Fachbegriff + Definition
Phlebothrombose
thrombotischen Verschluss tiefer Venen, der mit der Gefahr einer Lungenembolie oder der Entwicklung einer chronisch venösen Insuffizienz
Risikofaktoren
Positive Anamnese → ca. 30-fache Risikosteigerung
Lungenemboli
Immobilisation → ca. 20-fache Risikosteigerung
Adipositas (BMI >30)
Alter >60 Jahre
Aktive Malignome, insb. Magen, Pankreas, Lunge, Lymphome, gynäkologische und urologische Tumoren
Antiphospholipid-Syndrom
Östrogentherapie → Rauchen potenziert das Thromboserisiko im Zusammenhang mit einer Östrogentherapie
Schwangerschaft und Wochenbett bis zu sechs Wochen postpartal
Hereditäre Thrombophilie
APC-Resistenz (Faktor V Leiden Mutation)
Faktor VIII Erhörhung
Prothrombin-Mutation
Protein S Mangel
Protein C Mangel
Antithrombin Mangel
Bestimmung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer Venenthrombose
-> nach Wells
Interpretation:
≥2: Wahrscheinlichkeit für TVT hoch
<2: Wahrscheinlichkeit für TVT nicht hoch
Pathophysiologie
-> Virchow Trias
Schädigung des Gefäßendothels
entzündlich
traumatisch
Herabsetzung der Blutströmungsgeschwindigkeit
Varizen
äußerer Druck auf Extremität
Immobilisation
lokale Wärmeanwendung
Veränderungen der Blutzusammensetzung
Hyperkoagulabilität
gesteigerte Adhäsionstendenz der Thrombozyten
erblich oder medikamentös bedingte Verstärkung der Blutgerinnung
Thrombophilie
Welches Bein öfters betroffen?
linken Beines häufiger
Grund: anatomischer Gegebenheiten
Kompression linken V. iliaca communis durch die rechte A. iliaca communis (Überkreuzungsphänomen) sowie an einer gehäuft auftretenden bindegewebigen Endothelveränderung im Lumen der linken Beckenvene
Symptome des betroffenen Beins
Typische Trias (nur in 10% der Fälle):
Schwellung
dumpfer Schmerz
Zyanose
Überwärmung
Schweregefühl/Spannungsgefühl
Verstärkte Venenzeichnung
Allgemein: Plötzlich auftretende Luftnot, Schwindel- und Schwächegefühl bei einer Lungenembolie
Verlaufsformen - Möglichkeiten
Phlegmasia coerulea dolens
Tiefe Armvenenthrombose inkl. Thrombose par effort
Thrombose in Schwangerschaft und im Wochenbett
Phlegmasia coerulea dolens - Definition, Symptome, Diagnostik, Therapie, Komplikationen, Prognose
Maximalvariante einer Phlebothrombose mit Verschluss aller Venen einer Extremität → Sekundäre Kompression des arteriellen Flusses
Symptome
Starke Schwellung, Ödem
Starke Schmerzen
Kalte Extremität, Zyanose, Pulse nicht tastbar
Diagnostik: Doppler-Sonografie
Therapie:
Venöse Thrombektomie
Fasziotomie
Fibrinolysetherapie, bei Versagen der operativen Therapie
Grenzzonenamputation als Ultima Ratio
Komplikation:
Volumenmangelschock
Gangrän
Rhabdomyolyse mit akuter Nierenschädigung
Prognose: Hohe Letalität
Diagnostik
Klinische Untersuchungsmethode
Meyer-Zeichen: Wadenkompressionsschmerz
Homans-Zeichen: Wadenschmerz bei Dorsalextension des Fußes
Payr-Zeichen: Fußsohlenschmerz bei Druck auf mediale Fußsohle
Laborbefunde
D-Dimere↑ (CAVE: Unspezifisch! Ein normaler D-Dimer-Wert schließt eine TVT oder LE nahezu aus – erhöhte D-Dimerekönnen jedoch viele Ursachen haben (bspw. postoperativ oder bei Malignomen erhöht)
BSG-Erhöhung
Leukozytose
Bildgebung
Goldstandard: (Farbduplex‑)Kompressionssonografie der Beinvenen
TVT - DD
Muskelfaserriss und posttraumatische Schwellungszustände/Hämatom
Kompartment-Syndrom
Lymphödem
Erysipel
(Rupturierte) Baker-Zyste
Thrombophlebitis (Venenentzündung)
Therapiemöglichkeiten
Akuttherapie
Sekundärprophylaxe
Allgemeinmaßnahmen
Kompressionsbehandlung mind. 3 Monate
Symptomadaptierte Vollmobilisation – keine Bettruhe!
Medikamentös
Antikoagulation mind. fünf Tage
1. Wahl: Niedermolekulares Heparin oder Fondaparinux
Unfraktioniertes Heparin
Direkte orale Antikoagulantien: z.B. Rivaroxaban, Apixaban
Maßnahmen zur Rekanalisierung
Methoden: Chirurgisch als Thrombektomie oder interventionell durch kathetergestützte pharmakomechanische Thrombektomie
Indikation
Beckenvenenthrombosen mit ausgeprägter Symptomatik, insb. bei jüngeren Patienten
Phlegmasia coerulea dolens → Zur Verhinderung einer Extremitätenamputation
Auf die initiale Antikoagulation folgt eine geeignete Erhaltungstherapie zur Verhinderung früher Rezidive
Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK)
Vitamin-K-Antagonisten (VKA): Ziel-INR 2,0–3,0
Niedermolekulare Heparine (NMH): Therapiestandard bei Tumorerkrankungen
Dauer der Antikoagulation bei Phlebothrombose
Die Behandlungsdauer richtet sich nach Genese, Anzahl der vorherigen Thrombosen, Risikofaktoren und Komorbidität
Nach erstmalig aufgetretener Thrombose
Grundregel: mind. 3 Monate, bei hohem Risiko eines postthrombotischen Syndroms 6 Monate
Drei Monate i.d.R. ausreichend bei:
Transientem Risikofaktor (vorangegangene Operation, Immobilität)
Distalen Thrombosen idiopathischer Genese (Unterschenkel)
Armvenenthrombosen
Thrombosen der Vena jugularis interna
Eher sechs Monate (bzw. verlängerte Erhaltungstherapie) bei:
Proximaler Thrombose des Beines bzw. Beckenvenenbeteiligung, insb. bei unklarer Ätiologie
Lungenembolie, insb. bei unklarer Ätiologie
Relevanter Thrombophilie, danach verlängerte Erhaltungstherapie nach individuellem Risiko
Malignomerkrankung
Bei rezidivierender Thrombose/Lungenembolie
Verlängerte Erhaltungstherapie über 3–6 Monate hinaus bei fortbestehenden Risikofaktoren
Komplikationen
Lungenembolie
Postthrombotisches Syndrom
Rezidiv
Aszendieren der Thrombose (bis in die Beckenvenen oder die V. cava inferior)
Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe - Möglichkeiten
Basismaßnahmen
Physikalische Maßnahmen
Medikamentöse Maßnahmen
Basismaßnahmen zur Thromboseprophylaxe
Bewegungsübungen/Muskelpumpe
Frühmobilisation nach Operationen
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Beine hochlagern
Einschnürende Kleidung vermeiden
Physikalische Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe
Komprimierende Strümpfe
Medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (Anti-Thrombose-Strümpfe)
Medizinische Kompressionsstrümpfe
Intermittierende pneumatische Wadenkompression (IPK)
Kontraindikationen für physikalische Maßnahmen
Absolut
Fortgeschrittene periphere arterielle Verschlusskrankheit
Dekompensierte Herzinsuffizienz
Relativ
Fortgeschrittene periphere Neuropathie (z.B. bei Diabetes mellitus)
Nässende Wunden bzw. Infektionen der Haut
Medikamentöse Thromboseprophylaxe
Heparine: Breitestes Zulassungsspektrum
Niedermolekulares Heparin (NMH): Günstigeres Nebenwirkungsprofil und längere Halbwertszeit als UFH → NMHmöglichst gegenüber UFH bevorzugen
Dalteparin
Enoxaparin
Unfraktioniertes Heparin (UFH)
Pentasaccharide: Ähnlich breites Zulassungsspektrum wie Heparine
Fondaparinux
Direkte orale Antikoagulantien (DOAK): Zulassung beschränkt
Apixaban
Rivaroxaban
Dabigatran
Dauer der Thromboseprophylaxe
Bei operativen Eingriffen: Prinzipiell bis zur Mobilisation bzw. bei eingriffsspezifischer Empfehlung auch darüber hinaus
7 Tage nach viszeralchirurgischen Eingriffen
11–14 Tage nach Kniegelenkersatz
4–5 Wochen nach Hüftgelenkersatz bzw. hüft- und beckennaher Frakturversorgung
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