Epilepsie - Definition
Sammelbezeichnung für eine Gruppe von Funktionsstörungen des Gehirns, die durch ein Zusammenspiel aus pathologischer Erregungsbildung und fehlender Erregungsbegrenzung in den Nervenzellverbänden des ZNS entstehen
Epileptischer Anfall - Unterscheidung
Vorübergehende elektrophysiologische Dysfunktion von Nervenzellen und Nervenzellverbänden der Hirnrinde aufgrund synchroner und hochfrequenter Entladungen, die sich auf benachbarte Kortexareale ausbreiten kann
Akuter symptomatischer Anfall
Reflexanfall
Unprovozierter epileptischer Anfall
Prävalenz
Lebenszeitprävalenz eines epileptischen Anfalls: Ca. 5%
Punktprävalenz von Epilepsien: Ca. 0,5–1%
Triggerfaktoren
Substanzabhängige Trigger
Drogen
Medikamenten
Antidepressiva (Amitriptylin)
Antipsychotika
Antibiotika (Penicillin)
Theophyllin
Entzug
Trigger im Rahmen anderer pathologischer Zustände
Fieber
Elektrolytentgleisungen
Hypoglykämie (v.a. durch Insulinüberdosierung)
Eklampsie
Situationsabhängige Trigger
Exzessive körperliche Verausgabung
Stroboskop-Licht
Schlafentzug
Symptome - Epileptischer Anfall mit fokalem Beginn
Symptome vom Ort der Störung abhängig
Orale Automatismen: Temporallappenanfälle
Komplexe Bewegungsabläufe: Frontale Anfälle
Visuelle Halluzinationen: Okzipitallappenanfälle
Ablauf mit oder ohne Bewusstseinsstörung möglich
Übergang in einen bilateral-tonisch-klonischen Anfall möglich
Zusätzlich ggf. Aura: Sehstörungen, Sprachstörungen, motorische Erscheinungen, Déjà-vu- und Jamais-vu-Erlebnisse
Symptome - Epileptischer Anfall mit generalisiertem Beginn
Klinische Präsentation dieser Anfälle ist variabel, jedoch treten immer Bewusstseinsstörungen auf
Mögliche Bestandteile der Anfälle sind
Absencen: Kurze Bewusstseinspausen
Myoklonische Phasen: Ruckartige, unsystematische Muskelzuckungen (Myoklonien)
Klonische Phasen: Rhythmische Muskelzuckungen
Tonische Phasen: Anspannen der Muskulatur
Atonische Phasen: Plötzlicher Tonusverlust der Haltemuskulatur
Postiktale Phase: Terminalschlaf, Verwirrtheit
Diagnostik
Eigen- und Fremdanamnese
Anfallssemiologie
Fokale Einleitung?
Augen zu Beginn des Anfalls geöffnet oder geschlossen? Blickwendung?
Dauer des Anfalls?
Dauer der postiktalen Reorientierung?
Anfallstypische Stigmata?
Muskelschmerzen?
Todd'sche Phänomene?
Trigger: Auslösende Faktoren identifizierbar?
Medizinische Vorgeschichte
Blutuntersuchungen
Blutgasanalyse, hier insb.
Blutzucker
pH, Lactat : Entwicklung einer Lactatazidose möglich durch Überaktivierung der Muskulatur in Kombination mit verminderter Abatmung bei bilateralen tonisch-klonischen (konvulsiven) Anfällen
Neurologisches Notfall-Labor
CK-Verlaufskontrolle: 6–12 h nach dem Anfall
notfallmäßige kranielle CT
Epilepsie - DD
Synkopen
Vasovagale Synkope
Kardiogene Synkope, z.B.
Adams-Stokes-Anfall
Karotissinussyndrom
Psychogene nicht-epileptische Anfälle (= dissoziative Anfälle)
Epilepsie - Therapie
Vitalparameter überwachen (insb. Oxygenierung mittels Pulsoxymetrie)
Patient vor Verletzungen schützen
Medikamentöse Anfallsdurchbrechung: Nur bei nicht selbstlimitierendem Verlauf, d.h. erst wenn ein Status epilepticusvorliegt
innerhalb der ersten 5 min nicht medikamentös behandelt, weil die allermeisten Anfälle innerhalb dieser Zeit spontan sistieren und so die Nachteile der Sedierung vermieden werden können
Anfallsprophylaxe
Bei symptomatischen Epilepsien: Beseitigung der Ursache
Medikamentöse Anfallsprophylaxe
Vermeidung von Triggerfaktoren epileptischer Krampfanfälle (z.B. Alkohol, Schlafentzug, Flackerlicht)
Prognose
Bei bis zu 80% der Epilepsie-Patienten kann unter optimaler Therapie Anfallsfreiheit erreicht werden
Etwa 50% der Epilepsie-Patienten bleiben auch nach Absetzen der anfallssuppressiven Medikation anfallsfrei
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