Welchen Personenkreis betitelt man als “Mensch und/oder mehrfachen Behinderung”?
Laut Landesfachkonferenz -Förderschwerpunkt geistige Entwicklung von 2009: Kinder und Jugendliche, die einen deutlich erhöhten Pflege, Versorgungs- und Aufsichgbedarf und/oder Förderbedarf im Bereich des basalen Lernens haben. Darunter verstehen wir Schüler,…
…deren Kommunikationsleistung unter anderem über Blickkontakt, Mimik, Gestik, Laute, Atmenrhymthmus und Körperspannung erfolgt.
…die Außenreize und Impulse der Unwelt wahrnehmen, deren Reaktionen von Außenstehenden oft unklar oder unverständlich sind.
…die umfangreiche pflegerischer Versorgung bedürfen (Nahrungsaufnahme, medizinische Versorgung, Hygiene, Bewegungshilfen.
…die in ihrer Bewegung auf umfassende und intensive Unterstützung angewiesen sind, um Eigenaktiv und selbst gesteuertes Handeln, vielleicht auch nur im Ansatz, zu entwickeln.
…die auf Grund von Eigenstimualtion, Selbst- und Fremdgefährdung, Weglauftendenz, Hyperaktivität, fehlende Möglichkeit zur Empathie und Situations-, Handlungs- und Gefahreneinschätzung besondere, zusätzliche Aufsicht und Strukturierungshilfen benötigen.
Laut Lamer/Krauß/Janz von 2004:
Mehrere Entwicklungsbereiche sind betroffen:
sehr schwere Beeinträchtigung der geistigen und körperlichen Entwicklung
keine Lautsprache, sondern andere Kommunikationskanäle
eventuell weitere Beeinträchtigungen z.B. der Sinne (Sinnesbeeinträchtigung)
Allgemeingültige Definition kaum möglich und auch nicht erstrebenswert, denn:
Definieren brigt die Gefahr der Verobjektivierung
Große Individualität bezüglich Fähigkeiten, Kompetenzen, Erschwernissen: “Jedes Kind ist anders”
= Statt definieren besser kompetenzorientierte Darstellung konkreter Erfahrungen mit dem Schüler.
Nennen Sie die aktuellen Intenionen für Erziehung und Bildung für Menschen mit schwerer und/oder mehrfach Behinderung.
Selbstbestimmung:
“Zu betonen ist, dass Selbstbestimmung nicht bedeutet, Schüler nur machen zu lassen, sondern ein Antworten, Mitmachen, das Ausprobieren eines Wechselspiels ist”
Ausgangspunkt müssen Signale und Äußerungen (Muskeltonus, Gesten, Bewegungen, Mimik, Laute, etc.) sowie Verhaltensweisen (beispielsweise auch Stereotypien wie Klopfen, Fingerspiel, etc.) der Schüler sein, die für sie stets subjektiv sinnvoll (sich spüren, attraktive Geräusche verursachen, etc.) sind
Versucht man auf die Äußerungen des Schülers zu antworten (z.B. indem man das Klopfen aufgreift oder sich in das Fingerspiel einbringt), so eröffnet sich die Chance für eine Wechselseitigkeit, die ihren Ursprung in einer (selbstbestimmten) Äußerung des Schülers hatte.
Partizipation
“Partizipation bedeutet, das Nutzen von Wahlmöglichkeiten” innerhalb von Alltagsaktivitäten und sozialen Interaktionen in allen Lebensbereichen.
Bildung
Überlegen Sie wie man den Alltag individuell auf Menschen mit schwerer Behinderung anpassen kann.
Sachlich und räumlich
Großer Klassenraum (Bewegungsfreiheit für Rollstuhlfahrer)
Atmosphäre, die Sicherheit und Wohlbefinden vermittelt (angenehme Farben, nicht zu überladen, Licht nicht zu grell, etc.)
Zonen/Räume, die speziellen Zweck dienen (Förderraum, Speisesaal, Ruheraum, usw.) gibt Struktur und Vorhersehbarkeit
Barrierefreier Zugang zu allen Räumen/ erlebnispädagogisch gestalteter Außenbereich (Teilhabe, Erfahrungen, Möglichkeiten)
Angemessenes Fördermaterial und Lagerungsmöglichkeiten (Lifter, Lagerungskissen, Decken, Keile)
Material zur vibratorischen, somatischen, vestibulären, kommunikativen, auditiven, visuellen, taktilen Wahrnehmung (Massagezubehör, Naturmaterialien, Lebensmittel, Hörspiele, Lichter, usw.)
Basale Kommunikation
UK (Bigmack, Powerlink)
Personelle und institutionelle Bedingungen
Zwei Pädagogensystem, Multiprofessionelles Team
Fortbildungen, Beratung und Austausch (mit Kollegen, Eltern, externen Fachkräften)
Verbindliche Absprachen, Strukturen und Routinen (einbeziehen in Stundenplanung)
Warum ist Kommunikation wichtig?
Ohne Kommunikation können wir einander nicht verstehen, interpretieren das Verhalten des Anderen
Verhalten möglicherweise mit Situation, Vergangenheit und Zukunft zu tun, könnte alles sein
Ohne Kommunikation wissen wir nicht, was eine Person denkt
Kommunikation als Grundrecht
Gehört werden und Antwort zu erhalten
Mitzusprechen und direkt angesprochen werden
Bedürfnisse äußern und etwas zu verlangen
Auf feinfühlige Art und Weise behandelt zu werden
Mit Respekt und Würde behandelt zu werden
Über seinen Tagesablauf und das Weltgeschehen informiert zu werden
Gefragt zu werden und Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erhalten
Seine Gefühle, Gedanken und Meinungen zu äußern
“Nein” zu sagen, etwas ablehnen oder sich neu zu entscheiden
Auswahl und Entscheidungen zu treffen
Jederzeit auf seine Kommunikationshilfe zurückgreifen können
Ein funktionierendes und aktualisiertes Kommunikationssystem verwenden zu können
Vermittelt bekommt, wie man kommuniziert
Ein gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft sein
Was bedeutet es für einen Menschen, wenn man nicht sprechen kann?
Soziale Kontakte
Zuneigung und Sympathie nicht zeigen zu können
Nicht auf sich aufmerksam machen können
Für dumm gehalten werden
Kognitive Entwicklung
Nicht wissen, was mit einem passiert
Nicht nachfragen können
Dinge, Tätigkeiten und Personen, die nicht im “Hier und Jetzt” sind, sind unerreichbar
Identitätsentwicklung
Nicht ernst genommen werden
Nicht verstehen, was mit einem selbst passiert und nicht nachfragen können
Angst haben
Selbstbestimmung
Vorlieben und Abneigungen nicht ausdrücken können
bei Entscheidungen übergangen werden
Das eigene Leben nicht planen können
Für wen ist Unterstützte Kommunikation gedacht?
Expressive Hilfsmittel: Lautsprache wird gut verstanden, kann jedoch nicht ausreichend ausgedrückt werden.
Unterstützung der Lautsprache: Unterstützung der Lautsprache/Wiedererwerb sprachlicher Fähigkeiten nur verständlich, wenn bei Bedarf ein zusätzliches Hilfsmittel verfügbar ist.
Ersatzsprache: Lautsprache als Medium zu komplex, andere Alternative wird benötigt
Störungsbilder:
angeborene Beeinträchtigung wie z.B. geistige Beeinträchtigung, ASS, syndromale Erkrankungen (Trisomie 21, Rett-Syndrom), neurologische Beeinträchtigungen
Erworbene Schädigungen z.B. Schädel-Hirn-Trauma, Krankheiten (Krebs), Verletzungen
Fortgeschrittene Schädigungen z.B. Demenz, ALS, MS, Parkinson, Chorea Huntington
Vorrübergende eingeschränkte sprachliche Möglichkeiten/ temporärer Verlust der aktiven Sprache z.B. durch Traumata, Unfällen, nach operativen Eingriffen'
Weitere Personengruppen z.B. Migrationshintergrund (Deutsch als Zweitsprache), Sprachentwicklungsverzögerung, -störung, -behinderung (Late-Talker, Mutismus)
Nennen Sie körpereigene Kommunikationsformen.
Nicht intentional:
Atmung
Muskelspannung
Herzschlag
Sensomotorik
Intentional:
Gezielte Blickbewegungen
Aktustische Zeichen
Mimische und gestische Zeichen
Berühungs- und Bewegungszeichen (Gebärdensprache)
Individuelle Zeichen
Vorteile:
immer vorhanden
Schnell
Spontan
Ortsunabhängig
Nachteile:
mit Fremden oft schwer
komplexe Inhalte schwer Ausdrücken
Der Kommunikationspartner muss mit dem System vertraut sein
Beschreiben Sie elektronische Kommunikationshilfen.
Umweltsteuerung (Powerlink)
Ursache-Wirkung-Zusammenhänge erkennen
Selbstständiges Handeln
Beteiligung an Gruppenaktivitäten
Sprechende Stifte/Tasten (Bigmack, Step-by-step, Anybook)
digitale Sprachausgabe von vorher aufgenommen
für einfache Sätze (Toilette, Hilfe) oder Arbeitsaufträgen
Geräte mit statischer Ebene (GoTalk 4+/20+)
Mehrere Möglichkeiten
Tasten durch Pikogrammen oder Bildkarten gekennzeichnet
Geräte mit dynamischem Display (iPad, Hard- und Software von Hilfsmittelfirmen)
digitale Sprachausgabe über Lautstärker durch Computersprache
Mehrere Wahlmöglichkeit/ Piktrogramme möglich
Augensteuerung oder andere angepasste Bedingungshilfen möglich
Vorteile
Selbstständige, weitgehend ortsunabhängige Kommunikation
Kontakt zu unvertrauten Personen fällt leichter
Weniger Verständnisprobleme
Bessere Gesprächssteuerung
Hohe Motivation - Sprache als Auslöser erfahren
Leicht transportierbar
Nachteile
Technische Kenntnisse erforderlich
Hohe Einarbeitungszeit
Müssen geladen und gewartet werden
Technische Anfälligkeit
Bürokratischer Aufwand bei der Beantragung (Krankenkasse)
Beschreiben Sie nicht-elektronische Kommunikationshilfen.
Körperfremd und Hilfsmittel gestützt
Zur multimodalen Förderung oder wenn elektronische Hilfen zu komplex sind
Gustatorisch (schmecken)
Olfaktorisch (riechen)
Auditiv (hören)
Motorisch-haptische Systeme
Dreidimensional
Von sehbehinderten, Blinden oder schwerstmehrfachbehinderten Menschen verwendet
Vorstufe zur Erarbeitung zweidimensionaler Abbildungen
Multimodaler Einsatz, Hilfsmittel gestützte Kommunikationsformen werden ergänzt
z.B. Kletttasche mit Objektsymbolen (CD = Musik) oder Realgegenstände (Schwimmflügel = Schwimmen, Klopapier = Toilettengang)
Ich-Bücher
Unter anderem von Schwerstbehinderten Menschen eingesetzt
Geben wichtige Informationen über Menschen in schriftlicher Form weiter
Informationsquelle für alle Bezugspersonen
Momentaner Stand, müssen immer überarbeitet und erweitert werden
Routinen, Rituale, Vorlieben werden vermittelt und sollten auch eingehalten werden
Kommunikationstafeln, -ordner, -bücher
Zeigen Piktogramme und einzelne Wörter und einfache Satzteile
Durch zeigen auf entsprechende Bilder kann kommuniziert werden
Kommunikationsordner können erweitert werden, z.B. mit themenspezifischem Vokabular (Einkaufen, Freizeit, Schule usw.)
Ablaufpläne mit Symbolkarten oder Fotos
Tagespläne oder Handlungspläne (Händewaschen)
Fotos eignen sich v.a., wenn kein Symbolverständnis vorhanden ist
Picture exchance communication (PECS)
verläuft in 6 Phasen
Arbeitet mit “Verstärkern”
Austausch zwischen Kommunikationspartnern
1. Phase: UK-Person überreicht Kommunikationspartner nach Aufforderung Bildkarte, erhält im Gegenzug Verstärker
Alternativpläne
Visualisierung verschiedener Verhaltensmöglichkeiten und deren Konsequenzen
Robust
Preiswert
Keine technischen Störungen
Vom Kommunikationspartner auch nutzbar
aufwändig in der Herstellung
Nicht gut zu transportieren
Körperliche Nähe und Aufmerksamkeit des Partners nötig
Erfolg ist abhängig von der Kommunikationsfähigkeit des Partners
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