Rational-emotive Therapie nach Ellis
Zentrale Annahme: Irrationale Bewertungen gelten als Ursache für die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen
Unter den Kognitiven Verhaltenstherapien zeichnet sich die RET vor allem durch ihren starken philosophischen Bezug aus
Emotionale, behaviorale und somatische Reaktionen auf objektive Ereignisse werden von den kognitiven Bewertungen vermittelt
Diese kognitiven Bewertungen hängen ab von dahinterliegenden Grundüberzeugungen („beliefs“)
„Irrationale beliefs“ (in der RET: unangemessene, nicht hilfreiche, nicht zielführende Überzeugungen) und dadurch bedingte dysfunktionale Bewertungen gelten als Ursache psychischer Probleme
Rational-emotive Therapie nach Ellis Rationalität vs. Irrationalität
Rationalität = Vorstellungen, Gedanken und Verhaltensmuster eines Menschen, die ihm helfen, zentrale Ziele anzustreben und zu erreichen
Irrationalität = Vorstellungen, Gedanken und Verhaltensmuster eines Menschen, die einen Menschen daran hindern, langfristig hedonistische Ziele zu erreichen
—> Kommt Vorstellung von funktionalen und dysfunktionalen Denk- und Verhaltensmustern sehr nah (z.B. bei Beck)
4 Grundkategorien irrationaler Annahmen
Absolute Forderungen („demands“): „Ich muss perfekt sein!“; „Andere Menschen müssen mich zuvorkommend/ rücksichtsvoll behandeln!“; „Die Umstände müssen solcher Art sein, wie ich das will!“
Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen: „Ich bin ein Versager“; „Der Andere ist nichts wert“
Katastrophendenken: „Wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen geht, ist das eine Katastrophe“; „Wenn ich einen Fehler mache, ist das ganz schrecklich“
Niedrige Frustrationstoleranz („I can ́t standitis“): „Ich könnte es nicht aushalten, wenn andere mich kritisieren“
Logische Fehler
Logische Fehler, die den Irrational Beliefs zugrunde liegen (Beispiele):
Alles- oder Nichts-Denken, z.B. “wenn ich bei einer wichtigen Aufgabe versagt habe, so ist das ein totaler Fehler...“
Fokussieren auf negative Aspekte, z.B. „in meinem Leben passieren negative Dinge, das darf nicht sein,... ich kann keine positiven Dinge im Leben sehen“
Nicht-Beachten positiver Aspekte, z.B. „man hat mir zwar ein Kompliment gemacht, aber das war nur Freundlichkeit, um mich zu schonen“
Personalisieren, z.B. „ich hab es nicht gut genug gemacht, deshalb lachen alle anderen über mich“
Perfektionismus, z.B. „ich habe zwar etwas gut gemacht, aber es müsste perfekt sein und deshalb bin ich im Grunde inkompetent“
Das Störungsmodell
Essentiell für Entwicklung von psychischen Störungen:
Biologische Tendenz zu irrationalem Denken
Aspekte der Erziehung (abergläubische Einstellungen, starre Rituale, Tabus)
Geringe Frustrationstoleranz
Sekundärsymptomatik/ Symptomstress
Dogmatische Haltung und geringe Frustrationstoleranz verursachen nicht selbst die Störung, machen aber anfällig, weil sich diese inflexible Position nicht in allen Situationen „aushalten“ lässt
Therapeutisches Vorgehen
Ziel:
Veränderung der aus ABC-Modell abgeleiteten dysfunktionalen Überzeugungen
Unterstützung, zu einer „rationaleren Lebensanschauung“ zu kommen, die bei angemessenem Umgang mit Problemen hilft
Erweiterung des ABC-Modells zum ABCDE-Modell D= Disputation (Infragestellen in kritischem Dialog) E= Effekt
Disputation („Streitgespräch“)
Identifikation irrationaler Annahmen und dysfunktionaler Einschätzungen (Beispiel: „Warum ist es so schlimm, dass Sie mal nicht zur Arbeit gehen?“ – „Ich muss immer einsatzbereit und leistungsstark sein“)
Aufdecken „heißer Kognition“, die für Problem unmittelbar relevant ist (i.d.R. an affektiver Reaktion zu erkennen)
Aufdecken möglicher Sekundärprobleme/ Symptomstress
Hinterfragen (Zweifel sähen) der irrationalen Annahmen mithilfe von Disputationstechniken
Entwicklung rationalerer Annahmen
Disputationsstrategien
Logischer Disput: Konfrontation mit logischen Widersprüchen
Empirischer Disput: Konfrontation mit Widersprüchen zur erfahrbaren Welt
Hedonistischer Disput: Konfrontation mit negativen Konsequenzen
Zusammenfassung
Durchführung der RET ist direktiv; Therapeut nimmt quasi Rolle eines Erziehers ein; Aspekte der therapeutischen Beziehung zwar wichtig, aber nicht unabdingbar; Therapeut macht viele Vorschläge/ hat auch Funktion eines rationalen Modells, das den Patienten durch den therapeutischen Prozess begleitet
Neben kognitiven Techniken werden auch weitere Techniken eingesetzt:
emotive Techniken (z.B. Humor, um Distanz von irrational Beliefs zu schaffen; Einsatz von Sprichwörtern, Liedern, Gedichten, um entkrampfte Haltung entwickeln)
behaviorale Techniken (z.B. konkrete Übungen, auch zwischen den Sitzungen; Belohnung für Veränderung; Übernahme fixer Rollen (z.B. rational verhalten); weitere VT-Methoden wie Lernen von Verhaltensmustern, Training von Fertigkeiten)
Wirksamkeit
REVT kann als „potentiell sehr wirksames Therapieverfahren“ bei einer ganzen Reihe psychischer Störungen angesehen werden, allerdings ohne Überlegenheit ggü. anderen KVT-Verfahren (s. Meta-Analysen von Grawe, Donati & Bernauer (1994); Engels, Garnefski & Disktra (1993))
Qualität eingeschlossener Studien allerdings teils kritisch, insgesamt wenig hochwertige Studien und wenig aktuelle Meta-Analysen zur Wirksamkeit
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