Stellvertretung: Defintion
Notwendigkeit sich rechtsgeschäftlich vertreten zu können
Schaubild: Erweiterung des rechtsgeschäftlichen Aktionsradius (Möglichkeiten der Stellvertretung)
Unterscheidung: direkter / indirekter Stellvertreter
Unterscheidung: Stellvertreter / Bote
Bote => Geschäftsfähigkeit wird nicht benötigt
Auch ein fünfjähriger kann Bote sein, eine Brieftaube kann auch eine WE überbringen
Man muss nicht voll geschäftsfähig sein
Erklärungs- und Empfangsbote kann auftreten
Durch die Botenschaft entsteht ein Vertrag
Stellvertreter => fässt selbst den Entschluss, eigene WE oder empfängt eine fremde WE
! WE kann ab dem vollendeten 7. Lebensjahr abgegeben werden
Unterscheidung: Stellvertreter / Vermittler
Vermittler => weist Geschäftsmöglichkeit nach, Angebotsseite und Nachfrageseite
Zusammenbringen, ohne einen Stellvertreter aufzubringen (Bsp.: Immobilienmakler)
Bereitet den Geschäftsabschluss vor
Abschluss aber durch den Geschäftsherrn
Unterscheidung: Stellvertreter / Treuhänder
Merkmale der (direkten) Stellvertretung
=> § 164
Rechtsgeschäftliche Handlung (nur in rechtsgeschäftlichen Handlungen ist eine Vertretung möglich)
Eine WE abgeben, rechtsgeschäftlich abschließen
und nach h. M. auch geschäftsähnliche Handlungen; dagegen keine tatsächlichen Handlungen (beachte aber die Gehilfenhaftung [§§ 278 bzw. 831]!) oder Realakte (z. B. Ausübung der Sachherrschaft durch „Besitzdiener")
Im fremden Namen (= Offenlegungsgrundsatz); wichtige Voraussetzung
Man muss offenlegen, dass man für einen anderen Namen eintritt
Handeln im Namen des Vertretenen (ansonsten schließe ich das Geschäft für mich ab)
StV gibt eigene Willenserklärung ab.
Im Rahmen der Vollmacht kann der Vertreter eine eigene WE abgeben (wie z.B. bei einer Preisverhandlung)
Deshalb braucht der Stellvertreter eine Geschäftsfähigkeit, jemand der eine wirksame WE abgeben kann; beschränkte Geschäftsfähigkeit ist erforderlich
Unmittelbare Wirkung beim Vertretenen (Geschäftsherrn)
StV wird selbst nicht betroffen (wie ein „Katalysator").
Voraussetzungen der wirksamen Stellvertretung
Zulässigkeit
Im Schuldrecht und im Sachenrecht (auch bei der Auflassung!) stets gegeben
Ausnahmen bei „höchstpersönlichen Geschäften" insb. im Familien- und Eherecht, aber auch im Erbrecht
Vertretungsmacht
Befugnis, im Namen des Vertretenen zu handeln
Dient dem Schutz des Vertretenen.
Offenlegung
Handeln im Namen des Vertretenen [§ 164 I 1]; sonst verpflichtet sich der StV [§ 164 II].
Kann sich auch aus den Umständen ergeben [§ 164 I 2].
Ausnahme: „Geschäft für den, den es angeht" (z. B. Bargeschäft im Warenhaus) und „Unternehmensbezogenes Geschäft" (Auftreten für Gewerbebetrieb eines anderen)
Nicht: Handeln unter fremdem Namen (je nach den Umständen Eigen- od. Fremdgesch.)
(spätere Offenlegung kann auch vorkommen => offenes Geschäft)
(zumindest beschränkte) Geschäftsfähigkeit
StV muss eigene, rechtlich relevante Willenserklärung formulieren können. (überhaupt in der Lage sein eine WE abzugeben)
Es geht nur um die Fähigkeit im Rahmen dieser Vollmacht eine rechtlich relevante WE abzuschließen
StV wird aber nicht selbst verpflichtet und ist daher nicht schutzbedürftig.
(StV hat im Rahmen der Vollmacht Handlungsspielraum)
Entstehung der Vertretungsmacht
Gesetzlich oder behördliche Begründung
Vertretungsmacht ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (Eltern sind gesetzliche Vertreter ihrer Kinder [§§ 1626, 1629])
Oder
Gericht bestellt den Vertreter auf gesetzlicher Grundlage (Vormund für das Mündel [§ 1793] oder Betreuer für den Betreuten [§ 1902])
Organschaftliche Begründung
Vertretung einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft durch zur Vertretung bestellte Organe
Rechtsgeschäftliche Begründung
Durch Erteilung einer Vollmacht [§ 166 II]
Einseitige empfangsbedürftige WE = Vollmacht, bedeutet rechtliches können
Man kann die Vollmacht auch ablehnen, man muss sie nicht annehmen
Nur im Rahmen eines Auftrags verpflichten oder durch ein Arbeitsverhältnis
Schaubild: Dreiecksverhältnis der Stellvertretung
Außen- und Innenverhältnis bei der gewillkürten Stellvertretung
Abstraktionsprinzip
(hier bei der Stellvertretung, nicht dasselbe Prinzip wie bereits behandelt)
Die Bevollmächtigung ist vom Grundverhältnis streng zu trennen und davon unabhängig.
Für das Außenverhältnis ist grundsätzlich nur die Vollmacht maßgebend.
Gilt auch dann, wenn der Bevollmächtigte im Innenverhältnis verpflichtet ist, von der Vollmacht nur in bestimmtem Umfang Gebrauch zu machen. („Er kann dann mehr, als er darf.")
Bestehen und Wirksamkeit der Vollmacht sind unabhängig vom Grundverhältnis. (Auch eine „isolierte" Vollmacht ohne rechtsgeschäftliches Grundverhältnis ist - etwa im Kreise der Familie - ist möglich.)
Zurechnung subjektiver Komponenten
Grundsatz: Entscheidend ist die Person des Vertreters (§ 166 I)
Anwendungsfälle:
Willensmängel: Liegen beim Vertreter Willensmängel vor, kann der Vertretene (natürlich auch durch einen Vertreter) anfechten.
Kenntnis und Kennenmüssen (z. B. bei Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten [§§ 932, 8921)
Ausnahme zur Vermeidung von Missbräuchen
Hat der Vertreter nach „bestimmten Weisungen" des Vertretenen gehandelt (Vertreter mit „gebundener Marschroute"), kann sich der Vertretene nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen (§ 166 II).
(Dem StV kann auch ein Irrtum/eine Diskrepanz unterlaufen)
Vollmacht (Erteilung), Art und Form
Art der Erteilung:
Einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung
Innenvollmacht (gegenüber Vertreter)
Außenvollmacht (gegenüber Drittem)
(Nicht mit Innen- und Außenverhältnis zu verwechseln!)
Form der Erteilung:
Grundsätzlich formfrei (auch konkludent); aus Beweisgründen häufig in Gestalt einer Vollmachtsurkunde
Ausnahmen:
Die Prokura muss ausdrücklich erklärt werden [§ 48 I HGB].
Weitere gesetzl. Vorschriften (Prozessvollmacht, Erbschaftsausschlagung etc.)
Aus dem Sinn und Zweck gesetzl. Formvorschriften für das abzuschließende Geschäft (Grundstückskauf, Bürgschaft) kann sich auch die Formbedürftigkeit einer diesbezüglichen unwiderruflichen Vollmacht ergeben.
Vollmacht (Umfang), Schaubild
Prokura
=> §§ 48 ff HGB
= formale Vollmacht
Im Handelsregister eingetragen
Ihrem Umfang nach gesetzlich festgelegt
Erstreckt sich auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte, die der Betrieb irgendeines Gewerbes mit sich bringt.
Inhaltlich unbeschränkbar (und deshalb „Formal-Vollmacht")
Kann nur von einem Vollkaufmann erteilt werden.
Zweck:
Vereinfachung des kfm. Geschäftsverkehrs
Erhöhung der Rechtssicherheit durch Publizität und Unbeschränkbarkeit des Vollmachtsumfangs
Dritte können sich auf diese Vollmacht verlassen!
Handlungsvollmacht
=> §§ 54 ff HGB
Von einem Kaufmann erteilte Vollmacht, die nicht Prokura ist
Unterschiede zur Prokura:
Wird nicht in das Handelsregister eingetragen.
Erstreckt sich nur auf Geschäfte, die in diesem Gewerbe gewöhnlich sind.
Kann als Spezial-, Gattungs- oder Generalhandlungsvollmacht erteilt werden.
Umfang beschränkbar (die Beschränkung muss so kundgemacht worden sein, dass Sie der Dritte beim Abschluss des Rechtsgeschäfts kannte oder kennen musste)
Vollmacht (Einzeln- und Gesamtvollmacht), Gestaltungsmöglichkeiten
Einzelvollmacht
Der Bevollmächtigte ist alleine zur Vertretung befugt
Gesamtvollmacht
Nur mehrere (z. B. zwei) Bevollmächtigte zusammen sind zur aktiven (!) Vertretung befugt. Beispiel: Gesamtprokura bei entsprechender Eintragung im Handelsregister [§ 48 II HGB]
Beachte: Für die passive Stellvertretung genügt stets ein einziger Bevollmächtigter!
Gemischte Vertretung
Bevollmächtigter vertritt gemeinsam mit einem Organmitglied (z. B. ein Prokurist gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied).
Vollmacht ohne Erteilung
Wenn ein Dritter nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung aus dem Nichteinschreiten des Geschäftsherrn (gegen Vertretungshandlungen ohne vorherige Erteilung einer Vollmacht) auf das Bestehen einer Vollmacht schließen darf, wird er geschützt, der Geschäftsherr also aus dem Geschäft verpflichtet.
Duldungsvollmacht (ein Rechtsscheintatbestand)
Der Geschäftsherr ließ die Vertretung wissentlich zu
Anscheinsvollmacht (umstritten)
Der Geschäftsherr hätte die Vertretung bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen und verhindern können. Kritik: Lt. BGB führt ein Sorgfaltsverstoß grundsätzlich nicht zu einem wirksamen Vertrag, sondern allenfalls zu einer Schadensersatzpflicht.
Vollmacht (Erlöschen)
Durch Widerruf seitens des Vollmachtgebers
Grundsätzlich jederzeit (also ohne wichtigen Grund) möglich [§ 168, 2]
Es wurde wirksam eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt.
Der Bevollmächtigte hat ein berechtigtes Interesse an der Vollmacht.
In der Regel (abhängig vom Ergebnis der Auslegung) auch durch Beendigung des Grundverhältnisses, es sei denn, der Vollmachtgeber hat etwas anderes bestimmt [§ 168, 1].
Durch Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Bevollmächtigten (nicht des Vollmachtgebers!)
Ggf. durch Ablauf einer Frist oder Eintritt einer Bedingung
(nicht jederzeit widerrufbar)
Vollmacht (Wirkungsdauer)
Abhängig von der Art ihrer Erteilung bzw. Bekanntmachung bleibt die Vollmacht zum Schutz des Dritten diesem gegenüber bis zur Vornahme bestimmter Informationshandlungen bzw. bis zum Wegfall seiner Schutzwürdigkeit wirksam:
Grenzen der Vertretungsmacht (Insichgeschäft, Missbrauch der Vetretungsmacht)
Insichgeschäft (§ 181)
Selbstkontrahieren
Vertreter tätigt im Namen des Vertretenen mit sich selbst ein Rechtsgeschäft.
Grundsätzlich schwebend unwirksam (Grund: Interessenkollision; nicht beobachtbare Vertragsabschlüsse)
Gestattung durch Vertretenen
Ausschließliche Erfüllung einer Verbindlichkeit
Rsp.: Ein-Personen-GmbH; für Vertretene lediglich vorteilhafte Geschäfte
Doppelvertretung
Vertreter tätigt im Namen des Vertretenen mit sich als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft
Missbrauch der Vertretungsmacht
Im Außenverhältnis ist das Geschäft durch die Vollmacht gedeckt
Im Innenverhältnis missachtet der Vertreter seine Pflichten
Grundsätzlich gültig (Abstraktionsprinzip!)
Bei Kollusion (= treuwidriges Zusammenwirken von Vertreter und Drittem zum Nachteil des Vertretenen) sittenwidrig und damit nichtig [§ 138]; ebenso bei offenkundiger Treuwidrigkeit des Vertreters („Evidenz") (Rsp.)
Vertretung ohne Vertretungsmacht
Einseitige Rechtsgeschäfte sind zur Vermeidung eines Schwebezustands grundsätzlich unwirksam [§ 181, 1], es sei denn, der Dritte ist weniger schutzwürdig [§ 181, 2].
Bei Verträgen hängt die Wirksamkeit von der Genehmigung des ohne Vertretungsmacht Vertretenen ab [§ 177 I].
Beseitigung der Unsicherheit durch Genehmigungsaufforderung seitens des Dritten. Erfolgt die Genehmigung nicht innerhalb von zwei Wochen, gilt sie als verweigert [§ 177 II].
Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht
Vertreter („falsus procurator") haftet nach Wahl des Dritten auf Erfüllung oder Schadensersatz (Erfüllungsinteresse = „positives Interesse') [§ 179)
Wenn der Vertreter den Vertretungsmangel nicht kannte, muss er nur den Vertrauensschaden (negatives Interesse") ersetzen [§ 179 II].
Reduktion der Folgen
Haftet für negatives Interesse und nicht für das positive
Wenn der Dritte den Vertretungsmangel kannte oder kennen musste, haftet der Vertreter nicht („Culpakompensation") [§ 179 III, 1].
Principle-Agent-Problem (Agenturtheorie)
Missbrauch der organschaftlichen Vertretungsmacht durch das Management eines Unternehmens
Geschäftsführer, Vorstand, Prokurist etc. (Stellvertreter = Agent)
Eigentümer, Aktionär (wirtschaftlich Vertretener = Principal)
Ursachen des Problems:
Informationsasymmetrie
Unbeschränkte Vertretungsmacht
Lösungsmöglichkeiten:
Bürokratische Kontrolle (Hierarchie)
Reputation
Koppelung des Lohns an den Unternehmenserfolg
Ausgabe von Aktien am eigenen Unternehmen
Bsp.: Gebrauchtwagenkauf
Situation der asymmetrischen Information
Deshalb: Misstrauen auf dem Markt gegenüber Gebrauchtkäufen
Ökonomische Auswirkungen: Preisabschlag, bereit weniger zu zahlen
Das bewirkt, dass die Verkäufer nicht bereit sind zu diesen niedrigen Preisen einen Deal zu machen, deswegen behalten sie es
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