
[2] Dehnt die Betrachtzeit über die Grenzen der Sprechzeit hinaus, indem die Sachverhalte der Aussage, deren Gültigkeit keinen festen Anfangs- oder Endpunkt aufweisen, in Hinblick auf ihre momentane Relevanz für den Rezipienten in der aktuellen Sprechzeit vergegenwärtigt werden
[3] Die Sonne dreht sich um die Erde
Episches[1] Präsens
[1] Episch = Erzählen " Leittempus
Keine Hervorhebungen durch Tempuswechsel
“neuere“ Erzählweise
Absolutes Präsens
Verschiedene Erinnerungen, die absolut angeordnet sind
Nicht möglich, eine zeitliche Einordnung vorzunehmen " suggeriert ein zeitliches Nebeneinander aller Ereignisse und Erinnerung
Funktional - integrativer Gramatikunterricht
Kontextualisierung
Fokussierung
Spezifische Form- und Funktionsanalyse
Systematisierung —> Transfer
Re-Kontextualisierung / Meta-Reflexion
Didaktische Vorgehensweise
Was sollte gelernt werden?
Konjungationsformen
Repertoire v. temporalen Beziehungswörtern
Begriffe und formale Unterschiede der Zeitformen
Funktion der Zeitformen
Folge der Ueitformen (Vor- und Nachzeitigkeit) —> Tempuswechsel
bewusste Anwendung von Zeitformen
z.B. integrativ-funktional —> Texte i.d.R. = Basistempus (z.B. Erzähl- und Berichttexte = Prätertum)
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