h.M.: Kausalität: Äqivalenz- oder Bedingungstheorie (conditio sine qua non - Formel)
Nach der Äquivalenz- oder Bedingungstheorie ist jede Handlung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Jede Handlung, die “conditio sine qua non” für den konkreten Erfolg ist, ist gleichwertig.
Kausalität: Lehre der gesetzmäßigen Bedingung
Die im Schrifttum vielfach vertretene Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung bejaht die Kausalität, wenn der tatbestandliche Erfolg mit der fraglichen Handlung durch eine Reihe zeitlich nachfolgender Veränderungen in der Außenwelt gesetzmäßig verbunden ist.
Objektive Zurechnung
Objektiv zurechenbar kann der durch eine menschliche Handlung verursachte Erfolg nur dann sein, wenn die Handlung eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat und sich diese in tatbestandskonformer Weise in dem Erfolg niedergeschlagen hat.
Versuch: Zwischenakttheorie
Das Versuchsstadium beginnt, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum “jetzt geht es los” überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, sodass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht.
Rechtsfigur der unwesentlichen Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf
Abweichungen zwischen dem vorgestellten und dem wirklichen Kausalverlauf sind dann “unwesentlich” und für den Tatbestandsvorsatz irrelevant, wenn sie sich noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen.
Objektive Fahrlässigkeit
Eine Handlung ist objektiv fahrlässig, wenn sie das Maß des erlaubten Risikos überschritten hat (bei Verstoß gegen geschriebene Sorgfaltsanforderungen indiziert) und der Ablauf sowie der Eintritt des Erfolges objektiv vorhersehbar gewesen sind.
Objektive Zurechnung beim fahrlässigen Begehungsdelikt/ Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Objektive Zurechnung liegt vor, wenn ein objektiver Sorgfaltsverstoß bei objektiver Vorhersehbarkeit gegeben ist.
Ingerenz
Ingerenz ist das schadensnahe, pflichtwidrige Vorverhalten einer Person.
Handlung (soziale Handlungslehre)
Nach der herrschenden sozialen Handlungslehre ist Handlung jedes vom menschlichen Willen beherrschte oder beherrschbare sozialerhebliche Verhalten. Sozialerheblich ist jedes Verhalten, das die Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt berührt.
Vorsatz
Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.
Dolus directus 1. Grades - Absicht
Absicht ist ein zielgerichtetes Erstreben des tatbestandsmäßigen Erfolges, zielgerichteter Erfolgswille.
Dolus directus 2. Grades - direkter Vorsatz
Mit direktem Vorsatz handelt, wer den Erfolg zwar nicht erstrebt, aber als mit Sicherheit eintretend vorausgesehen hat. Erforderlich ist also ein sicheres Folgewissen.
Dolus eventualis - bedingter Vorsatz
Eventualvorsatz ist gegeben, wenn der Täter es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass sein Verhalten zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes führt.
Kausalität Unterlassungsdelikt (hypothetische Kausalitätsprüfung)
Kausal ist das Unterlassen dann, wenn die (Rettungs-)Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg in derselben Art und Weise entfiele.
Unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (Versuch sog. gemischt subjektiv-objektive Theorie)
Das Versuchsstadium ist erreicht, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum “jetzt geht es los” überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, sodass sein Tun ohne wesentliche Zwischenakte -d.h. ohne einen weiteren Willensimpuls - in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht.
(Macht der Täter die Ausführung der Tat von dem Eintritt einer Bedingung abhängig, so muss nach dem Tatplan zunächst diese Bedingung verwirklicht sein, bevor der entscheidende Willensimpuls zum Tatbeginn ausgelöst wird. Der Bedingungseintritt ist aus Tätersicht dan noch ein wesentlicher Zwsichenakt vor dem Versuchsbeginn.)
Angriff i.S.d. Notwehr § 32 StGB
Angriff ist jede Bedrohung rechtlich geschützter Interessen des Verteidigers oder eines Dritten (dann: Nothilfe) durch menschliches Verhalten (Tun oder pflichtwidriges Unterlassen).
Gegenwärtig Angriff i.S.d. Notwehr § 32 StGB
Der Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert.
Fehlgeschlagener Versuch
Fehlgeschlagen ist der Versuch nach der herrschenden Gesamtbetrachtungslehre, wenn der Taterfolg aus Sicht des Täters mit den bereits eingesetzten oder den zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird. Nach gegenteiliger Auffassung liegt ein Fehlschlag bereits dann vor, wenn ein aus Tätersicht bereits erfolgstauglicher Einzelakt dem Täter endgültig missglückt.
Ein untauglicher Versuch ist solange nicht fehlgeschlagen, wie der Täter von der Erfolgseignung des Unterlassungsgeschehens ausgeht. Er wird jedoch zum Fehlschlage in dem Moment, in dem der Täter die Untauglichkeit des Geschehens erkennt.
Fahrlässig
Fahrlässig ist nach allgemeiner Auffassung eine Handlung dann, wenn sie in Art und Weise eine Überschreitung des erlaubten Risikos darstellt, bei der der Eintritt eines schädigenden Erfolges objektiv ex ante voraussehbar war. Ein besonnener und gewissenhafter Mensch hätte die Handlung mithin nicht vorgenommen.
Bewusst fahrlässig
Bewusst fahrlässig ist das Verhalten, wenn der Täter die Möglichkeit des Erfolgseintritts reflektiert hat, aber auf ihr Ausbleiben vertraut hat.
Leichtfertig
Leichtfertig handelt wer sich in “frivoler Rücksichtslosigkeit” über die klar erkannte Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung hinwegsetzt oder eine besonders ernst zu nehmende Pflicht verletzt (“Leichtsinnigkeit”).
Beschützergarant
Ein Beschützergarant liegt vor, wenn der Täter unbestimmte Gefahren von einem in seiner Obhut stehenden bestimmten Rechtsgut abwenden muss.
Überwachungsgarant
Ein Überwachungsgarant ist gegeben, wenn der Täter eine bestimmte Gefahr gesetzt hat und unbestimmt viele Rechtsgüter vor ihr zu schützen hat.
Rücksichtslosigkeit
Das Merkmal der Rücksichtslosigkeit bezeichnet die gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit. Wir dem Täter kein vorsätzliches Verhalten zur Last gelegt, handelt er dann rücksichtslos, wenn er sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten besinnt und Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt, sondern unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise drauflos fährt.
Vertrauensgrundsatz (i.R.d. objektiven Voraussehbarkeit beim Fahrlässigkeitsdelikt)
Der Vertrauensgrundsatz besagt, dass grds. jeder auf das verkehrsgerechte Verhalten des anderen vertrauen darf und ein ansonsten erlaubtes Verhalten nicht deshalb unterlassen oder einzuschränken braucht, weil andere sich möglicherweise ordnungswidrig oder unvernünftig verhalten könnten. Er gilt aber u.a. nicht, wenn sich der Handelnde selbst verkehrswidrig verhalten hat. Wer selbst ein missbilligtes Risiko schafft, darf sich nicht darauf verlassen, dass andere dieses Risiko meistern.
Der Vertrauensgrundsatz gilt damit allenfalls für die Fälle, in denen das fragliche Täterverhalten nur ein allgemeines Schadensrisiko auslöst, ohne ansonsten rechtlich missbilligt zu sein. Überschreitet der Täter konkrete Sorgfaltsnormen, kann er sich auf den Vertrauensgrundsatz nicht berufen.
Versuchsbeginn unechtes Unterlassungsdelikt
Nach h.M. beginnt der Versuch des unechten Unterlassungsdelikts nicht schon mit Verstreichenlassen der ersten Rettungschance, aber auch nicht erst mit Verstreichenlassen der letzten Rettungschance. Maßgeblich ist vielmehr, ob aus der Sicht des unterlassenden Garanten eine Situation eingetreten ist, bei der das Rechtsgut unmittelbar gefährdet ist bzw. weitere wesentliche Teilakte zur Tatbestandserfüllung nicht mehr erforderlich sind.
Tatentschluss
Tatentschluss ist der von engültigem Handlungswillen getragene Vorsatz zur Verwirklichung aller - den jeweiligen objektiven Tatbestand ausfüllenden - Umstände bei gleichzeitigem Vorliegen deliktsspezifischer subjektiver Tatbestandsmerkmale.
Tat
Die h.M. definiert Tat als Tatbestandsverwirklichung durch mehrere Handlungen, die zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden können (Gesamtbetrachtungslehre).
Bestimmen (Anstiftung, § 26)
Bestimmen bedeutet Hervorrufen des Tatentschlusses durch psychische Beeinflussung.
rechtswidrig (Angriff i.S.v. Notwehr § 32)
Rechtswidrig ist der Angriff, wenn der Betroffene das Verhalten nicht dulden muss bzw. wenn er im Widerspruch zur Rechtsordnung steht, d.h., Maßstab ist nach h.M. der reine Erfolgsunwert.
Erforderlich (Notwehrhandlung i.S.v. Notwehr § 32)
Erforderlich ist eine Verteidigungshandlung, die geeignet ist, den Angriff endgültig zu brechen und dabei nach den konkreten Umständen geringst möglichen Schaden anrichtet.
Gefahr (i.S.v. rechtferigender Notstand, § 34)
Jede auf tatsächliche Umstände gegründete Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für ein beliebiges schutzwürdiges Rechtsgut.
gegenwärtig (Gefahr i.S.v. rechtfertigender Notstand, § 34)
Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn sie nach objektivem ex ante Urteil (= zum Zeitpunkt der Tat) in einem bestimmten Augenblick, alsbald oder über einen längeren Zeitraum - auch wiederholt - jederzeit in einen Schaden umschlagen kann, Der Schadenseintritt kann unmittelbar, aber auch erst zu einem soäteren Zeitpunkt möglich sein (sog. Dauergefahr).
“auf frischer Tat” i.S.d. § 127 I 1 StPO
e.A.:
Die Straftat deretwegen die Festnahme erfolgt, muss wirklich (rechtswidrig und grds. auch schuldhaft) begangen worden sein. Dringender Tatverdacht - mag er auch objektiv begründet sein - genügt hier, anders als in § 127 II StPO, nicht. Der Eingriff in die Freiheitsrechte eines anderen nach Abs. 1 S. 1 darf dem Bürger nur gestattet werden, wenn er sicher ist, dass der andere alle Merkmale einer Straftat verwirklicht hat; anderenfalls muss er die Festnahme oder Identifizierung den staatlichen Behörden überlassen. Es geht nicht an, einem Unschuldigen das Recht der Notwehr gegen freiheitsbeschränkende Angriffe von Privatpersonen zu nehmen.
a.A.:
Wenn der Staat die Festnahmebefugnis an die sichtbare Tat knüpft und in seinem Interesse den augenblicklichen Entschluss zu Festnahme billigt, kann er nicht mehr als den dringenden Tatverdacht verlangen. Da der Festnehmende eine öffentliche Funktion erfüllt, kann ihm nicht das Risiko eines schuldlosen Irrtums aufgebürdet werden. Die Gegenansicht läuft auf den Rat hinaus, vorsichtshalber das Festnahmerecht nie auszuüben, und sie führt zur Ermunterung von Tätern, sich der Festnahme zu entziehen.
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