Schmerzanamnese
Wie stark tut es weh? → Schmerzintensität
Wo tut es weh? → Schmerzlokalisation
Wie tut es weh? → Schmerzqualität
Seit wann tut es weh? → Intensitätsveränderung, Zeitverlauf
Was beeinflusst den Schmerz? → z. B. Kälte/Wärme, Bewegung Welche Medikamente nehmen Sie gegen die Schmerzen?
Warum schmerzt es? → Schmerzkonzept?
Grundlagen der Schmerztherapie in der Palliativmedizin
Überprüfung der Schmerzursache: kausale Therapie? (Operation, Wundversorgung, Bestrahlung)
Festes Zeitschema für Analgetika und Begleitmedikation Individuelle Wahl des Applikationsweges (p.o., s.l., s.c., i.v., transcutan, nasal)
o aufgrund häufig erschwerter bis unmöglicher oraler Gabe dann alternative Wege, insbesondere s.c. und s.l. Gabe sowie kontinuierliche Gabe via Perfusor
Aufklärung/Information, ggf. Miteinbeziehung der Angehörigen Großer Schwerpunkt auf nicht-medikamentösen Maßnahmen
Nicht-medikamentöse Schmerztherapie
Pflege:
o Die Pflegekräfte wissen häufig viel über die Schmerzsituation der Patient:innen
o Lagerung, Mobilisation, Wärme- / Kälteapplikation, Aromatherapie
o Kutane Stimulation: Wickel, Einreibungen, Massage
o Antizipation statt Krisenintervention (z.B. Bedarfsgabe vor Mobilisation)
o Schulung von Patient:innen und Angehörigen
Physiotherapie:
o Passive oder aktive Krankengymnastik o Wärmetherapie, Eisbehandlung, Massage, Lymphdrainage o Schulung / Bewegungsabläufe / Hilfsmittel
Sozialdienst
o z.B. Organisation von Hilfsmitteln und anderer Unterstützung
Psychologische und psychotherapeutische Intervention
o Kognitive Verhaltenstherapie
o Entspannungsverfahren (PMR nach Jacobson, Imagination, autogenes
o Gesprächstherapie
o Musik- und Kunsttherapie
Häufige Herausforderungen in der palliativen Schmerztherapie
Kommunikation/Bewusstsein/Kognition eingeschränkt
Anamnese/Schmerzerfassung mit VAS/NRS/verbal nicht möglich
Körpersprache, Mimik, verbal (Stöhnen, Schreien...), vegetative Symptome (RR, Puls,
Schwitzen, Blässe, schnelle Atmung), Muskelspasmus
Erhebung anhand standardisierter Skalen möglich (PAINAD, BESD)
Organdysfunktion: Anpassung/Umstellung bei z.B. Leber-/Niereninsuffizienz
Parenterale Medikamentengabe bei Sub-/Ileus/Resorptionsstörung (Abwägung Darmparese durch Opioide vs. Ileussymptomatik)
Stufenweise Therapie viszeraler Schmerzen
Patient:in bisher ohne Schmerzmittel: Nicht-Opioid bei Bedarf
Bedarf allein nicht ausreichend: Nicht-Opioid fest plus kurzwirksames Opioid bei Bedarf
> 3 Opioid-Bedarfsgaben/Tag erforderlich: Nicht-Opoid fest, retardiertes Opioid fest plus kurzwirksames Opioid bei Bedarf
Schrittweise Dosissteigerung des retardierten Opioids bei > 3 Bedarfsgaben/Tag
(keine prinzipielle therapeutische Obergrenze)
Bedarfsmedikation
je Gabe: ca. 1/6 – 1/10 der Opioidtagesgesamtdosis
Wdh. bis Schmerzfreiheit (keine absolute Mengenbeschränkung), aber maximale
Bedarfsmenge entsprechend Anflutungszeit (z.B. bis max. alle 10 / 20 / 30 / 40 min)
bei > 3 Bedarfsgaben/Tag: Steigerung der Festmedikation
Prophylaxe/ Verringerung der Nebenwirkungen
Antiemese: bei Einleitung/Dosissteigerung Opioidtherapie über ca. 14 Tage: z.B.
Haloperidol oder Metoclopramid, dann Toleranzentwicklung
Laxantien dauerhaft unter Opioidtherapie: keine Toleranzentwicklung!
„Magenschutz“ mit PPI bei NSAID/Steroiden evaluieren,
Co-Analgetika
Pharmakologisch keine Analgetika; Kombination mit WHO Stufe I-III
Antidepressiva - Amitriptylin, Doxepin, Duloxetin
Antikonvulsiva - Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin,
Neuroleptika - Levomepromazin, Haloperidol
Benzodiazepine - Tetrazepam
Steroide
Antidepressiva
Vorrangig bei neuropathischen Schmerzen mit Par- und Dysästhesien
Einschleichende Dosierung; Wirkung frühestens nach 7 Tagen NW: Mundtrockenheit, Rhythmusstörungen, Orthostase, Müdigkeit, Miktionsstörungen
KI: Leber- und Niereninsuffizienz, Epilepsien, schwere Herzerkrankungen, AV-Block 2. und 3. Grades
Antikonvulsiva
Vorrangig bei neuropathischen Schmerzen mit einschießendem, stechendem Charakter einschleichende Therapie, ggf. Spiegelkontrolle (Carbamazepin)
Wirkung erst nach 8-14 Tagen
NW: Sedierung v.a. bei Therapiebeginn, Ataxie, Verwirrung,
Appetitlosigkeit, Blutbildveränderung, Leberenzymerhöhung
KI: Reizleitungsstörungen des Herzens, Leberfunktionsstörung
Therapie neuropathischer Schmerzen
Bei primär peripherer Genese: Antikonvulsivum
Bei primär zentraler Genese: Antidepressivum
Bei komplexer neuropathischer Symptomatik: Kombination von Antikonvulsiva und
Kombinationstherapie bei viszeraler und neuropathischer Schmerzkomponente
Medikamentöse Therapie Dyspnoe
1. Opioide (z.B. Morphin, Hydromorphon, Oxycodon, Fentanyl): Opioid-Dauermedikation analog Schmerztherapie (fest + Bedarf)
Dosierung nach Klinik = subjektive Dyspnoe (keine Vitalparameterüberwachung)
2. Sedativa / Benzodiazepine: Lorazepam: 0,5-2 mg s.l., p.o. oder i.v., ggf. Dosissteigerung, 4-6 x tgl. fest + zusätzlich bei akuter Dyspnoe alternativ Midazolam Alternativ (paradoxe Reaktion auf Benzodiazepine / Ineffektivität): niedrig potente Neuroleptika.
3. Bei Lymphangiosis / Obstruktion: Steroide
4. Bei zusätzlichen Husten: Antitussiva oder Mykolytika
5. Bei Überwässerung / brodelndem AG: Diuretika
6. Bei störender Hypersektretion: Anticholinergika
7. Sauerstoff (nur bei klinischer Hypoxie)
Nicht-medikamentöse Therapie Dyspnoe
Ruhe bewahren, keine Hektik
Nähe und Distanz, aber Sichtweg freihalten
Kleidung lockern
Lagerung
Ventilatoren
Frischluftzufuhr
Kühlung des Gesichts
Unterstützung der Angehörigen => Unterstützung durch Angehörige
Rituale für Atemnotattacken
Anpassung des Tagesrhythmus
Medikamentöse Appetitsteigerung
Steroide (+ ggfs. Magenschutz mit PPI); Wirkung begrenzt auf wenige Wochen
Megesterol: Effektivität gezeigt für Übelkeit / Anorexie, Gewichtszunahme, teuer
Antidepressiva: z.B. Mirtazapin, Neuroleptika: z.B. Olanzapin
Cannabinoide: Dronabinol
Verbesserung der Passage/Magenentleerung: Metoclopramid ca. 30 min vor den
Mahlzeiten
Übelkeit/ Erbrechen Grundsätzliches + Medikation nach Ursache
Grundsätzlich Therapie von Übelkeit und/oder Erbrechen immer zunächst i.v. und immer 1 Medikament fest plus 1 weiteres mit anderem Wirkmechanismus bei Bedarf
Wenn nicht ausreichend: Zweifach-Kombination fest plus Bedarfsmedikation
Nach >2 Tagen Symptomfreiheit/-Stabilität: schrittweise Oralisierung und Dosisreduktion
Medikation nach Ursache
Gastrale Stase, funktionelle Obstruktion: Metoclopramid
Metabolische Ursache (z.B. Opiate): Haloperidol, Metoclopramid
Zentral: Dimenhydrinat, Alizaprid
Hirndruck/Kompression: Dexamethason
Psychisch: Benzodiazepine, Haloperidol, Levomepromazin oder Promethazin.
Zusätzlich: Serotoninantagonisten, Dronabinol, NK1-Antagonisten
Obstipation Therapie und Stufenschema
Therapie der Obstipation:
Wahl: Bisacodyl, Natriumpicosulfat
Alternativ: Lactulose, Macrogol (cave: ausreichend Flüssigkeitszufuhr)
Reserveoptionen: Distigmin, Neostigmin, orale Kontrastmittel, Bittersalz, Glaubersalz,
Erythromycin, etc.
Stufenschema zur Therapie der Obstipation:
Orales Laxans: Bisacodyl
Kombination Bisacodyl plus Prokinetikum (Metoclopramid)
Zusätzlich rektale Laxantien, Clysmen, Einläufe
Kombination zwei orale Laxantien
Einsatz der Reserve-Substanzen
Gastrointestinale Obstruktion - was tun?
1.) Therapieversuch: Laxantien, Metoclopramid, Dexamethason
2.) bei vollständiger oder refraktärer Obstruktion:
in der Palliativsituation strenge Indikationsprüfung bzgl. Operation!
Spasmo- und Sekretolyse mit Anticholinergika
Morphin zur Analgesie und Blockade der intestinalen μ-Rezeptoren
kein Metoclopramid (Propulsion)! Keine Laxantien!
Antiemese mit nicht propulsiven Medikamenten (z.B. Haloperidol, Dimenhydrinat)
Nahrungskarenz?
Mundspülung mit Saft, Wein, Bier, etc., Lutschen von gefrorenen Früchten
Magensonde? „Ablauf-PEG“?
parenterale Ernährung?
Angst, Panik, Unruhe
= Pat. ängstlich, unruhig, aber orientiert; Ängste, Unruhezustände und Schlafstörungen sind bei schwerstkranken Patient:innen häufig und nicht primär als krankhaft anzusehen
nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie psychologisch-seelsorgerische Betreuung, Entspannungstechniken, Meditation, Musiktherapie
Einhaltung einer Schlafhygiene
Medikation: Lorazepam, ggf. alternativ Midazolam
Bei Benzodiazepin-Unverträglichkeit: Neuroleptika: Promethazin, Levomempromazin, Haloperidol, etc.
Bei Schlafstörungen: mittellang wirksame Benzodiazepine; alternativ Zolpidem, Zopiclon, Neuroleptika oder Antihistaminika
Delir/ psychotische Symptome: Ursachen und Maßnahmen
= Pat. unruhig, desorientiert, halluzinierend;
Ursachen:
o medikamentös-induziert (Opioide, Steroide, Sedativa)
o tumorbedingt (Hirnmetastasen, Meningiosis), Zytokinausschüttung
o Entgleisung der Elektrolyte oder metabolisch
o Präfinales Delir 30-40% aller Sterbenden
Maßnahmen:
Stoppen möglicher, das Delir auslösender Medikamente
Therapie der Wahl des deliranten/psychotischen Syndroms: hochpotente Neuroleptika (z.B. Haloperidol)
Alternativen: Melperon, Promethazin, Levomepromazin,etc.
Depression
Medikamentöse Therapie mit Antidepressiva:
o bei ängstlich-agitierter Symptomatik: eher sedierende Antidepressiva, wie Amitriptylin, Mirtazapin oder Doxepin
o wenn kein sedierender Effekt erwünscht ist: Paroxetin oder Citalopram
psychologisch-seelsorgerische Mitbetreuung
Hinzuziehen eines Psychiaters
Wundversorgung
Ziel:
je nach Situation nicht Wundheilung, sondern Symptomkontrolle „Symptome“: Schmerzen, Blutung, Geruchsbildung, Sekretion, unästhetischer Anblick, psychische Belastung
Moderne, geschlossene Wundsysteme, ggf. flüssigkeitsaufnehmend
Aktivkohleverbände mit und ohne Silber
Chlorophyll Dragees (cave: Grünfärbung Mund, Stuhl)
Metronidazol (i.v. oder p.o., ggf. lokal auf die Wunde)
Duftöle in Waschwasser, Duftlämpchen im Zimmer
Bei Blutung: Druckkompression, Adrenalin 1:10 lokal
Adäquate Schmerztherapie
Psychologische Betreuung, Erhaltung von Sozialkontakten
Grundsätzliche Maßnahmen bei Sterbenden
„Aufklärung“ des Patienten/der Patientin und der Angehörigen.
Beenden von parenteral oder über Sonden zugeführter Ernährung
Absetzen jeglicher nicht rein symptomatischer Medikation
Keine Messung von Vitalparametern
Fortführung der „Schmerzanamnese“ 3 x tgl. durch eigene Einschätzung
Genaue Patientenbeobachtung zur guten Bewertung aller Symptome
Restriktion extern zugeführte Flüssigkeit auf max. 500 - 1000 ml/d (nach Klinik)
Ernährung und Flüssigkeit bei Sterbenden
Physiologisches Nachlassen von Hunger und Durstgefühl
fortschreitende Schwäche (physiologische Dysphagie)
Nachlassen der Stoffwechsel- und Organfunktion (z.B. Verdauung, Nährstoffresorption): parenterale und enterale zugeführte Nährstoffe können nicht resorbiert werden
Versagen der Nierenfunktion: keine Ausscheidung von Flüssigkeit, Abbauprodukten (Ödeme, Lungenödeme, etc.)
Mundtrockenheit (>80%) = nicht: Durst! - durch veränderte Atmung, Medikamente, etc.
=> Flüssigkeitsrestriktion
=> keine künstliche Nährstoffzufuhr
=> eigenständige Aufnahme von Getränken und Nahrung, solange möglich zulassen
=> intensive Mundpflege
Terminales Rasseln
Rasselndes in- und exspiratorisches Atemgeräusch durch Sekretstau in Hypopharynx, Trachea oder Bronchien bei nachlassender Atem- und Hustfunktion
Aufklärung der Angehörigen: Rasselatmung für den Pat. selbst meist nicht belastend!
Flüssigkeitsrestriktion, soweit möglich (max. 500 ml/d); ggf. Diuretika
Kein tiefes Absaugen
Sekrethemmung mit Butylscopolamin
Absetzen von Antibiosen, Inhalation, Mucolytika!
Keine Laxantien oder Metoclopramid (cholinerge Wirkung)
Obstipation bei Sterbenden
Indikation zur abführenden Maßnahmen besteht bei sterbenden Patient:innen nur in Ausnahmefällen.
(Gegenteilige Wirkung von Laxantien und Butylscopolamin!) Wenn erforderlich: primär rektale Maßnahmen
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