Begründen Sie anhand der Funktionen des Erzählens, weshalb es als eine anthropologische Konstante angesehen werden kann. Problematisieren Sie zudem die Funktion der Informationsvermittlung.
Funktionen:
Informationsvermittlung
menschliche Kommunikationsform > einfachste Form des Erzählens: der Bericht (=Darstellung eines Geschehens mit Sprache)
etwas Erlebtes festhalten/verarbeiten
Vergnügen/Unterhaltung
Definieren Sie den Begriff ‚Bericht‘ und problematisieren Sie die beiden Bereiche, die mittels eines Berichts dargestellt werden können.
Bericht= Darstellung eines Geschehens mit Sprache (einfachste Form des Erzählens)
Darstellung von…
faktischem Geschehen
Geschichtsschreibung, journalistisches Schreiben (Erzählen)
fiktivem Geschehen
literarisches Erzählen
Paraphrasieren Sie Uwe Spörls Definition für die Gattung ‚Epik‘ und erläutern Sie Ihre Ausführungen.
Nach Spörl umfasst die Epik Texte, in denen durch einen Erzähler (vermittelnde Instanz) Geschehenes dargestellt wird (erzählende Literatur).
vermittelnde Instanz = ErzählerIn, und nicht der Autor
Geschehenes= Handlung
Die konkreten Erscheinungsformen sind narrative bzw. erzählende Texte, weshalb die Epik auch Erzählliteratur genannt wird.
Nehmen Sie kritisch Bezug auf die Minimaldefinition für narrative Texte nach Jochen Vogt und stellen dabei heraus, welches gattungskonstitutive Merkmal durch diese Definition besonders betont wird.
narrativer Text: “Eine Abfolge von [sprachlichen] Zeichen, die eine Abfolge von Ereignissen repräsentieren.”
in Bezug auf ihre drei konstituiven Elemente zu kritisieren:
Abfolge von Zeichen
jede Form von Literatur ist eine Abfolge von sprachlichen Zeichen
Abfolge von Ereignissen
trifft auch auf den Bereich Dramatik zu
‘repräsentieren’
unreflektierter mimetischer Literatursbegriff
Synonyme für ‘Ereignis’:
Geschehen (wird von Uwe Spörl verwendet)
es passiert etwas
Handlung
Veränderung von Zustand A in Zustand B
präziser
jedoch ist Definition trotzdem zutreffend, da Abfolge sprachlicher Zeichen ‘Text’ meint, Abfolge von Ereignissen ‘Handlung (Geschehen)’ und repräsentieren ‘Darstellung von’.
Somit sind narrative Texte solche, die eine Handlung darstellen.
Welches ist das konstitutive Merkmal erzählender Texte?
Da Literatur aus Sprache besteht, ist auch das konstituive Merkmal erzählender Texte der Gebrauch von Sprache. Eine Handlung (Geschehen) wird mit Sprache dargestellt.
Erläutern Sie das für erzählende Texte spezifische Verhältnis von Ereignis- und Zeichenfolge anhand eines Beispiels.
grundlegend für erzählende Literatur ist die Unterscheidung zwischen Zeichen- und Ereignisfolge
Darstellung (Zeichenfolge) muss nicht zwangsläufig chronologisch sein.
= Anachronie (Dissonanzen zwischen der Ordnung der Geschichte [Ereignisfolge] und der Erzählung [Zeichenfolge].)
Zeichenfolge, also wie etwas dargstellt wird, weicht nicht von der Handlungsfolge ab. (in diesem Beipiel)
Übereinstimmung von Ereignis- und Zeichenfolge ist eine konstituives Merkmal der Kitschwerzählung, die ihrerseits zur Schemaliteratur gezählt werden kann (Schemaliteratur= immer nur Variationen festgefügter Muster)
Benennen und definieren Sie die drei Darstellungsmodi in der Terminologie der Erzähltextanalyse nach Stanzel/Petersen.
Darstellungsmodi dienen der Kennzeichnung der vermittelnden Instanz in ihrem Verhältnis zum Erzählten.
Erzählform
= Beteiligungsverhältnis der vermittelnden Instanz zum Erzählten (als Figut beteiligt vs unbeteiligt)
Ich-Form (“Ich”)
Er-Form/Sie-Form (“Lisa”)
Erzählverhalten
= Standpunkt bzw. Fokus der vermittelnden Instanz zum/aus das Erzählte
eigener Standpunkt: auktoriales Erzählverhalten
kein erkennbarer Standpuntk: neutral
Standpunkt einer Figur: personal
Erzählperspektive
= Verhältnis der vermittelnden Instanz zu den Figuren der Erzählung
Innensicht
Darstellung der Gedanken einer oder mehrerer Figuren durch die vermittelnde Instanz
Außensicht
bei einer Erzähltextanalyse wirken alle drei Darstellungsmodi stets zusammen
ausgehend vom Erzählverhalten ergeben sich bestimmte Kombinationsmöglichkeiten:
Erläutern Sie den Zusammenhang und die möglichen Erscheinungsformen der Darstellungsmodi (nach Stanzel/Petersen) in narrativen Texten und bei deren Analyse.
Auktoriales Erzählverhalten kann aus der Ich-Form oder der Er-/Sie-Form erfolgen und dabei sowohl die Innen- als auch Außensicht einnehmen.
Personales Erzählverhalten kann als Ich- oder Er-/Sie-Form erfolgen, möglich ist dabei immer die Außensicht. Innensicht nur beim Erzählen in Ich-Form.
Neutrales Erzählverhalten nur Er-/Sie-Form und Außensicht
> können innerhalb des Textes wechseln
In welchem Verhältnis steht der Darstellungsmodus der Erzählperspektive zur Kategorie des point of view. Erläutern Sie kurz.
Erzählperspektive = Verhältnis der vermittelnden Instanz zu den Figuren
Erzählen aus Innesicht = internen pov
Erzählen aus Außensicht = externen pov
Erläutern Sie die möglichen Zeitgestaltungen in narrativen Texten, die die Erzähltextanalyse nach Stanzel/Petersen unterscheidet.
Welche drei Erzählmodi werden in der Erzähltextanalyse nach Stanzel/Petersen der vermittelnden Instanz zugeschrieben? Definieren Sie sie kurz.
Beispiel: “Und morgen war Weihnachten.” (O. Henry: Das Geschenk der Weisen 1905)
grammatikalisch korrekt, weil dich der Rückblick des Erzählers mit der Zukunftserwartung der Figuren überlagert
erlebte Rede ist also ein Phänomen der Dialogizität/Polyphonie (Vielstimmigkeit in der Literatur) von Michail Bachtin
Worin unterscheiden sich ‚innerer Monolog‘ und ‚erlebte Rede‘?
Unterschiede:
Tempus (Präsens / episches Präteritum)
Erzählform (Ich / Er)
Erkennung der vermittelnden Instanz (nicht erkennbar / erkennbar
Definieren Sie die beiden Begriffe ‚erzählte Zeit‘ und ‚Erzählzeit‘.
Erläutern Sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Erzählmodi ‚innerer Monolog‘ und ‚erlebte Rede‘.
Erläutern Sie den spezifischen Tempusgebrauch in narrativen Texten und grenzen Sie ihn vom alltagssprachlichen Gebrauch ab.
Nennen und erläutern Sie kurz die Aspekte des Narrativen nach Gérard Genette und bestimmen Sie deren Verhältnis in Bezug auf die Parameter der Genette’schen Erzähltextanalyse.
seiner Erklärung ist strukturalistisch ausgerichtet, er versucht die Struktur einer Erzählung analog der Struktur des sprachlichen Zeichens zu beschreiben (“signifé” / “signifiant”)
Definieren Sie die beiden Begriffe ‚Diegese‘ und ‚diegetisch‘.
Diegese= Synonym zu ‘Geschichte’ und bezeichnet “das raumzeitliche Universum der Erzählung”
diegetisch = somit alles, was sich auf die Geschichte bezieht
Begriffe nach Tzvetan Todorov (auf dessen Unterscheidung geht auch Gérald Genette zurück)
Erläutern Sie die Genette’schen Analysekategorien für den Parameter Zeit.
(also Verhältnis von Zeichen- und Ereignisfolge)
Ordnung:
Synchronie
= lineares / chronologisches Erzählen
Anachronie
nicht chronologisches Erzählen
Prolepse (Vorausdeutung)
Analepse (Rückwendung)
definiert sich anhand der Basiserzählung (also dem aktuellen Zeitpunkt aus dem berichtet wird)
Dauer:
Szene
zeitdeckendes Erzählen
Dehnung
zeitdehnendes Erzählen
Raffung
zeitraffendes Erzählen
Pause
Reflexion, Kommentare, Beschreibungen
discours setzt sich fort, während die histoire still steht (keine Handlung)
Ellipse
Zeitsprung/Aussparung
der discours steht still, während die histoire sich fortsetzt (wovon aber nicht erzählt wird)
Frequenz:
Singulativ
einmaliges Erzählen (Ebene des discours) einer Ereignisses (Ebene der histoire)
Interativ
einmaliges Erzählene (discours) wiederholter Ereignisse (histoire)
Repetitiv
wiederholtes Erzählen (discours) eines Ereignisses (histoire)
——————————————
Die Genette'schen Analysekategorien des Parameter Zeit dienen dazu, die komplexe Beziehung zwischen Geschichte (histoire) und Erzählung (discours) in literarischen Texten hinsichtlich der Zeit zu untersuchen und zu verstehen. Sie ermöglichen es Literaturwissenschaftlern und -kritikern, die zeitlichen Strukturen in Erzählungen zu analysieren und die Art und Weise zu untersuchen, wie Autoren Zeit als erzählerisches Element verwenden.
Erläutern Sie die Genette’schen Analysekategorien für den Parameter Modus. (Die Beantwortung dieser Frage ist sehr umfangreich; achten Sie also darauf, dass die zentralen Begriffe genannt und jeweils kurz definiert werden!)
Fokalisierung entspricht (nicht zu 100 %) dem Erzählverhalten (nach Stanzel/Petersen)
auktorial > Nullfokalisierung
neutral > externe Fokalisierung
personal > interne Fokalisierung
Erläutern Sie anhand der Differenz von ‚showing vs telling‘ den Unterschied zwischen dramatischem und narrativem Modus.
Erläutern Sie die Genette’schen Analysekategorien für den Parameter Stimme.
Zeitpunkt:
späteres Erzählen (Standard)
> erst findet ein Ereignis statt, erts später, also danach, wird davon erzählt
gleichzeitiges Erzählen (szenisch)
> noch während etwas passiert, wird davon erzählt (i.d.R. im Präsens)
früheres Erzählen
> es wird von einem Ereignis erzählt, das (textintern) er nach dem Erzählzeitpunkt eintreten wird
Ebenen:
extradiegetisch (primäres Erzählen)
> das Erzählen selbst ist nicht Teil der Diegese (es liegt auf einer anderen Ebene und wird innerhalb der Erzählung nicht thematisiert)
Es war einmal… (Märchen)
Märchen ist nicht Teil der Diegese; also es wird einfach erzählt, ohne dann vom Erzählen selbst erzählt wird
intradiegetisch (sekundäres Erzählen)
> in einer Erzählung, also innerhalb der Diegese (= Rahmenerzählung) wird eine Erzählung erzählt (Binnenerzählung)
(Doppelstruktur von Rahmen- und Binnenerzählung)
Tausendundeine Nacht
“Die wunderlichen Nachbarskinder. Novelle” innerhalb von Goethes Wahlverwandtschaften
metadiegetisch (tertiäres Erzählen)
> in einer Erzählung (1. Ebene) wird vom Erzählen (3. Ebene) erzählt (2. Stufe)
Die Leiden des jungen Werther
fiktiver Herausgeber ist in Besitz dr Korrespondez von Werther gekommen, erst gegen Ende schaltet sich “Herausgeber” ein um als vermittelnde Instanz tätig zu werden
in einem Brief, gib Werther die Geschichte eines jungen Bauernhelfers wieder, der in seine Herrin verliebt war (weiterer Beweis für die Polyphonie erzählender Texte)
Stellung:
Kommt die erzählende Instanz (vermittelnde Instanz) selbst in der Diegese vor oder nicht?
homodiegetische Erzählinstanz
ist Figur in der Geschichte
Er-/Sie-Form und Ich-Form
nur Ich-Form
autodiedetische (Sonderfall des homodiegetischen Erzählens)
Hauptfigur
heterodiegetische Erzählinstanz
nicht Teil des Figurenensemble
immer Er-/Sie-Form
Kombination von Kategorien möglich:
nicht nur innerhalb eines Parameters:
z.B. lässt sich Stellung (Stimme) mit Fokalisierung (Modus) kombinieren
Beschreiben Sie in Bezug auf das Beteiligungsverhältnis jeweils kurz die möglichen Formen heterodiegetischen und homodiegetischen Erzählens.
Was ist Narratologie?
Terminologie der Erzähltexteanalyse nach Stanzel/Petersen allgemein
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