Wie werden Kinder psychologisch diagnostisch eingeordnet?
Merkmale sind kontinuierlich (variieren zwischen geringer und hoher Ausprägung
Um ein Kind „einzuordnen“: Vergleich mit Merkmalsausprägung in einer großen Gruppe von Kindern (Normstichprobe)
Wie werden Kinder medizinisch-psychatrisch diagnostisch eingeordnet?
Kategorialer Ansatz: klare, qualitative Abgrenzung von gesund vs. erkrankt
Vorhandensein von typischen Symptomkombinationen -> Diagnosestellung durch Klassifikationssysteme
Häufig Kombination: z.B. Cut-off-Werte in psychologischen Testverfahren, z.B. „Lernbehinderung“ bei IQ zw. 70 und 84)
Was sind die beiden typischen Klassifikationssysteme?
Klassifikationssysteme:
Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen (DSM-5, American Psychological Association)
Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10, Weltgesundheitsorganisation)
-> Wird in der Regel in deutschsprachigen Ländern genutzt
Was bedeutet Prävalenz?
Anzahl von Personen mit einer Störung in Verhältnis zur Gesamtgruppe
Was bedeutet Komorbidität?
(typsiche) Begleitstörungen, Begleiterkrankungen
Was ist eine Differenzialdiagnose?
Ausschlusskriterien, damit eindeutige Diagnose gestellt werden kann; Abgrenzung von alternativen Ursachen für ähnliche Symptome
Was ist die Definition von Symptom?
Anzeichen eines Störungsbildes einer Erkrankung
Was macht eine Lernstörung nach ICD-10 aus?
„Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“ mit untergeordneten Diagnosen
„Lese- und Rechtschreibstörung“,
„Isolierte Rechtschreibstörung“,
„Isolierte Rechenstörung“,
„Kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten“
Was ist wichtig zu Berücksichtigen bei der Diagnose von Lernstörungen?
Leistung muss unter dem Niveau liegen, das entsprechend Alter, Beschulung und allgemeiner Intelligenz zu erwarten wäre
Allgemeine Intelligenz
Beschulung
Andere Teilleistungsbereiche (Sprache, Motorik, Konzentration)
Neurologische/ sensorische Beeinträchtigung
Mit welchen Testverfahren werden Lernstörungen diagnostiziert?
Warum wird bei der Diagnose zur Rechen-/Schreib- /Leseleistung diskrepant zur Altersnorm das Diskrepanzkirterium zur allgemeinen Intelligenz mit berücksichtigt?
Soll sicherstellen, dass die diagnostizierte Beeinträchtigung „nicht allein durch eine Intelligenzminderung [...] erklärbar ist“ (Dilling et al., 2015)
-> Diskutiertes Kriterium, das u. A. im DSM-5 nicht mehr vorhanden ist
Wann ist üblicherweise ein Diskrepanzkriterium für allgemeine Intellignez erfüllt?
Typischerweise mindestens 1,2 bis 1,5 Standardabweichungen Diskrepanz erforderlich (gemessen am individuellen IQ)
Wie äußert sich eine Lesestörung?
Symptome: Geringe Lesegenauigkeit (Auslassen, Verdrehen, Hinzufügen von Buchstaben, Silben, Wörtern); langsame Lesegeschwindigkeit; geringes Leseverständnis
Woe liegt die Ursache bei einer Lesestörung?
Ursache/förderliche Faktoren: Mangelnde phonologische Verarbeitungsfertigkeit (siehe Klassifikation von Wagner & Toresen, 1987), Arbeitsgedächtnisprobleme
Was zeigen Prävalenzen und Komobidität von Lese/Rechtschreibstörung?
Jungen häufiger von Lese/-Rechtschreibstörungen betroffen
Mädchen, je nach Studie, etwas häufiger von Rechenstörung betroffen
40-70% aller Kinder, die unter einer Rechenstörung leiden, leiden auch unter eine Lese- Rechtschreibstörung
Wie laufen Präventionsmaßnahmen und Therapie bei einer Lesestörung ab?
Frühe Diagnostik wichtig, z.B. durch Bielefelder Screening Verfahren (BISC, Jansen et al. 1999) zur Erfassung gestörter phonologischer Bewusstheit
Multimodale Therapie:
(Frühe) Förderung durch Trainings (Z.B. „Hören, lauschen, lernen“ von Küspert & Schneider, 1999 -> Zuordnung von Lauten zu Buchstaben)
Psychotherapie
Nachteilsausgleich
Wie äußert sich eine Rechtschreibstörung?
Symptome: Verdrehung („Graten“ statt Garten), Verwechslung ähnlicher Laute (z.B. „Fata“ statt „Vater“), Verwechslung ähnlich aussehender Buchstaben (b/d/p), Auslassung von Buchstaben („Himel“ statt „Himmel“), Einführen zusätzlicher Buchstaben, Wörter werden immer wieder anders geschrieben
• Alles weitere: Siehe Lesestörung
Wie äußert sich eine Rechenstörung?
• Symptome: Mangelnde Beherrschung der Grundrechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division
Was sind Ursachen von Rechenstörungen?
Ursachen/förderliche Faktoren:
Probleme mit Speicherung und Abruf basaler arithmetischer Fakten, stattdessen Erhalt unreiferer Strategien (Zählen)
-> Arbeitsgedächtnisüberlastung (ohnehin Probleme damit), Schwierigkeiten Anzahlen und Mengen kognitiv zu repräsentieren
Wie laufen Präventionsmaßnahmen und Therapie bei der Rechenstörung ab?
• Frühförderung z.B. durch „Mengen, zählen, Zahlen“ (Krajewski et al., 2007)
• Keine bekannten wirksamen Therapien , individuelle Fehleranalyse und -korrektur
Wie äußern sich kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten?
Wenn Kriterien für Rechenstörung und kombinierte Lese-/Rechtschreibstörung oder isolierte Rechtschreibstörung erfüllt
Starke Gefährdung des Schulerfolgs und drohendes Versagen in der Regelschule, geringe Motivation und belastend für Selbstkonzept
Häufig sekundäre Auffälligkeiten: Verhaltensprobleme und sozial-emotionale Anpassungsfähigkeiten
Keine spezifischen Präventions- und Interventionsprogramme
Sonderpädagogischer Förderbedarf
Kinder u. Familien benötigen in besonderem Maße psychologische bzw. therapeutische Unterstützung
Was ist die spezifische Sprachentwicklungsstörung?
• Häufigste Störung des Sprech- und Spracherwerbs
• Als „umschriebene Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache“ im ICD-10
-> Störungsbild ist dennoch recht heterogen
Symptome: Verzögerter Sprachbeginn, Flexionsfehler („für mein beste Freund“), Auslassung von Artikeln und obligatorischen Satzteilen, Wortstellungsfehler
• Mangelnder Aufbau grammatikalischen Wissens, aber auch frühe Probleme mit Lautwahrnehmung, - diskrimination und –produktion (Hörtest nötig)
• Keine Störung der Semantik und Pragmatik
• Ursächlich, u. A. Funktion des Arbeitsgedächtnisses
Was ist bei der Diagnostik von Sprechbeginn und - verlauf, insbesondere Erwerb grammatikalischer Strukturen diskrepant zur Altersnorm zu berücksichtigen?
Neurologische/ sensorische Beeinträchtigung (Aphasien, Gehörlosigkeit/ Schwerhörigkeit, Blindheit)
Sozioemotionale Beeinträchtigungen, Verhaltensstörungen
Tiefgreifende (Entwicklungs-) störungen wie Autismus, Schizophrenie, Mutismus
Was zeigt die Prävalenz zur Sprachentwicklungstörung?
• Angaben variieren zwischen 3% und 8%
• Jungen etwa dreimal so oft betroffen wie Mädchen
• Hohe Erblichkeit
• Risikofaktor für eine Lese-/Rechtschreibstörung
• Aber abzugrenzen von Auffälligkeiten, die auf unzureichende Sprachangebote zurückzuführen sind
Was sind die Folgen für Betroffene bei der Sprachentwicklungsstörung?
• Gestörte soziale Kommunikation
• Schulischer Misserfolg
• Negatives Selbstkonzept
• Verhaltensprobleme (Aggression, Rückzug, Verstummen)
Was sind Verhaltensstörungen?
Störung, wenn Verhalten von Erwartungsnorm abweicht und eine Beeinträchtigung des Kindes oder seiner sozialen Umwelt daraus erfolgt, dazu gehören
Externalisierende: Auffälligkeiten nach Außen gerichtet und in der Interaktion sichtbar: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Sozialverhaltensstörung
Internalisierende: Wendung nach Innen, Rückzug: Depression und Angststörungen
Wie entstehen allgemeine psychische Störungen?
Entstehung psychischer Störungen durch Zusammenkommen mehrerer Faktoren
Diathese-Stress-Modell (Diathese = Krankheitsneigung):
• Veranlagung (Vulnerabilität, z.B. ängstliches, gehemmtes Temperament; aber auch Lerngeschichte)
• Psychosozialer Stress (z.B. schulische Belastung, Konflikte in der Familie, mit Freund*innen)
• Schutzfaktoren (Ressourcen, z.B. soziale Unterstützung)
Was zeigt die allgemeine Prävalenz zu psychischen Störungen von Kindern?
Etwa 10% aller Kinder in Deutschland mit behandlungsbedürftigen psychischen Störungen, besonders häufig in Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status
Vor allem: Angststörungen, Sozialverhaltensstörungen, Depression und Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Was sind die drei Kernsymptome einer Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung?
1) Aufmerksamkeitsdefizit: Geringe Konzentrationsspanne und hohe Ablenkbarkeit, vor allem bei Aufgaben, die von ihnen als ermüdend oder langweilig empfunden werden
-> vorwiegend unaufmerksames Erscheinungsbild
2) Hyperaktivität: Können nicht ruhig sitzen, wenn erforderlich, wirken getrieben, können sich schlecht ruhig beschäftigen, reden viel
3) Impulsivität: Können schlecht abwarten, zeigen unüberlegte Handlungen: Mittelpunktsstreben, Flüchtigkeitsfehler, unzureichende Gefahreneinschätzung
-> vorwiegend hyperaktiv-impulsives Erscheinungsbild
-> Frühe und mehrere Bereiche (z.B Schule/Zuhause) betreffende Symptomatik
Was aind Ursachen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung?
Genetische Prädisposition
Pränatale (z.B. Alkohol, Nikotinabusus), perinatale (Sauerstoffmangel, geringes Gewicht), postnatale (Noxen) Komplikationen
Arbeitsgedächtnisbeeinträchtigung, Verhaltenshemmung, Emotionsregulation, kognitive und motorische Verhaltenskontrolle
Aversion gegen Belohnungsaufschub
Was zeigen Prävalenz, Komobidität und Prognose bei der Aufmerksamkeitsdefizitstörung?
• 3,6% - 6,7%
• Jungen mindestens 3-mal, evtl. bis zu 9-mal häufiger betroffen als Mädchen
• Komorbide mit aggressiven und oppositionalen Verhaltensstörungen (30-50%), Lern- und Leistungsschwierigkeiten (10-25%), Ängsten (20-25%), depressiven Verstimmungen (15-20%)
• Etwa 50% zeigen Aufmerksamkeitsdefizit und erhöhte Impulsivität auch noch im Erwachsenenalter
Wie wird die Aufmerksamkeitsdefizitstörung therapiert?
Multimodal
• Medikamentös: Psychostimulanzien (Methylphenidat, Dextroamphetamin,
Noradrenalinwiederaufnahmehemmer) à Verbesserung der Symptomatik bis 75-80%
• Psychotherapie: Operante Konditionierung, Selbstinstruktions- und –managementtrainings, soziale
Kompetenztrainings etc.
• Beratung der Eltern: u. A. Psychoedukation, Pädagogik (à Struktur schaffen, Wertschätzung von Erfolgen...)
Was sind weitere typische Verhaltensstörungen des Kindes- und Jugendalter?
• Störung des Sozialverhaltens
• Depression
• Angststörungen
-> Werden in den Veranstaltungen der Klinischen Psychologie näher thematisiert
Welche Aussage bezüglich einer Lesestörung stimmt nicht?
Welcher Faktor fördert nicht die Entstehung einer Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung?
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