Allgemeines Fazit zur Kindheit
Freundschaften werden am Ende der Kindheit subjektiv immer bedeutsamer
Beleg: Psychologische Intimität verschiedener Beziehungen ändert sich. Dies wird häufig über „Selbstoffenbarung“ operationalisiert, d.h. über das Mitteilen höchstpersönliche Gedanken oder Erlebnisse, die auch unangenehme (z.B. Ängste, Unsicherheiten) oder peinliche (z.B. Versehen, Versagen) Inhalte mit einschließen.
Interindividuelle Varianz: manche Kinder sind schon „weiter“, andere noch eher „zurück“ – das ist ganz normal!
Intraindividuelle Varianz: in manchen Bereichen ist ein Kind schon recht „reif“, in anderen eher noch „zurück“ – auch das ist ganz normal!
„Normal“ bedeutet hier:
Es gibt immer „Frühentwickler“ und „Spätentwickler“ – vieles wächst sich mit der Zeit (äquifinal) aus.
Was bedeutet “säkulare Akzeleration”?
Gesamtbild körperlicher Entwicklungsmaße, die zunehmen bzw. sich beschleunigen
Zunahme der Körpergröße über die Generationen
Menarche = erste Menstruation. Deutsche Repräsentativbefragungen: von 1981-1994 erneut um 1,3 Jahre vorverlegt, aktuell Median ca. 12,5 Jahre.
Ejakularche = erster Samenerguss. Von 1981-1994 um 1,7 Jahre vorverlegt, aktuell ca. 12,9 Jahre.
Außerdem: Erektarche, Masturbarche, Orgasmarche, Adrenarche, Prostatarche, Pubarche, Thelarche, Gonadarche, Ovularche, Spermarche, Kohabitarche (Sexarche) ...(gr. Arché = Anfang)
Warum entsteht durch säkulare Akzeleration ein wachsendes Spannungsverhältnis in der Adolszenz nach Hurrelmann?
Ernährung: dünne Kinder kommen später in die Pubertät als übergewichtige.
(„Fett-Hormon“ Leptin regt Geschlechtshormone an)
Fernsehen: bläuliches Licht hemmt die Produktion von Melatonin, welches wiederum die Produktion von Geschlechtshormonen hemmt.
Umweltchemikalien: z.B. Bisphenol-A („Weichmacher“; seit 2006 verboten) und manche Kosmetika haben östrogenartige Wirkungen ->frühere Pubertät.
Familienstress, Scheidungen: neuere Studien zeigen, dass Stress sowie die Abwesenheit des Vaters bei Mädchen den Eintritt in die Pubertät beschleunigen
Was bedeuten Identität und Konzept der Krise nach Erik Erikson?
Identität = das einzigartige Bild, das wir von uns selbst haben. Dies setzt sich aus dem Wissen um uns und unsere Eigenschaften (z.B. Selbstkonzept), Gefühlen (z.B. sense of coherence und Selbstwertgefühl) sowie Motiven (d.h. „was wir sein wollen“, Ziele) zusammen.
Erik Erikson: Modell der psychosozialen Krisen
8 psychosoziale Krisen
Def. Krise = kohärentes Muster von sozial-normativen Entscheidungen und Herausforderungen, die alterstypisch zur psychischen Integration („Lösung“) anstehen
Das kann ganz „unkrisenhaft“ und unbewusst ablaufen
Positive Lösung der Krise = adaptive Weiterentwicklung möglich
Negative Lösung der Krise = maladaptive Stagnation, Risiko
Säuglingsalter Grundvertrauen vs.
Grundmisstrauen
Frühe Kindheit. Autonomie vs. Scham, Zweifel
Spielalter Initiative vs. Schuldgefühl
Schulalter. Fleiß vs. Inferiorität
Adolszenz Identität vs. identitätskonfusion
Frühe Erwachsene Intimität vs. Isolation
Erwachsenenalter Generativität vs. Stagnation
Alter Integrität vs. Verzweiflung
Was sind in der EP die zentralen Lebensbereiche für Identitätssuche?
Liebe und Beziehungen
Beruf und Arbeit
Werte, Religion, Politik
Was bedeutet Identitätskonfusion?
bedeutet, diese Beschäftigung mit sich selbst und den eigenen Werten, Zielen und Überzeugungen zu vermeiden, sie (tlw.) als überfordernd oder verunsichernd zu empfinden.
Womit hat die wachsende Komplexität der Identitätssuche und -arbeit im Jugendalter zu tun?
Realbild und Idealbild werden in diesem Alter noch stärker getrennt (siehe Piagets Stufe 4).
Jugendliche lernen, ihr Selbstkonzept genauer zu prüfen sowie aus Sicht anderer sehen zu können (soziales Feedback wird immer komplexer reflektiert).
Jugendliche beziehen bei der Selbstbeschreibung nun zunehmend Vergangenheit und Zukunft mit ein.
Nach was hat James Marcia mit dem identity-Status-Interview (ISI) gesucht?
Interview-Methode (ISI): Den Probanden wird eine Reihe von standardisierten, aber offenen Fragen gestellt
die Fragen zielen ab, das Ausmaß an Exploration (Erkundung) und an Festlegung/Verpflichtung(commitment) in den drei zentralen, genannten Bereichen (Liebe und Beziehungen; Beruf und Arbeit; Werte, Religion und politische Überzeugungen) zu erfassen.
Wie entstanden aus den Ergebnissen der ISI die vier identitätsstile?
Identity foreclosure (Übernommene Identität, ÜI)
Personen mit ÜI haben sich bestimmten Werten, Zielen und einem Selbstbild verpflichtet, ohne diese zuvor in irgendeiner Weise eigenständig exploriert zu haben (d.h. Alternativen ausprobiert bzw. andere Sichtweisen ernsthaft durchdacht oder erfahren zu haben).
Sie begeben sich in eine vorgefertigte Identität, die zumeist Autoritätspersonen für sie ausgewählt haben (meist Eltern, manchmal auch Lehrer, religiöse Führer oder Liebespartner).
Identity moratorium (Moratorium, M)
Personen im M (Moratorium = Aufschub, Abwarten) sind noch keine definitive Verpflichtungen im Hinblick auf Werte, Ziele oder Selbstbilder eingegangen.
Sie befinden sich im Prozess der Exploration: Informationen werden gesammelt und Aktivitäten ausprobiert mit dem Wunsch, Werte und Ziele für sich zu finden, die als Richtlinie für das eigene Leben dienen können.
Identity achievement (Erarbeitete Identität, EI)
Personen mit EI haben verschiedene Alternativen erkundet und fühlen sich nun klar formulierten und selbst gewählten Werten und Zielenverpflichtet.
Meist haben sie das Gefühl einer die Zeit überdauernden Kontinuität des eigenen Selbstbildes und ein Wissen darum, welchen Weg sie einschlagen möchten.
Der EI geht zwangsläufig ein Moratorium voraus.
Identity diffusion (Diffusion, D)
Personen mit D haben sich weder verschiedenen Werten oder Zielenverpflichtet noch explorieren sie aktiv unterschiedliche Möglichkeiten, um Identität zu erreichen.
Viele finden die Aufgabe als überfordernd oder beängstigend.
Inwiefern haben Eltern für Jugendliche noch eine besondere Bedeutung?
Die Streithäufigkeit nimmt zu – überraschend kulturübergreifend!
Eltern-Kind-Beziehung bleibt stärkster Einzelprädiktor für
gelingende Entwicklung Jugendlicher.
Kruse & Walper (2008) untersuchten 649 Jugendliche (Mage = 15,2 Jahre) u.a. in Bezug auf die sog. Individuation zu den Eltern. (Instrument: MITA = Münchener Individuations-Test Adoleszenz)
Operationalisierung: 5 psychometrische Skalen (Fragebögen) zu:
Unverbundenheit
Verbundenheitssuche
Ambivalenz
Angst vor Liebesverlust
und Angst vor Autonomieverlust in Bezug auf die Eltern.
Was besagt das Vier-Felder-Schema der Individuationstheorie?
Bsp:
Eine individuierte Beziehung zur Mutter geht signifikant einher mit höheren Werten in funktionalen Entwicklungsmaßen:
Selbstwert
Arbeitsorientierung
... und geringeren Werte in dysfunktionalen Entwicklungsmaßen:
Depressivität
Psychosomatik
Abhängigkeit von Anderen
Hilflosigkeitserleben.
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