E-learning zum Thema “Perspektive”
“Perspektive”= Darstellung des Raums+ Objekte in diesem, ermöglicht zweidimensionale Darstellung dreidimensionaler Objekte
-> Panofsky spricht von räumliche Perspektive als “Fenster” durch, dass man in den Raum blickt
Entwicklung der Perspektive:
5.Jh.v.Chr. erste perspektivische Raumdarstellung durch Verkürzung bei Griechen (Vasenmalerei, Reliefs,..)
-> kein Fluchtpunkt/ Tiefenlinien
im Mittelalter bis 13.Jh auf realistische Perspektive verzichtet, fast ausschließlich Bedeutungsperspektive
Bedeutungsperspektive= Figuren werden ihrer Bedeutung entsprechend im Bild platziert, keine Rücksicht auf korrekte Proportionen/ Perspektive (Heilige zB groß in Bildmitte)
Giotto di Bondone macht erste Versuche einer wahrnehmungsgetreuen Darstellung von Raum/ Körpern
-> etabliert sich im 14.Jh immer mehr, jedoch bis dahin ohne Verkürzung der Tiefenlinien
um 1420 in Frührenaissance entdeckt Filippo Brunelleschi Zentralperspektive:
Ziel war realistische Darstellung von Raum
machte Perspektivexperimente vor Baptisterum San Giovanni
-> “Baptisteriumstafel”
schafft Zentralperspektive mit Tiefenwirkung, Gitter
1425- 1428 schafft Maler Masaccio erstes zentralperspektivisch korrektes Wandgemälde: Trinitätsfresko (nach Aufzeichnungen Brunelleschi)
-> gelungene Inszenierung der Architektur+ Figuren
-> keine Bedeutungsperspektive (Stifter gleich groß)
erste theoretische Schrift zur Perspektive verfasst von Leon Battista Alberti in “De Pittura” 1435/1436
-> schildert Grundregeln perspektivische Darstellung
Möglichkeiten der Raum-/ Körperdarstellung:
teilweise Verdecken/ Überschneiden
Verkleinerung
unterschiedliche Anordnung über die Grundlinie
die Zentralperspektive: (/Linearperspektive)
wird erstellt von einem Standpunkt des Betrachters aus (Standlinie)
je weiter ein Gegenstand von diesem entfernt ist, desto kleiner wird er dargestellt
im Raum parallel zueinander liegende Tiefen-/ Fluchtlinien laufen auf Fluchtpunkt an Horizont
diese Linien verkürzen sich nach hinten in die Raumtiefe
-> perspektivische Verkürzung
die Parallelperspektive:
anders als bei Zentralperspektive verlaufen hier die Tiefenlinien immer parallel und schneiden sich nicht am Fluchtpunkt
Objekte werden gar nicht in der Raumtiefe verkürzt, keine Verkleinerung
vier Arten der Parallelperspektive: Kavalierperspektive, Militärprojektion, Isometrie, Dimetrie
die Zwei- und Dreifluchtpunktperspektive:
keine Flächen, die parallel zur Bildebene liegen
Betrachter blickt auf Kante des Objekts
von dieser Kante erstrecken sich Geraden in zwei bzw. drei Richtungen zu den jeweiligen Fluchtpunkten
die Vogel- und Froschperspektive:
der Betrachter blickt von oben bzw. unten auf das Objekt
das Bild ist entsprechend nach unten/ oben geneigt
3 Fluchtpunkte entstehen
Text zur Sitzung 3: “Komposition - historia - Bewegung”, Alberti
Leon Battista Alberti (1404-1472)= italienischer Humanist, Schriftsteller, Mathematiker, Kunst-/ Architekturtheoretiker, Architekt, Medailleur der Frührenaissance
formuliert allgemeine Regeln für Malerei, besonders persprektivische Darstellung/ Komposition
Auszug aus Albertis Schrift:
Komposition= Verfahren in dem Künstler Teile zu einem Werk/ Gemälde zusammenfügt
“historia”= Vorgang, bedeutenster Teil Gemäldes, Handlung
-> entsprechend des Vorgangs Akteure/ Körper als Teil dieses Vorgangs zu inszenieren (=Komposition)
in Komposition soll Harmonie/ Schönheit angestrebt werden: Objekte miteinander interagieren lassen, keine harten Kanten, anmutig, soll Lust auslösen
-> Natur soll als Vorbild genommen werden, “nachahmen”
folgende Kriterien zu berücksichtigen:
“copias” (= Fülle) -> voller Bildraum
“varietas” (= Mannigfaltigkeit) -> Vielfalt der Gegenstände
-> müssen mit Bildgegenstand/ Vorgang (“res”) übereinstimmen
-> entsprechend nicht zu voll/ leer, sondern “passende Anzahl von Körpern”
nennt explizit Anzahl von maximal “neun Teilnehmern” ; ein Protagonist, der Betrachter leitet
Folien zu Sitzung 3
Bildraumgestaltung + historia
Geißelung Christi, Piero della Francesca, 1458-1470, Tempera, Urbino
Wie erzeugt das Werk den Eindruck von Tiefenräumlichkeit?
strenge Zentralperspektive:
Fluchtpunkt in Bildmitte
Raum in linker Bildhälfte= mehrere Fluchtlinien
in rechter Bildhälfte= Dach/ Gebäude mit Fluchtlinien
Kassettendecke+ Fliesenboden unterstützen Perspektive
Verkleinerung der Figuren
Überschneidungen Figuren+ Hintergrund
Was ist dargestellt? Welchen Einfluss hat die Bildraum-Komposition auf das Bildgeschehen (historia)?
Geißelung Christi im Hintergrund vor Pontius Pilatus, im Vordergrund drei Figuren im Gepräch
Fluchtpunkt der Zentralperspektive deutet auf das Geschehen im Hintergrund (Gegenstand des Gemäldes)
evtl chronologische Abbildung der Geschichte? (von Vordergrund in Hintergrund)
Beziehen Sie Albertis Forderung nach Fülle und Vielfalt (copia/varietas) auf dieses Werk.
wenig Akteure, nur für Geschichte relevante
alle Akteure interagieren untereinander+ mit Umgebung
Vielfalt in Darstellung der Figuren (Kleidung/ Haltung)
sanfte Darstellung (Falten, Licht)
weiteres Beispiel strenger Zentralperspektive: (siehe Elearning)
Trinität, Masaccio, 1427/1428, Fresko, Florenz
kassetiertes Tonnengewölbe in Zentralperspektive
Auswirkungen und Potenziale der zentralperspektivischen Darstellung
Aufhebung des flachen Bildgrundes
mathematische Erschließung/ Messbarkeit des Bildraumes
Bild repräsentiert (vermeintlich) einen Ausschnitt der sichtbaren Wirklichkeit/ erzeugt die Illusion
keine Bedeutungsperspektive
eröffnet neue Möglichkeiten der erzählenden Darstellung
Architektur erhöht deren Bedeutung für die Bildkomposition
-> Erforschung und Anwendung der Perspektive unterstreicht den Anspruch der Kunst als Wissenschaft zu gelten
Gegenbeispiel: keine zentralperspektivische Komposition
Arnolfini-Hochzeit, Jan van Eyck, 1434, Öl, London
mehrere Fluchtpunkte, nicht alle Fluchtlinien laufen auf diese zu
Exkurs: Erwin Panofsky, “Ikonographie und Ikonologie”
Dreischritt der Beschreibung und Interpretation:
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