Formen einer Demenz
Einteilung nach möglichen Ursachen
Neurodegenerativ durch Um/Abbauprozesse im Gehirn
Morbus Alzheimer (60%)
Morbus Parkinson
Frontotemporale Demenz (Morbus Pick) (5%)
Lewy-Körperchen-Demenz (15%)
Vaskulär bedingt durch mikro- oder makrovaskuläre Durchblutungsstörungen
Folge eines Schlaganfalls
Multiinfarkt-Demenz
Gemischte Formen
Symptome
Vergesslichkeit (Kurzzeitgedächtnis)
verringerte Konzentration
Müdigkeit
Depression
Sprachstörungen bis Sprachverlust
Halluzinationen
Erkennen von Personen nimmt ab
Alltagsfähigkeiten (ankleiden, Essen, Einkaufen) nimmt ab
Altersvergesslichkeit oder Demenz?
Diagnostische Kriterien
Diagnosestellung durch Neurologen, Psychiater oder Gerentologen
Krankengeschichte von Patient und Angehörigen schildern lassen
psychologische Tests
bildgebende Verfahren: Gefäße und Gehirn
Laborwerte
Schweregrad-Bestimmung
Differentialdiagnosen:
Schilddrüsenunterfunktion
Hirntumor
Epilepsie
Intoxikation
Infektion
—> sekundäre Demenz
Differentialdiagnose “akute kognitive Störung”
Delirium (auch als “Durchgangssyndrom” bezeichnet
= akute Verwirrtheit, oft in Verbindung mit Bewusstseins- und Aufmerksamkeitsstörungen, Halluzinationen
Es gibt keine akute Demenz!
Bei Vorliegen einer Depression: zuerst diese behandeln!
Gefahr der “depressiven Pseudodemenz”!
Übersicht für neuropsychologische Tests
Uhrentest
MMST
Mini Mental Status Test
—> Schnelltest für die Erfassung kognitiver Störungen
hohe Aussagekraft in der Erfassung der Demenz
oft als Erst-Test
oder als Test zur Erfassung des Fortschritts der Demenz
Abgrenzung durch Laborwerte
Bildgebung
Ventrikel, die die Hirnflüssigkeit enthalten sind stark erweitert bei Demenz
Rückgang der Gyri (der gut entwickelten Falten im Gehirn)
—> es treten Plaques und Tangles auf
Pathophysiologie
Entstehung von Plaques durch veränderten Abbau von APP
Klinische Symptome erst im fortgeschrittenem Stadium
erst wenn 70% der betreffenden Neurone zerstört sind
Spaltung von APP in kleinere Polypeptide durch verschiedene Sekretasen
Alpha-Sekretase: bildet lösliches APP (sAPP)
neuroprotektiv
Beta- und Gamma-Sekretasen: Bildung von ß-Amyloide (Mono-, Oligomere, Fibrillen)
sind für den Zelluntergang verantwortlich
Mutationen im PEN-2- und Presenillin-1-Gen
begünstigen die Bildung von ß-Amyloiden
Nervenzelluntergang von cholinergen Neuronen
Nucleus basalis Meynert
90 % der cholinergen gehen von dort zum Neocortex
bestimmt die Lernstörungen und Gedächtnisstörungen maßgeblich
Antidementiva - Übersicht
Sollen bei Patienten mit Demenz die kognitive Leistungsfähigkeit und die Fähigkeit, Alltagsdinge durchzuführen, verbessern
wirken symptomatisch, aber können den Krankheitsverlauf nicht modifizieren
Acetylcholin-Esterasehemmer
Rivastigmin
Galantamin
Donepezil
Memantin
Gingko biloba
Nootropika (nicht hinreichend belegt)
Alzheimer = die cholinerge Erregungsübertragung ist beeinträchtigt
Untergang Acetylcholin-abhängiger Neurone
Ziel: Erhöhung des Acetylcholins im synaptischen Spalt
Donepezil, Galantamin
reversible Bindung ans anionische Zentrum und Komplexbildung mit dem esteratischen Zentrum
kompetitive Hemmung
Stabilisierung der kognitiven Leistung über einen Zeitraum von mindestens 6 Monate
blockiert neben der ACh-Esterase auch die Butylcholin-Esterase
Carbamylierung am esteratischen Zentrum des Enzyms
Regenerierung durch langsame Hydrolyse
pseudoirreversibel durch langsame Hydrolyse
Indikation:
bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz
bei leichter bis mittelschwerer Demenz bei Parkinson-Patienten
BV: gute Resorption, hoher First-pass-Effekt
Plasma-HWZ:
Donepezil: 70h
Galantamin: 6h
Rivastigmin: 1h (TTS-Applikation)
Dosierung:
LANGSAM EINSCHLEICHEN
Beginn mit niedrigster Dosis über mehrere Wochen, je nach Verträglichkeit aufdosieren (kann bis zur Maximaldosis gemacht werden bei Verträglichkeit)
1-2x täglich
in der Regel Einnahme zu den Mahlzeiten
UAWs:
Übelkeit
Sodbrennen
Diarrhoe
Schwindel
Albträume
Somnolenz
Agitiertheit
Muskelkrämpfe
negativ chronotrop
Interaktionen
Pharmakodynamisch:
Abschwächung der Wirkung von Anticholinergika
Erhöhung der Wirkung von depolarisierenden Muskelrelaxantien
Erhöhte Bradykardiegefahr durch Digitalis, ß-Blocker, Verapamil, Diltiazem
COX-Hemmer: Effekte auf GIT erhöht
Pharmakokinetisch:
Donepezil und Galantamin: CYP3A4 und CYP2D6-Metabolismus
Donepezil-Konzentration wird bis zu 30 % erhöht durch CYP3A4-Hemmer/Substrate
—> Wirkungsabschwächung durch CYP-Induktoren
Elimination:
Rivastigmin + Galantamin —> Renal
KI: schwere Leberfunktionsstörungen (Galantamin)
Auswahl des ACh-Esterasehemmers wird primär am Neben- und Wechselwirkungsprofil orientiert
keine ausreichenden Hinweise für klinisch relevante Unterschiede in der Wirksamkeit der verfügbaren Präparate
Können bei guter Verträglichkeit im leichten bis mittleren Stadium auch fortlaufend gegeben werden!
Absetzversuch kann vorgenommen werden, wenn Zweifel am günstigen Verhältnis aus Nutzen zu Nebenwirkungen auftreten
Alternativ: Umsetzen auf einen anderen ACh-Esterasehemmer
—> Wirksamkeit muss alle 6 Monate überprüft werden!!!!
Evidenzbewertung
Es gibt Hinweise für eine Wirksamkeit von Donepezil bei Alzheimer im schweren Krankheitsstadium auf Kognition, Alltagsfunktionen und klinischen Gesamteindruck
Es gibt Hinweise für eine Wirksamkeit von Galantamin auf Kognition
Weiterbehandlung von vorbehandelten Patienten oder die erstmalige Behandlung von Patienten im schweren Stadium kann empfohlen werden (off-label)
Neurotransmitter: Glutamat
Neurotransmitter tritt als Zwischenprodukt in einem Seitenweg des Citratcyclus auf
Aus dem Citratzyklus ensteht das Alpha-Ketoglutarat
Umwandlung zu Glutamat
durch die Transaminasen (Übertragung von Einer Aminogruppe)
Cofaktor: NADPH/H+
Abbau von Glutamat zurück zum Alpha-Ketoglutarat durch die Glutamat-Dehydrogenase
Cofaktor: NADP+/H20
Nach Aufnahme von Glutamat in Gliazellen
Umwandlung in Glutamin durch die Glutamin-Synthetase
verbraucht ATP
Ammonium-Ion wird verbraucht und in das Glutamat eingebaut
Nach Aufnahme von Glutamin in Neurone
Umwandlung von Glutamin in Glutamat durch die Glutaminase
Wasser wird verbraucht und NH4+ geht raus
NMDA-Rezeptoren
NMDA-Rezeptoren werden durch Binden von Glutamat aktiviert
Glutamat = wichtigster exzitatorischer Neurotransmitter
für Lern- und Gedächtnisprozesse von Bedeutung
ist normalerweise durch einen Magnesiumblocker verschlossen
Ligandengesteuerter Ionenkanal
in der postsynaptischen Membran lokalisiert
Bindung von Glutamat
gleichzeitg mit der Bindung von Glutamat muss ein Coagonist vorhanden sein:
Glycin
D-Serin
—> beeinflussen die Kanalöffnung
Magnesiumblocker verschließt den Kanal
damit das Magnesium abdissoziiert muss die postsynaptische Membran depolarisiert werden
innen entweder weniger negativ oder sogar positiv werden
Nach der Abdissoziierung von Magnesium kommt es zu einem Einstrom von Calcium-Ionen durch den geöffneten Kanal in der Postsynapse
Pathologisch bei Alzheimer
NMDA-Rezeptor-Antagonisten
Ziel: Verhinderung der Überstimulation von NMDA-Rezeptoren und der Calcium-Überladung
Angriffspunkt:
Magnesium-Bindestelle des NMDA-Rezeptors im Inneren des Ionenkanals
—> use dependence: der Kanal muss dafür geöffnet sein
sonst kann es nicht binden
Magnesium blockiert die Bindestelle
mittelschwere bis schwere Alzheimerdemenz
Bei leichter Alzheimer-Demenz kein Nachweis für Effekt auf Alltagsfunktion, nur geringer auf Kognition
nicht empfohlen!
Add-On zu Donepezil:
NUR EMPFOHLEN wenn die Punktzahl beim MMST geringer als 10 ist!
Postulierte Wirkungen
Neuroprotektion
ATP-Synthese durch ROS weniger stark beeinträchtigt
Gingko agiert da eventuell als Radikalfänger
verbesserte Stressadaption
PAF-Antagonismus —> Gerinnungshemmer!
PAF = Plättchenaktivierender Faktor
verbesserte Hämodynamik
Verformbarkeit der Blutzellen
Standardisierter Extrakt (z.B. Tebonin) auf Flavonglykoside und Terpenlactone
Evidenzlage uneindeutig
von Leitlinien momentan “offene” Empfehlung
Weitere Therapieoptionen
Nootropika
Radikalfänger
NSAIDs
CAVE: von Leitlinien nicht empfohlen!
Andere Faktoren, die den Krankheitsprozess begünstigen
Korrelierend in ca. 50 % der Alzheimer-Demenz-Fälle:
Diabetes mellitus
Hypertonie
Adipositas
Nikotin
Kognitive Inaktivität
Körperliche Inaktivität
Lewy-Körperchen-Demenz
Neurodegenerative Demenz mit Parkinson-Syndrom und histopathologisch nachweisbaren Lewy-Körperchen
Abgrenzung zum M. Parkinson kann schwierig sein
Frontotemporale Demenz
Wesensveränderung mit Verlust von Manieren und einem gestörten Sozialverhalten
Demenz bei Morbus Parkison
Vaskuläre Demenz
Medikamentöse Therapie nicht-kognitiver Symptome
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