Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (VSD)
Ziel & Wesen: Dritter erlangt Sekundäransprüche (auf Schadensersatz) ohne eigenen Primäranspruch (auf Leistung)
Rechtsgrundlage:
Ergänzende Vertragsauslegung bzw. richterliche Rechtsfortbildung (a.A. § 311 III BGB)
Voraussetzungen der Schutzwirkung für den Dritten:
Bestimmungsgemäße Leistungsnähe des Dritten
Dritter kommt mit der Leistung des Schuldner bestimmungsgemäß in Berührung und ist damit den Risiken des Vertrages in ähnlicher Weise ausgesetzt wie der Gläubiger
Bestimmungsgemäß = die vertraglichen Vereinbarungen müssen so sein, dass der Dritte auch mit der Leistung in Berührung kommen darf / kann
Gläubigernähe / Schutzinteresse des Dritten
Dritter steht „im Lager“ des Gläubiger („Wohl- und Wehe-Verhältnis“)
Auslegung des Vertrages: besonderes Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten (Bsp.: Eltern – Kind)
Erkennbarkeit von Gläubigernähe und Leistungsnähe für den Schuldner
überschaubare und abgrenzbare Personengruppe
Schutzbedürftigkeit des Dritten
Der Dritte darf keinen eigenen gleichwertigen vertraglichen Ansprüche (wohl aber deliktische) gegen den Schuldner oder jemand anderes haben.
Drittschadensliquidation (DSL)
Situation: Eine Risikoverlagerung aufgrund besonderer Umstände führt dazu, dass eine Person (A) zwar grds. anspruchsberechtigt ist, der Schaden aber bei einer anderen (nicht anspruchsberechtigten) Person (B) entsteht.
= „Zufällige Schadensverlagerung“
Anspruch bei Person A (ohne Schaden)
Schaden bei Person B (ohne Anspruch)
Schädiger müsste somit an und für sich keinen Schadensersatz leisten, da keine der beiden Personen alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt
Wertung: Befreiung von der Schadensersatzpflicht wäre unbillig, wenn Anspruch und Schaden nur zufällig auseinanderfallen (-> Schädiger soll nicht aufgrund Relativität der Schuldverhältnisse durch eine für ihn zufällige Risikobefreiung entlastet werden)
Fallgruppen
Von einer zufälligen Schadensverlagerung spricht man in folgenden Fallgruppen:
„obligatorische Gefahrentlastung“ (Versendungskauf)
-> Gefahr ist schon auf Käufer übergegangen (§ 447 I BGB), d.h. Verkäufer hat zwar ggf. einen (vertraglichen) Anspruch gegen den Spediteur, aber keinen Schaden, da er den Kaufpreisanspruch trotz Untergangs der Kaufsache behält
„mittelbare Stellvertretung“ (= Geschäft in eigenem Namen in fremdem Interesse)
Obhut für fremde Sachen (bspw. Leihe oder Miete; gesetzlich geregelt für die Haftung des Gastwirtes, § 701 BGB)
Korrektur: Der Schaden wird zum Anspruch „gezogen“
—> A kann den Schaden des B liquidieren; B von A gem. § 285 BGB analog die Abtretung des so entstandenen Schadensersatzanspruchs verlangen
Aufbauschema DSL
I. Voraussetzungen
Anspruch ohne Schaden
—> vollständige Prüfung; wenn Sie hier feststellen, dass kein Schaden vorliegt, können Sie in eine mögliche Drittschadensliquidation überleiten
Schaden ohne Anspruch
Zufällige Schadensverlagerung
→ Fallgruppen (s. oben)
II. Rechtsfolge
Schaden wird zum Anspruch gezogen
→ Anspruchsberechtigter darf den Drittschaden liquidieren
Anspruch des Dritten auf Abtretung des Ersatzanspruchs bzw. Herausgabe des erlangten Schadensersatzes (vgl. § 285 BGB analog)
Beachte: Die Drittschadensliquidation ist unzulässig, wenn A selbst einen Schaden bzw. B selbst einen (vertraglichen) Anspruch hat!
Unterscheidung: VzD – VSD – DSL
Vertrag zugunsten Dritter (VzD) – Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (VSD):
beim (echten) VzD hat der Dritte einen eigenen Primäranspruch (Leistungsanspruch) – daneben können (gewisse) Sekundärrechte geltend gemacht werden
beim VSD dagegen nur Sekundäransprüche (vertragliche SEA), sofern die zusätzlichen Voraussetzungen gegeben sind
Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (VSD) – Drittschadensliquidation (DSL):
beim VSD hat der geschädigte Dritte einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner
bei der DSL dagegen kann der Anspruchsberechtigte den Schaden des Dritten geltend machen – der Dritte kann ggü. dem Anspruchsberechtigten gem. § 285 BGB analog Abtretung bzw. Herausgabe verlangen
Merke:
Beim VSD wird die Anspruchsgrundlage zum Schaden gezogen
Bei der DSL wird der Schaden zur Anspruchsgrundlage gezogen
Bereicherungsrecht, §§ 812 ff. BGB
Grundgedanke:
Das Bereicherungsrecht dient dem (gerechten und billigen) Ausgleich ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen. → „Billigkeitsrecht“
Funktion:
Rückabwicklung durch Herausgabe des Erlangten bzw. Wertersatz → gesetzliches Schuldverhältnis
Arten:
Bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen (sog. „Kondiktionen“) lassen sich in zwei (sich gegenseitig ausschließende) Arten aufteilen:
—> Liegt eine Leistungsbeziehung vor, so kann derselbe Bereicherungsgegenstand grds. nicht im Wege einer Nichtleistungskondiktion herausverlangt werden.
= Grundsatz vom „Vorrang der Leistungsbeziehung“
Leistungskondiktionen / Nichtleistungskondiktionen
Zentraler Begriff:
—> Leistung = die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens („doppelte Finalität“)
Aufbauschema § 812 I 1 Alt. 1 BGB
Tatbestand:
1. etwas erlangt (= Bereicherungsgegenstand)
—> jeder vermögenswerte Vorteil, z.B. Eigentum / Besitz
2. durch Leistung
= bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens
3. ohne Rechtsgrund
—>von Anfang an kein gültiger Vertrag bzw. von Anfang an kein Anspruch auf die Leistung
4. kein Ausschluss, § 814 BGB (oder § 817 S. 2 BGB)
Rechtsfolge:
-> Herausgabe des Erlangten, § 818 BGB z.B. Rückübereignung, Rückgabe
Fallgruppen:
Mangel beim Vertragsschluss (z.B. Form, Vertretung, Geschäftsfähigkeit)
Anfechtung (str., a.A.: § 812 I 2 Alt. 1 BGB)
Leistung ganz ohne Vertrag (z.B. auch zu viel-Leistung —> Minderung)
Aufbauschema § 812 I 1 Alt. 2 BGB
-> jeder vermögenswerte Vorteil, z.B. Eigentum / Besitz
2. in sonstiger Weise (v.a. durch Eingriff → Eingriffskondiktion)
= gerade nicht durch eine Leistung (egal durch wen) -> Zuweisungsgehalt
3. auf dessen Kosten (→ Bereicherungsgläubiger)
-> In wessen Rechtskreis wurde eingegriffen?
4. ohne Rechtsgrund
= kein gesetzlicher / vertraglicher Behaltensgrund
- Eingriffs-, Verwendungs-, Rückgriffskondiktion
Umfang des Bereicherungsanspruchs, § 818 BGB
Grds. ist der Bereicherungsgegenstand (= das „erlangte etwas“) herauszugeben; § 818 BGB erweitert bzw. konkretisiert die Herausgabepflicht:
Abs. 1
auch Nutzungen (z.B. Früchte oder Zinsen) und Surrogate (z.B. Versicherungsansprüche)
Abs. 2
Anspruch auf Wertersatz bei Unmöglichkeit der Herausgabe in natura (Untergang oder nicht gegenständlich)
z.B. Wenn Bereicherung darin bestand welche DL zu bekommen -> Flugreise (wenn man gelandet ist, kann man den Flug nicht mehr herausgeben) -> Wertersatz in der üblichen Pauschale
Abs. 3
wenn der Bereicherungsgegenstand nicht mehr im Vermögen des Bereicherungsschuldners vorhanden ist und er sich auch keine Aufwendungen erspart hat -> Entreicherung (sog. Luxusaufwendungen)
Abs. 4, § 819
verschärfte Haftung bei Rechtshängigkeit (§ 818 IV BGB) bzw. Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit (§ 819 BGB – bspw. § 142 II BGB)
Ausschluss der Einrede der Entreicherung / § 818 III BGB (–)
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