Was ist Bindung aus Sicht der Entwicklungspsychologie?
= eine emotionale Verbindung, die mit nahestehenden Personen, besonders der Mutter oder anderen frühen Bezugspersonen, aufgebaut werden
Wer sind John Bowlby (1907-1990) und Mary Ainsworth (1913-1999)?
John Bowlby = einer der ersten Bindungsforscher
ab 1930er: Studien an Kindern in Heimen - Fokus auf Auswirkungen einer fehlenden Bezugsperson in der frühen Kindheit hinsichtlich körperlicher und mentaler Gesundheit
entwickelte mit Mary Ainsworth verschiedene Bindungstheorien
Mary Ainsworth = Kollegin
entwickelte das Szenario der “Fremde-Situation”
erlaubt erfassen von Bindungsqualität und zuordnung zu verschiedenen Bindungstypen
bis heut eanerkannte Forschungsmethode der Entwicklungspsychologie
Wie läuft das Fremde-Situation-Szenario entwickelt von Mary Ainsworth ab?
Kind und Mutter (bzw. Bezugsperson zu der Bindungsqualität erhoben werden soll) kommen in einen Raum mit Spielzeug.
Die Mutter animiert das Kind zum spielen.
Nach etwas Zeit kommt eine dem Kind fremde Person in den Raum und spricht mit der Mutter.
Danach versucht die fremde Person Kontakt zum Kind aufzubauen. Die Mutter verlässt dabei den Raum und kommt nach wenigen Minuten zurück.
Die Trennung von der Mutter löst bei allen Kindern Stress aus, jedoch ist die Reaktion des Kindes, wenn die Mutter zurückkommt das zentrale Untersuchungselement.
Die Beziehung lässt sich 4 Bindungstypen zuordnen:
Bindungstyp A, unsicher-vermeidend
Bindungstyp B, sicher-gebunden
Bindungstyp C, unsicher-ambivalent
Bindungstyp D, unsicher-desorganisiert
Was zeichnet Bindungstyp A des Fremde-Situation-Szenarios aus?
Bindungstyp A = unsicher-vermeidend
Kind reagiert nach außen hin ruhiger bei Rückkehr der Mutter
holt sich keinen Trost von Mutter
vermeiden des Zeigens von Gefühlen
=> Kind hat Erfahrung gemacht, dass die Bezugsperson nicht zuverlässig auf dessen Bedürfnisse reagiert - es “lohnt” sich nicht nach Trost zu suchen
Was zeichnet Bindungstyp B des Fremde-Situation-Szenarios aus?
Bindungstyp B = sicher gebunden
Kind weint, wenn Mutter Raum verlässt
sucht Kontakt zur Mutter, wenn sie zurückkommt
Kind lässt sich von Mutter beruhigen und trösten
=> Beziehung ist von Vertrauen gekennzeichnet. Eltern dieses Bindungstyps agieren autonom - sie haben sich aus ihrer Elternbeziehung gelöst und können sich voll auf die Rolle als Mutter/Vater fokussieren.
Dieser Beziehungstyp steht an zweiter Stelle, da sich erst im Laufe der Forschung gezeigt hat, dass Bindungstyp A, der nach außen hin ruhig wirkt, kein sicherer Beziehungstyp ist, da sich das Kind keinen Trost erwartet. Der innerliche Stress der Kinder des Typs A konnte mittels Speichelprobe festgestellt werden, da Cortisol (=Stresshormon) vorhanden war.
Was zeichnet Bindungstyp C des Fremde-Situation-Szenarios aus?
Bindungstyp C = unsicher-ambivalent
nach Rückkehr der Mutter kann das Kind sich nicht entspannen
Suchen nach Trost, kann diesen aber nicht annehmen
=> Kind erlebte in Vergangenheit ambivalente Reaktionen (liebevoll bis abweisend) von der Bezugsperson auf Bedüfnisäußerungen. Unter anderem kann das daran liegen, dass die Eltern durch die Trauigkeit des Kindes ihren Selbstwert erhöhen: “Ich bin besonders, mein Kind kommt ohne mich nicht aus.” Das Trösten wird von den Kindern nicht als ehrlich wahrgenommen - sie können es nicht annehmen. Die Eltern sind oft noch verhaftet in der eigenen Beziehung zu den Eltern.
Was zeichnet Bindungstyp D des Fremde-Situation-Szenarios aus?
Bindungstyp D = unsicher-desorganisiert
Kind reagiert konfus bei Rückkehr der Mutter
es wirft sich schreiend auf den Boden, “friert ein”, wird mitunter der Mutter gegenüber agressiv
=> Kind hat in frühen Lebensmonaten ein Trauma erlebt. Das Verhalten der Eltern ist für die Kinder unvorhersehbar.
Welchen Stellenwert hat die Bindungstheorie heute?
= heute anerkannte Theorie der Entwicklungspsychologie
wird stetig weiter beforscht
Bindungstheorie über mehrere Kulturen hinweg gültig
zentrale Annahmen der klassischen Bindungstheorie wurden in neueren Studien belegt
Bindungspersonen müssen nicht Eltern sein- auch Großeltern oder BezugsbetreuerInnen im Heim können die Rolle erfolgreich übernehmen
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