Abschluss eines Dienstvertrags im Arbeitsrecht
Vertragsparteien: Ein Dienstvertrag erfordert zwei Parteien gemäß §§611 ff BGB.
Privatautonomie: Der Dienstvertrag und der Arbeitsvertrag unterliegen der Privatautonomie, es sei denn, zwingende Regelungen wie Gesetze, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen stehen dem entgegen (§ 105 GewO).
Formfreiheit: Der Abschluss eines Dienstvertrags und eines Arbeitsvertrags ist grundsätzlich formfrei. Das Nachweisgesetz (NachwG) verlangt lediglich eine schriftliche Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsbedingungen, ist jedoch nicht der Vertrag selbst.
Ausnahmen: Soldaten, Richter, Beamte und Strafgefangene haben keine Dienstverträge. Diese Personengruppen unterliegen speziellen Regelungen. Angestellte des öffentlichen Dienstes hingegen haben Dienstverträge.
Gesellschaftliche und familiäre Verpflichtungen: Dienstverträge gelten nicht für die Erbringung von Diensten im Rahmen gesellschaftlicher oder familiärer Verpflichtungen.
nichtiger Dienstvertrag
Ex-tunc-Nichtigkeit: Ein nichtiger Dienstvertrag ist in der Regel von Anfang an ungültig, was bedeutet, dass es keine gegenseitigen Verpflichtungen und Ansprüche gibt. Bereits erbrachte Leistungen müssen in der Theorie zurückerstattet werden.
Schwierige Rückabwicklung: In Dienst- und Arbeitsverhältnissen ist die Rückgabe bereits erbrachter Dienstleistungen oft nicht praktikabel.
Faktisches Arbeitsverhältnis: Ein bereits vollzogener Arbeitsvertrag wird oft als gültig für die Vergangenheit betrachtet, kann zukünftig durch einseitige Erklärung aufgelöst werden.
Leistung von Diensten gegen Entgelt für einen Anderen
Voraussetzung: Ein Dienst- oder Arbeitsvertrag setzt voraus, dass Dienste gegen Entgelt für eine andere Person erbracht werden, wie in § 611 Abs.1 BGB festgelegt.
Vergütung: Dienstleistungen werden in der Regel gegen Vergütung erbracht. Die Höhe der Vergütung kann ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden. Fehlt eine Vereinbarung, gelten taxenmäßige oder übliche Vergütungssätze.
Abgrenzung von anderen Vertragstypen:
Dienstvertrag vs. Auftrag: Im Gegensatz zum Dienstvertrag ist der Auftrag grundsätzlich unentgeltlich. Ein Dienstvertrag liegt nicht vor, wenn die Arbeitskraft unentgeltlich erbracht wird.
Dienstvertrag vs. Werkvertrag: Im Werkvertrag schuldet der "Unternehmer" die Herstellung eines Erfolgs, während im Dienstvertrag nur die Leistung von Diensten geschuldet wird, ohne einen Erfolg zu garantieren. Im Dienstvertrag gibt es keine Gewährleistungsrechte für Mängel.
Abgrenzung von freiem Dienstvertrag und Arbeitsvertrag: Nachdem festgestellt wurde, dass ein Dienstvertrag vorliegt, muss entschieden werden, ob es sich um einen freien Dienstvertrag nach § 611 BGB oder einen Arbeitsvertrag nach § 611a BGB handelt.
Merkmale eines Arbeitnehmers: Gesetzliche Regelung und Definition durch die Rechtsprechung
Gesetzliche Regelung: Arbeitnehmereigenschaft wurde lange Zeit nicht gesetzlich definiert. 2016 wurde § 611a BGB eingeführt, der die Rechtsprechung wiedergibt.
Definition durch die Rechtsprechung: Arbeitnehmer im Arbeitsrecht ist eine natürliche Person, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags für einen anderen weisungsgebundene, fremdbestimmte Dienste in persönlicher Abhängigkeit leistet.
Objektive Feststellung: Der Arbeitnehmerstatus wird objektiv anhand der Vertragsdurchführung bestimmt, nicht durch Vertragstitel.
Rechtsformzwang: Ausreichend objektive Merkmale führen automatisch zu einem Arbeitsverhältnis (Rechtsformzwang).
Abweichung vom Vertragswortlaut: Tatsächliche Vertragsdurchführung ist entscheidend.
Spezieller Dienstvertrag: Arbeitsvertrag ist ein spezieller Dienstvertrag mit oben genannten Merkmalen.
Merkmale der Arbeitnehmereigenschaft
Grad der persönlichen Abhängigkeit: Arbeitnehmer sind in der Regel persönlich abhängig von ihrem Arbeitgeber. Dies zeigt sich durch Weisungen und Anweisungen, die den Arbeitsablauf, den Ort und die Art der Arbeit betreffen.
Feststellung des Grades der persönlichen Abhängigkeit: Es gibt keine festen Merkmale, sondern eine wertende Gesamtschau der Umstände, um den Grad der persönlichen Abhängigkeit zu bestimmen.
Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation: Ein Arbeitnehmer ist in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert und kann in der Regel nicht frei über seine Arbeit entscheiden.
Vorgehensweise im Streitfall: Im Streitfall wird untersucht, ob eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation und ein Weisungsrecht des Arbeitgebers vorliegen. Dabei werden Indizien wie Dienstpläne, Dienstbereitschaft und Zusammenarbeit mit Kollegen berücksichtigt.
Indizien für Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers: Das Weisungsrecht des Arbeitgebers zeigt sich in Vorgaben zum Arbeitsort, zur Arbeitszeit und zur Art der Arbeit.
Indizien gegen ein Weisungsrecht: Indizien gegen ein Weisungsrecht können die Beschäftigung eigener Angestellter, die Entscheidungshoheit des Mitarbeiters über den Umfang seiner Arbeit und das Vorhalten eigener Arbeitsmittel sein.
Wertende Gesamtbetrachtung: Die Arbeitnehmereigenschaft wird anhand einer wertenden Gesamtschau aller Indizien bestimmt. Ein Arbeitnehmerstatus wird dann bejaht, wenn die Gesamtschau einen Grad der persönlichen Abhängigkeit offenbart, der mit einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr vereinbar ist.
Beschäftigtenbegriff und alternative Betrachtung der Arbeitnehmereigenschaft: Sozialversicherungspflichtigkeit
Sozialversicherungs- und Steuerrecht haben eigene Begriffe für Arbeitnehmer.
In der Sozialversicherung ist die "Beschäftigung" entscheidend, wobei Fremdbestimmtheit eine Rolle spielt.
Sozialversicherungsrechtliche Regelungen haben Indikatorfunktion im Arbeitsrecht.
Einige argumentieren für Arbeitnehmereigenschaft basierend auf dauerhafter Tätigkeit für einen Auftraggeber ohne eigene Ressourcen.
Diese alternative Ansicht hat begrenzte Relevanz in gerichtlichen Streitigkeiten zur Arbeitnehmereigenschaft.
Fehlende Arbeitnehmereigenschaft
Keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts sind kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 16 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 SGB II sog. „Ein-EuroJobber“.
Das Gleiche gilt, wie bereits ausgeführt, für Beamte, Soldaten, Richter etc
Franchisenehmer und Arbeitnehmereigenschaft:
Franchisenehmer vertreiben Waren oder Dienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
Sie nutzen gegen Entgelt Waren, Namen, Schutzrechte und andere Ressourcen des Franchisegebers.
Die Einordnung als Arbeitnehmer hängt von den Kontroll- und Weisungsrechten des Franchisegebers sowie den Vorgaben zur Arbeitszeit und zum Arbeitsort ab.
Bei intensiven Kontroll- und Weisungsrechten und Vergleichbarkeit mit typischen Arbeitnehmern gilt die Arbeitnehmereigenschaft.
Wenn der Franchisenehmer seinen Betrieb weitgehend selbst organisiert und Mitarbeiter beschäftigt, ist er kein Arbeitnehmer.
Lehrer/Dozenten und Arbeitnehmereigenschaft
Die Einordnung als Arbeitnehmer oder nicht hängt von der Intensität der Einbindung in den Unterrichtsbetrieb und der Mitgestaltung des Unterrichts ab.
Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen gelten normalerweise als Arbeitnehmer, es sei denn, sie sind Beamte.
Lehrer in Schulen sind stark in ein vorgegebenes Schul- und Ausbildungssystem eingebunden und haben verpflichtende Nebenarbeiten.
Bei Volkshochschulen ist die Arbeitnehmereigenschaft weniger klar, da keine besondere Verbindung der Schüler/Kursteilnehmer zum Schulträger besteht und die Schüler/Kursteilnehmer nicht der Schulpflicht unterliegen.
Dozenten an Volkshochschulen haben oft mehr Freiheit in Bezug auf Unterrichtszeiten, Inhalte und Abstimmung mit den Schülern/Kursteilnehmern. Schulaufsicht besteht normalerweise nicht.
Arbeiter und Angestellte
Historisch gab es eine Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten basierend auf der Art der ausgeführten Arbeit (körperliche Arbeit für Arbeiter, geistige/kaufmännische Arbeit für Angestellte).
Diese Unterscheidung hatte Auswirkungen auf die soziale Absicherung (z.B., unterschiedliche Versicherungsanstalten).
Heutzutage ist diese Unterscheidung größtenteils überholt, und in den meisten Tarifverträgen wird nicht mehr zwischen Arbeitern und Angestellten unterschieden.
Leitende Angestellte
Unterschiedliche Definitionen je nach Gesetz oder Norm.
Grundsätzlich Arbeitnehmer, aber mit speziellen rechtlichen Regelungen aufgrund ihrer Nähe zum Arbeitgeber.
Arbeitszeitgesetz (ArbZG) oft nicht anwendbar; Definition in § 5 Abs.3 BetrVG.
Kennzeichnend: Befugnis zur eigenständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern oder besondere Qualifikationen.
BetrVG findet normalerweise keine Anwendung (§ 5 Abs.3 Satz 2); eigene Interessenvertretung über Sprecherausschüsse.
Im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eigene Regelungen für leitende Angestellte, mit reduziertem Kündigungsschutz.
Praktische Rolle und Verantwortung entscheidend, nicht nur Vertragstext.
Arbeitnehmerähnliche Personen
Nicht persönlich, sondern wirtschaftlich abhängig und sozial schutzwürdig.
Wirtschaftliche Abhängigkeit: Generieren ihr Einkommen hauptsächlich von einem Dienstgeber/Besteller.
Soziale Schutzbedürftigkeit: Abhängigkeitsgrad vergleichbar mit einem Arbeitnehmer und Tätigkeit entspricht einem Berufsbild.
TVG § 12a beschreibt arbeitnehmerähnliche Personen.
Grundsätzlich Selbständige, können aber unter bestimmten Bedingungen unter arbeitsrechtliche Regelungen fallen.
Gesetzliche Anordnungen für Anwendung in bestimmten Fällen (z.B., § 2 BUrlG oder § 5 Abs.1 Satz 2 ArbGG).
Strittig, ob analoge Anwendung möglich; Bundesarbeitsgericht (BAG) hat z.B. Kündigungsfristen analog angewendet.
Beispiele: Selbständige Putzkräfte für einen Auftraggeber, selbständige Programmierer im langfristigen Einsatz.
Eigenes Betriebsvermögen und Mitarbeiterbeschäftigung können gegen soziale Schutzbedürftigkeit sprechen.
Freie Mitarbeiter
Natürliche Personen, die selbständige unternehmerische Tätigkeiten für ein anderes Unternehmen auf der Grundlage von Dienst- oder Werkverträgen durchführen.
Selbständige und keine Arbeitnehmer.
Problematisch kann es sein, wenn beispielsweise in einer "Ein-Mann GmbH" der Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer und Leistungserbringer ist.
In solchen Fällen wird geprüft, ob es sich um ein "Umgehungsgegeschäft" handelt, um die Eigenschaft als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person zu verschleiern.
Heimarbeiter
Nach Heimarbeitsgesetz (HAG) selbständig.
Freie Wahl des Arbeitsorts.
Unter bestimmten Bedingungen können sie als arbeitnehmerähnliche Personen gelten.
Im Schutzbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.
Handelsvertreter
Handelsvertreter nach § 84 Abs.1 Satz 2 HGB sind Selbständige.
Handelsvertreter (unechter) nach § 84 Abs.2 HGB sind Angestellte.
Abgrenzung nach objektiven Kriterien, keine Anwendung der freien Mitarbeiter vs. Arbeitnehmer-Kriterien.
Organmitglieder juristischer Personen
Organmitglieder sind in der Regel keine Arbeitnehmer.
Der § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG ist eine Rechtswegsperre und sagt nichts darüber aus, ob Organmitglieder Arbeitnehmer sind.
Vorstände von Aktiengesellschaften gelten in der Regel als freie Dienstnehmer.
Bei Geschäftsführern von GmbH erfolgt eine Einzelfallbetrachtung, sowohl Arbeitnehmereigenschaft als auch arbeitnehmerähnliche Person sind denkbar.
Problem bei Bestellung von Arbeitnehmern zu Geschäftsführern von Tochterunternehmen: Ruhen des Arbeitsvertrags oder Aufleben nach Ende der Geschäftsführertätigkeit, abhängig von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Arbeitgeber
Definition: Nach § 611, §611a BGB ist der Arbeitgeber der Vertragspartner eines Dienstvertrages, dessen Vertragspartner ein Arbeitnehmer ist. Ein Arbeitgeber muss mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigen.
Eigenschaften: Kann natürliche oder juristische Personen sein, unabhängig von ihrer rechtlichen Form (privat oder öffentlich).
Rechtspersönlichkeit: Ein Arbeitgeber muss eine eigenständige Rechtspersönlichkeit (Rechtsfähigkeit) haben.
BGB-Gesellschaft: Bei BGB-Gesellschaften sind die Gesellschafter neben der Gesellschaft auch Arbeitgeber, seit der Anerkennung der BGB-Außengesellschaft als teilrechtsfähig.
Weisungsrecht: Anders als bei der Arbeitnehmereigenschaft ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers für die Arbeitgebereigenschaft nicht wesentlich.
Last changeda year ago