Allgemeines
heterogene Gruppe von Wirkstoffen
gemeinsames Merkmal: Bindung an Opioidrezeptoren
Unterschiede: Affinität zu einzelnen Rezeptor-Subtypen und klinischen Effekt
Einteilung: körpereigene (=endogene) Opioidpeptide vs künstlich hergestellten (=exogene) Opioiden
Endogene Opioidpeptide wichtige Neurotransmitter
Exogene Opioide pharmakologisch oder als Rauschmittel missbraucht
Hauptwirkung: Analgesie -> akuter bzw. chronischer Schmerzen (gemäß dem WHO-Stufenschema)
Hauptnebenwirkungen: Übelkeit und Erbrechen
Überdosierung: Atemdepression
längerfristiger Anwendung: Obstipation und Toleranz bzw. Abhängigkeit
Einteilung Endogene Opioide
Enkephaline + Dynorphine von Neuronen in vielen Regionen des ZNS und PNS produziert
ß-Endorphin in Hypophyse und Hypothalamus gebildet
als Peptide werden endogene Opioide im Blut rasch abgebaut
bei Zufuhr von außen: nur wirksam bei direkter Liquor Injektion
WHO Stufenschema
Opioid Rezeptoren
Agonistische oder partialagonistische Wirkung an den Opioidrezeptoren des antinozizeptiven Systems im ZNS
MOR (M-Opioidrezeptor)
KOR (κ-Opioidrezeptor)
DOR (δ-Opioidrezeptor)
Affinität zum M-Opioidrezeptor am höchsten -> Opioide auch als MOR-Agonisten bezeichnet
Hauptwirkung: Hemmung der Weiterleitung von Schmerzreizen
Wirkungen (und Nebenwirkungen) unterscheiden sich je nach Rezeptorbindung
C-terminales Endes der Endorphine bestimmt Affinität
Wirkung der Opioidrezeptoren
Affinität zu Opioid Rezeptoren
Die meisten therapeut. genutzten Opioide wirken über den μ-OR
Opioide - Wirkmechanismus
Hauptwirkung: Hemmung der Weiterleitung von Schmerzreizen durch
Präsynaptische Inhibition spannungsabhängiger Calciumkanäle → Ausschüttung exzitatorischer Transmitter↓ (z.B. Glutamat, Substanz P)
Postsynaptische Öffnung von Kaliumkanälen → Leitfähigkeit des exzitatorischen NMDA-Rezeptors↓
Nozizeptoren - Definition + Lokalisation
Primäre Sinneszellen mit freien Nervenendigungen
regaiert auf (potenziell) schädliche Reize
Polymodale Nozizeptoren: Reagieren auf thermische (Hitze >42°C oder Kälte <15°C), mechanische und chemische Reize
CAVE: reagieren nicht selektiv
Adaptationsverhalten: Proportionalfühler -> adaptieren nicht bei langanhaltenden, gleichbleibenden Schmerzreizen
Lokalisation: Fast in jedem Gewebe
Höchste Dichte in der Haut
Keine Nozizeptoren im Gehirn und in parenchymatösen Organen
Polymodaler Nozirezeptor - mögliche Rezeptoren
Polymodaler Nozirezeptor - Aktivierung
Erregender Transmitter der Nozizeptoren
Glutamat (mit seinen Kotransmittern Substanz P und CGRP)
Wirkmechanismus: Aktivierung von AMPA- und NMDA-Rezeptoren in der postsynaptischen Membran → Schmerzweiterleitung
Hemmende Transmitter der Interneurone
GABA und endogene Opioide (=Endorphine)
Wirkmechanismus: Aktivierung von Opioidrezeptoren an der prä- und postsynaptischen Membran → Schmerzhemmung
Endorphine zählen zur Substanzgruppe der Neuropeptide
Nozizeptive Afferenzen
Aufsteigende nozizeptive Bahnen
Absteigende nozizeptive Bahnen
Schmerzhemmung
Beeinflussung der Schmerzempfindung
Zentrale μ-Opioidrezeptor-vermittelte Wirkungen
Periphere μ-Opioidrezeptor-vermittelte Wirkungen
Ceilining Effekt
Sättigungseffekt
Nach Erreichen max. Wirkungsausmaßes trotz Dosiserhöhung keine stärkere Wirkung
CAVE: Zunahme NW weiter möglich
Morphin - Wirkung
MST
Voller Agonist an allen Opiat-Rezeptor-Subtypen (höchste Affinität am μ-Subtyp)
Analgetische Wirkung
Am wirksamsten bei schweren Schmerzen (Infarkt, Tumor, Trauma, Koliken etc.)
Verringerung Schmerzwahrnehmung
Veränderung Schmerzverarbeitung
verringerte Angst und weniger Leidensgefühl; Sedation
Keine gute Wirkung bei Entzündungsschmerzen (Zahn-, Kopfschmerzen)
Ungenügende Wirkung bei neuropathischen Schmerzen (z.B. „Phantom“-Schmerz)
Morphin - Besonderheit + Wirkdauer
Orale Bioverfügbarkeit (15-50%): 3-fach höhere Dosierung bei oraler Gabe im vgl. zu parenteraler Applikation!
Wirkdauer ca. 4h -> Retardpräparate für verlängerte Wirkdauer (ca. 12h)
Morphin - Biotransformation
Morphin - UWA und WW
UWA
Übelkeit, Erbrechen
Ort liegt außerhalb der Blut-Hirnschranke
Gabe von Anti-Emetika, z.B. Domperidon oder Metoclopramid
Spastische Obstipation
Gabe von Laxantien: Lactulose, dauerhaft da hier keine Gewöhnung auftritt!
Harnverhalt
vermindertes Reaktionsvermögen
Stimmungsveränderungen (Euphorie/Dysphorie)
Hypotonie
Atemdepression
wird bei kardialem Lungenödem therapeutisch genutzt
WW
Wirkungsverstärkung durch Alkohol und andere zentral dämpfende Pharmaka
Akute Opioid Intoxikation - Anzeichen + Therapie
Therapie:
Naloxon 0,4-2mg i.v. alle 2-3 min (da kurze HWZ) bis Atemzentrum anspringt
nicht zu schnell applizieren -> Überaktivierung Sympathikus
nicht lebensbedrohlich, aber schmerzhaft
CAVE bei Abhängigen
Morphin - KI
Überempfindlichkeit gegenüber Wirkstoff
Opioidabusus in der Anamnese
Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika-, Opioid- oder Psychopharmakaintoxikationen
Schädel-Hirn-Trauma und erhöhter intrakranieller Druck
Schwere Lungenfunktionsstörungen
Atemdepression mit Hypoxie oder Hyperkapnie
Obstruktive Erkrankungen der Atemwege
Magen-Darm-Passage-Störungen: Abdominelle Erkrankungen wie z.B. akutes Abdomen, paralytischer Ileus, akute Lebererkrankungen, verzögerte Magenentleerung
Gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern
Kinder unter 1 Jahr
Opioide - KI
Atemwegserkrankungen mit verminderter Atemfunktion (Asthma bronchiale) oder Sekretstau
Darmträgheit: z.B. Ileus
Kolik der Harnwege oder der Gallenblase (außer Pethidin)
Allergien der Haut, z.B. Urtikaria
Achtung: bei Leber-/Niereninsuffizienz Akkumulationsgefahr!
Gewöhnung
Bei länger dauernder Zufuhr werden höhere Dosen notwendig, um den
gleichen Effekt zu erhalten
Mechanismen unklar
Bei Einnahme von Retardpräparaten kaum
Bei Süchtigen extrem: bis zu 100 fache Steigerung der Dosis
→ Retardpräparate!
Sucht
Bedingt durch euphorisierende Wirkung
Ausmaß des euphorisierenden Effektes hängt von Geschwindigkeit des Anflutens des Opioids im ZNS ab
Heroin i.v.: gute Liquorgängigkeit, rasches Anfluten - ideales Rauschmittel
Morphin oral (retard): langsame Freisetzung – geringes Suchtpotential, Substrat
des P-Glykoproteins → schlechte ZNS-Gängigkeit!
Fentanyl transdermal: langsame Freisetzung – geringes Suchtpotential
→ Substanzen mit langer Anflutungszeit
Pethidin - Handelsname, Potenz, Einsatz
Dolantin®
1/5 der Morphin-Potenz
Kummulation möglich
Daher nur bei akuten Schmerzen!
Vorteilhaft bei Schmerzen während Geburt
weniger Atemdepression als Morphin beim Kind
Tilidin/Naloxon - Wirkung, Dauer
Valoron®
Kombination mit Naloxon, um Missbrauch durch i.v. Injektion zu verhindern
Pro-Drug -> in Leber zum aktiven Nortilidin aktiviert
Orale Gabe der Kombi Tilidin/Naloxon → in Leber Naloxon inaktiviert
Wirkdauer der Kombi: 4-6 h, retard: 11-14 h
Stärkste Opioid für das kein BtM-Rezept notwendig ist
Tramadol
Tramal®
Geringe analgetische Potenz
Cave: CYP2D6 Polymorphismen
Genvariante
hyper- und hypoaktive Varianten des Enzyms
An der Metabolisierung vieler Pharmaka beteiligt
Abbau von Antiarrhythmika und trizyklischen Antidepressiva
Aktivierung von Codein
Codein
Antitussive Wirkung
Analgetische Wirkung geringer als bei Morphin (O-Demethylierung zu Morphin über CYP2D6
Codein als Co-Analgetikum: Poor metabolizer bildet weniger Morphin, keine schmerzstillende Wirkung
Dihydrocodein
Paracodin®
1.5 fach höhere analgetische Wirkung als Codein
Einsatz als Antitussivum
symptomatischen Behandlung von Diarrhöen
weitere Opiod-Agonisten
Piritramid (Dipidolor®)
Parenterale Anwendung zur postoperativen Analgesie
Fentanyl (Abstral®)
100 fach stärkere analgetische Potenz als Morphin
Neuroleptanalgesie
Transdermal als Plaster zur Behandlung chronischer Schmerzen
Transmukosal als Lutscher bei Durchbruchschmerzen
Sufentanil (Sufenta®)
700 - 1000 fach stärkere analgetische Potenz als Morphin, langsamerer Wirkeintritt:
abgeschwächte euphorisierende Wirkung
Zur Anästhesie als Analgetikum
Partielle Opioid-Agonisten & gemischte Agonisten/Antagonisten
Buprenorphin (Temgesic®)
Dissoziation vom μ-Rezeptor sehr langsam
nicht durch Opioid-Antagonisten Naloxon aufhebbar
Schwere Schmerzen, Substitutionstherapie bei Opioidabhängigen (+ Naloxon) -> warmer Entzug
weniger atemdepressiv
Pentazocin (Fortral®)
Schwacher Antagonist am μ-Opioid-Rezeptor, Agonist am k-Opioid-Rezeptor
Mittelschwere Schmerzen
Nalbuphin (Nalpain®)
Partieller Antagonist am μ-Opioid-Rezeptor, voller Agonist am k-Opioid-Rezeptor
Bei der geburtshilflichen Analgesie -> geringeres atemdepressives Potential
Opioid-Antagonisten
Naloxon (Narcanti®)
Wirkt kompetitiv an allen Opioid-Rezeptoren
Antidot bei Überdosierung/akuter Intoxikation
Cave: Entzugssyndrom bei Opiat-Abhängigen
Cave: kurze Halbwertszeit, bei akuter Intoxikation u.U. Nachinjektion nötig!
Naltrexon (Nemexin®)
Längere Wirkdauer als Naloxon
Rückfallprophylaxe von Opioid-Abhängigen
Hausmittel bei Obstipation
Pflaumen
Flohsamen
Nicht zentral wirksame Opioide
Loperamid (IMODIUM®)
Pharmakokinetik
Geringe Bioverfügbarkeit
Nicht ZNS-gängig
Pharmakodynamik
Potenter μ-Rezeptoragonist am Plexus myentericus des Darms
Obstipierender Effekt durch
Hemmung der propulsiven Peristaltik, Erhöhung des Analsphinktertonus
Hemmung der Flüssigkeitssekretion ins Darmlumen
Opioide NW
Atemdepression → CO2↑ → respiratorische Azidose, Hirndruckanstieg
Sedierung
Opioid-Toleranz-Entwicklung und Opioidabhängigkeit
Orthostatische Dysregulation: RR↓
Miosis
Übelkeit und Erbrechen (emetisch)
Vermehrtes Schwitzen
Juckreiz
Therapie: Naloxon oder H1-Antihistaminika
Kontraktion der glatten Muskulatur
Obstipation
Konstriktion des Sphincter oddi
Thoraxrigidität (insb. bei schneller intravenöser Injektion hoher Dosen)
Last changeda year ago