Welche drei Kriterien für Cleavages umfasst das makrosoziologische Cleavage-Modell nach Lipset & Rokkan?
Ein Cleavage trennt Menschen, die sich durch zentrale sozialstrukturelle Charakteristika unterscheiden, z.B. Beruf, Status oder Religion
Gruppen, die durch ein Cleavage getrennt werden, müssen sich ihrer kollektiven Identität bewusst sein; sie müssen sich selbst als Gruppe ansehen
Ein Cleavage muss einen organisatorischen Ausdruck finden, typischerweise als Aktivitäten von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Kirchen oder politischen Parteien
→ Die drei Kriterien tragen dazu bei, dass eine Konfliktlinie dauerhaft ist und nicht nur für eine begrenzte Periode existiert.
Welche zwei Ereignisse („Revolutionen“) sind mit der Bildung von gesellschaftlichen Spaltungslinien verbunden?
Welche Konflikte umfassen die vier Cleavages nach Lipset & Rokkan?
Was bedeutet das „frozen party system“?
Die westeuropäischen Parteiensysteme galten für Lipset und Rokkan (1967) als „eingefroren“ (vgl. Bartolini & Mair 1990):
In den meisten westeuropäischen Ländern spiegelt das Parteiensystem der 1960er Jahre das Parteiensystem und die Konfliktlinien der 1920er Jahre wider
Jedoch: „few, but significant exceptions“: u.a. Deutschland und Italien als „späte Nationen“, wo sich die Parteien auch erst spät als Massenorganisationen herausbilden konnten
Welche potentiellen „neue“ Cleavages werden postuliert?
Welche 10 Parteifamilien beschreibt von Beyme? Nenne empirische Beispiele.
Liberale Parteien
Konservative Parteien
Arbeiterparteien
Agrarparteien
Regionalparteien
Christdemokratische Parteien
Kommunistische Parteien
Faschistische Parteien
Protestparteien
Ökologische Parteien
Wie gestaltet sich die Populismusdefinition nach Mudde & Kaltwasser?
„Wir definieren Populismus konkreter als dünne Ideologie, nach der die Gesellschaft letztlich in zwei homogene antagonistische Lager gespalten ist, ʼdas reine Volkʻ und ʻdie korrupte Eliteʻ, und Politik ein Ausdruck der volonté générale (Gemeinwille) des Volkes sein sollte“
Die „Ideologie“ von Populismus lässt sich wie folgt beschreiben:
Es gibt das „reine“ Volk
das „Volk“ wird assoziiert mit dem Souverän (muss berücksichtigt werden), die „einfachen Leute“ (Kritik der dominanten Kultur bzw. Eliten) und die Nation (nationale Identität)
Es gibt eine „korrupte“ Elite
Homogene Gruppe von „Mächtigen“ aus allen Gesellschaftsbereichen, die gegen das eigene Volk arbeiten
Es gibt den Allgemeinwillen
Kritik an repräsentativer Demokratie; Unterstützung für eine republikanische Utopie und plebiszitäre / direktdemokratische Elemente
Welche drei Mobilisierungsformen von Populismus gibt es? Unter welchen Umständen sind sie wahrscheinlicher?
Hauptformen der Mobilisierung
Personalisierte Führung (Bsp.: Alberto Fujimori in Peru in den 1980er und 1990er Jahren)
Soziale Bewegungen (Bsp.: Die „Tea Party“ ab den späten 2000er Jahren in den USA)
Politische Parteien (Rassemblement National, ehemals Front National, in Frankreich seit den 1970er Jahren)
Faktoren, die Form beeinflussen:
Personalisierte Führung eher in Präsidialsystemen wegen deren starken Personalisierung
Soziale Bewegungen entstehen eher in Systemen mit reduzierten politischen Opportunitätsstrukturen (USA ist plausibel, weil zementiertes Zweiparteiensystem)
In parlamentarischen Systemen haben wir vermehrt die Gründung von entsprechenden Parteien
Wie können die negativen und positiven Effekte von Populismus aussehen?
Welche Gründe für Populismus gibt es nach dem „Marktmodell der Demokratie“?
Nachfrageseite:
Nachfrage nach populistischen Ideen, vor allem wenn das Gefühl vorherrscht, das die Gesellschaft in Gefahr ist (vgl. Deutschland)
Korruptionsskandale bzw. systematische Korruption sind ein Auslöser dafür, weshalb eine Nachfrage nach einem populistischen Angebot aufkommt (vgl. Brasilien)
Bevölkerung hat das Gefühl, dass das politische System nicht responsiv ist und das politische Angebot sich nicht ändert (vgl. Griechenland -> Eurokrise)
Digitalisierung und „Demokratisierung“ der Medien macht es der Bevölkerung einfacher, das Verhalten von Politikern zu beobachten und zu beurteilen
Angebotsseite:
Populisten folgen häufig auf Populisten
Populisten politisieren Themen, die vorher nicht als besonders problematisch betrachtet wurden (z.B. EU-Mitgliedschaft in Großbritannien, welche durch UKIP politisiert wurde)
ideologische Konvergenz von konventionellen Parteien erleichtert es populistischen Kräften, eine politische Nische zu besetzen (vgl. Österreich, aber auch Deutschland im Zusammenhang mit der Flüchtlings- und Migrationspolitik)
Populisten versuchen Nachfrage nach ihrer Politik zu schaffen, indem sie von „Krisen“ sprechen (vgl. Finnland -> Wirtschafts- und Finanzkrise)
Untersuchungen zu Narrativen des Populismus haben fünf Erzählformen identifiziert:
Aversion gegen das Establishment, Funktionseliten und Intellektualität (z.B. „Lügenpressen“)
Reaktivierung von Opfermythen und Heldengeschichten (z.B. das Flugzeugunglück, bei dem Lech Kaczynski starb)
Beschwörung des zu schützenden „Volkskörpers“ durch externe Feinbildkonstruktionen (z.B. Migranten)
Die „einfache Herkunft“ als Glaubwürdigkeitsversprechen und die Verklärung der Heimat (z.B. „die schwäbische Hausfrau“ oder „der Buchhändler aus Würselen“)
Die widersprüchliche Inszenierung von Moral und Exzess (z.B. Bild der Trump-Familie nach dem Amtsantritt)
Welche Lösungen für Populismus gibt es nach dem “Marktmodell der Demokratie”?
Demokratische Institutionen pflegen und Missstände beseitigen (z.B. offensiver Umgang mit Korruptionsskandalen)
Politische Handlungsoptionen (z.B. im Falle einer Finanzkrise) transparent kommunizieren und damit realistische Erwartungen wecken
Mehr Investitionen in politische Bildung
Polarisierung von konventionellen politischen Parteien
Stärkung von Institutionen, die grundlegendes Recht schützen
Plurale Medienlandschaft
Supranationale Organisationen (vor allem die EU) können helfen, Fehlentwicklungen zu korrigieren (was aber bislang kaum passiert ist)
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