Definitionselemente
Gegenstand, Aufgabe und Vorgehen
interindividuelle Unterschiede im Verhalten und Erleben
intraindividuelle Merkmale und Veränderungen
relevante Bedingungen (Situationen)
Informationssammlung, Regelgeleitete Erhebung, Verwertung & Lösungen
Verständnis menschlichen Erlebens und Verhaltens (Prognose, Änderungen)
i.d.R. psychische Merkmale
Methoden/ Vorgehen beim Diagnostizieren
Merkmalstragende:
EInzelpersonen
Personengruppen (ARbeitsgruppen, Berufsgruppen, Schulklassen..)
Institutionen (Verwaltung, Firmen, Unis..)
Situationen (Arbeitsabläufe, Gespräche..)
Gegenstände (Getränke, Autos..)
Zielgerichtetheit
Erfassung des Ist-Zusatnd, ggf. der vergangenen Ursachen und des Soll-Zustandes
Definition
Psychologische Diagnostik
ist eine Teildisziplin der Psychologie
Sie dient der Beantwortung von Fragestellungen, die sich auf die Beschreibung, Klassifikation, Erklärung oder Vorhersage menschlichen Erlebens und Verhaltens beziehen
Sie schließt die gezielte Erhebung von Informationen über das Erleben und Verhalten eines oder mehreren Menschen sowie deren relevanter Bedingungen ein
Die erhobenen Informationen werden für die Beantwortung der Fragestellung interpretiert
das diagnostische Handeln wird von psychologischem Wissen geleitet
zur Erhebnung von Informationen werden Methoden verwendet, die genügen
eigenschaftsbedingt und situationsbedingt (grün)
Intra‐ und interindividuelle Unterschiede (blau)
Information und Interpretation (sind nicht das Gleiche)
Wissenschaftliche Methoden (rot)
-> Aufmerksamkeit, Wahrnehmung usw.: muss wissen, was es ist, um es messen zu können
Aufgabenbereiche und Fragestellungen
Verkehrspsychologie (44%)
Verkehrssituationen, Positionierung von Straßenschlidern
Forensiche Psychologie (44%)
Straffähigkeit, Bewährungsprognose, Maßnahmenzuweisung
ABO (30%)
Berufswahl, Personalauswahl, Arbeitsabläufe
Gesundheitspsychologie (29%)
Ernährungsprogramme
Pädagogische Psychologie (29%)
Einschulung, Studium, Erziehungsprobleme, Sonderförderung
Klinische Psychologie (24%)
psychische und psychosomatische Erkrankungen
Ökologische Psychologie
subjektive Eindrücke z.B. der Wohnumwelt
Pharmakopsychologie
Haupt-/ Nebenwirkungen
Neuropsychologie
kognitive Defizite
Markt- und Werbepsychologie
Produktoptimierung
Modellannahmen: Eigenschafts- und Verhaltensdiagnostik
Eigenschaftsdiagnostik I
Theoretische Basis: Eigenschaftstheorien (Traits)
Stabilität des Traits als Voraussetzung
Traits nicht direkt beobachtbar, sondern nur aus Verhalten ableitbare Vorhersage von Verhalten auf Trait
Annahme: viele Verhaltensweisen = Indikatoren für Trait
Empirische Evidenz: Persönlichkeitsmerkmale sind stabil
Eigenschaftsdiagnostik II
Eigenschaftsdiagnostik III
Problem:
Weitere Probleme:
I) Sind Eigenschaften unabhängig von Situationen und Zuständen erfassbar?
II) Definitionsproblem: Validität gegeben?
Verhaltensdiagnostik
Verhaltensdiagnostik I
Theoretische Basis:
Lerntheorien (Eigenschaften und Verhalten sind erlernt und modifizierbar)
Annahme:
Bester Prädiktor für zukünftiges Verhalten ist vergangenes Verhalten (eine zugrundeliegende Eigenschaft interessiert nicht)
Nur direkt Beobachtbares interessiert
Verhaltensdiagnostik II
Ziel:
Suche nach repräsentativen „samples“ (Beispiele, Stichproben) von Verhaltensweisen für das Kriterium
z.B. Kenntnis der Straßenverkehrsgesetze (theor. Fahrprüfung), Fahrtauglichkeit (prakt. Fahrprüfung)
z.B. Haare ausreißen -> Trichotillomanie
Erfassen:
->z.B. Rollenspiele oder Arbeitsproben, praktische Tests
Reliabilität (ggf. Inhaltsvalidität) ist hier wichtig! (s. spätere Vorlesung)
-> i.d.R. kriteriumsorientiertes Messen: verwendeter Vergleichsmaßstab für das zu bewertende Merkmal eines Beurteilungssachverhalts wird unabhängig von Informationen über die Verteilung der Ausprägungen dieses Merkmals festgelegt (Pawlik, 1992).
-> Kriterium (z.B. Mindestpunktzahl zum bestehen der Prüfung) Kann erreicht werden oder nicht
Verhaltensdiagnostik III
Verhaltensdiagnostik IV:
weitere Probleme:
Der Schluss vom Einzelnen auf die Allgemeinheit..
Kann muss aber nicht wahr sein
Kann zur Hypothesenbildung helfen, muss aber geprüft werden
Daher ist auch- oder gerade in der individual-Diagnostik-wissenschaftliches Vorgehen extrem wichtig
-> Leider haben wir in der Diagnostik i.d.R. nur Stichproben von Verhalten und müssen auf Induktionsschlüsse zurückgreifen.
Verhaltensdiagnostik V
funktionale Verhaltensanalyse zur Erklärung von Problemverahlten
-> Problemverhalten wird mithilfe der S-O-R-K-C Verhaltensgleichung zu erklären versucht
Verhalten & EIgenschaft: Interaktionismus
Situation
Eigenschaft
Situation x Eigenschaft
-> Situation und Persönlichkeitseigenschaften bestimmen das Verhalten gemeinsam
-> Verhalten wird durch zwei Faktoren beeinflusst: Situation und Eigenschaft.
Status vs. Prozess (Veränderung): Ziele Psychologischer Diagnostik
Statusdiagnostik (z.B. Klinische Diagnostik) ->Status quo
Erfassung des Ist‐Zustands: Beschreibung & Klassifikation: ICD10, DSM V (Eigenschaften oder Verhalten; Störungskategorie „F..“),
Erklären (z.B. Bedingungen identifizieren)
und Vorhersagen (z.B. Schulerfolg, Verbrechen, Rückfälligkeit)
-> Statusdiagnostik schließt Verhalten und Eigenschaften ein
-> aktuelle Stand wird erfasst
-> Die Statusdiagnostik dient dazu, festzustellen, ob bestimmte Maßnahmen indiziert sind. Es handelt sich dabei in der Regel um eine einmalige Messung
-> Im Idealfall findet eine Evaluation der Maßnahme statt.
-> diese Evaluation kann als Erfolgskontrolle konzipiert sein oder als begleitende Prozessdiagnostik
Prozessdiagnostik (z.B. therapeutischen Prozess begleiten -> Therapieerfolg & nicht Person selber wird diagnostiziert)
Bei einer Verlaufs- oder Prozessdiagnostik werden die zu verändernden Merkmale kontinuierlich erfasst. So ist es möglich, die Intervention gegebenenfalls an die Veränderungen anzupassen.
Wiederholte Untersuchungen mit Erfassung der Veränderungen (Erfolgskontrollen, Zielerreichung) – Probleme: erfasst man alles? Übungseffekte
Selektion- und Modifikationsdiagnostik
Beispiele
Selektion:
Bei vielen diagnostischen Fragestellungen wird nach einer Passung zwischen Personen und Bedingungen gesucht (Ist Schüler am betsne auf Schule für Lernbehinderte aufgehoben?; Ist Bewerber für ausgeschriebene Stelle geeignet?
Bedingungen werden zu Merkmalen der Person in Beziehung gesetzt
Bei Selektion von Personen steht zuvor eine Bedingung fest und es werden Personen ausgewählt, welche die größte Passung mit dieser Bedingung aufweisen
Begrenzte Ressource oder Passung
Gut für eine Person; schlecht für alle ausselektierten
Gefahr: Selektiere eine nicht geeignete Person
Andere Herausforderungen und Probleme als bei Modifikation
Modifikation
wenn keine gute Passung zwischen Person und Bedingung vorliegen
Welche Merkmale der Person oder der Bedingung sind zu ändern, damit eine Passung hergestellt wird?
Verhalten ist idr. erlernt und daher veränderbar
Eher als Prozess zu betrachten -> verändert sich Verhalten/ Situation?
Geht darum ungeeignetes Verhalten zu ändern/verlernen
2 Möglichkeiten:
Modifikation der Person oder der Bedingung
Bsp.: Scheinbar ungeeignete Bewerber können mit Personalentwicklungsmaßnahmen (Schulungen, Trainings, Praktika etc.) so verändert werden, dass sie zu einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz passen.
Zusammenfassung
Allgemein:
Eigenschaftsdiagnostik ≠ Verhaltensdiagnostik
Statusdiagnostik ≠ Prozessdiagnostik
Selektionsdiagnostik ≠ Modifikationsdiagnostik
Take Home Message:
Je nach Fragestellung kann in der Diagnostik die Perspektive sehr unterschiedlich sein und daraus resultieren sehr unterschiedliche diagnostische Vorgehensweisen!
Diagnostische Schlüsse beinhalten viele Möglichkeiten aber auch Grenzen und damit verbundene Probleme, die im Alltag von Psycholog:innen eine wichtige Rolle spielen!
Sie können nicht völlig verhindert werden, müssen aber bei der diagnostischen Tätigkeit bedacht werden.
Diagnostik sollte keiner „Magie“, sondern einem wissenschaftlich fundierten Vorgehen folgen!
Fragen & Aufgaben
Beschreiben, Klassifizieren, Erklären und Vorhersagen:
Wo sind die Unterschiede? Wo sind die Übergänge ggf. schwer einzugrenzen?
Unterscheiden Sie die Diagnostikarten und bilden Sie für alle ein praktisches Beispiel.
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