Kariesätiologie - kausale Faktoren
Puffersysteme im Speichel
Bikarbonat-Puffer
wichtig bei kariogener Attacke
Bikarbonat v.a. aus Gl. Parotis + Gl. submandibularis
erhöhte Speichelsektretion = erhöhter Speichel pH
Bikarbonat diffunidert durch Plaque -> neutralisiert organische Säuren -> verlängert Zeitraum der Remineralisierung
Phosphatpuffer
Speichel = natürliche Reminaeralisationslösung
Wiedereinlagerung von Calcium + Phosphat Ionen während Remineralisiationsphase
Dentale Plaque - Definition + Bestandteile
“Zahnbelage” bzw. Biofilm auf Zahnoberfläche
weich, strukturiert, zäh
nicht mit Wasserspray entfernbar
Bestandteile:
komplexe mikrobiologische Gemeinschaft (> 700 Bakterienarten) in Matrix
Speichelbestandteile
bakt. Stoffwechselprodukte
Biofilm - Eigenschaften d. Bakterien
Toleranz anderer Umgebungsbedingungen (z.B. durch Anhäufung von Stoffwechselprodukten)
Veränderung des Phänotyps (Genexpression)
erhöhte AB-Resisitenz (Dosiserhöhung würde Wirt zuerst umbringen)
Biofilm - Lokalisation
supragingival (Schmelz)
subgingival (Wurzel)
künstliche Oberflächen
Weichgewebsoberflächen (Zunge, Tonsillen, orale Mukosa)
Biofilm - Bildung
Pelliclebildung
Initiale Wachstumsphase
0h-3d
Adhäsion + Vermehrung
zweite Wachstumsphase
3d-3w
Plaquereifung/Koaggregation
Pellicel
organischer, azellulärer Film (0,01-1 μm dick) auf der gereinigten Schmelzoberfläche
organische Speichelbestandteile (Glykoproteine, Lipide ...)
elektrostatische Bindung an Calcium- und Phosphatgruppen des Apatits
Rezeptoren für bakterielle Lectine
Initialie Wachstumsphase
ADHÄSION
innerhalb von Minuten
selektive Anheftung einzelner Bakterien
gram+ Kokken:
Streptococcus sanguinis
Streptococcus oralis
Streptococcus mitis
(Streptococcus mutans 2%)
spezifische Bindung zw. Rezeptoren in Pellicel und Zellwandbestandteilen/ Oberflächenstrukturen der Bakterien
VERMEHRUNG
nach 2 – 4h: erste Mikrokolonien
nach 8 – 12h: exponentielles Wachstum und Zunahme der Plaquemasse v.a. durch Teilung adhärierten Keime, nicht durch neue Anlagerung
nach 24h: bakterienbedeckte Zahnoberfläche
zunächst einschichtig, später Zunahme der Biofilmdicke
Zweite Wachstumsphase
Koaggregation
spezifische Bindung zw. versch. Bakterienarten an Plaqueoberfläche (Corn Cobs)
dicht gelagerte Bakterien (60-70%) in Polymermatrix
Veränderung Umgebungsbedingungen
Plaquereifung
Umgebungsbedingungen
pH Wert in Plaque
Kohlenhydraten (Stärke, Saccharose, Glucose, Fructose) von Bakterien zur Energiegewinnung verstoffwechselt (Glykolyse)
organische Säuren entstehen (v.a. Laktat) -> senken pH-Wert in umgebender Plaque
Mineralverlust bei pH 5,7-5,2 (Schmelz)
Wurzelkaries bei pH 6,2-6,7
Zahnschmelz und Speichel unter physiologischen Bedingungen
chemisch-physikalisches Gleichgewicht zw. Zahnschmelz und Speichel
Bedeutung der Stephan-Kurve
Qualität, Quantität und Häufigkeit d. Nahrungsaufnahme entscheident für Kariesentstehung
nach Zahndruchbruch hat Nahrung keine systemische, sondern lokale Bedeutung für Kariesentstehung
entscheidend: häufige Zufuhr vergärbarer KH
Saccharose
Oligosaccharide
Glukose
Fructose
Laktose
Stärke
pH Senkung in bakterieller Plaque
Energiegewinnung durch Abbau niedermolekularen KH
organische Säuren entstehen
pH Wert fällt
Mineralverlust aus Zahnoberfläche bei kritischem Bereich
Schmelz: 5,7-5,2
Zement: 6,2-6,7
Chemisch parasitäre Theorie
-> Miller, 1889
Mikroorganismen als Verursacher von Karies
Use of the germfree animal technic in the study of experimental dental caries
-> Orland, Blayney, Reyniers, Trexler, Wagner, 1954
Untersuchung: Ursache von Karies
keimfrei aufgezogene Ratten + kariogene Nahrung -> keine Karies
Kontrollgruppe: mit Streptoccocus mutans infizierte Ratten + kariogene Nahrung -> Karies
Kariogene Bakterien - Eigenschaften
Competition
schneller Transport von Zucker bei gleichzeitiger Anwesenheit anderer Keime
Azidogen
schneller Abbau von Zucker zu Säure auch unter Extrembedingungen / niedriger pH
Säuretoleranz
Überleben und Vermehrung im sauren Milieu
Kariogene Bakterienarten
S. mutans - Entdeckung, Übertragung, Prävention
1924 von Clarke isoliert
kein Bestandteil normaler Mundflora
Übertragung: Speichel (Mutter auf Kind)
Prävention: Vermeidung (möglich/sinnvoll?)
S. mutans nicht einziges kariesauslösendes Baktrium
Kariogenität von S. mutans
Plaquhypotose - Paradigmenwechsel
Spezifische Plaquehypothese
wenige Mikroorganismen der Plaqueflora am Kariesprozess beteiligt
kariespräventive Strategie: Vermeidung Infektion + präventive Maßnahmen gegen begrezntes Artenspektrum
Unspezifische Plaquehypothese
Erkrankung als Zusammenspiel aller Plaquemikroorganismen
kariespräventive Strategie: regelmäßige Plaqueentfernung
HEUTE: Ökologische Plaquehypothese
Störung der Homöostase der oralen Mikroflora
kariespräventive Strategie: Wiederherstellung physiologischen Gleichgewichts + Kontrolle versch. ätiologischer Faktoren
Äthiopathogene der Karies
Karies - Definition
caries (lat.) = Morschehit, Faulheit
Karies = Kavität (CAVE: OBSOLET)
Therapie = Restauration (CAVE: OBSOLET)
Definition
lokalisierte Erkrankung/Entmineralisation von Zahnhartsubstanz
dynamischer Prozess zw. De- und Remineralisation
Ungleichgewicht zw. Zahnmineraline und umgebender Plaqueflüssigkeit
Beeinflussung: präventiv und therapeutisch
Kariesprogression
Karies - Unterscheidung
Primärkaries
de novo
kein Zusammenhang zu bestehender Fllg
Sekundärkaries
sicher diagnostizierbare kariöse Läsion am Fllg-Rand
Kariesrezidiv
Progression einer C, die während C ex nicht ausreichend entf
Primärkaries 43
Sekundärkaries 15 mesial
Kariesprädilektionsstellen - Definition + Vorkommen + Alter
anatomische Bezirke eines Zahns, die bevorzug von C befallen
(habituell unsaubere Bereiche, geschützt vor Scherkräften und MuHy)
Fissuren + Grübchen (v.a. Kinder)
Approximalkaries (v.a. junge Erwachsene)
Zahnhals/Wurzeloberfläche (v.a. ältere Pat)
Künstliche Prädilektionsstellen
Restaurationsränder, “Randspalt”
KFO-Brackets
Prothesenklammern
Kariesaktivität va Kariesrisiko
Kariesaktivität
Definition: retrospektiv
Anzahl neuer C oder
Progression bestehender Veränderungen im bestimmten Zeitintervall
Kariesrisiko
Definition: prospektiv
Wahrscheinlichkeit, mit der Inidivuum C in Zukunft entwickelt
genaue Risikoberwertung vor präventiven oder restaurativen Maßnahmen
Ziel: Ermittlung Risikofaktoren -> unterschiedlich starke Bedeutung
Risikobeurteilung (Faktoren -> niedrig, mittel, hoch)
CAVE: einzelne Faktoren haben unterschiedl. Gewichtung
z.B.: Xerostomie (unstimulierter Speichelfluss < 0,1ml/min) bedeutender als erhöhte Anzahl an S. mutans
CAVE: alle Faktoren in Summe betrachten -> Aussage über zukünftliche Entwicklung
Kariesinzidenz vs Kariesprävalenz
Kariesinzidenz: Anzahl neuer C in definierten Zeitraum
Kariesprävalenz: C Häufigkeit in Population zu definiertem Zeitpunkt
DMF-T / DMF-S
zur Messung der Kariesinzidenz bzw. Prävalenz
wieviele Zähne bzw. Zahnflächen pro Patient nicht gesund
Milchzähne: dmft / dmfs
DMF-T max: 28 (8ter nicht berücksichtigen)
DMFS max: 128 (8ter nicht berücksichtigen)
D: decayed
M: missing
F: filled
T: tooth
S: surface (Schneidezahn 4, Seitenzahn 5 Flächen)
Progressionsgrad kariöser Läsionen - Möglichkeiten
nach Marthaler
nach Tveit / Hintze
Klassifikation nach Marthaler
Klassifikation nach Tveit und Hintze
Schmelzkaries - klinisch
poröse Struktur demineralisierten Schmelzes
transluzent -> opak (“White Spot Läsion”)
Diagnostik: Trockenlegung, CAVE: keine Sondierung
Schmelzkaries - Klinik, DD
Intensität weisslicher Verfärbung steigt mit zunehmender Tiefenausdehnung
Oberfläche erst glänzend und glatt
bei fortgeschrittener Schmelzkaries stumpf und rauh
später Einbruch der Oberfläche möglich
DD: Schmelzhypoplasie
grösste Defekt bleibt lange dicht unter Schmelzoberfläche und breitet sich aus
Oberfläche relativ „intakt“
Schmelzkaries
Schmelzkaries histologisch
nur anhand von nicht demineralisierten Schliffen
Lichtdurchlässigkeit: von innen (dentinnah) nach außen (Schmelzoberfläche) 4 abgrenzbare Zonen unterschieden
“Intakte” Oberflächenschicht (OS)
Läsionskörper (LK)
Dunkle Zone (DZ)
Transluzente Zone (TZ)
OS = Intakte Oberflächenschicht
LK = Läsionskörper
DZ = Dunkle Zone
TZ = Transluzente Zone
Erste Zone
Intakte Oberflächenschicht
„intakte“ Oberfläche
etwa 20-50 μm dick
nur geringer Demineralisationsgrad
Kristalldurchmesser größer als im gesunden Schmelz (40-80 nm)
Remineralisationsvorgänge
Porenvolumen 1-5%
Zweite Zone
Läsionskörper
ausgedehnteste Zone
höchster Grad an Demineralisation (bis 50%) und Kristallzerstörung
Durchmesser der Kristalle sehr klein (10-30 nm)
Porenvolumen: 5-25%
Dritte Zone
Dunkle Zone
bandförmig
in 80-90% der Läsionen nachweisbar
Schmelzkristallite größer als im gesunden Schemlz (50-100 nm anstatt 40 nm)
Porenvolumen: 2-4%
Vierte Zone
Transluzente Zone
in 50% der Läsionen
nur gering entkalkt
lichtdurchlässig, da erste Auflösungserscheinungen im Bereich der Prismenscheiden
Durchmesser von Schmelzkristalliten kleiner als im gesunden Schmelz
Porenvolumen (1%)
Kavitationsdefekt
bei Einbruch „intakte“ Oberflächenschicht
meist spontan
meist sobald kariöser Prozess SD-Grenze überschreitet
initial kleiner Defekt auf Zentrum des white spots begrenzt
Bakterielle Invasion beginnt spätestens jetzt
Schmelzkaries - reversibel vs irreversibel
pH Wert in der Plaque (Stephan Kurve) - intakte Zahnoberfläche vs aktive Karies
Arretierte Karies
kariöse Schmelzläsion -> stark verlangsamt oder Stillstand
intakte Oberfläche
glatt
Voraussetzung: Plaquekontrolle
„Reparatur“ der Oberfläche: eher Abrasion mit „Politur“ der Mikrodefekte als Remineralisation
meist brauner Fleck („brown Spot“) (durch Einlagerung von Speichel)
In-vivo Studie: Evaluation der Bukkalflächen an OK 6er
-> Dirks, 1966
Fissurenkaries
Fissuren = Prädilektionsstelle für Karies
Kariöser Prozess beidseitig unterhalb verengten Fissureneingangs
erste Läsion am Eingang der Fissur
Unterminierung der SD Grenze
Fissurentypen
Reaktion des Pulpa-Dentin Komplexes
Schutzmechanismus auf mikrobiellen Reiz
ausgelöst durch bakterielle Toxine und Stoffwechselprodukte
keine Bakterien in der Pulpa
Ablauf:
Verschluss der Tubuli (Sklerosierung)
Tertiärdentinbildung
Pulpitis
Dentinkaries
verläuft schneller als im Schmelz
Kombination von Demineralisation und Proteolyse
Dentinkaries nach Kavitation - histologisch
charakteristische Abfolge verschiedener Zonen
je nach Kariesverlauf können einzelne Zonen fehlen
Tertiärdentin
Reaktionsdentin/ Reizdentin
Antwort der Pulpa auf kariösen Reiz
Bildung schon vor Einwanderung von Mikroorganismen ins Dentin
weniger mineralisiert
irreguläre Tubuli
Zone der Sklerose
Verschluss der Dentintubuli zur Reduktion der Permeabilität
Bildung peritubulären Dentins
Mineralisation der Odontoblastenfortsätze
Mineralisation der periodontoblastischen Matrix
gläserne Erscheinung, lichtmikroskopisch transparent
Zone der Dead Tracts
luftgefüllte Dentintubuli
abgestorbene Odontoblastenfortsätze
erhöhte Permeabilität
v.a. bei schneller Kariesprogression
Zone der Demineralisation
Demineralisation durch mikrobielle Säuren die der Penetrationsfront vorausdiffundieren
Zone der Penetration
Einwandern von Bakterien in Dentinkanälchen bei Exposition des Dentins
Erweiterung der Dentinkanälchen
Zone der Nekrose
zerfallenes, erweichtes, nekrotisches Dentin
Bakterien (Proteolytische Flora)
Zerstörung des Dentins durch Säuren und proteolytische Enzyme
Wurzelkaries - Vorkommen + Prävalenz
Bei freiliegenden Wurzeloberflächen (Parodontitis, altersbedingt)
Stellen wo Biofilmentfernung erschwert
Inzidenz 60-90% ab 60. Lebensjahr
Histologisch wie koronale Dentinkaries
(Flache) zirkuläre Ausbreitung möglich
Kariesaktivität der Wurzelkaries - Lokalisation, Farbe, Konsistenz, Kontur, Biofilm
aktive Wurzelkaries
ggf. inaktive Wurzelkaries
Wurzelkaries - Behandlungsstrategie
Umwandlung aktiver in inaktive Läsionen
nicht zwingend restaurative Versorgung (CAVE: Ästhetik)
Restaurative Maßnahmen bei schwer zugänglichen Läsionen (z. B. approximal, subgingival oder bereits den Schmelz unterminierende Läsionen)
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