Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung
AGL
Einleitung
AGL: Verbleib der Abmahnung in der Personalakte würde Arbeitnehmer in beruflichem Fortkommen und in seinem Persönlichkeitsrecht beeinflussen, daher Anspruch aus §§ 242, 1004 BGB analog
Abmahnung ist rechtswidrig, wenn sie auf einer unzulässigen rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitgebers beruht
Die zu beurteilende rechtliche Lage wäre eine andere und die Abmahnung würden auf einer falschen rechtlichen Beurteilung beruhen, wenn die an X gerichtete Weisung gem. § 106 GewO nichtig wäre
Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung wäre Weisung nichtig, wenn der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist
Der Betriebsrat müsste also ordnungsgemäß beteiligt worden sein.
Prüfung, ob es mitbestimmungspflichtige Angelegenheit ist
I. Mitbestimmungsrecht
Mitbestimmungsrechtliche Angelegenheit iSd § 87 I Nr. … => Prüfung des kollektiven Sachverhalts
Keine abschließende gesetzliche Regelung nach § 87 I Hs. 1 BetrVG
Kein Tarifvorrang nach § 77 III BetrVG (auch hier braucht es abschließende Regelung)
II. Zuständigkeit des Betriebsrats
Kollektiver Sachverhalt
BR soll Interessen der Belegschaft wahrnehmen
(+) bei Angelegenheit, die kollektive Interessen berührt.
(-) bei individuellen Maßnahmen
Kollektiver rechtlicher Unterlassungsanspruch - Herleitung
Unterlassungsanspruch aus § 23 III BetrVG oder allgemeiner Unterlassungsanspruch aus § 2 BetrVG
Contra: § 23 III BetrVG ist abschließende Sonderregelung mit Sperrwirkung
Pro: dem Grundsatz von Treu und Glauben vergleichbare Konkretisierung des Gebots partnerschaftlicher Zusammenarbeit => Nebenpflicht als Gebot, alles zu unterlassen, was der Wahrnehmung des konkreten Mitbestimmungsrechts entgegensteht => nur bei Fällen, wo Mitbestimmungsrecht selbst keine ausreichende Sanktion bereithält => wird zum Schutz der Mitbestimmungsrechte und als Anerkennnung der dauerhaften Rechtsverbindung und der besonderen Rücksichtsnahme gebraucht
TB-VSS des allgemeinen Unterlassungsanspruch
Arbeitgeber hat in der Vergangenheit Mitbestimmungsrechte verletzt und es besteht Widerholungsgefahr
ODER
Gefahr der erstmaligen Verletzung eines Mitbestimmungsrechts
Mitbestimmungsrechte bei Eil- und Notfällen?
Eilfall (Umsetzung eilt): Mitbestimmungsrecht besteht in vollem Umfang
Notfall (unvorhersehbares, schwerwiegendes Ereignis, das sofortiges Handeln erfordert): keine Mitbestimung, aber schnellstmögliches Nachholen
§ 87 I Nr. 1 BetrVG: Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb
Definition
Problem
Definition: Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der AN im Betrieb => soziale Ordnung
P.: Abgrenzung zwischen Ordnungs- und Arbeitsverhalten
Mitbestimmungspflichtig: Ordnungsverhalten (z.B. Dienstkleidung, Radiohören, Rauchen, Ethik-RL, Regeln zur AU-Vorlage nach § 5 I 3, Ia EFZG, Regeln über Betreten und Verlassen des Betriebs)
Mitbestimmungsfrei: Arbeitsverhalten: Regelungen, Weisungen oder Maßnahmen, mit denen Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird (Tätigkeitsberichte, Mitarbeiterjahresgespräche, Dienstreiseordnung)
=> desto weiter es sich von Kernarbeit entfernt: Ordnungsverhalten
§ 87 I Nr. 2 BetrVG: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Wochentage
Was wird geschützt?
Beispiele
Was wird nicht geschützt?
definition der Arbeitszeit
Interesse der AN an der Lage ihrer Freizeit und der davon abhängigen Gestaltung des Privatlebens wird geschützt
Beispiele: Erstellung von Dienstplänen, Gleitzeitarbeit, Wochenende- und Feiertagsarbeit, Bereitschaftsdienst
NICHT: Dauer und Vergütung der wöchentlichen Arbeitszeit: darum kümmern sich allein Tarif- bzw. Arbeitsvertragsparteien
Arbeitszeit = Zeit, innerhalb derer AN geschuldete Leistung erbringen soll
§ 87 I Nr. 3 BetrVG: vorübergehende Verlängerung oder Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit
Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung bei Mitbestimmungsverstoß
VORÜBERGEHEND
Mitbestimmunsgpflichtig sind Ob und Wie der Einführung von Überstunden oder Kurzarbeit (auch Duldung von Überstunden ist mitbestimmungspflichtig, also wenn AG was davon weiß)
Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung hier
AN muss keine Folge leisten, wenn AG zwar individualrechtlich korrekt Überstunden anordnet, aber BRat nicht beteiligt
Annahmeverzug nach § 615 BGB, wenn AG Arbeitsangebot des AN nicht annimmt, obwohl Kurzarbeit mitbestimmungswidrig angeordnet war
Probleme bei § 87 I Nr. 3 BetrVG
Vorübergehende Anhebung der Arbeitszeit von Teilzeitkräften
Umsetzung der Überstunden ggü. AN
Einverständnis der AN zu Überstunden
Umgehung des Mitbestimmungsrechts durch Einsatz von AN einer ausländischen Tochtergesellschaft
Problematisch ist nach dem Wortlaurt das TB-Merkmal der “betriebsüblichen” Arbeitszeit, das scheinbar nicht erfüllt ist, wenn die Arbeitszeit von Teilzeitkärften an die tarifübliche Regelarbeitszeit angepasst wird
Aber Sinn und Zweck: Betriebsrat soll darüber mitentscheiden, durch wen zusätzlicher Arbeitsbedarf abgedeckt wird
daher Mitbestimmung hier (+)
Umsetzung der Überstunden
eA: einseitige Anordnung von Überstunden oder Kurzarbeit ggü. AN bedarf arbeits- oder tarifvertraglichen Grundlage
BAG: Betriebsvereinbarung reicht als Rechtsgrundlage für die Anordnung von Überstunden aus
Einverständnis von AN zu Überstunden? kann fehlende Mitbestimmung nicht kaschieren, weil Nr. 3 nicht nur dem Individualschutz desjenigen dient, dessen Arbeitszeit verlängert werden soll, vielmehr geht es um gerechte Verteilung der Arbeitszeit => Einverständnis ohne Bedeutung
Einfliegen von AN einer Tochtergesellschaft? Keine Anordnung von Mehrarbeit eigener AN oder Betriebsratsbeteiligung und somit auch kein Mitbestimmungsrecht des BRats
§ 87 I Nr. 6 BetrVG: Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.
Zweck
Tatbestand
Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der AN durch Verwendung anonymer technischer Einrichtungen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung
Persönlichkeitsrecht des AN wird durch durchgehende Datenverarbeitung besonders gefährdet
(+), wenn technische Einrichtung selbstständig und automatisch Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet
“Bestimmt”? Es braucht keinen subjektiven Willen zur Verarbeitung der Daten (Wortlaut); es reicht nach der Teleologie aus, wenn technische Einrichtung objektiv geeignet ist, Informationen über AN zu erheben
Beispiele: Kameras, Mithöreinrichtungen, GPS, biometrische Zugangskontrollen, Microsoft Office, Kommentar-Funktion auf Facebook
§ 87 I Nr. 6 BetrVG
Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung technischer Überwachungseinrichtungen?
Beweisverwertungsverbot bzgl. Betriebsverfassungswidrigem Verhalten?
Initiativrecht?
BAG: nein
Witschen: sollte nicht von vornherein ausgeschlossen sein, weil Überwachung auch hilfreich sein kann
Beweisverwertungsverbot?
Im materiellen Recht ist mitbestimmungswidrig vorgenommenes Rechtsgeschäft unwirksam, im Prozessrecht ist Frage offen => Auslegung
Wortlaut: keine Anhaltspunkte
Sinn und Zweck: Mitbestimmungsrecht liefe ins Leere, wenn man Beweise verwerten darf
Aber: Abwägung mit Grundrechte des Arbeitgebers: Beweisausschluss wäre Eingriff in Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 I GG => Rechtfertigung könnte Mitbestimmungsrecht sein (die entfiele, wenn BRat Verwertung zustimmt)
Kein über allgemeine Grundsätze hinausgehendes Beweisverwertungsverbot
§ 87 I Nr. 10 BetrVG: Fragen der betrieblichen Lohngestaltung
Bedeutung
Was ist nicht mitbestimmungspflichtig?
Zur Auswahl stehende Verteilungsgrundsätze
Nr. 10 ist Generalklausel für alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, bei denen Bemessung nach bestimmten Grundsätzen oder nach einem System erfolgt
Zweck: Schutz der AN vor einseitiger und intransparenter Lohngestaltung und Herbeiführung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit
Tatbestand: “Betriebliche” Lohngestaltung betrifft nur die Leistungen, die nicht schon durch Tarifvertrag festgelegt sind
Mitbestimmungspflichtig sind nur die abstrakten Verteilungsgrundsätze, NICHT die Lohnhöhe (“Topftheorie”) => “Ob” der Gewährung zustimmungsfrei
Verteilungsgrundsätze
Zeitbezogen: z.B. Wochenlohn, Monatsgehalt
Leistungsbezogene, zB Prämienlohn
Erfolgsbezogen, zB Umsatz- oder Gewinnbeteiligung
Wann ist Unterlassungsanspruch aus § 23 III BetrVG einschlägig?
Bei einer objektiv erheblichen und offensichtlich schwerwiegenden Pflichtverletzung => das ist gegeben, wenn Arbeitgeber mehrfach und erkennbar gegen seine Pflichten aus dem BetrVG verstoßen hat
es braucht kein Verschulden
Besteht bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen ein Mitbestimmungsrecht?
=> Mitbestimmungsrecht wird nur ausgelöst, wenn anlässlich der Anrechnung die Verteilungsgrundsätze geändert werden
zB Mitbestimmung (+), wenn bei unteren Gehaltsgruppen weniger angerechnet wird als bei höheren
Keine Mitbestimmung bei gleichmäßiger und vollständiger Anrechnung
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