Einführung
Wie kann Diagnose nach Hasselhorn & Gold (2006, S. 345) definiert werden?
Wie lautet die Wortherkunft von Diagnostik?
Wie können die Alltags- und die Professionelle Diagnostik in den Punkten
Urteil
Subjektivität
Art der Beobachtung
Reflexion und Kontrolle bei der Urteilsbildung
Methodischer Anspruch
Vollständigkeit des Bildes
Gerechtigkeit unterschieden werden?
Alltagsdiagnostik vs. professionelle Diagnostik
Alltagsdiagnostik
professionelle Diagnostik
Urteile
implizit nach Gefühl
explizit basierend auf theoretisch/empirisch relevanten Merkmalen
hoch
niedrig
ohne System, beiläufig
mit System
keiner
gemäß wissenschaftlicher Gütekriterien
selektiv, Auffälligkeiten im Vordergrund
Vollständig
Gerechtigkeit
ungerecht, anfällig für Vorurteile
faire Bewertung wird angestrebt
Was ist pädagogische Diagnostik?
Erkenntnisbemühungen im Dienste aktueller pädagogischer Entscheidungen
nicht bezogen auf allgemeine Zusammenhänge
Einordnung des Einzelfalls, pädagogische Einzelfallentscheidung
umfasst alle diagnostischen Tätigkeiten, durch die
Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr- und Lernprozesse ermittelt werden
Lernprozesse analysiert
und Lernergebnisse festgestellt werden
Zuweisung zu Lerngruppen oder zu individuellen Förderungsprogrammen
Erteilung von Qualifikationen
Welche drei Schritte (Abbildung) kennzeichnen die pädagogische Diagnostik?
Unterscheidung pädagogische Diagnostik zur
psychologischen Diagnostik oder
pädagogischen Forschung
Curriculumsevaluation
Unterschied zurpsychologischen Diagnostik: Pädagogische Diagnostik fokussiert (immer) aktuelle pädagogische Maßnahmen.
Beispiel: Ein Schulpsychologe testet den IQ eines Kindes. Die Testung selbst kann (und wird in der Regel) im Kontexteiner pädagogischen Diagnostik stehen (z.B. Gründe für Langeweile), der Psychologe selbst hat jedoch nicht das Ziel, Änderungen einzuleiten.
pädagogische Forschung: hat eher den Fokus auf generellen Regelhaftigkeiten, während pädagogische Diagnostik das Individuumund die Verbesserungindividueller Lernprozesse im Blick hat
Beispiel: Hilft es Schüler/innen mit Aufmerksamkeits-schwierigkeiten, wenn wenig Dekoration im Klassenzimmer hängt?→ Allgemeine Fragestellung
Prüft die Lehrkraft dies im Hinblick auf einen konkreten Fall, ist es hingegen pädagogische Diagnostik.
Curriculumsevaluation: SuS nur „Merkmalsträger“, im Fokus des Interesses steht jedoch der Lehrplan!
Beispiel: Nach einer Lehrplanänderung wird überprüft, ob die Maßnahme den gewünschten Erfolg hat (z.B. höhere Lesekompetenz durch veränderte Schwerpunkte im Lehrplan).
Sind die Pädagogische Diagnostik und die pädagogisch-psychologische Diagnostik das Gleiche?
Ja, sie werden synonym verwendet, eher fachspezifische Traditionen:
• Pädagogische Diagnostik < Pädagogik
• Pädagogisch-psychologische Diagnostik < Psychologie
Was ist der Perspektivendualismus, welche Perspektiven gibt es?
Allgemeinpsychologische Sichtweise vs. Differenzielle Sichtweise
Die pädagogische Diagnostik hat eine Art Brückenfunktion zwischen psychologischer Grundlagenforschung und pädagogischer Praxis inne. Es gibt zwei Ausrichtungen:
Die allgemein-psychologische Perspektive (Allgemeinpsychologische Sichtweise):
Aufdeckung allgemeiner Prinzipien psychologisch relevanter Prinzipien für päd. Handlungsfelder
z.B. Lehr-, Lern- und Trainingsforschung
experimenteller Ansatz (One-size-fits-all-Modelle)
die differenzierte pädagogisch-psychologische Perspektive (Differenzielle Sichtweise [CRONBACH]):
Individuelle Voraussetzungen und ihr Zusammenhang mit päd. Interventionen
z.B. Personen mit besonderen Begabungen, Ausgleich von Defiziten —> individueller!
Was besagt der Methodische Dualismus?
Experimentelle (Allgemein-psychologische Sichtweise) vs. korrelative Forschungsdesigns (Differenzielle Sichtweise)
Manipulation von unabhängigen Variablen vs. Untersuchung bereits bestehender Unterschiede (beispielsweise zwischen Schülerinnen und Schülern)
Wie hängen die Annahmen der pädagogischen Diagnostik mit der Passungshypothese zusammen?
Annahme: Instruktionale Unterstützungsangebote (Erklärungen, Unterricht, Training) sind nur insoweit wirksam, wie die dafür notwendigen Voraussetzungen beim Lernenden gegeben sind.
Explizit oder implizit in den verschiedensten Formulierungen der pädagogischen Psychologie zu finden
(Wird manchmal bezeichnet als Wygotskis „Zone der proximalen Entwicklung“
Passungshypothese
Was ist der Expertise-Umkehr-Effekt (Kalyuga, 2007)?
negativer Passungseffekt
Negative Wirkung instruktionaler Unterstützung
Instruktionale Hilfen nur dann wirksam, wenn sie vom Lerner auch benötigt werden
Hilfen sind kognitive Belastung, wenn nicht (mehr) passend
Schaubild zur Passungshypothese /
Expertise-Umkehreffekt
Auswendig lernen :-)
Auf Grundlage der Passungshypothese und des Expertise-Umkehr-Effekts wird deutlich, dass die differenzielle Perspektive nach Cronbach stärker in den Fokus geraten soll.
Was sind die drei wesentlichen Fragen/Aufgaben der pädagogischen Psychologie?
3 wesentliche Fragen bzw. Aufgaben der pädagogischen Psychologie:
Welche Variablen sollten im Kontext pädagogisch-psychologischer Untersuchungen berücksichtigt werden?
Wie können diese Variablen zuverlässig und effizient erfasst werden?
Entwicklung angemessener theoretischer Modelle zur Erklärung und Vorhersageder Interaktion von Lernervoraussetzungen und pädagogisch-psychologischen Interventionen
→ Psychologische Diagnostik notwendig integriertin die pädagogische Psychologie
Formen und Anlässe von päd.-psych. Diagnostik, Evaluation und Beratung
Wann und wozu benötigt man Diagnostik, Evaluation und Beratung bei pädagogischen Entscheidungen und welche relevanten Fragen sollten geklärt werden?
Immer wenn pädagogisch-psychologische Handlungen geplant, durchgeführt und nach ihren Ergebnissen bewertet werden sollen - zum Beispiel:
Schulunterricht
außerschulische Bildungsangebote
Maßnahmen zum Kompetenzerwerb (z.B. Führerscheinprüfung)
selbstgesteuertes Lernen
Relevante Fragen
Sind die Voraussetzungen für das Erreichen der gewünschten Ziele erfüllt?
Sind die angestrebten Kompetenzen erreicht worden?
Was sind die Bedingungen, unter denen die Ziele möglichst optimal erreicht werden können?
Wie lassen sich p-p Maßnahmen zur Zielerreichung bewerten und ggf. verbessern?
Die relevanten Fragen warum diagnostiziert wird lassen sich laut Leutner (2010) in mehrere Kategorien unterscheiden, wie lauten diese?
Selektions-/Auslesediagnostik vs. Modifikations-/Förderdiagnostik
Status- vs. Prozessdiagnostik→ Andere Schwerpunktsetzung und Voraussetzung für Selektions-bzw. Modifikationsdiagnostik
Personenbezogene Diagnostik und Diagnostik von Umweltbedingungen
Welche Definition passt zur Modifikationsdiagnostik?
Wie können die Status- und Prozessdiagnostik definiert werden?
Unterscheiden sich nicht stark zur Selektions- und Modifikationsdiagnostik, haben aber einen anderen Schwerpunkt!
Statusdiagnostik:
geht davon aus, dass ein Merkmal einer Person sehr stabil ist und will erheben, wie stark dieses ausgeprägt ist
Voraussetzung für selektionsdiagnostische Entscheidung (z.B. Feststellung, dass jemand Hochbegabt ist und deshalb in ein besonderes Forderprogramm aufgenommen wird)
Prozessdiagnostik:
geht davon aus, dass sich ein Merkmal verändern kann
Veränderung ist das Ziel einer päd. Maßnahme
Voraussetzung für Modifikationsanalyse
Wie können die Seleketions-, Modifikations-, Status- und Prozessdiagnostik weiterhin zwischen einer personenbezogenen und einer umweltbezognen Diagnostik unterschieden werden?
Was bedeutet summative / formative Evaluation?
Summative = Es wird eine Art Bilanz gezogen; ein abschließendes, zusammenfassendes Urteil
Formative = Diese Form der Beurteilung hat die größte pädagogogische Bedeutung für das tägliche Handeln der Lehrperson. Sie ergründet den Lernstand und die Annäherung an Lernziele zu einem bestimmten Zeitpunkt
Diagnostik kann aus personenbezogenen Anlässen oder systembezogenen Anlässen geschehen. Was bedeutet das?
Nennen Sie zwei personenbezogene und zwei systembezogene diagnostische Anlässen, zu denen die pädagogische Psychologie Beiträge leisten kann!
Personenbezogene Anlässe
Fragen der Lern-und Leistungsvoraussetzungen
Einschätzung von Leistungsergebnissen
Spezifische Förderbedarfe (Teilleistungsstörungen, generelle Leistungsminderung)
Systembezogene Anlässe
Evaluation von Unterricht oder Trainingsmaßnahmen
Systemevaluation von Schulen, Schultypen oder Schulsystemen (PISA, IGLU etc.)
Grundkonzepte des Messens
(Weil in der Vergangenheit Reformen gescheitert sind entstand Wunsch nach empirisch basierten Entscheidungen)
Was bedeutet „Messen“?
Was ist eine Variable?
Gegensatz zu einer Konstanten
Eigenschaft einer Person (oder eines Objekts), die in zwei (dichotom) oder mehr (polytom) Ausprägungen vorliegen kann
Wie können beim Messen quantitative und qualitative Daten unterschieden werden?
Quantitative Daten erleichtern Vergleiche hinsichtlich der Ausprägung eines oder mehrerer Merkmals
Qualitative Daten kennzeichnen ebenfalls Unterschiede zwischen Merkmalen; diese sind aber lediglich als „anders“ zu klassifizieren
Beispiel: Ich kann fast alle Daten quantitativ erheben, fraglich ist aber, ob eine Zuordnung zu männlich und weiblich eine Bedeutung im jeweiligen Kontext hat, manchmal gibt es also Unterschiede, diese sind aber einfach nur anders und nicht weniger gut/schlecht
Was ist ein psychologischer Test nach Lienert (1969) und welche Arten von Tests gibt es?
Psychologischer Test:
„Ein wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Persönlichkeitsmerkmale mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung“
Häufig werden psychologische Tests zur Messung von psychologischen Merkmalen eingesetzt
Es gibt verschiedene Arten von Tests:
Leistungstest
Entwicklungstest
Persönlichkeitstest
klinische Interviews
Beobachtungsverfahren
Was bedeutet “Messen”?
Homomorphe Abbildung von Etwas
bedeutet „relationserhaltend“
→ die Verhältnisse der Merkmalsausprägungen zueinander (empirisches Relativ) müssen bei der Messung erhalten bleiben (Abbildung im numerischen Relativ)
Messungen unterscheiden sich hinsichtlich der Eigenschaften der gewählten Skalierung
Verschiedene Skalenniveaus ermöglichen verschiedene Aussagen über die Messwerte
Skalenarten und Skalenniveaus (wichtig für das Messen)
Welche Eigenschaften hat eine Nominalskala?
Niedrigstes Skalenniveau
Keine sinnvolle Reihenfolge der Merkmalsausprägungen möglich (z.B. Haarfarbe, Parteizugehörigkeit, Geschlecht…)
Darstellung qualitativer Ausprägungen
Aussagen nur über Verteilung der Häufigkeit verschiedener Ausprägungen möglich
Transformationen: ein-eindeutig
Welche Eigenschaften hat eine Ordinalskala?
Nächsthöheres Skalenniveau
Reihenfolge der Merkmalsausprägungen möglich, aber keine Aussage über Größe des Abstands
Zulässige Transformationen: monoton steigend
Beispiele: Schulnoten, Schichtzugehörigkeit
Welche Eigenschaften hat eine Intervallskala?
Bietet die gleichen Informationen wie Nominal-und Ordinalskalen
Zusätzlich Berücksichtigung von Abständen zwischen Messwerten (immer gleich groß)
Zulässige Transformationen: linear
Beispiele: Normskalen bei praktisch allen psychologischen Testverfahren
Welche Eigenschaften hat eine Verhältnisskala?
Verfügt zusätzlich über einen natürlichen Nullpunkt
Aussagen über das Verhältnis zwischen zwei Merkmalsausprägungen möglich (Proportionen)
Bei der Messung psychologischer Variablen so gut wie nie erreicht
Zulässige Transformationen: proportional
Beispiele: Körpergröße und Gewicht
Welche Eigenschaften hat eine Absolutskala?
Neben natürlichem Nullpunkt auch natürliche Maßeinheit
Bei Anzahlen oder Häufigkeiten von Objekten anwendbar
Zulässige Transformationen: Keine
Beispiel: Anzahl von Kindern in einer Klasse, Fehltage
Ordne den Variablen eine Skala zu:
1.Alter
2.Geschlecht
3.Familienstand
4.Soziale Schicht
5.Schulnote
6.Klausurpunkte
7.Handelsklasse (Obst)
(Überprüfen!)
Alter = Verhältnisskala
Geschlecht = Nominalskala
Familienstand = Nominalskala
Soziale Schicht = Ordinalskala
Schulnote = Ordinalskala
Klausurpunkte = Ordinalskala
Obst = Absolutskala
Big-Fish-Litte-Pond-Effekt
Psychologische Diagnostik als Prozess
Wie lauten die 10 Schritte des Prozessmodells nach Jäger (1983,2006)?
A B F H F O U H U G
A: Schilderung des Anliegens an den Sachverständigen durch den Auftraggeber
B: Übersetzung des Anliegens in psychologische Begriffe
F: Zusammenfassung zu konkreten Fragestellungen
H: Übersetzung der Fragestellungen in psychologische Hypothesen
F: (Ggf. Reformulierung von Fragestellungen)
O: Operationalisierung der Hypothesen
U: Untersuchungsplanung und -durchführung
H: Hypothesenprüfung
U: Urteilsbildung
G: Urteil und Gutachten
Wie lauten die 4 wesentliche Phasen des Diagnoseprozesses?
Der diagnose Prozess soll standadisiert werden. Welche Anforderungen bringt das mit sich?
Kontext, Ziele, Merkmale, Hypothesen
Anwendbar in verschiedenen diagnostischen Kontexten
Integration der folgenden Ziele im DP: Beschreibung, Klassifikation, Vorhersage, Erklärung und Kontrolle
Definition wesentlicher Merkmale des Diagnostizierens und Evaluierens
Einschluss der Generierung und Testung von Hypothesen
Bezugssysteme
Was ist der Sinn von Bezugssystemen?
Messwerte einer Person sagen im leeren Raum erstmal wenig aus
Werte müssen interpretiert werden und im Vergleich mit anderen Werten betrachtet werden
Mit welchen Werten verglichen wird hängt von der Bezugsnorm ab
= Vergleichsmaßstab
Was ist die soziale Bezugsnorm und wo liegen die 5 Probleme dieses Bezugssystems?
Soziale Bezugsnorm:
Wert einer Person wird in Bezug zu einer Referenzgruppe gesetzt
Vergleich bezieht sich auf eine bestimmte, i.d.R. eingeschränkte Gruppe (z.B. Klasse)
Keine Aussage über absolute Bedeutung des Messwerts möglich
Praxis: Bewertung von Leistungen in Klassenarbeiten
Probleme:
Gleiche Leistungen in verschiedenen Gruppen können anders bewertet werden (Stichwort Big Fish-Little-Pond-Effekt: Der Effekt beschreibt das Phänomen, dass Schülerinnen und Schüler in einer leistungsschwächeren Klasse ein besseres schulisches Selbstkonzept besitzen, da soziale Vergleiche mit Mitschülerinnen und Mitschülern hier besonders positiv ausfallen)
Keine Information über Lernzuwachs über die Zeit oder Leistungsschwankungen
Entwicklungsaspekt bleibt unberücksichtigt
Demotivation von leistungsstarken SuS (Leistungsstarke Klassen bewirken bei guten SuSein tendenziell niedrigeres Selbstkonzept als leistungsschwache Klassen)
Negative Effekte auch bei Schulwechsel (Grund-auf weiterführende Schule, Schule auf Hochschule, etc.)
Abbildung zu Bezugssystemen
Wo liegt der Unterschied zwischen der individuellen und der kriterialen Bezugsnorm?
Individuelle Bezugsnorm
Erzielte Leistung einer Person wird mit ihren eigenen vorherigen Leistungen im gleichen Bereich verglichen
Abbildung von Veränderungen im individuellen Leistungsniveau
+ Zur Förderung der Lern-und Leistungsmotivation gut geeignet
+ Vor allem für leistungsschwächere SuSgut geeignet
+ Untersuchungen zeigen, dass SuS neben individueller Bezugsnorm auch soziale Vergleiche wünschen (Rheinberg, 1998)
Kriteriale Bezugsnorm
Vergleich der Leistung einer Person mit einem zuvor festgesetzten Leistungsziel (Gut wenn es erreicht wird, schlecht wenn nicht)
Curriculare Lehrziele
Verbunden mit relevanten diagnostischen Entscheidungen (bspw. Zulassung zur Abiturprüfung, Bestehen der Führerscheinprüfung, bestehen einer Klausur)
- Wahl des „korrekten“ Kriteriums kritisch (oft willkürlich)
+ Leistung der Vergleichsgruppe spielt keine Rolle → alle Personen können „bestehen“ oder „durchfallen“
Was ist die fähigkeitsbezogene Norm?
Relativ neue Art der Leistungsbeurteilung
Im Zuge der internationalen Vergleichsstudien etabliert
Definition des zugrunde liegenden Kompetenzkonstrukts und Überführung in geeignete Testaufgaben
Beispiel PISA: Eine feste Gruppe (15-jährige) sollen auf ein bestimmtes Merkmal getestet werde, es gibt verschiedene Kompetenzsstufen, je nachdem wie viele Aufgaben wie gut erledigt werden konnten —> Gruppierung von Aufgaben zu sinnvollen Kompetenzstufen
Bewertung der Leistung einer Person anhand des Vergleichs mit vorgegebenen Kompetenzstufen
Idee: Personen mit höherer Fähigkeit lösen eine Aufgabe mit einer größeren Wahrscheinlichkeit
Erreichen einer höheren Kompetenzstufe bedeutet Lösen von Aufgaben mit entsprechendem Schwierigkeitsniveau
Vergleich der Leistung einer Person (Fähigkeit) mit dem Kompetenzmodell
Ein Mathematiklehrer setzt in seinen 9. Klassen dreimal im Halbjahr einen Schulleistungstest in Mathematik ein, in dem er den Unterrichtsstoff der letzten Wochen abfragt.
Nehmen wir an, er betrachtet nun das Testergebnis eines Schülers im letzten der 6 Tests, um die Leistung des Jugendlichen einzuschätzen.
Wie könnte er die verschiedenen Bezugssysteme anwenden?
Welche Vor-und Nachteile zeigt jedes der Vorgehen?
Konzepte zur Einschätzung der Güte diagnostischer Verfahren und Entscheidungen
Es gibt viele verschiedene Verfahren zur p. p. D.→ i.d.R. mehrere Verfahren pro Merkmal. Gütekriterien sollen bei der Beurteilung der Qualität eines Verfahrens helfen→ Gütekriterien helfen bei der Auswahl des geeigneten Verfahrens für einen bestimmtendiagnostischen Zweck
Was sind Diagnostische (Fehl-)Entscheidungen und welcher Fehlerarten gibt es?
Testverfahren als Grundlage für diagnostische Entscheidungen in Einzelfällen
Soll Tim ein Jahr früher als gewöhnlich eingeschult werden?
Soll Lena im nächsten Schuljahr Förderunterricht erhalten?
Zur Unterstützung der Entscheidungsfindung bei obigen Fragestellungen werden i.d.R. Intelligenz-und/oder standardisierte Schulleistungstests eingesetzt
Es gibt viele verschiedene Verfahren zur p. p. D.→ i.d.R. mehrere Verfahren pro Merkmal
Was sind der Alpha- und der Beta-Fehler?
Diagnostische Entscheidungen haben also großen Einfluss auf die Entwicklung von Personen
Anspruch, Fehler bei diagnostischen Entscheidungen so weit wie möglich zu vermeiden bzw. zu minimieren
2 Arten von Fehlern
Alpha-Fehler (Fehler 1. Art): Das Testergebnis zeigt bspw. eine Minderbegabung an, obwohl diese tatsächlich nicht vorliegt (fälschlich positive Diagnose
Beta-Fehler (Fehler 2. Art): Das Testergebnis zeigt bspw. eine Minderbegabung nicht an, obwohl diese tatsächlich vorliegt (fälschlich negative Diagnose)
Wie gut ein Testverfahren ist lässt sich mithilfe der Haupt- und Nebengütekriterien feststellen. Wie lauten diese?
Hauptgütekriterien
Müssen in jedem Fall ausreichend gesichert sein
Objektivität
Reliabilität
Validität
Nebengütekriterien
Sinnvoll bei der Testauswahl und insb. bedeutsam bei konkreten Fragestellungen
Normierung
Nützlichkeit & Ökonomie
Fairness & Vergleichbarkeit
Gütekriterien
Was bedeutet Objektivität?
Objektivität kann untergliedert werden in
•Durchführungsobjektivität
• Auswertungsobjektivität
• Interpretationsobjektivität
Welche Aussagen definieren die Auswertungsobjektivität?
Was bedeutet Reliabilität?
Was bedeutet Korrelation?
Was sind die Eigenschaften eines Korrelationskoeffizienten?
Was sind kleine, mittlere und große Korrelationen?
𝑟𝑟= ± .10→ kleine Korrelation
𝑟𝑟=±.30→ mittlere Korrelation
𝑟𝑟=±.50→ große Korrelation
Beispiele für empirische Korrelationskoeffizienten
Positive Verstärkung im Schulunterricht +Lernerfolg: 𝑟𝑟=.50
Arbeitsproben + Berufliche Leistung: 𝑟𝑟=.54
Kognitive Verhaltenstherapie bei Angststörungen + Therapieerfolg: 𝑟𝑟=.34
Was sind die Paralleltest- und die Retestmethode?
Paralleltestmethode:
Einsatz von 2 äquivalenten Tests zum gleichen Zeitpunkt
Annahme, dass für beide Tests das gleiche „T“ gültig ist
→ Korrelation drückt den Messfehleranteil aus
Retestmethode:
Der gleiche Test wird zweimal mit zeitlichem Abstand eingesetzt
Die Retest-Reliabilität ist als hoch zu bezeichnen, wenn Personen, wenn sie zum zweiten Mal mit dem Messverfahren getestet werden, die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Ergebnisse erzielen wie beim ersten Mal.
Fraglich, wie stabil ein Merkmal ist und ob es sich lohnt dieses nach kurzer oder langer Zeit nochmal zu überprüfen (Eine Unterrichtsstunde wird die Mathematikkompetenz z.B. nicht grundlegend verändern, ein Jahr Unterricht schon eher)
Einflüsse von Lern- und Übungseffekten kritisch
Was sind die Split-Half-Methode und die Interne Konsistenz?
Split-Half-Methode
Der Test wird den Teilnehmern dabei nur ein einziges Mal vorgegeben.
Danach wird der Test in zwei gleiche Hälften geteilt. Die Ergebnisse der beiden Testhälften werden anschließend miteinander korreliert.
Ein hoher Korrelationskoeffizient deutet darauf hin, dass ein hoher Zusammenhang zwischen Leistungen in beiden Testhälften besteht, was
auf die Reliabilität des Testverfahrens schließen lässt.
Interne Konsistenz
Erweiterung der Split-Half-Methode: Alle Items werden miteinander
korreliert (Cronbachs-Alpha)
Welche Aussagen zur Validität stimmen?
Was ist die Konstruktvalidität?
Die Konstruktvalidität bezeichnet das Ausmaß, in dem ein Test Rückschlüsse auf dieses nicht direkt messbare Konstrukt zulässt.
Man kann diese Art der Validität durch den Vergleich mit anderen Testverfahren bestimmen.
Bei Letzterem kann man zwischen konvergenter und diskriminanter Validität unterscheiden.
Konstruktnah = konvergente Validität
Konstruktfern = diskriminante Validität
Verfahren der Multitrait-Multimethod-Analyse = Verfahren zur Überprüfung der konvergenten und diskriminanten Validität
Was ist die Kriteriumsvalidität?
Zusammenhang der Testleistung mit einem Außenkriterium
beispielsweise um die Frage, wie gut ein Testwert in einem Schulleistungstest die Fähigkeiten eines Schülers in einem interessierenden schulischen Inhaltsbereich abbildet
Um dies beurteilen zu können, braucht man ein (empirisches) Außenkriterium.
konkurrenter Kriteriumsvalidität = Wird gleichzeitig zum Test erhoben
prädiktive Validität = Wird erst im
Nachhinein erfasst, z. B. die Versetzung eines Schülers ins nächste Schuljahr
(Neben-)Gütekriterien
Was ist die Testfairness?
Darunter versteht man die Forderung, dass ein Test zu keiner systematischen Benachteiligung bestimmter Personen führen darf. Das Testergebnis, das eine Person im Test erbringt, darf z. B. nicht von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe abhängen (z. B. Geschlecht, ethnische oder kulturelle Herkunft etc.)
Zu adressieren über
Angemessene Instruktion
Theoretisch hergeleitete Itemkonstruktion
Die Erhebung eines psychologischen Merkmals ist in der Regel mit ökonomischen und psychologischen Kosten verbunden und sollte daher nie „einfach nur so“ erfolgen. Zwei weitere Gütekriterien beziehen sich auf diesen Sachverhalt.
Erkläre Nützlichkeit und Normierung in diesem Zusammenhang.
Nützlichkeit und Ökonomie
Der Test ist sinnvoll zur Erreichung eines relevanten diagnostischen Ziels
Es gibt keine „besseren“ alternativen Verfahren
Günstiger
Leichter/schneller in der Durchführung
Ermöglicht den Vergleich einer Testleistung mit Blick auf eine Vergleichsstichprobe
Wahl der „richtigen“ Vergleichsnorm
Wichtig: Aktualität der Normierung
Liegen für ein Testverfahren empirische Daten vor, die die Verteilung der Merkmalsausprägung in einer definierten Bevölkerungsgruppe darstellen können, besteht die Möglichkeit, die individuelle Testleistung einer Person in Bezug dazu zu setzen. Tests, die dies erlauben, werden als normiert bzw. geeicht bezeichnet.
Was bedeuten Äquivalenznorm und
Abweichungsnormen?
Äquivalenznormen = Älteste Art der Normierung, Orientierung an Testmittelwerten von Gruppen
Beispiel: Das „Intelligenzalter“ (IA) und das Lebensalter (LA) —> IQ = IA / LA
Abweichungsnorm = Abweichung vom Mittelwert der Vergleichsstichprobe in Einheiten der Standardabweichung
Die Abbildung zum Prozent-rang-normen auswendig lernen
Auch bei Nicht-Normalverteilung anwendbar
Wozu dienen Gütekriterien?
Gütekriterien dienen in erster Linie der Qualitätssicherung psychologischer Testverfahren
→ Sicherstellung, dass diagnostische Entscheidungen möglichst korrekt und fehlerfrei sind
Hochbegabung
Wie kann Intelligenz nach Wechsler oder Sternberg definiert werden?
Grundsätzlich:
Intelligenz = Lernfähigkeit und erfolgreiches Verhalten in der Umwelt
„Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit eines Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen.“ (Wechsler, 1961)
—> Umgebung nicht unbedingt sozial gedacht
„Intelligenz umfasst diejenigen geistigen Fähigkeiten, die sowohl zur Anpassung an die Umwelt als auch zu deren Selektion und Veränderung nötig sind.“ (Sternberg, 1997)
Wie kann Hochbegabung beschrieben werden?
kein wertfreies Konstrukt (kann Schwierigkeiten für das Kind hervorrufen)
Verschiedene Theorien mit verschiedenen Aussagen über das Zustandekommen, die Bedingungen und die Rolle von Leistung und Potenzial (theoretisch mögliche Leistung) bei Hochbegabung
Hochbegabung definiert als besonders starke Ausprägung von Begabung
Begabung: Eine Person besitzt Fähigkeiten, die es ihr ermöglichen, im Vergleich zu anderen besonders gute Ergebnisse zu erzielen
→ bis heute teilweise kritisch gesehen („Ideologie“, „Elitendenken“), aber: breit akzeptiert in bspw. Sport und musischen Bereichen
In den existierenden Theorien zumeist auf intellektuelle Fähigkeiten bezogen
Was besagt die g-Faktorentheorie der Hochbegabung nach Terman?
g = general, allgemein bedeutsamer Faktor
Hochbegabung = überdurchschnittliche Intelligenz
Alleinige Berücksichtigung intellektueller Fähigkeiten
Klar festgelegte Grenze zur Hochbegabung
stabiles Merkmal
Angelehnt an die g-Faktor-Theorie der Intelligenz von Spearman
Grenzwert typischerweise IQ ≥ 130 (2 Standardabweichungen über dem Mittelwert)
—> Kritik über Definition und Messung von Intelligenz
Was besagt das Drei-Ringe-Konzept der Hochbegabung nach Renzulli?
Hohe intellektuelle Fähigkeiten notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Hochbegabung
Neben hoher Intelligenz gehört für Renzulli auch Kreativität und Aufgabenverpflichtung dazu
Weiterentwicklung durch Mönks zum sog. triadischen Interdependenzmodell, in dem drei Kontextfaktoren (Schule, Familie, Peer Group) die drei Ringe günstig beeinflussen
Hochbegabung demnach Produkt eines dynamischen Prozesses unterschiedlicher hemmender und fördernder Einflussfaktoren→ nicht angeboren, sondern Entwicklung durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren→ maßgeblich begründet auf Skepsis gegenüber der Aussagekraft von Intelligenztests
Weiterer Input:
streng genommen kein Begabungsmodell, denn das Modell zielt ausdrücklich auf Hochleistung im Unterschied zu Hochbegabung und bezeichnet damit nichts Gegebenes, sondern ist vielmehr situations- und zeitabhängig
Das Drei-Ringe-Modell= Momentaufnahme
veranschaulicht die Dynamik von Begabung bzw. Hochleistung
es gibt kein einziges Kriterium , womit eine spätere Hochleistung vorausgesagt werden kann. Besteht eine Interaktion zwischen einer überdurchschnittlichen Fähigkeit, Engagement und Kreativität entsteht eine „kreativ-produktive Hochleistung“, so die Aussage des Modells
Was besagt das Münchener Begabungsmodell von Heller (2000)?
Angeborene Begabungsfaktoren + gute nicht-kognitive Persönlichkeitsmerkmalen + gute soziale Faktoren = Hochleistungsverhalten
Besondere Begabung: individuelle kognitive, motivationale und soziale Möglichkeit
Unterscheidung zwischen
Bedingungsfaktoren, die angeboren sind und
Persönlichkeits- und Umweltfaktoren, die hinzukommen müssen
dynamischen Wechselwirkung zwischen Anlage, individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und stimulierenden oder hemmenden Umweltfaktoren
Modell geht ebenfalls über rein intellektuelle Hochbegabung hinaus
Münchener Begabungsmodell auswendig
lernen
Was sindNachteile des Münchener Begabungsmodell von Heller (2000)?
Frage nach der Messbarkeit der verschiedenen Begabungsfaktoren
Unabhängigkeit von „g“?
(zusätzliche) Aussagekraft für hervorragende Leistungen über g hinaus?
Interaktion von Einflussfaktoren und Wirkrichtung(en)?
Rolle von Leistung?
Allgemein schwierige empirische Befundlage
Welche Punkte sollten bei Intelligenztests bzw. Tests zur Hochbegabung beachtet werden?
Je nach zugrunde gelegtem Modell sind unterschiedliche diagnostische Zugänge angemessen
Ist der gewählte Test für die Differenzierung im oberen Merkmalsbereich geeignet?
Flynn-Effekt: Veraltete Normen sind „gefährlich“ (Nebengütekriterium Normierung)
Ab welchem Alter ist eine Diagnose sinnvoll und aussagekräftig? → Intelligenz erst relativ spät (ca. 12-14 Jahre) hinreichend stabil…
Lehrkraft spielt bei der Diagnose eine große Rolle:
Lehrer_innenurteil häufig als Vorselektionskriterium
Genauigkeit und Trefferquote sehr schlecht (insb. Underachiever werden nicht erkannt, Overachiever werden fälschlich nominiert)
Ähnliche Befundlage für Peers und Eltern (bei letzteren nur Beobachtungen sinnvoll, keine Beurteilungen…)
Was besagen die Divergenzhypothese und die Konvergenzhypothese in Bezug darauf, ob Hochbegabte Problemkinder sind?
—> „Mythos“ des hochbegabten Problemkinds rührt vor allem von Einzelfällen her, Rolle von Medien, Beratungsstellen, Elternvorstellungen, „Gerechtigkeitsempfinden“, evtl. (!) Probleme bei Höchstbegabten (IQ > 160)
„Divergenzhypothese“: Hochbegabte haben nicht nur in der Schule Probleme, sondern auch im sozialen und emotionalen Bereich
„Konvergenzhypothese“: Hohe kognitive Leistungskraft geht mit größerer psychischer Stabilität einher
—> Empirie: Evidenz für die Konvergenzhypothese (sogar für das gesamte Intelligenzspektrum)
Marburger Hochbegabungsprojekt von Rost und Kolleg_innen
Studie läuft seit 1987
Lebensläufe verschiedener Gruppen
N = 151 Hochbegabte, N = 136 „normal“ Begabte
Vielfach keine Unterschiede zwischen den Gruppen (bspw. Interessen), wenn Unterschiede, dann zugunsten der Hochbegabten, z.B. im Selbstkonzept
Unterschiede aber geringer als zwischen Geschlechtern
Was sind hochbegabte Underachiever?
—> Allgemeines Problem: Definition von Underachievement?
S*, die deutlich schwächere (schulische) Leistungen zeigen, als es ihre Intelligenz vorhersagen würde
Marburger Hochbegabungsprojekt:
Selbstauskünfte und Lehrer-sowie Elternberichte
Underachiever = IQ ≥ 130 UND Notenrang ≤ 50%
18/151 Hochbegabten als Underachiever identifiziert (0,228% in der Gesamtpopulation → 1 aus 438)
Hochbegabte Underachiever waren (in der 4. Klasse) aggressiv-dominanter, impulsiver, unbekümmerter und weniger sorgfältig sowie emotional leichter erregbar, hatten ein eher ungünstiges Selbstkonzept und eine negative Entwicklung des Sozialverhaltens
Verringerung der Unterschiede 6-7 Jahre später, aber Elternurteil relativ am stabilsten
Hochbegabter Underachiever seltener auf dem Gymnasium
Wie können hochbegabte S* gefördert werden?
—> Relativ wenig empirische Evidenz, Förderung von intellektuell Hochbegabten teilweise immer noch ideologisch verpönt, keine qualitativen Unterschiede beim Lernen → sehr wohl aber quantitative
Vorgeschlagene Fördermöglichkeiten:
Vorzeitige Einschulung und Überspringen von Klassen (Akzeleration = Beschleunigtes Durchlaufen)
—> Akzelerationsmaßnahmen besser empirisch – und positiv –belegt als Enrichment-maßnahmen
—> Überspringen von Klassen nur in Einzelfällen problematisch
Innere Differenzierung des regulären Unterrichts (Enrichment: Anreicherung der regulären Lernumgebung)
Einsatz Hochbegabter als Tutor_innen
Temporäre Gruppierung nach Fähigkeiten (z.B. für bestimmte Fächer)
Äußere Differenzierung (z.B. besondere Klassen oder Schulen, AGs)
Individuelle Betreuung durch Expert_innen
Sommerschulen, Wettbewerbe, Frühstudium, etc.
Allgemein positive Auswirkungen aus Leistung und persönliche Entwicklung durch Förderung
Leistungsentwicklung in Klassen mit hohem Leistungsniveau besser als in Klassen mit normalem Leistungsniveau, aber: BFLP-Effekt (Ein und dasselbe Kind wird in einer starken Klasse mit einiger Wahrscheinlichkeit ein niedrigeres schulisches Selbstkonzept entwickeln, als wenn es in einer leistungsschwachen Schulklasse lernt.)
Läuft Gedanken der Inklusion zuwider
Lese-Rechtschreib-Schwäche
Wie kann der Begriff LRS definiert werden?
Hauptmerkmal der LRS ist eine umschriebene und deutliche Beeinträchtigung der Lese-und Rechtschreibfertigkeiten
Umschrieben = andere Leistungsbereiche sind nicht (!) betroffen
Wir auch als Legasthenie und Dyslexie bezeichnet
Teilweise jedoch auch Unterscheidung von Legasthenie vs. LR-Schwäche oder-schwierigkeit sowie LR-Schwäche vs. LR-Störung
Schwierige Unterscheidung, da keine Belege für unterschiedliche Ursachen vorhanden
Begriff der Legasthenie teilweise abgelehnt, da zu große Nähe zu medizinischem Krankheitsbild → Stigmatisierung
Studie von Marx, Weber & Schneider (2001): Unterscheidung von Legasthenie und LRS nicht sinnvoll, da dieselben Defizite zu beobachten sind
Möglich allerdings: Unterschiedliche Fördermaßnahmen effektiv
Schwierigkeiten beim Lesen-und Schreibenlernen häufig kombiniert, aber auch isoliert möglich
Leseverständnis potenziell ebenfalls beeinträchtigt
Deutlich = im Vergleich zu Gleichaltrigen stark unterdurchschnittliche Ergebnisse in Tests (i.d.R. < PR 15)
LRS nur dann sinnvoll, wenn IQ durchschnittlich ausgeprägt?
Annahme genetischer und neuronaler Ursachen der LR-Probleme
Gute Erfolge bei adäquater Therapie möglich
Welche Punkte führen laut ICD-10 zur Diagnose einer LRS?
Wie kann das Diskrepanzkriterium zur Diagnose von LRS bewertet werden?
zunehmend von diesem Diskrepanzkriterium abgerückt, da Betroffene, bei denen diese Diskrepanz nicht gegeben ist, häufig ganz ähnliche Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben wie Nichtbetroffene
alle Betroffenen sprechen in gleicher Weise auf Fördermaßnahmen an
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind
Abrücken von der Diskrepanzdefinition hat zur Folge, dass die LRS über das gesamte Intelligenzspektrum hinweg diagnostiziert werden kann
Die ICD-10 hält jedoch am Diskrepanzkriterium fest.
Allgemeine Intelligenz muss trotzdem immer mituntersucht werden, da Frage nach Teilleistungs-vs. umfassenden Leistungsstörungen relevant ist
Wie hoch ist die Prävalenz an Kindern mit LRS? Wie viele Kinder haben eine diagnostizierte LRS?
Zur Auftretenshäufigkeit von LRS finden sich je nach Quelle unterschiedliche Angaben. Dies ist u. a. damit zu erklären, dass bei Anlegen des Diskrepanzkriteriums deutlich weniger Personen als lese-rechtschreibschwach klassifiziert werden als wenn nur die Lese-Rechtschreibleistung herangezogen wird. Daher ist es schwierig, genaue Zahlen festzustellen.
Aber: Mehr Jungen als Mädchen
Hasselhorn & Schuchardt (2006):
8-Jährige: 7-8%
12-Jährige: 6%
Junge Erwachsene: 4%
Es gibt drei Kategorien von Ursachen für eine LRS. Wie heißen diese und wie können sie beschrieben werden?
Genetisch
Neurophysiologisch
Fertigkeiten und Fähigkeiten
Genetisch:
Neigung zu LRS liegt eine genetische Disposition zugrunde
Diese genetischen Grundlagen sind dafür verantwortlich, dass Eltern, die von LRS betroffen sind, häufig auch Kinder mit Lese-Rechtschreibproblemen haben.
Neurophysiologisch:
Unterschiedliche neuronale Aktivität beim Lesen und Schreiben zwischen LRS-Betroffenen und Nicht-Betroffenen
Unklar ist jedoch, ob die Unterschiede in der neuronalen Aktivität tatsächlich kausal für die Symptome verantwortlich sind oder ob diese die Folge fehlgeschlagener Lernprozesse und damit von Fähigkeitsdefiziten sind.
Fertigkeiten und Fähigkeiten:
mangelnde phonologische Bewusstheit als eine zentrale Ursache für LRS identifiziert werden
Inhalt wird kürzer behalten
Geschwindigkeit der Verarbeitung problematisch
keine Herstellung von automatisierten Verbindungen zwischen geschriebenen und gesprochenen Spracheinheiten
Zu große Aufmerksamkeit auf einzelne Buchstaben und Wörter notwendig
Motorische Schwierigkeiten
Erstsprache bedeutend
Was ist das Bielefelder Screening? (BISC)
Entwickelt, um Kinder mit LRS-Risiko bereits im Vorschulalter identifizieren und daraus Fördermaßnahmen ableiten zu können
Im letzten Kindergartenjahr zu zwei verschiedenen Zeitpunkten (10 Monate und 4 Monate vor Schulbeginn)
Nicht mehr geeignet bei Kindern, die bereits schriftsprachlich unterwiesen wurden
Grundlage ist Analyse der schriftsprachlichen Fertigkeiten
objektiv und reliabel
besser 2x durchführen
als alleiniges Kriterium unzureichend
Welche vier Leistungsbereiche sind bei einer LRS beinträchtigt?
Phonologische Bewusstheit
Abruf aus dem Langzeitgedächtnis
Phonetisches Rekodieren im Kurzzeitgedächtnis
Visuelle Aufmerksamkeitssteuerung
Diese werden im BISC genutzt
Das BISC gliedert sich in neun Untertests. Wie lauten diese?
Pseudowörter-Nachsprechen
Reimen
Wort-Vergleich-Suchaufgabe
Laute-Assoziieren
Schnelles-Benennen-Wissen
Schnelles-Benennen-Farben von schwarz/weiß Objekten
Schnelles-Benennen-Farben farbig inkongruenter Objekte
Silben-Segmentieren
Laut-zu-Wort
Durchführungsdauer: 20-30 min.
Leichte-mittlelschwere Aufgaben (unteres Leistungsspektrum)
Welche weiteren Diagnosverfahren existieren?
Welche Interventionen gibt es und auf welche Phasen teilen sich diese auf?
Leseanfangsphase
Übungen zur Lautbewusstheit, Buchstabenkenntnis und zur Buchstaben-Laut-Zuordnung
z.B. Würzburger Trainingsprogramm zur phonologischen Bewusstheit
Empirisch erwiesene Wirksamkeit
Konsistente Anwendung des Trainings wichtig
Spätere Lese-und Schreibphase
Training der Geläufigkeit von Wörtern und des Leseflusses (Erhöhung des Sichtwortschatzes), Training von Rechtschreibregeln
z.B. Marburger Rechtschreibtraining
mühsam und anstregend
integrierte Ansätze bei Begleitstörungen (Aufmerksamkeits- oder Motivationsprobleme)
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Wie wird ADHS nach DSM-5 oder ICD-10 diagnostiziert?
DSM-5: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Diagnosekriterien nach DSM weitgehend übereinstimmend mit ICD-10
In der letzten Revision (DSM-5) Erhöhung der Altersgrenze von 7 auf 12
Zusätzliche Unterscheidung von Unterformen der Störung:
Mischtypus, wenn aus allen drei Bereichen Symptome vorliegen
Subtyp Unaufmerksamkeit, wenn Symptome der Überaktivität fehlen
Subtyp hyperaktiv-impulsiv, wenn Symptome der Unaufmerksamkeit fehlen
ICD-10: Hyperkinetisches Syndrom (HKS)
Symptome halten mindestens sechs Monate an
Symptome traten bereits vor dem 7. Lebensjahr auf
Es sind mindestens zwei Lebensbereiche betroffen (z.B. Schule und Zuhause)
Es bestehen deutliche Leiden und Beeinträchtigungen im sozialen, schulischen oder beruflichen Lebensbereich
Ausschlusskriterien sind nicht erfüllt (tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Manie, Depression oder Angststörung)
Was sind die Hauptmerkmale von ADHS?
Hauptmerkmale:
Störung der Aufmerksamkeit (häufiger Tätigkeitswechsel, Ablenkbarkeit)
Erhöhte Impulsivität (unüberlegtes Handeln, mangelnde Fähigkeit zum Belohnungsaufschub)
Hyperaktivität (unkontrollierte, fehlorganisierte, of überschießende Aktivitäten)
Isolierte Störungen der Aktivität sowie der Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsdefizit-Störung, ADS)
ADHS wird klar definiert, um es diagnostizieren zu können. Was sind die Kriterien mit Bereich Unaufmerksamkeit?
Mindestens sechs der folgenden Symptome über sechs Monate:
Unaufmerksamkeit gegenüber Details oder Sorgfaltsfehler
Aufmerksamkeit kann bei Aufgaben oder bei Spielen häufig nicht aufrechterhalten werden
Hören scheinbar nicht, was ihnen gesagt wird
Können oft Erklärungen nicht folgen
Können häufig Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren
Vermeiden ungeliebte Arbeiten
Verlieren häufig Gegenstände
Werden häufig von externen Reizen abgelenkt
Sind im Verlauf alltäglicher Verrichtungen oft vergesslich
ADHS wird klar definiert, um es diagnostizieren zu können. Was sind die Kriterien mit Bereich Impulsivität?
Mindestens eines der folgenden Symptome über sechs Monate:
Häufig mit der Antwort herausplatzen
Nicht warten können, bis sie an der Reihe sind
Andere häufig unterbrechen und stören
Reden häufig exzessiv
ADHS wird klar definiert, um es diagnostizieren zu können. Was sind die Kriterien mit Bereich Überaktivität?
Mindestens die der folgenden Symptome über sechs Monate:
Herumfuchteln mit Händen und Füßen
Platz im Klassenraum verlassen
In unpassenden Situationen herumlaufen oder extensiv klettern
Beim Spielen unnötig laut sein
Trotz sozialer Einflussnahme ein anhaltendes Muster extensiver motorischer Unruhe an den Tag legen
Biologisch-behaviorales Modell
auswendig lernen
Welche Aussagen passen zu einem typischen ADHS Verlauf (1)?
Welche Aussagen passen zu einem typischen ADHS Verlauf (2)?
Wie sieht die Prävalenz (Rate der zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitabschnitt an einer bestimmten Krankheit Erkrankten) bei ADHS aus?
ADHS zählt zu den häufigsten psychischen Störungen im Kindes-und Jugendalter
Weltweite Prävalenz meta-analytisch bestimmt ca. 5%
Schwankungen in der Schätzung aufgrund von unterschiedlichen Diagnosekriterien und Stichproben
Höhere Prävalenzraten geschätzt in Studien, die mit sog. Inanspruchnahme-Stichproben arbeiten
Kriterien nach ICD-10 strenger als nach DSM-5
Deutschland:
4,8% (14,000 Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 17 Jahren, 2007)
Weitere 4,9% aufgrund von Elternangaben als „Verdachtsfälle“ gewertet
Vorschulalter: 1,5%
7-10 Jahre: 5,3%
11-13 Jahre: 7,1%
14-17 Jahre: 5,6%
Mehr Jungen als Mädchen betroffen (4,3:1)
Mädchen weisen häufiger unauffälligere Symptomatik auf (Schwerpunkt Unaufmerksamkeit, weniger stark hyperaktives-impulsives Verhalten)
In klinischen Stichproben deutliche Verschiebung zuungunsten der Jungen (9:1)
Jugendstrafvollzugsanstalten: retrospektive (!) ADHS-Diagnose für bis zu 43% der Insassen
Wie läuft die Diagnostik bei ADHS ab?
Anamnese
Ziel ist Abklärung des Vorliegens der Diagnosekriterien sowie Prüfung von Ausschlusskriterien
Eigenanamnese (Sicht der Betroffenen)
Fremdanamnese (Eltern, Erzieher_innen, Lehrer_innen)
Verhaltensbeschreibung und –beobachtung
Standardisiert; Nutzung von Symptomskalen (ICD-10, DSM-4)
Objektive Verhaltensdaten, von neutralen Beobachtern erfasst, aus verschiedenen Lebensbereichen und Situationstypen
Psychometrische Tests
Getrennte Beobachtung verschiedener Funktionsbereiche (Intelligenz, Wahrnehmung, Diskriminationsfähigkeit, Aufmerksamkeit)
Abbildung von Veränderungen über die Zeit bei mehrmaliger Testvorgabe objektiver als Aussagen der Betroffenen/Eltern/Lehrkräfte
Bspw. Dortmunder Aufmerksamkeitstest
Erfassung schulisch relevanter Konzentrationsfähigkeit und problemlösender Reflexivität bei Kindern ab 7 Jahren
Computergestütztes Verfahren
Dauer ca. 15 Minuten
Ermittlung von Antwortlatenz und Anzahl korrekter Antworten
Was sind Entstehungsfaktoren von ADHS?
—-> Diathese-Stress-Modell
Entstehungsfaktoren auf unterschiedlichen Ebenen lokalisierbar
Neurobiologisch
Psychosozial
Behavioral
Zum Teil gegenseitig bedingt, zum Teil unabhängig voneinander
Biologisch-behavioralesModell von Lauth und Schlottke (2009)
Es gibt Biologistische vs. environmentalistische Ansätze
Ursachen vs. Symptome→ beide Positionen gelten als überholt
ADHS als multifaktoriell bedingte Störung, an deren Entwicklung sowohl körperliche als auch Umweltfaktoren beteiligt sind
Einigkeit der Notwendigkeit einer körperlichen Disposition
Negativer Einfluss ungünstiger Umweltbedingungen
Diathese-Stress-Modell
Grundannahme ist, dass zur Entwicklung von Störungen sowohl Diathese (Krankheitsanfälligkeit, Vulnerabilität) als auch Stress erforderlich sind und beide Faktoren zueinander in Wechselwirkung stehen.
Sind somatische Ursachen Auslöser für ADHS?
somatisch = Somatisch bedeutet "den Körper betreffend" oder "zum Körper gehörig".
In der Geschichte der Erforschung der Ursachen von ADHS gab und gibt es einige Annahmen, die sich später als nicht oder nur teilweise richtig erwiesen. Zum Beispiel wird die Auffassung vertreten, dass ADHS auf eine unspezifische leichte Schädigung des Gehirns zurückgeht.
sog. „minimalen cerebralen Dysfunktion“ (MCD)
Auch werden prä-, peri und postnatale Komplikationen mit unspezifischen Hirnschädigungen und ADHS in Verbindung gebracht. Die Annahme der unspezifischen MCD tritt jedoch immer mehr in den Hintergrund, zugunsten spezifischer Annahmen über Funktionsstörungen des Gehirns.
Zum Beispiel können bei ADHS-Betroffenen Funktionsstörungen des präfrontalen Cortex beobachtet werden, die auf eine zu geringe Durchblutung dieser Region hindeuten. Im präfrontalen Cortex ist der Sitz von exekutiven Funktionen, die für die Verhaltenssteuerung wichtig sind und die bei ADHS-Betroffenen beeinträchtigt sind. Auch scheint bei ADHS-Betroffenen ein unausgewogenes Verhältnis des Neurotransmitterhaushaltes vorzuliegen, also eine Neurotransmitter-Imbalance
Hinzu kommen:
Ko-Morbiditäten: Dermatitis, Asthma, Heuschnupfen, Allergien (bei Therapie bestimmte Diäten)
Reizüberflutung durch moderne Medien etc.→ Verstärker, aber nicht Ursache von ADHS, Betroffene suchen Selbststimulation
Störung des dopaminergen Transmitterhaushalts (Ausschüttung von zu wenig Dopamin und zu schnelle Resorption)→ ADHS-Betroffene suchen häufig neue und starke Reize, um ein für sie angenehmes zentralnervöses Aktivierungsniveau zu erreichen→ Eindämmung von Inhibitionsprozessen→ Mängel bei den sog. exekutiven Funktionen gelten als ursächlich für Probleme bei der Verhaltenssteuerung
Dopamin ist ein körpereigener Botenstoff (Neurotransmitter) im Nervensystem, der zur Kommunikation zwischen Nervenzellen dient.
Welche Komponenten gehören zur Therapie von ADHS?
Je nach Schweregrad der Störung alle oder einzelne Komponenten notwendig:
Psychoedukation: Aufklärung und Beratung der beteiligten Personen über die Störung, ihre Folgen und Behandlungsmöglichkeiten,
medikamentöse Behandlung: Regulation der psychophysiologischen Grundlagen,
psychologische Behandlung: Erwerb von Fertigkeiten zur Verhaltensregulation,
Schließen von Wissens- und Fertigkeitslücken: Hilfe bei schulischen und weiteren Defiziten,
Arbeit mit Bezugspersonen zur Verbesserung der Umweltreaktionen.
Wirksamkeit von Therapien bei ADHS
Gute bis befriedigende Resultate nachgewiesen
Medikamentöse Therapie zeigt frühere und stärkere Effekte für Kernsymptome
Langfristig holen psychotherapeutische Interventionen in der Effektivität auf
Was gilt es bei der medikamentösen Behandlung von ADHS zu beachten?
Die geänderte Arzneimittel-Richtlinie (Bundespsychotherapeutenkammer) schreibt jetzt vor, dass
eine Behandlung von ADHS ohne Medikamente beginnen muss,
Methylphenidat erst dann eingesetzt werden darf, wenn die nicht-medikamentöse Behandlung nicht erfolgreich ist,
Methylphenidat auch dann nur innerhalb einer therapeutischen
multimodalen Gesamtstrategie eingesetzt werden darf
der medikamentöse Einsatz besonders zu dokumentieren ist, insbesondere bei einer Dauertherapie über zwölf Monate,
mindestens einmal jährlich die medikamentöse Behandlung unterbrochen und neu beurteilt werden muss,
die ADHS-Diagnose auf Kriterien der DSM-IV oder der ICD-10-Klassifikation beruhen muss.
Wie ist die Lage der medikamentösen Behandlung somatischer Ursachen?
1% der Jungen und 0,3% der Mädchen erhalten ADHS-Medikamente (Kinder-und Jugendgesundheitssurvey, 2006)
Stimulanzien (Ritalin, andere Amphetamine) aktivieren das ZNS→ Stimmungsaufhellung, Steigerung des Selbstvertrauens, Erhöhung der Leistungsbereitschaft und weitere positive Effekte→ Beeinflussung des Dopaminstoffwechsels
ADHS-Betroffene werden somit beruhigt, Verbesserung tritt schnell ein
Keine körperliche (!) Suchtgefahr, Nebenwirkungen bei richtiger Dosierung gering
Ca. 30% Non-Responder
Ca. 70%-ige Besserungsrate
Nur zur temporären Therapie empfohlen (1-2 Jahre)
Seit 2010 müssen (!) vor Pharmakotherapie nicht-medikamentöse Therapieformen geprüft worden sein
Welche Trainings werden in Deutschland bei ADHS eingesetzt?
Psychologische Therapie setzt am problematischen Erleben und Verhalten der Betroffenen an→ Selbststeuerung und Überwachung von Reaktionsweisen
In Deutschland werden folgende Trainings häufig eingesetzt:
Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern (Lauth & Schlottke, 2009)
Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten
Neuropsychologisches Gruppentraining ATTENTIONER
Für Kinder von 7 bis 12 Jahre, kann für jüngere oder ältere Kinder angepasst werden
Ziele des Trainings:
Handlungen eigenständig und Problemangemessen ausführen (steuern)
Ein bedacht-planvolles Herangehen an Aufgaben und Probleme an den Tag legen
Eigene Handlungsvollzüge möglichst selbständig organisieren
Selbstreflexiv vorgehen (z.B. vor dem Handeln nachdenken, bei Schwierigkeiten innehalten)
Ein „sich-selbst-bewusstes-Handeln“ verwirklichen, das sowohl den Fähigkeiten des Kindes, als auch der jeweiligen Anforderung (z.B. einer Aufgabe) gerecht wird
Kinder schließen einen „Vertrag“ ab
Training besteht aus 5 Bausteinen:
Basistraining
Strategietraining
Wissensvermittlung
Training sozialer Kompetenzen
Elternanleitung
Wie kann mit ADHS-Betroffenen in der Schule umgegangen werden?
Lehrkräfte benötigen fundiertes Wissen über ADHS und Kenntnis von Handlungsstrategien
Übungsprogramm ADHS in der Schule(Lauth & Naumann, 2009) zur Weiterbildung
Mehrere Grundsätze, die es zu beachten gilt
Schuleintritt, spezifische Förderbedarfe und Grundschulübergang
Das vorliegende Kapitel betrachtet verschiedene Anlässe für pädagogisch -psychologische Diagnostik im schulischen Kontext. Dabei kann unterschieden werden zwischen allgemeiner Laufbahnberatung und spezifischer Einzelfallhilfe.
Was ist die Schuleingangsdiagnostik?
Verpflichtende schulärztliche Untersuchung vor der Einschulung
Feststellung des körperlichen Entwicklungsstands und der allgemeinen gesundheitlich bedingten Leistungsfähigkeit einschließlich der Sinnesorgane
Nicht verpflichtend: Pädagogisch-psychologische Untersuchung vor Schulbeginn
Trend, Elemente einer modernen, förderorientierten Schuleingangsdiagnostik (z.B. Sprachstandtest) verpflichtend einzuführen
Schulpflicht ab dem 6. Lebensjahr
Überwiegende Anzahl der Kinder ist den Anforderungen, die Schule stellt, ab diesem Alter gewachsen
Teilweise Entwicklungsverzögerung, aber auch –beschleunigung zu beobachten
Manche Kinder haben besondere Bedürfnisse, die in einer Regelschule nicht adressiert werden können
Schulreife: „die Fähigkeit des Kindes, sich in Gemeinschaft Gleichaltriger durch planmäßige Arbeit die traditionellen Kulturgüter anzueignen“ (Hetzer, 1948, S. 63)
Wie können die Begriffe Schulreife und Schulfähigkeit unterschieden werden?
Schulreife:
Der aus der Biologie stammende Reife-Begriff impliziert dabei eine biologische Determiniertheit (Abhängigkeit, Festgelegtsein) des Erwerbs dieser Fähigkeiten.
Diese Vorstellung und die daraus abzuleitende Maßnahme der Zurückstellung von noch nicht „reifen“ Kindern werden heute überwiegend zurückgewiesen.
Schulfähigkeit:
Um die Rolle von Lernprozessen bei der Erlangung von Fähigkeiten für erfolgreiches schulisches Lernen zu betonen, wird heute der Begriff der Schulfähigkeit bevorzugt.
Unter Schulfähigkeit kann das Vorhandensein derjenigen Voraussetzungen verstanden werden, die Kindern erfolgreiches schulisches Lernen im Klassenverband ermöglichen.
Dazu gehören körperliche, kognitive,motivationale, emotionale und soziale Merkmale.
Wie sieht eine traditionelle Schuleingangsdiagnostik aus?
Wegweisend für spätere Schulfähigkeitstests war der von Kern entwickelte Grundleistungstest (GLT)
Ziel: Feststellung der Schulreife
Der GLT erfasst mittels verschiedener Aufgabentypen die visuelle Differenzierung oder auch Gliederungsfähigkeit.
In der Folge wurde eine Reihe von Einschulungstests entwickelt, die sich in Aufbau und Inhalt stark ähneln.
Grundleistungstest von Kern (1951), basierend auf einer endogen Reifungstheorie (nach genetisch festgelegtem Muster erfolgend)
Verminderung der Sitzenbleiberquote nach Einführung des Tests als Selektionskriterium
Häufig verwendete Aufgabentypen:
Nachzeichnen von Formen
Fortsetzen abstrakter Muster
Mannzeichnen oder freie Zeichnung
Erkennen von Mengen oder Zahlen
Erkennen von sprachlichen und begrifflichen Zusammenhängen und identischen Figuren
Daraus erfolgt ein Urteil:
Schulreif
Bedingt schulreif
Nicht schulreif
Welche Probleme können bei der traditionellen Schuleingangsdiagnostik eintreten?
Hohe Fehlerquoten beim diagnostischen Urteil, insbesondere bei den als nicht schulreif diagnostizierten Kindern
Vorhersagegüte nicht perfekt
Einsatz eines Schulfähigkeitstests erhöht u.U. die Fehlerhäufigkeit bei der Einschulung gegenüber dem Fall, dass alle Kinder eingeschult werden (insb. bei Anwendung strenger Kriterien!)
Beurteilung der Nützlichkeit von Schulfähigkeitstests:
Frage, wie negativ die Folgen möglicher Fehlentscheidungen sind
Kaum realistische Einschätzungen möglich
Heute überwiegend Ansicht vorherrschend, dass individuellem Förderbedarf am besten institutionell begegnet wird→ keine Zurückstellung!
Bereits ab den 1980er Jahren starker Rückgang des Einsatzes von (traditionellen) Schulfähigkeitstests
Heute praktisch nur noch individuell zum Absichern von Entscheidungen (Zurückstellung vs. frühzeitige Einschulung) eingesetzt
Wie kann die moderne Schuleingangsdiagnostik nach Kammermeyer (2004)verstanden werden?
Förderorientierter
Breitere Zielsetzung als alleinige Feststellung der Schulfähigkeit
alle Maßnahmen zur Feststellung von Kompetenzen gemeint, die dazu dienen, die Bewältigung des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule zu unterstützen
Es geht dabei nicht darum, eine Entscheidung über die Einschulung zu treffen, sondern darum, systematisch Informationen einzuholen, die für gezielte Förderangebote in Kindergarten und Anfangsunterricht hilfreich sind.
frühzeitigen Erkennung besonderer Förderbedarfe
Erhebliche Erweiterung des Spektrums der Inhalte und Methoden
Inhalte: Verstärkte Diagnostik von Vorläuferfähigkeiten für schulische Lernprozesse, Bsp. Bielefelder Screening: Prüfung der phonologischen Bewusstheit im Kindergarten
Methoden: Beobachtungen neben Testverfahren, verstärkte Berücksichtigung der Einschätzungen von Erzieher_innen und Eltern (auch problematisch zu sehen!), häufig nicht wissenschaftlich evaluierte Methoden im Einsatz
Was ist die Sprachstandsdiagnostik?
Besonders deutlich wird die Notwendigkeit einer förderorientierten Schuleingangs-diagnostik vor dem Hintergrund des Problems mangelnder Sprachkompetenzen der neu einzuschulenden Kinder - Sprache hat entscheidende Bedeutung für Schulerfolg
Defizite müssen erkannt und durch Förderung behoben werden→ Zurückstellen alleine führt nicht zu Schulfähigkeit
Verschiedene Verfahren zur Messung sprachlicher Kompetenzen und ihrer Veränderungen im Vorschulalter verfügbar
Zweischrittiges Vorgehen
Screening zur Identifikation von Kindern mit Sprachförderbedarf
Bestimmung individueller Förderbedarfe als Grundlage für Maßnahmen
Kinder mit Migrationshintergrund: Neuentwicklung von Tests zur Sprachstanderfassung
Qualität teilweise völlig fragwürdig
Durchführungsprobleme
Ein Beispiel für so einen Sprachtest:
Seit 2003 im Einsatz (Stadt Duisburg)
Für 5-7-jährige Kinder mit Migrationshintergrund
Bilingualer Sprachtest für Kinder mit Türkisch als Muttersprache
Teilleistungsstörungen vs. allgemeine Lernschwierigkeiten
Was sind Lernschwierigkeiten und was macht sie aus?
Werden häufig erst während der Grundschulzeit augenfällig
Die Leistungen von SuS liegen unterhalb der tolerierbaren Abweichung von institutionellen, sozialen und individuellen Bezugsnormen (Standards, Anforderungen, Erwartungen)
Gruppe der Lernschwierigkeiten
Leseschwierigkeiten
Rechtschreibschwierigkeiten
Rechenschwierigkeiten
Underachievement (Diskrepanz zwischen Potenzial und gezeigter Leistung)
Lernbehinderung (IQ < 85)
Keine Lernschwierigkeiten sind (aber Zusammenhänge möglich):
Aufmerksamkeitsstörungen
Aggressivität
Prüfungsängstlichkeit
Jungen häufiger betroffen als Mädchen (mindestens Verhältnis von 2:1)
Vielfältige Kategorisierung möglich:
Grad der Normabweichung
Dauer
Grad der Generalität
Beeinflussbarkeit
Was sind Teilleistungsstörungenund was macht sie aus?
Bezeichnen Leistungsdefizite in begrenzten Funktionsbereichen
Treten trotz hinreichender Intelligenzleistungen, regelmäßiger Förderung sowie einer körperlichen und seelischen Gesundheit der Betroffenen auf und können nicht aus einer entsprechenden Behinderung erklärt werden
Beispiel:
Lese-Rechtschreibschwäche und Dyskalkulie als bekannteste TLS
Zusätzlich Artikulationsstörungen, expressive und rezeptive Sprachstörungen und Entwicklungsstörungen motorischer Funktionen
Um abzusichern, dass es sich tatsächlich um eine begrenzte Störung handelt, wird üblicherweise untersucht, ob eine Diskrepanz zwischen der Minderleistung in einem Teilbereich und der allgemeinen Intelligenz vorliegt.
Allgemeine Effektivität von Fördermaßnahmen, Diskrepanzkriterium (ob Störung mit IQ zusammenhängt) daher nicht (unbedingt) erforderlich
Schuleintritt, spezifische Förderbedarfe und Grundschulübergang - Teilleistungsstörungen
Was ist Dyskalkulie?
Umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten (ICD-10: F81.2)
Deutliche Beeinträchtigung der Rechenfertigkeiten, die nicht durch verminderte Intelligenz oder unangemessene Beschulung erklärbar ist
Defizit betrifft vor allem grundlegende Rechenfertigkeit und sollte bereits während der ersten Schuljahre sichtbar werden
Rechenschwache Kinder machen typische Fehler (bspw. Schwierigkeiten bei der Zählfunktion, Transkodieren von Zahlen, Defizite im numerischen Faktenwissen, etc.
In Studien wird von einer Rechenschwäche häufig dann ausgegangen, wenn ein Kind mit durchschnittlicher bis überdurchschnittlicher Intelligenz in einem standardisierten Rechentest einen Prozentrang kleiner als 15 erzielt.
Wie häufig tritt eine Dyskalkulie ein?
Auftretenshäufigkeit ähnlich wie bei Lese-Rechtschreibschwäche
Prävalenzrate von 3-8,4%
Mädchen und Jungen etwas gleich häufig betroffen
Ko-Morbidität: LRS (bei 17-69% der Betroffenen…)
Keine genaueren Erkenntnisse über Ursachen von Dyskalkulie
Diagnose mithilfe von Tests zur Erfassung mathematischer Basisfertigkeiten
Wie wird ein sonderpädagogischer
Förderbedarf festgestellt?
Liegt vor, wenn Kinder „in ihren Bildungs-, Entwicklungs-und Lernmöglichkeiten so beeinträchtigt sind, dass sie im Unterricht der allgemeinen Schule ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können“ (KMK, 1994, S. 5)
Folge von Lern-und Entwicklungsstörungen, geistiger Behinderung, Körperbehinderung, Seh-oder Hörschädigungen
Ca. 5% aller Kinder in Deutschland betroffen (rund 500,000)→ Starke Unterschiede in den Maßnahmen (Petermann & Petermann, 2006)
UN-Konvention zu Rechten von Menschen mit Behinderung: Inklusion vs. Sonderbeschulung
Je nach Art und Umfang des festgestellten Förderbedarfs muss die Entscheidung getroffen werden, ob S* unter den üblichen Bedingungen einer Regelschule angemessen gefördert werden können oder ob eine spezielle Förderung entweder auf einer Förderschule oder durch sonderpädagogische Maßnahmen an einer Regelschule erforderlich ist.
Vor der Konvention in DE viele dieser Kinder in Förderschulen, nun eher inklusive Beschulung
Kein einheitliches Vorgehen in Deutschland, da Bildung Ländersache
Alle Förderbedarfe sehr unterschiedlich, aber allgemeine Charakteristika:
Diagnostik obliegt speziell geschulten Sonderpädagog_innen (Psycholog_innen i.d.R. nicht beteiligt)
Entscheidung liegt zuletzt bei Schulaufsichtsbehörde
Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs i.d.R. nicht vor Schuleintritt
In manchen Bundesländern gibt es Frühfördereinrichtungen, die die Berechtigung zur Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs haben
Bundesweit löste die Verordnung zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs (VO-SF) 1994 das Sonderschul-aufnahmeverfahren (SAV) ab.
Weg von reiner Selektions
Mehr Förderung
Betonung auf genauer Beschreibung des Förderbedarfs und Empfehlung von Fördermaßnahmen, ganzheitliche Betrachtung des Individuums innerhalb seiner Kontextfaktoren inkl. Beteiligung der Eltern
Positiv daran:
Jetzt größere Freiheit bei Methodenwahl
Gut, weil Sonderpädagog_innen große Skepsis gegenüber standardisierten Testverfahren äußerten und stattdessen Wichtigkeit von Subjektivität betonen
• Einsatz von IQ-Tests möglich, aber obligatorisch
• Durch gestiegene Subjektivität beim Testen ist allgemeine Bedeutung diagnostischer Kompetenzen sehr wichtig!
Wie ist derÜbergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule zu bewerten?
—> Im deutschen Schulsystem i.d.R. nach der vierten Klasse Wechsel auf eine weiterführende Schule (Aufweichung des dreigliedrigen (+ Gesamtschule) Schulsystems)
ABER: Im internationalen Vergleich relativ frühe Entscheidung
Aufwärtsmobilität schwerer als Abwärtsmobilität
Während es relativ leicht ist, von einer höheren Schule in eine niedrigere Schulform „abzusteigen“, schaffen vergleichsweise wenige Schülerinnen und Schüler den Sprung in die nächst höhere Schulform
Bundesländer haben Spielraum bei Ausgestaltung der Frage „Wie funktioniert der Übergang?“
Übergangsempfehlungen auf Grundlage des Urteils von Lehrkräften problematisch
Einsatz von objektiven Schulleistungstests als sinnvoll angesehen
Was ist das Ziel der Modifikationsdiagnostik?
Das Ziel bei der Modifikationsdiagnostik besteht darin, geeignete Maßnahmen zu finden, um beim Merkmalsträger eine Verhaltensänderung herbei zu führen. Auch hier kann wieder bei der Person angesetzt werden (Verhaltensmodifikation) oder an den äußeren Bedingungen (Bedingungsmodifikation).
Liefert die Forschung bei wiederholter Durchführung die gleichen Ergebnisse?
Misst die Forschung das, was sie messen soll?
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