Was kennzeichnet ein Problem?
Mayer (1992): Kennzeichen von Problemen
▪ Anfangszustand: Situation, in der dem Problem begegnet wird
▪ Ziel: Situation, die Ende vorliegen soll
▪ Hindernisse oder Barrieren: liegen zwischen Anfangs- und Zielzustand und verhindern direkte Überführung des Anfangs- in den Zielzustand
▪ Forschungsfrage: generelle Prinzipien des Denkens und Problemlösen anhand von Beispielproblemen
Wie klassifiziert man ein Problem?
▪ Geschlossene/gut definierte Probleme/einfache Probleme
▪ Anfangs- und Zielzustand sind bekannt => Lösungsweg
▪ Offene/schlecht definierte Probleme/komplexe Probleme
▪ Anfangs ode rZielzustand sind nicht eindeutig anzugeben=>kein klar ersichtlicher Lösungsweg
▪ Problemlösen: Versuch den Anfangszustand in den Zielzustand zu überführen bei Vorliegen einer Barriere oder eines Hindernisses unter Zuhilfenahme vieler einzelner kognitiver Operationen
Komplexes Problemlösen
Was sind komplexe Probleme?
▪ Grosse Zahl interagierender Variablen
▪ Vernetzheit der Variablen untereinander
▪ Intransparenz
▪ Eigendynamik
▪ Polytelie = Fehlen eines klar definierten Zielzustandes
Gute Problemlöser komplexer Probleme
▪ versuchen gezielt Systemwissen zu gewinnen, als Grundlage für Zukunftsprognosen
▪ beobachten Auswirkungen früherer Eingriffe
▪ Reflektieren bislang getroffene Entscheidungen und Eingriffe immer wieder kritisch
Problemraumtheorie (Newell & Simon, 1972)
Ausgangssituation und Ziel definieren den Problemraum
Problemlösen: Suche im Problemraum
Wie ein Labyrinth vorzustellen,
Anfang: Eingang,
Zustandsänderung: Los gehen => Kreuzung Entscheiden
Ende: Goldtopf
Voraussetzung für die Erstellung eines Prblemraums: Formale Aufgabenanalyse
Problemanalyse ermöglicht Festlegung des Problemraums und das Finden der optimalen Lösung
Was kann die Problemraumtheorie leisten?
Gute Unterstützung für Vorhersagen der Problemraumtheorie für gut definierte Probleme => einfache Probleme mit klarem Anfangszustand und eindeutigem Zielzustand
Keine guten Vorhersagen für komplexe, schlecht definierte Probleme => kleiner Geltungsbereich
Problemlösen nach der Gestaltpsychologie
Problemlösen aus gestaltpsychologischer Sicht geschieht durch produktives Denken und umfasst vier Stufen:
Vorbereitungsphase
Inkubationphase
Illuminationsphase
Verifikationphase
▪ Umstrukturierung des Problems und Aha Erlebnisse
▪ Keine klaren theoretischen Vorhersagen und Erklärungen aber interessante Fragestellungen
Wolfgang Köhler & Sultan
Untersuchung mit Menschenaffen:
Eine Banane wurde in das Gehege der Affen gehängt - in einer Höhe, die für die darin lebenden Tiere nicht erreichbar war.
Der Schimpanse 'Sultan' (Köhlers klügstes Tier) versuchte zunächst durch Springen an den Leckerbissen zu gelangen.
Nachdem er dieses Verhalten erfolglos aufgab, ...
... setzte er sich und beobachtete die Situation: In dem Käfig befanden sich einige Kisten...
Köhler unterstellt hier eine Problemlösungsphase, die zur Einsicht führt.
Plötzlich springt das Tier auf und stellt sich eine Kiste unter die Banane. Da die somit erreichte Annäherung an das Ziel (die Banane) immer noch nicht ausreicht, um sich selbiger zu bemächtigen, holte es weitere Kisten und stapelte sich einen Turm. Diese wackelige Konstruktion kletterte Sultan hinauf und konnte sich so die Banane von der Decke des Käfigs holen.
Das erlernte Verhalten konnte in weiteren Versuchen ohne Verstärkung jederzeit wieder angewendet werden.
Grundannahmen (nach Ohlsson, 1992):
▪ Problemlösen erfordert sowohl reproduktives wie auch produktives
Denken
▪ Reproduktives Problemlösen verwendet Vorwissen => hinderlich für schnelles, kreatives Problemlösen
▪ Produktives Problemlösen ist durch Einsicht in die Struktur des Problems gekennzeichnet und kommt durch Umstrukturierung der Problemsituation zustande
▪ Die Einsicht kommt subjektiv überraschend und ist mit einem Aha- Erlebnis verknüpft
Seil Problem (Maier, 1931):
Zwei-Seile-Problem, Demonstration funktionaler Fixierung. Zwei von der Decke hängende Seile sollen miteinander verknotet werden; deren beide Enden kann der Proband jedoch nicht erreichen. Als weitere Gegenstände sind ein Stuhl, eine Zange, Papiere, Nägel und ein Glas vorhanden. Die Lösung des Problems besteht darin, die Zange an ein Seil zu knoten und das erste Seil in Schwingung zu versetzen. Das zweite Seil ist zu greifen, in die Mitte des Raumes zu ziehen und das schwingende Seil im richtigen Moment abzupassen (Problemlösen)
Lösungshinweis: Der Experimentator berührt eines der Seile beim Reingehen. => Lösungshinweis führt zur Umstrukturierung
Was ist funktionale Gebundenheit?
funktionale Gebundenheit, entsteht dadurch, daß ein Objekt für eine bestimmte Problemlösung zu einem bestimmten Zweck benutzt wurde. Es fehlt dann die Verfügbarkeit für eine andere Funktion oder eine andere Problemlösung
Was ist die Fixierung?
Das Festhalten an bestimmten Einstellungen, Denkstilen und Verhaltensweisen. Dieser Zustand geht einher mit einem Verlust an Flexibiliät bezüglich des Denkens, Fühlens.
Beispiel:
Problem: Verbinden Sie alle neun Punkte mit vier Linien ohne den Stift abzusetzen.
Was ist der Einstellungseffekt?
Negativer Vorwissenseffekt, der nach wiederholter Ausführung derselben Lösungsroutine die Entdeckung einfacherer Lösungen verhindert.
Einsicht
▪ Einsicht Probleme: Anfangszustand => Sackgasse => Einsicht => Lösung
▪ Ohlson (1992): Einsicht als Veränderung der Problemrepräsentation
▪ Lockerung von Randbedingungen
▪ Entpacken von «chunks»
kognitive Perspektive:
▪ Hypothese Lockerung von Randbedingungen: Operanden werden eher verändert als Operatoren, und diese wiederum eher als Tautologien
▪ Hypothese Entpacken von chunks: Einfache chunks werden schneller entpackt als mittelstarke chunks; diese werden wiederum schneller entpackt als starke chunks
▪ Sackgassen können durch Veränderung der Problemrepräsentation aufgelöst werden
Veränderungen der Problemrepräsentation umfassen die Lockerung von Randbedingungen sowie das Entpacken von chunks
Die Umstrukturierung der Problemrepräsentation ist kein intentionaler Prozess (Knoblich, 1999)
Transfer Analogie
▪ Analogien helfen beim Problemlösen
-> Semantische Ähnlichkeit
-> Konzeptuelle Ähnlichkeit
->Ähnlichkeit in der Struktur des Lösungswegs
=> ermöglichen Analogien
Unterschied zwischen Urteilen und Entscheiden.
Urteile können hinsichtlich der Korrespondenz (Passung aus Umwelt und Urteil) beurteilt werden.
Entscheidungen können hinsichtlich ihrer Kohärenz (innere Widerspruchsfreiheit) beurteilt werden.
Entscheidungen können sicher sein (beim Wissen um die Konsequenz) oder unter Unsicherheit stattfinden, wenn Konsequenzen nicht zuverlässig eintreten
Urteilsforschung hat ihre Wurzeln eher in der Wahrnehmungspsychologie, Entscheidungsforschung eher in der Mathematik und Philosophie (Lotterien als Paradigma der Wahl)
Was wird unter den Strukturmodellen des Entscheidens verstanden?
Erwartungswert: Summe der Werte aller möglichen Konsequenzen multipliziert mit ihrer Eintretenswahrscheinlichkeit
Erwartungsnutzen: Wahl derjenigen Option, die den erwarteten Nutzen maximiert, basierend auf größerem Erwartungwert
Option/Alternative
zur Wahl stehendes Objekt/Alternative
Attribut
entscheidungsrelevante Eigenschaft
Konsequenz/Outcome
Ergebnis der Kombination von Entscheidung und Umwelt
Zielkonflikt
unterschiedliche Konsequenzen/Attribute favorisieren verschieden Entscheidungen
Dominante Option
vergleichbar auf allen Attributen, aber besser auf einem
Riskante Entscheidung
Konsequenzen hängen von Ereignissen ab, die mit bekannter Wahrscheinlichkeit eintreten
Prozessverfolgung
Beobachtung der Teilschritte des Entscheidungsprozesses
Theorie des erwartenden Nutzens
Normatives Prinzip der Maximierung des erwarteten Nutzens bei riskanten Entscheidungen. Es wird angenommen, dass die Nutzenwerte aller Konsequenzen mit ihren jeweiligen Eintretenswahrscheinlichkeiten multipliziert und aufsummiert werden.
Das Lotterieparadigma
Wählen Sie zwischen 2 Alternativen:
Option 1: In 30% der Fällen verlieren Sie 50 € , in 20% der Fällen erhalten Sie 350€ , in 50% der Fällen erhalten Sie nichts.
=> -50*0.3+0*0.5+350*0.2=55 € Gewinn
Option 2: In 50% der Fällen erhalten Sie 130 €, in 30% der Fällen erhalten Sie nichts und in 20% der Fällen verlieren Sie 50 €.
=> 130*0.5+0*0.3-50*0.2= 55 € Gewinn
Strukturmodelle des Entscheidens: Nutzenfunktionen und Wahrnehmung von Wahrscheinlichkeiten bestimmen ausgehend von bestimmten Axiomen
=> Theorie des erwarteten Nutzens
Theorie des erwarteten Nutzens: Multiplikation der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses und seines Wertes
Was sind die zwei Axiome der optimalen Entscheidung
Normative Theorie der optimalen Entscheidung hat zwei Axiome:
Axiom der Transitivität:
Rangfolge der Präferenz muss in sich stimmig sein
Axiom der Unabhängigkeit:
identische und gleich wahrscheinliche Konsequenzen sollten keine Rolle für die Entscheidungsfindung spielen.
Empirische Befunde für Verletzungen beider Axiome
Weiterentwicklung der Erwartungs X Nutzen Theorie und Integration psychologisch plausibler Mechanismen
PROSPECT Theorie
Was ist die Prospect Theorie
Sie wurde Ende der 1970er von den Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky vorgestellt und besagt, dass ein Mensch die Verhaltensweise wählen wird, bei der der erwartete subjektive Gewinn mal der empfundenen Wahrscheinlichkeit, dass dieser Gewinn eintritt, am höchsten ist.
Probleme:
Emotionen werden nicht berücksichtigt => antizipierte Enttäuschung kann Entscheidungen beeinflussen
Erfahrungsbasierte Paradigmen legen Unterschätzung nicht Überschätzung kleiner Wahrscheinlichkeiten nahe
Annahme eines Referenzpunktes sowie Form der Wert- und Gewichtungsfunktion kann empirische Phänomene der Entscheidungsforschung erklären:
Verlustaversion und Besitztumseffekt als Beispiele
risikoaverses und risikogeneigtes Verhalten beispielsweise im Framingeffekt
Welche Eigenschaften haben Informationen, die kognitive Fehlurteile begünstigt.
Repräsentativität, Verfügbarkeit und Verankerung führen zu kognitiven Fehlurteilen.
Heuristiken sind ein eher beschreibend und spezifizieren dahinterliegende Mechanismen nur ungenau.
Brunswik Linsenmodell ist auch eher beschreibend und kann keine Aussagen zur Berücksichtigung und Gewichtung von Hinweisen machen.
Was sind Heuristiken?
Das Wort Heuristik stammt vom griechischen Wort „heuriskein“ ab, was soviel bedeutet wie finden oder entdecken.
Heuristiken sind mentale Strategien, Faustregeln oder Abkürzungen, die uns helfen, mit begrenztem Wissen und begrenzter Zeit Entscheidungen zu treffen und Urteile zu fällen.
Repräsentativität
Ähnlichkeit oder Typikalität ersetzt durchdachtes Entscheiden => Konjunktionsfehler im Linda Beispiel:
Linda ist 31 Jahre alt, freimütig und sehr intelligent. Sie hat einen Abschluss in Philosophie. Als Studentin hat sie sich intensiv mit Fragen der Diskriminierung befasst und war auch auf Anti-Kernkraft Demo.
Ordnen Sie folgende Aussagen nach der Wahrscheinlichkeit ihres Zutreffens auf Linda:
A, Linda ist in der Frauenbewegung aktiv.
B, Linda ist Bankangestellte
C, Linda ist Bankangestellte und in der Frauenbewegung aktiv.
Lösung: A >> B, aber C >> B
->entspricht mentaler Vorstellung
Verfügbarkeit
Leichtigkeit mit der Ereignisse aus dem Gedächtnis abgerufen werden können => erweitert auf Verarbeitungsflüssigkeit
->z.B
LV wird verkauft
Beispiel um zu verkaufen: Flugzeugabsturz
-> statistisch unwahrscheinlich, aber Angst schürend
Verankerung
Einschätzen numerischer Größen
Beispiel: 1*2*3*4*5*6*7*8 < 8*7*6*5*4*3*2*1?
anderes Beispiel:
Fixkosten einer Tür - 140$
Verkäufer: Angebot nur für Sie - 70$ (eigentlicher Preis 50$)
Heuristiken & Vorannahmen
Kontroverse & Diskussionspunkte:
Heuristiken sind vage und lediglich beschreibend
Keine Prozessspezifikationen oder Vorhersagen, eher (post-hoc) Erklärungen
Notwendigkeit verzerrter kognitiver Prozesse? => Alternative nicht-gelungene Informationsintegration
Adaptiver Organismus (Gigerenzer): erfolgreiches Handeln nicht normatives Handeln
Linsen-Modell Brunswik
Linsen-Modell, von Brunswik skizzierter theoretischer Ansatz, der verstehen helfen soll, wie wir in einer probabilistischen Welt aus unseren Bobachtungen Schlüsse ziehen. Wir können Ereignisse, Objekte oder Zustände in der Welt nie "direkt" erfahren, sondern nur über sensorische Informationen. Diese erlauben uns eine mentale Repräsentation von Ereignissen, Objekten oder Zuständen. Im vereinfachten Modell ( Abb. ) stehen links distale, vom Beobachter "entfernte, Zustände der "Welt" (e steht für environment), die über proximale, mehr oder weniger ökologisch valide Hinweisreize (cues), erfahrungsbezogener Gewichtung sowie mometanem subjektivem Eindruck im kognitiven System zu einem Urteil zusammenfließen.
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