Was ist Intelligenz?
Geistige Leistungsfähigkeit in den Bereichen schlussfolgerndes Denken, Problemlösen, Verständnis komplexer Ideen, Lernen aus Erfahrungen
= Fähigkeit des Menschen zur Anpassung an neuartige Bedingungen und zur Lösung neuer Probleme auf der Grundlage vorangehender Erfahrungen im gesellschaftlichen Kontext
= Das was ein Intelligenztest misst
Wie hängen Intelligenz und Wissen miteinander zusammen?
Manche Intelligenzmodelle integrieren Wissensaspekte (kristalline oder kristallisierte Intelligenz)
Die meisten anspruchsvollen Aufgaben erfordern sowohl kristalline Intelligenz
(= Wissensaspekte) als auch fluide Intelligenz (= Basisprozess des Denkes)
Wann und wofür wurden Intelligenztests entwickelt?
Binet & Simon (1905) entwickelten Tests, auf deren Basis Entscheidungen über Einschulung in Sonderschule getroffen wurden, nachdem dies vom Pariser Unterrichtsministerium als notwendig erachtet worden war
Wie berechnet man nach Binet und Simon das Intelligenzalter?
Intelligenzalter (IA) in Monaten= Grundalter in Monaten + 12 x k/n
-> Alter in Monaten, bis zu dem alle Aufgaben gelöst wurden (z.B: 6 Jahre = 72 mon.)
-> k= Danach noch gelöste Aufgaben (bis keine Aufgaben einer Stufe mehr gelöst werden (z.B: 10)
-> n= Anzahl möglicher Aufgaben pro Stufe (z.B. 5)
Beispiel: 72 + (12x10)/5= 96 = 8 Jahre IA
Wie berechnet man nach Binet und Simon die Intelligenz?
Intelligenz = Intelligenzalter - Lebensalter
-> Intelligenzalter = Grundalter in Monaten + 12x k/n
Was ist das Problem bei der Berechnung des Intelligenzalters bei Binet und Simon?
Differenzen zwischen Lebensalter und Intelligenzalter bedeuten nicht in allen Altersstufen das gleiche:
-> z.B. 2 Jahre Rückstand bei 4-jährigem Kind ist problematischer als bei 10-jährigem Kind (natürliche Streuung bei kleineren Kindern viel geringer)
Wie wird heutzutage der IQ bewertet?
Intelligenztests werden immer noch verwendet (z.B zur Diagnose von Entwicklungsverzögerungen, geistige Behinderungen, Hochbegabung
Der IQ ist aber kein Quotient mehr
Der IQ gibt an, wo die Intelligenz einer Person im Vergleich zu einer großen Normstichprobe von Personen gleichen Alters einzuordnen ist
Dazu werden die Testergebnisse der Testperson in die Verteilung der Testergebnisse der Normstichprobe “eingeordnet”
Wie wird der IQ heutzutage defniniert?
Die meisten Intelligenztests legen einen Mittelwert von 100 zugrunde und eine Standardabweichung von 15
Per Definition liegen bei einer Normalverteilung 68% aller Werte innerhalb einer Standardabweichung über und unter dem Mitellwert (je zur Hälfte also 34%)
Ein IQ von 100 enstspricht also dem Durchschnitts-IQ und einem Prozentrang von 50 (50% der Normstichprobe weisen niedrigere Werte auf)
Ein IQ von 115 entspricht also einem Prozentrang von 84 (84% der Population haben einen niedrigeren IQ-Wert)
Was sind die Anforderungen an eine Normstichprobe?
Normstichprobe muss repräsentativ für die Population von Interesse sein
Verteilung der Rohwerte unterliegt historischen Veränderungen:
-> Wenn sich Rohwerte der Population verändern, gibt der IQ einer Person nicht mehr den aktuellen Prozentrang
Bis vor kurzem: Zuwachs um 2,5 IQ-Punkte pro Dekade (Flynn- Effekt)
Was ist der Flynn-Effekt?
Flynn Effekkt= Veränderungen in IQ- Werten von 1909 bis 2013
Wie hängen Lese-Rechtschreibschwäche und IQ zusammen?
• Diskrepanzkriterium soll sicherstellen, dass die diagnostizierte Beeinträchtigung „nicht allein durch eine Intelligenzminderung [...] erklärbar ist“ (Dilling et al., 2015)
• Typischerweise mindestens 1,2 bis 1,5 Standardabweichungen Diskrepanz erforderlich
Was sind Probleme mit den Intelligenztests?
• IQ als «Label» einer Person
• Testfairness: Tests dürfen nicht Personen benachteiligen
-> Teils sehr sprachlastig, dadurch Benachteiligung von Personen mit schlechten Sprachkenntnissen
-> Lerngeschichte muss beachtet werden!
• Erfolg bei nichtsprachlichen Tests ist teilweise aber auch kulturabhängig: Übung von ähnlichen Aufgabentypen
• Zahlreiche andere, wichtige Kompetenzen werden nicht erfasst
-> Gardners Multiple Intelligenzen, „Emotionale Intelligenz“
• Aber: Andere Tests, die z.B. in Personalauswahl eingesetzt werden, sind oft nicht validiert und weniger fair!
-> Grundsätzlich werden Intelligenztests oft kritisch gesehen, dabei gehören Sie zu den zuverlässigsten und gültigsten Messverfahren der Psychologie
„Gemengelage aus gesellschaftspolitischen Überzeugungen und individueller Betroffenheit“ (Sparfeldt et al., 2022)
Wie kann man sich Intelligenz vorstellen?
Zahlreiche theoretische Modelle, die nicht alle gut empirisch überprüft und/oder bestätigt sind
• Teils Sammelsurium an Fähigkeiten, die als Subkomponenten der Intelligenz angenommen werden
• Prinzipiell Frage von Begrifflichkeiten: Was gilt (noch) als Teil der Intelligenz?
• Auffassung von Intelligenz -> Intelligenztest -> IQ-Wert also abhängig von Auffassung
von Intelligenz (vgl. «Intelligenz ist das, was ein Intelligenztest misst»)
Was ist Spearmans Zwei-Faktoren-Modell?
= (auch Generalfaktorentheorie der Intelligenz)
• Leistungen aus verschiedenen Tests korrelieren mittelmäßig miteinander
• Annahme eines Generalfaktors g = Allgemeine Intelligenz
• Annahme von Spezialfaktoren für spezifische Fähigkeiten wie sprachliches Können und mathematische Begabung
• Testleistung in jedem Subtest beruht auf g-Faktor und jeweiligem s-Faktor
Was ist Thurstones Primärfaktorenmodell?
= Spezialfaktoren, die allerdings auch leicht miteinander korrelieren (Hinweis auf g)
Intelligenzprofil aus:
• Sprachverständnis
• Wortflüssigkeit
• Rechenfertigkeit
• Raumvorstellung
• Mechanisches Gedächtnis
• Wahrnehmungsgeschwindigkeit
• Induktion, Schlussfolgern
Was ist das Hierarchische Modell von Catell
Generalfaktor allgemeiner Intelligenz aufspaltbar in zwei Sekundärfaktoren
• Fluide Intelligenz: Primär genetisch determinierte Basisprozesse des Denkens
• Kristalline Intelligenz: Von bisherigen Lernerfahrungen abhängiger Anteil
• Liegt den derzeit wohl populärsten Intelligenztests Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene (HAWIE) und Kinder (HAWIK) zugrunde
Was ist das Berliner Intelligenzstrukturmodell?
• 4 Operationen × 3 Inhalte
• Z.B. Ziffern einprägen und wiedergeben: NM
• Erlaubt auch Berechnung von g = Allgemeiner Intelligenz
• Differenziert gut in oberen Bereichen der Intelligenz
Was machen Intelligenztests zusammenfassend aus?
• Variieren entsprechend in ihrer Annahme, aus welchen Faktoren sich Intelligenz zusammensetzt
• Alle heutigen Intelligenztest bestehen aus mittelmäßig korrelierten Untertests (Unterfaktoren), so dass sie zur Diagnostik allgemeiner Intelligenz (IQ) und spezifischer Intelligenzfaktoren eingesetzt werden können -> g-Faktor nach Spearman, 1904
• Für die Beurteilung der Testqualität gibt es verschiedene Kriterien (-> Diagnostik)
-> u. A. Objektivität, Reliabilität und Validität
Wie beeinflusst Erblichkeit die Intellligenz?
„... da die Intelligenz von einer sehr großen Zahl an Genvariationen gesteuert werde, weshalb nicht zwangsläufig überdurchschnittlich intelligente Menschen überdurchschnittlich intelligente Kinder bekämen. Umgekehrt können auch weniger intelligente Eltern überdurchschnittlich intelligente Kinder haben – soweit diese rechtzeitig die angemessene Förderung erhielten.“
Welchen Effekt hat Bildung auf die Intelligenz?
1 Schuljahr kann die IQ Punkte von 1-5 erhöhen
-> in 3 Jahren 3-15 IQ- Punkte mehr
Wichtige Umwelteinflüsse sind Schulbildung oder Adoption in andere, lernförderlichere Lebensbedingungen
Üben von Intelligenztests hat gewisse Wirkung auf Intelligenztest-Scores (6-7 IQ- Punkte, Scharfen et al., 2018), verändert aber nicht die Intelligenz an sich
-> Denktrainings sind nicht langfristig wirksam (Rost, 2013)
Was ist Hochbegabung?
• Eindimensionales Modell: Hochbegabung wird über ein Konstrukt, in der Regel Intelligenz definiert; bester Prädiktor von exzellenten Leistungen
-> Hochbegabung wird üblicherweise ab einem allgemeinen IQ > 130 (Prozentrang 98 = höher als ca. 98% der Population) diagnostiziert
• Multidimensionale Modelle: Andere Begabungsfaktoren und Leistungsbereiche neben der Intelligenz (z.B. Kreativität, Technik, Sport)
Wie sieht die psychosoziale Entwicklung hinsichtlich hochbegabter Menschen aus?
• Divergenzhypothese: «Genie und Wahnsinn», anfälliger für psychische Probleme -> gesellschaftlich verbreitet, auch bei Lehrkräften (Baudson, 2013; Preckel, 2016)
• Harmoniehypothese: Hochbegabte psychisch stabiler, glücklicher, erfolgreicher, gesünder... -> eher zutreffend!
• Positiveres schulisches Selbstkonzept
• Geringere Angst in Leistungssituationen
• Höhere Kontrollüberzeugungen zu schulischen Zielen
• Höherer schulischer Ehrgeiz
• Höhere schulische Leistungsbereitschaft
• Etwas geringeres Interesse an konsum- und medienorientierter Freizeitgestaltung, stärkeres Interesse an Literatur, Mathematik, Musik, Schule
Welche Entwicklungsrisiken gibt es bei Hochbegabung?
• Stigmatisierung
• Asynchrone Entwicklung, da die kognitive Entwicklung nicht im Einklang mit der
biologischen, psychomotorischen und emotionalen Entwicklung verläuft
-> Frustration, da Vorstellungs- und Umsetzungsvermögen divergieren
-> Halo-Effekt führt zu Überforderung in sich «nur» normal entwickelnden Bereichen
• Unterforderung:
-> Motivationsverlust, Abbau des Selbstwertgefühls
• Underachievement (12% «unentdeckte» Hochbegabte)
-> Geringe Leistung, Motivation, negatives Selbstbild
Welche Gründe Fördermaßnahmen machen bei Hochbegabung Sinn?
1) Akzeleration: Beschleunigung, z.B. durch Klassenüberspringen (ideal bei leichter
Hochbegabung)
2) Enrichment: Vertieftes, angereichertes Lernen, z.B. durch Projekte, Akademien und
Schülerwettbewerbe
-> (Jugend musiziert, BiologieOlympiade -> https://www.schulministerium.nrw/lehrkraefte/termine-aktivitaeten/wettbewerbe)
3) Differenzierung: Förderung im Klassenverband durch angepasste Instruktionen und Inhalte vs. Separation, z. B. in Begabtenklassen
-> Positive Effekte von insbesondere Akzeleration, aber auch Enrichment und Begabtenklassen nachgewiesen
Welches Intelligenzmodell beschreibt die Intelligenz als Konstrukt aus verschiedenen Operationen (z. B. Merkfähigkeit und Bearbeitungsgeschwindigkeit) sowie verschiedenen Inhalten (z. B. Verbal und Numerisch)?
Welche Aussage bezüglich Hochbegabung ist falsch?
Was passiert in Bezug auf die Diagnosehäufigkeit der Lese-Rechtschreibschwäche, wenn Tests nicht neu normiert werden, aber die tatsächliche Intelligenz der Population zunimmt?
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