Erläutern Sie, inwieweit die begriffliche Unterscheidung von Dichtung und Literatur mit der Unterscheidung von mimetischer und materialästhetischer Literatur korrespondiert.
Unterscheidung nach Friedrich Kittler Aufschreibesysteme 1800, 1900
= mimetische Literatur
“Universalkunst”, die “im Universalmedium Einbildungskraft wirkt
ab 1900 verliert Dichtung Eigenschaft der Mimesis an andere Medien wir Film, Fotografie
Literatur = materialästhetische Literatur
“Wortkunst von Worte-Machern”
bezieht sich auf Autoreferenzialität materialästhetischer Lit
kann anahnd Gegenstände und Ziele unterschiedenen werden
Erläutern Sie den Unterschied zwischen Zeichen und Referent an je einer exemplarischen Aussage, die einmal das Zeichen und einmal den mit diesem Zeichen gemeinten Referenten betrifft.
Zeichen besteht uas Signifikant (Bezeichnende) und Signifikat (Bezeichnete)
z. B. der Satz “Ich gehe.”
hat dabei einen Referneten in der außersprachlichen Wirklichkeit
Ich, die geht.
Was ist das Grundprinzip des Zeichens?
etwas steht für etwas anderes
Nennen und erläutern Sie die drei Zeichen in der Typologie von Charles Sanders Pierce.
Index
-> Anzeichen, Symptom
natürliches Zeichen: kausale Beziehung zw. Zeichen und Referent (Rauch (Signifikat) als Index für Feuer (Signifikant))
Ikon
-> Abbild
natürliches/ künstliches Zeichen: die Beziehung zwischen Reichen und Referent beruht auf Ähnlichkeit bzw. Gemeinsamkeit von Merkmalen (Lageplan (Signifikat) von Gebäuden (Signifikant), lautliche Nachahmung “Wauwau”)
Symbol
-> symbolische Zeichen
künstliche Zeichen: konventionalisierteu Beziehung zwischen Zeichen und Referent: sprach- und kulturspezifisch bedingt, aber arbiträr (willkürlich) (also die Benennung von Gegenständen)
Erklären Sie knapp den Unterschied zwischen einem natürlichen Zeichen und einem künstlichen Zeichen.
natürliches Zeichen: kausale Beziehung zwischen Zeichen und Referenten
künstliches Zeichen: konventionalisierte Beziehung zwischen Zeichen und Referenten (es gibt keinen Grund weswegen Hund Hund heißt)
Erläutern Sie die einzelnen Elemente, die nach Ferdinand de Saussure das sprachliche Zeichen bilden und erklären Sie, in welchen Zusammenhang sie stehen.
Signifikat (Bezeichnetes)
Idee bzw. Vorstellung des Zeichens
Signifikant (Bezeichnendes)
Laut- bzw. Schriftbild des Zeichens
Signifikat und Signifikant stehen im wechselseitigen Bezug zueinander, kein Signifikant ohne Signifikat und andersherum
Verhältnis der beiden ist reziprok
Referent
Gegenstand in außersprachlicher Wirklichkeit, auf dass sich Zeichen bezieht
muss nicht real existieren, kann auch fiktiv sein
Benennen und erklären Sie kurz die drei Formen von Autoreferenzialität in der Literatur.
metasprachlich
Sprechen über Sprache
mateliterarisch
Sprechen über Literatur
metapoetisch
Sprehen über die (eigene) Machart
Welche Funktion kommt der Sprache im Rahmen mimetischer Vorstellungen zu?
Sprache als Instrument
> hat “dienende” Funktion
dient als Medium und das Wort fungiert als Zeichen
soll nur Inhalt wiedergeben
Sprache als Ornament
nur schmückende Funktion
= logozentrischer Sprachbegriff
> ist instrumental-ornamental
Grenzen Sie die Funktion von Sprache in mimetischer und materialästhetischer Literatur voneinander ab.
Erläutern Sie, was man unter dem Begriff ‚Form/Inhalt-Dichotomie‘ versteht und was diese Dichotomie in Bezug auf die Verwendung von Sprache impliziert.
= Zweiteilung zwischen Form und Inhalt eines lit. Textes
impliziert instrumentellen-ornamentalen Sprachbegriff, da er davon ausgeht, dass der Sprache nur eine schmückende bzw. dienende Funktion zukommt
sie ist dem Inhalt untergeordnet
Erläutern Sie den Begriff ‚eigengesetzlich-sinnerzeugend‘.
Sprache ist eigengesetzlich-sinnerzeugend
Struktur der Sprache gibt unterschiedliche Deutungen vor
steht dem logozentrischen Sprachbegriff entgegen
Sprache hat nicht nur eine dienende oder schmückende Funktion
Erläutern Sie, inwiefern man im Kontext mimetischer Vorstellungen von Literatur von einem präexistierenden Sinn ausgeht, der auch als sog. ‚Autorintention‘ bezeichnet wird.
Bei der mimetischen Literatur wird davon ausgegangen, dass Autor einen (nur diesen einen) Sinn hinter seinem literarischen Text hat. Dieser Sinn ist präexestierend, also steht bereits vor dem Beginn des Schreiben fest.
Welche für die Literaturwissenschaft bedeutsame Metapher wurde von Roland Barthes geprägt? Erläutern Sie das mit dieser Metapher gefasste Konzept.
Tod des Autors
Kritik an der literaturwissenschaftlichen Ideologie : starke Fixierung auf den Autor
nicht die Literatur als solche steht im Fokus, sondern der Autor
Idee : Autor erzählt immer über sich selbst → dem ist aber nicht so : „Ich“ ist nie der Autor
Alternative Idee → Autor : der 1. Leser seines Textes und schreibendes Subjek
Nennen Sie die für den Bereich der mimetischen Literatur möglichen Autorkonzeptionen.
Autorschaftskonzepte korrespondieren mit dem jeweiligen Literaturbegriff. Für die mimetische Literatur ist der logozentrische Sprachbegriff von Bedeutung. Mit diesem korrespondieren folgende Autorschaftkonzepte:
Poeta vates
Poeta faber (lat. faber: Handwerker)
Poeta doctus (lat. doctus: Gelehrter)
theologisches Modell (seit Renaissance)
biologisches Modell
Erläutern Sie die antiken Modelle von Autorschaft im Bereich mimetischer Literatur.
Poeta vates (Platon: Ion)
Autor*in = Sprachrohr der Götter bzw. Musen
da von Platon, mein Gott=Apollo und da dem Musen unterstellt sind, können diese auch Übermitteln
göttlicher Wahnsinn der Dichter*innen
lat. vates: besessen; Seher, Prophet
Gegenmodelle zu Platon von Aristoteles:
haben gemeinsam, dass sie nicht auf eine von außen kommende Schöpfung zurückgehen, sondern auf das handwerkliche tätig sein (Regelpoetik)
Erläutern Sie das theologische Modell von Autorschaft.
analog zur biblischen Genesis: Autor*in als Schöpfergott im Kleinen
alter deus-> Renaissance-Poetik: Julius Ceasar Scaliger (1561)
Second Maker-> Genie-Poetik: Anthony Ashley Cooper 3. Earl of Shaftesbury (1710)
Nennen Sie die drei Dimensionen von Sprache und Schrift und erläutern Sie diese materialen Eigenschaften am Beispiel von Kurt Schwitters‘ „Das i-Gedicht“.
Visualität
Graphem <i> als graphische Materialisation eines Lautes
Lautlichkeit
Phonem /i/
Performativität
Inwieweit sind die beiden Autorschaftsmodelle vom Poeta doctus und vom Poeta faber auch im Kontext materialästhetischer Vorstellungen von Literatur als gültig anzusehen?
Unter der Prämisse, dass die Sprache ein eigengesetzlich-sinnerzeugendes Material ist, bleiben diese beiden Autorschaftskonzepte gültig.
Porta doctus
kennt Gesetzmäßigkeiten der Sprache
Wissen über Literatur haben
Porta faber
Arbeit mit dem Material Sprache (Bsp. Anagramm)
Erläutern Sie, inwieweit Literatur sich gemäß Jürgen Link als Interdiskurs verstehen lässt.
Literatur besteht nicht abseits anderer Diskurse
bezieht sich auf andere gesellschaftliche, kulturelle und historische Diskurse und reflektiert über diese
spielt eine wichtige Rolle in derKommunikation und Reflexion von verschiedenen Diskursen
Diskursanalyse interessiert die Beteiligung verschiedener Institutionen und deren Macht in Bezug auf die Konstitution von Diskursen
Literatur = Institution
Interdiskurse sind Diskurse, die “sich auf spezielle Wissensausschnitte (Spezialdiskurse) beziehen, deren Grenzen durch Regulierung dessen, was sagbar ist, was gesagt werden muß und was nicht gesagt werden kann, gebildet sind”
Interdiskurse rechts ntegrieren das in den Spezialdiskursen organisierte Wissen, insbesondere durch elementar-literarische Elemente wie Metaphern, Analogien und insbesondere Kollektivsymbole
z. B. Goethes Prometheus, der den philosophischen Diskurs des Idealismus aufnimmt und literarisch aufbereitet und außerhalb des Spezialdiskurses vermittelt
Geben Sie eine kurze Definition des Diskursbegriffs nach Michel Foucault.
Nach Michel Foucault ist ein Diskurs die Gesamtheit aller getroffenen Aussagen (Texte, Konzepte, …) in einer Gesellschaft zu einem bestimmten Sachverhalt.
Diskurse sind eine spezifische Form bzw. soziale Praxis die durch Regeln, Konventionen und Machtstrukturen geformt werden.
Sie bilden den Rahmen wie Wissen gewonnen, organisiert und vermittelt wird. Gleichzeitig reflektiert und beeinflussen sie gesellschaftliche Normen und
——————————
“eine historische Gesamtheit effektiv geschehener Aussagen, denen eine spezifische Regelhaftigkeit immanent ist”
erweisen sich als materielle Praktiken, die sich “über einen gemeinsamen Redegegenstand, über die Vorschriften und Konventionen, die festlegen, wie, von wem, mit welchen Begriffen und in welchen Medien über diesen Gegenstand gesprochen werden darf”
Nennen Sie die drei zentrale Kritikpunkte, die Roland Barthes bei seiner Entwicklung des mit der Metapher vom Tod des Autors gefassten Konzepts von Autorschaft anbringt.
zu starke Fixierung auf AutorIn
und die Ansicht, dass nur seine Lesart des Textes von Bedeutung ist
es steht nicht Literatur im Fokus
Unterstellung, dass AutorIn über sich selbst spricht
jedoch ist “Ich” im Text nicht AutorIn
Erläutern Sie, inwieweit die von Roland Barthes geprägte Metapher vom Tod des Autors in Analogie steht zum antiken Modell des Poeta vates.
gehen beide davon aus, dass Sprache im Fokus der Lit steht
AutoIn hat nur vermittelnde Rolle und ist somit von Sprach abhöngig
Poeta vates: AutorIn als Medium der Sprache
Tod des Autors: schreibendes Subjekt ist Sprache unterworfen
Inwieweit lässt sich die von Roland Barthes geprägte Metapher vom Tod des Autors als Kritik an der Vorstellung eines präexistierenden Sinns verstehen, wie er für den Sprachbegriff im Kontext mimetischer Vorstellungen von Literatur typisch ist?
Mimetische Literatur geht davon aus, dass der Autor dem Text einen präexistierenden Sinn mitgibt. Dieser ist in Sprache und Text gekleidet. Aus dieser Hülle muss der Leser dann den Sinn des Textes entnehmen.
Barths trennt mit seiner These vom Tod des Autors das Werk vom Autor und somit geht er nicht mehr von einem präexistierenden Sinn des Textes aus. Der Sinn den der Autor im Text sieht, ist nur noch eine mögliche Lesart des Textes. Es gibt somit so viele Sinndeutungen wie es Lesarten gibt.
Er kritisiert somit die Idee, dass der Autor die alleinige Macht hat, festzulegen, wie sein Text zu verstehen ist. Stattdessen steht der Text unabhängig vom Autor da, ist der Sprache unterworfen und kann auf verschiedene Weisen interpretiert werden.
Dieses Konzept gilt nicht nur für dominant-materialästhetische Literatur, sondern kann auch auf dominant-mimetische Literatur angewendet werden.
Er geht also davon aus, dass Sprache, wie im Sinne einer materialästhetischen Vorstellung von Literatur, eigengesetzlich-sinnerzeugend ist.
Was impliziert das von Michel Foucault entwickelte Konzept der Autorfunktion in Bezug auf die (moderne) Vorstellung von Autorschaft?
Autorschaft ist nur eine Funktion
Autor als schreibendes Subjekt ist nur ein Produkt bzw. eine Wirkung des Textes (also nicht Text als Produkt des Autors)
Autorschaft ist stets:
diskursiv hervorgebracht
historisch variable Funktion
greift Tod des Autors auf und analysiert die historisch variable Funktion des Autornamens
Autor als:
konstantes Wertniveau
Feld eines begrifflichen und theoretischen Zusammenhangs
stilistische Einheit
bestimmter geschichtlicher Augenblick
Last changeda year ago