Was ist “Clinical Reasoning”? (5)
klinisches (professionelles) Denken und begründen
ermöglicht es, Denkprozesse zu strukturieren und damit Maßnahmen transparent zu machen und zu begründen
umfasst alle Strategien und Phasen der Informationssammlung und -auswertung, die eine gezielte Festlegung der jeweiligen therapeutischen Diagnose ermöglichen
Befundungsmuster = Inhalts- und Prozessmodell
inhaltliche und zeitliche Dimension
Wie lauten die 6 Schritte des Clinical Reasoning-Prozesses? (6)
Pre-assessment-image
Cue acquisition
Hypothesenproduktion
Cue interpretation
Hypothesenevaluation
Festlegung einer (ergo-)therapeutischen Diagnose
Was beinhaltet das “Pre-assessment-image”? (4)
Annahmen treffen
Vorstellung vom Klienten entwickeln
erster Eindruck durch z. B. Akte (Diagnose, bisherige Anamnese, vorherige Therapien etc.)
-> aud diesen Informationen werden erste Arbeitshypothesen entwickelt
Was beinhaltet das “Cue acquisition”? (4)
sammeln von Stich- und Schlüsselwörtern
Methoden hierfür können Untersuchung, Befragung, Beobachtung etc. sein, um weitere Informationen über den Klienten zu bekommen
-> Schlüsselbegriffe dienen der Überprüfung der ersten Arbeitshypothesen
-> bestätigen oder widerrufen diese
Was beinhaltet das “Hypothesenproduktion”? (2)
gesammelte Daten werden organisiert/strukturiert und in hypothetische Befundmuster überführt
-> es bestehen häufig mehrere Hypothesen nebeneinander
Was beinhaltet das “Cue interpretation”? (3)
weitere Datensammlung und Schlüsselwörterbildung, um die aufgestellten Hypothesen zu bestätigen oder zu widerlegen
-> dies stützt sich auf die vorhandene Kompetenz des Therapeuten
-> Wissen + Erfahrung + Einstellung
Was beinhaltet das “Hypothesenevaluation”? (1)
-> sinnvolle Erklärungen werden miteinander verglichen
Was beinhaltet das “Festlegung einer (ergo-)therapeutischen Diagnose”? (1)
-> die Hypothese, die am genauesten zutrifft wird ausgewählt
Welche Formen des Clinical Reasoning gibt es? (5)
Scientific Reasoning
Interaktives Reasoning
Konditionales Reasoning
Narratives Reasoning
Pragmatisches Reasoning
Was besagt das “Scientific Reasoning”? (11)
das analytisch-wissenschaftliche Denken
Therapeut_in benötigt analytische Fähigkeiten (= Wissen zu Ursache-Wirkung) bei der
Problemidentifikation
Problemanalyse
Problemlösung
Methoden des Generalisierens und Testens um voraussagende Schlussfolgerungen zu ziehen:
Problem identifizieren
generelles Potential evaluieren
alle Bereiche herausfinden, in denen das Problem wirksam wird
testen, ob das Problem dort wirklich auftritt
über das Problem Voraussagen treffen
Welche Fragen wirft das Scientific Reasoning auf? (7)
Was weiß ich über Krankheit/Unfall/anschließende Behandlung/Defizite in der Entwicklung in diesem Lebensabschnitt/etc.?
Welche (bliebenden) Behinderungen können aufgrund dieser Diagnose entstehen?
Wie ist die Handlungsfähigkeit des Klienten bei dieser Diagnose betroffen?
Was sind typische Begleiterscheinungen bei dieser Krankheit, was muss alles einbezogen werden (Wohnraumabklärung, Hilfsmittel, Angehörigenberatung, etc.)?
Welche Theorien, Bücher, Artikel, Forschungsarbeiten kann ich als Informationsressource heranziehen, um mir Anregungen bzw. Anleitungen für die Befundung und Behandlung holen?
Gibt es Fallbeispiele, um mir Ideen für diese individuelle Behandlungssituationen zu holen?
Welche erfahrenen Therapeut_innen kann ich befragen?
Was besagt das “Interaktive Reasoning”? (9)
das Bedenken der Gefühle und Wahrnehmungen
Therapie ist ein Interaktionsprozess, daher ist es wichtig eine therapeutische Beziehung zu entwickeln, um gemeinsam in Aktion zu kommen
nur positiv erlebte Interaktionen führen zur erfolgreicher Therapie
Voraussetzungen für eine gute Beziehung sind:
Akzeptanz
Empathie
aktives Zuhören
Herstellen einer Vertrauensbasis
Respekt
Optimismus
Welche Fragen wirft das Interaktive Reasoning auf? (4)
Was weiß ich über den Menschen, den ich behandle?
Was denkt und empfindet dieser Mensch in Bezug auf seine Krankheit und Behinderung?
Wie verlief sein Krankheitsbild bis hierher?
Wie sehen seine Einstellungen, Werte, Zukunftsperspektiven etc. aus?
Was besagt das “Konditionale Reasoning”? (3)
das Entwickeln von Vorstellungen über die Gesamtsituation des Klienten
durch Vorstellungsvermögen (Imagination) und dem Finden von Erklärungen (Interpretation) vereinigt der/die Therapeut_in die Vergangenheit (wie die Person vor der Erkrankung war), Gegenwart (wie sie jetzt ist) und Zukunft (was sie in Zukunft sein kann)
der gezielte Einsatz von Aktivitäten, der Einfluss von Intentionalitäten der Therapie, Gewohnheiten und Routine sind Aspekte des konditionalen Reasonings
Welche Fragen wirft das Konditionale Reasoning auf? (5)
Wer ist mein Klient? Aus welcher Lebenswelt kommt er und in welche wird er zurückkehren?
Welche Tätigkeiten sind für ihn notwendig?
Welche Tätigkeiten kann er noch nicht – wahrscheinlich nicht mehr – ausführen?
An welchen Tätigkeiten hat er besonders Spaß?
Welche Tätigkeiten haben eine besondere Bedeutung für ihn?
Was besagt das “Narrative Reasoning”? (5)
das Verstehen der individuellen Geschichte des Klienten
Erfasst:
die Geschichte des Klienten
die Geschichte, die wir über unseren Klienten berichten
die Art und Weise, wie wir die Geschichte unserer Klienten in unser therapeutisches Handeln mit einbeziehen und eine gemeinsame Geschichte gestalten (= prospektive Geschichten)
der/die Therapeut_in arbeitet durch diese Geschichte an der Struktur der Therapie, konfrontiert, den Klienten mit Erlebnissen und Erfahrungen und verbindet so Therapie und wirkliches Leben
Welche Fragen wirft das Narrative Reasoning auf? (7)
In welche Lebensgeschichte bin ich da hineingeraten?
Welche Episoden erzählt mir der Klient?
Welche Personen kommen in diesen Erzählungen vor?
Über welche Tätigkeiten, Hobbies, etc. spricht der Klient und welche Rolle nimmt er dabei ein?
Wie spricht der Klient über diese Personen und Tätigkeiten?
Welche Erinnerungen, Erfahrungen, Erlebnisse werden durch diese Geschichte während der Therapie bei mir selbst wieder in Erinnerung gerufen?
Sind mir diese Geschichten angenehm oder unangenehm, interessieren sie mich oder gehen sie mir auf die Nerven?
Was besagt das “Pragmatische Reasoning”? (6)
das Erfassen der praktischen Gegebenheiten
es wird besonders der Kontext der Therapie bedacht:
Verantwortung im sozialen Kontext
Institutionelle Verantwortung und Zuständigkeiten
Finanzielle Ressourcen
Räumliche Voraussetzungen
Personelle Voraussetzungen
Welche Fragen wirft das Pragmatische Reasoning auf? (8)
Wie wird mit Krankheit und Kranksein umgegangen?
Gibt es eine bestimmte Form der Prävention?
Wie funktioniert das soziale Netz?
Wer außer staatlichen Einrichtungen unterstützt und fördert eine Behandlung?
Welche Gesetze spielen in diesem Fall eine Rolle?
Ist der Klient bereit, im privaten und öffentlichen Leben zu seiner Erkrankung und Behinderung zu stehen?
Ist der Klient bereit seine Umgebung entsprechend seinen Bedürfnissen zu ändern?
Wie geht das Umfeld mit der Erkrankung um?
Was besagt das “Ethische Reasoning”? (6)
Reasoning basierend auf ethisch-moralischen Vorstellungen, d. h. auf Werte, Normen und Maximen
vier ethische Prinzipien im Gesundheitswesen nach Beauchamp & Childress (2008):
Achtung der Autonomie/ Selbstbestimmung (Respect for Autonomy)
Wohlergehen/Fürsorge (Beneficence)
Gerechtigkeit (Justice)
Schadensvermeidung (Nonmaleficence)
Besondere Relevanz für den Bereich „End of life care“
Welche Fragen wirft das Ethische Reasoning auf? (6)
Welche wichtigen ethischen Grundsätze/Prinzipien sind involviert?
Wie kann das Problem/der Zustand konkreter beschrieben werden (gesetzlich, rechtmäßig, moralisch, medizinisch)?
Welche ethischen Ansätze sollten genutzt werden?
Orientiert sich die Handlung an den relevanten ethischen Prinzipien? Richtet sich die Handlung nach den ethischen Prinzipien?
Steht die Handlung im Einklang mit dem ethischen Berufskodex?
Hat die Handlung das moralische Dilemma effektiv gelöst?
Was ist “Ethik”? (2)
= Sitte, Gewohnheit oder Brauch: bezieht sich auf den gewohnten Ort des Lebens, das unmittelbare Gestaltungsumfeld → durch Erziehung gewöhnt, „was sich ziemt“
= verfestigte tugendhafte Grundhaltung im Sinne von Persönlichkeitscharakter: wer tradierte Regeln und Wertemaßstäbe des Handelns nicht unhinterfragt übernimmt, sondern es sich zur Gewohnheit macht, nach Überlegung und Einsicht das in der Situation erforderliche Gute zu tun
Unterscheide kurz die Begriffe Ethik, Moral, Norm, Wert und Gewissen. (5)
Ethik: Reflexion über die Moral
Moral: realisierte Prinzipien, Werte und Normen (verinnerlichte, konventionelle Werte)
Norm: aus einem Wert abgeleitete Handlungsrichtlinie
Wert: Auffassung über das, was zu erstreben ist
Gewissen: Inneres Bewusstsein vom Guten und Bösen, die persönliche Instanz der moralischen Urteilsbildung
Was sind “letztliche Werte”? (5)
= unbedingte Werte = nicht bedingte Werte
Recht auf Leben
Recht auf körperliche Unversehrtheit
Recht auf Freiheit
Recht auf Menschenwürde
Was sind Aufgaben der Ethik? (4)
Gewissenswerte sollen uns urteilsfähig werden lassen
Konfliktfähigkeit entwickeln
Urteilsfähigkeit und Konfliktfähigkeit führen zu Selbstentwicklung
unser Gewissen zu verteidigen
Was gehört zum professionellem Verhalten in Gesundheitsberufen? (10)
Verlässlichkeit
professionelles Benehmen und Auftreten
Initiative, Motivation und Selbstständigkeit
klinisches Reasoning
Bereitschaft konstruktives und produktives Feedback zu geben und Supervision in Anspruch nehmen
Kooperationsfähigkeit, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
Organisationsfähigkeit
Redegewandtheit und Beteiligung an öffentlichen Diskussionen
schriftliche Ausdruckfähigkeit und Stellungnahme
Was sind “ethischen Wurzeln” für professionelles Handeln? (7)
die ethischen Wurzeln dieser Kategorie zeigen Kanny (2000) anhand verschiedener – wie sie es nennt – „Prinzipien“ auf
sie betont, dass professionelles Verhalten weit mehr ist als die Wahrung der Etikette
Prinzip der Benefizienz
Prinzip des Nicht-Schadens
Prinzip der Autonomie
Prinzip des Respekts
Prinzip der Gerechtigkeit (wenn jeder bekommt, was er braucht)
Was besagt das Prinzip der Benefizienz? (3)
Wohlergehen (nur zum Besten des Patienten)
etwas positives angedeihen lassen
von bestehendem Schaden zu befreien
Was besagt das Prinzip des Nicht-Schadens? (4)
vermeiden von unnötigen Schmerzen oder anderen Unannehmlichkeiten
relevante Therapiemethode
nicht zulässig handeln
nicht aus Unwissenheit Schaden zufügen
Was besagt das Prinzip der Autonomie? (3)
Selbstbestimmung, Freiheit, Unabhängigkeit
partizipative Entscheidungsfindung, z. B. über Therapiemethode, Therapieziele
sekundäres Prinzip der Wahrheit: wahrheitsgetreue Informationen an den Klienten geben (fehlen Infos, kann Klient keine eigenen Entscheidungen treffen)
Was besagt das Prinzip des Respekts? (3)
Werte und Würde des Klienten wahren
Geschlecht, Kultur, Hautfarbe
nicht autonomen Personen
Was besagt das Prinzip der Gerechtigkeit? (3)
Fairness, individuelle Bedürfnisse berücksichtigen (jeder bekommt, was er braucht)
verteilende Gerechtigkeit
verteilende Gerechtigkeit bei Kosten, Vorteilen, Zeitaufwand
Was sind die ethischen Prinzipien der Ergotherapie? (8)
Autonomie:respektieren, unterstützen in Selbstbestimmung undTeilhabe an für sie bedeutungsvollen Betätigungen, helfen nach bestmöglicher Information und Aufklärung selbstbestimmt und eigenständig Entscheidungen zu treffen und richten den gemeinsamen Behandlungsprozess an diesen aus, treten für ihre Klienten ein und vertreten deren Wünsche gegenüber Bezugspersonen und anderen Mitgliedern des Behandlungsteams
Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit: gegenüber ihren Klienten, ihren Kollegen sowie in der Vertretung ihres Berufsstandes
Kollegialität: teilen ihre Kenntnisse und Erfahrungen mit ihren Kollegen und unterstützen sich gegenseitig, beteiligen sich entsprechend ihren Ressourcen an deren Aus-, Fort- und Weiterbildung, begegnen ihren Kollegen aller Professionen respektvoll und wertschätzend
Professionalität: üben ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen aus und nehmen ihre Verantwortung wahr, stellen durch Fort- und Weiterbildung (lebenslanges Lernen) den Erhalt und die Erweiterung ihrer beruflichen Kompetenzen sicher, beziehen aktuelle Erkenntnisse und internationale Standards in ihre Arbeit ein, pflegen zu den Interessenspartnern in ihrem beruflichen Umfeld eine professionelle Beziehung, zeigen sich offen für berufsbezogene Forschung und unterstützen diesbezügliche Aktivitäten entsprechend ihren Ressourcen
Soziale Gerechtigkeit: bieten ihre Leistungen gerecht und angemessen an, lassen sich in der Arbeit mit ihren Klienten nicht durch Alter, Krankheit oder Behinderung, Konfession, Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, soziale Stellung, Versicherungsstatus oder finanzielle Aspekte beeinflussen
Verfahrensgerechtigkeit: befolgen die für ihre Tätigkeit relevanten Gesetze und Regularien, handeln nach berufsethischen Prinzipien sowie betriebsinternen Vorgaben und Abläufen, setzen die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen wirtschaftlich, transparent und gerecht ein und legen mögliche Interessenkonflikte in ihrer Arbeit offen
Vertraulichkeit: gehen vertraulich mit den Daten und Informationen ihrer Klienten um
Wohltun und Nicht-Schaden: sind um das Wohl und die Sicherheit ihrer Klienten bemüht, vermeiden bewusst Handlungen und Verhaltensweisen, die ihren Klienten oder anderen am Behandlungsprozess beteiligten Parteien schaden könnten
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