Wieso ist Internationale Politik „Politik unter den Bedingungen der Anarchie“?
IP ist „Politik unter den Bedingungen der Anarchie“ (Schimmelfennig 2016) = Anarchisches System souveräner Staaten
Im Unterschied zur nationalstaatlichen Politik fehlt im internationalen System eine übergeordnete, gewaltbewehrte Zentralinstanz (Anarchie ≠ Chaos o. Unordnung)
Anarchie vs. Hierarchie
In einem anarchischen System stehen die Akteure in einem formal gleichrangigen Verhältnis zueinander: „keiner von ihnen ist berechtigt zu befehlen; keiner ist verpflichtet zu gehorchen“ (Kenneth Waltz)
Wie unterscheiden sich positiver & negativer Frieden?
Negativer Frieden = Frieden als Abwesenheit von Krieg (fehlen direkter Gewalt)
Positiver Frieden = Frieden als Abwesenheit von struktureller Gewalt
Was umfasst das Theorem des „Demokratischen Friedens“? Wer hat es definiert?
Entspricht liberalen Theorien der Internationalen Beziehungen
Ausgangspunkt ist „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf“ (erste Auflage 1795) von Immanuel Kant: Ein Staat, in dem die Außenpolitik von der Bürgerschaft beeinflusst wird, wird aus dem Eigeninteresse derselben heraus Kriege vermeiden
Die innerstaatlichen Institutionen und Konstellationen werden als Ursache dafür gesehen, weshalb es zu zwischenstaatlichen Kriegen kommt
Die zentrale Hypothese: Demokratien führen keine Kriege
Empirisch kann diese Hypothese in Teilen bestätigt werden – Demokratien führen seltener Krieg mit anderen Demokratien, aber sie führen durchaus Kriege mit Nicht-Demokratien (vgl. Wagner und Geis 2017)
Welche Theorie vertritt Hans Morgenthau? Was umfasst das Billard-Kugel-Modell?
Klassischer Realismus (Vertreter: Hans Morgenthau)
Hintergrund: zwei Weltkriege im 20. Jhd. und das Scheitern des Völkerbundes
Für den klassischen Realismus sind die Staaten die einzigen relevanten Akteure der IP
Staaten werden als nach außen einheitliche, zweckrationale und egoistische Akteure konzipiert
Billard-Kugel-Modell: Nationalstaaten als geschlossene Einheiten agieren miteinander, nähern sich also an, entfernen sich aber auch wieder. Was jedoch innerhalb dieser „Kugel“, also dem Staat, passiert, ist unwichtig („blackbox“)
Zentrale Kategorie: Macht
Macht ist die zentrale Antriebsfeder außenpolitischen Handelns
Aus der Machtkonkurrenz zwischen den Staaten resultieren sehr eingeschränkte Möglichkeiten zwischenstaatlicher Kooperation
Negatives Menschenbild
Wie verortet der Neorealismus das Kernproblem der Internationalen Beziehungen?
Neorealismus (struktureller Realismus) (Vertreter: Kenneth Waltz)
Verortet das Kernproblem „nicht in der Natur des Menschen, sondern in der Natur des internationalen Systems, die für die Staaten ein Sicherheitsdilemma erzeugt“ (Deitelhoff / Zürn 2013)
Machtkampf von Staaten wird auf die Struktur des internationalen Systems zurückgeführt
Streben nach Sicherheit bewirkt „Sicherheitsdilemma“
Nicht nur Macht- oder Sicherheitsstreben von Staaten verhindern Kooperation, sondern auch die strukturellen Bedingungen des internationalen Systems:
Anarchie; asymmetrische Informationen; Unsicherheit
Dennoch: Staaten im internationalen System können und werden alternative Handlungsoptionen entwickeln und nutzen, z.B. Kooperation in Internationalen Regimen oder Internationalen Organisationen
Wie versteht der klassische Liberalismus die IP? Welche Rolle spielen hierbei Institutionen? Worin besteht der Unterschied zum Neoliberalismus?
Klassischer Liberalismus (auch Idealismus oder (Neo-)Institutionalismus) (Vertreter: Woodrow Wilson)
Ausgangspunkt: Immanuel Kants Schrift zum ewigen Frieden
Es gibt keine übergeordnete Zentralinstanz (Anarchie)
Nullsummenspiel internationaler Akteure umwandeln in ein Gewinnspiel, indem wechselseitige Abhängigkeiten geschaffen werden („Interdependenzen“) und zwar gerade auch durch transnationale Verflechtungen (vgl. EU)
Institutionen (sollen) die Interessen der Akteure in kooperative Bahnen lenken
Neben Staaten auch Bevölkerungen als zentrale Akteure
Originär liberaler Strang
Struktur der innenpolitischen Interessenvermittlung entscheidet über das außenpolitische Verhalten von Staaten im internationalen System (vgl. „two-level games“ von Putnam 1993)
Institutionalistischer Strang
Institutionen und Organisationen ermöglichen stabilen Kooperationsrahmen
Internationale Institutionen können Zusammenarbeit stabilisieren, indem sie Unsicherheit reduzieren
Allgemeine Merkmale
Institutionen: dauerhaftes, formal oder informell verregeltes Muster sozialer Beziehungen (Gewohnheiten, Praktiken) mit Ordnungs- und Regelungscharakter, gilt als legitim und wird mit Sanktionen durchgesetzt
Staaten suchen auch ohne legitimes internationales Gewaltmonopol nach Kooperationsmöglichkeiten
Ziel: Wohlfahrts- und Sicherheitsmaximierung, Stabilität
Zentrale Prinzipien / (un)geschriebene Regeln der Internationalen Politik
Wechselseitige Anerkennung von Souveränität
Einhaltung von Vereinbarungen
Vertraulichkeit; Regeln, die den Einsatz von Gewalt regeln bzw. einschränken
Auf welcher Theorie beruht die Imperialismustheorie? Wie sind Weltsystem- und Dependenztheorie hier zu verorten?
„Politisch-ökonomische Analyse“ (Vertreter: Karl Marx)
Ausgangspunkt sind i.d.R. Imperialismustheorien
Imperialismus = Politik der Herrschaftsausdehnung jenseits der eigenen Staatsgrenzen durch direkte Eroberung fremder Territorien oder indirekter Kontrolle dieser Territorien
Imperialismus ist eine Konsequenz kapitalistischer Produktionsweise
Krisenhafte Entwicklung des Kapitalismus macht es notwendig, nicht-kapitalistische Gebiete zu erobern, um überhaupt noch Mehrwert für die kapitalistischen Klassen zu erwirtschaften; d.h., die sinkende Profitrate motiviert Imperialismus
Dependenztheorien – Vertreter: Fernando Henrique Cardoso
sind in den 1960er Jahren ursprünglich in Lateinamerika entstandenen und betonen die Existenz hierarchischer Abhängigkeiten (Dependenzen) zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, welche die Entwicklungsmöglichkeiten letzterer begrenzen
Weltsystemtheorie – Vertreter: Immanuel Wallerstein
geht davon aus, dass seit Jahrhunderten eine soziale Ordnung des Weltsystems besteht, die fortgeschrieben wird: Zentrum, Semi-Peripherie und Peripherie; auf dieser Perspektive ist ein Auf-bzw. Abstieg von Staaten prinzipiell möglich
Welche (Gegen-)Position nimmt der (Sozial-)Konstruktivismus ein?
(Sozial-)Konstruktivismus (Vertreter: Alexander Wendt)
Konstitutiv: nicht nur Normen, sondern auch Akteure und Interessen sind sozial konstruiert und veränderlich
Handlungsleitende Selbstverständlichkeiten, von denen ausgehend soziale Wirklichkeit und politische Strukturen überhaupt hervorgebracht und aufrechterhalten werden
System der IB als eine sozio-kulturelle Konstruktion
„Anarchy is what states make of it: the social construction of power politics“ (Alexander Wendt 1992)
„Macht“ und „Bedrohung“ sind nicht absolut; keine Automatismen im staatlichen Handeln; Bedeutung von Perzeptionen und (strategischen) Reaktionen von Staaten
Nimmt zu anderen Theorien der IP zwei zentrale Gegenpositionen ein:
Nicht materielle Strukturen (Machterteilung, Technologie, Interdependenz), sondern ideelle Strukturen sind für die IP von primärer Bedeutung
Nicht zweckrationales, sondern „angemessenes Handeln“, also Orientierung an Werten, Normen, Rollen und ähnlichem
Es hat sich in den letzten Jahren eine Literatur entwickelt, die sich speziell mit der Frage beschäftigt, ob der EU eine normative „Führungsrolle“ in der IP zukommt (vgl. Pace 2007)
Was unterscheidet „inter-, trans- & supranational“?
Welche Akteure sind für die IP relevant?
Nationalstaaten (Vereinte Nationen: 193, aber nicht alle „de facto“ – Staaten, z.B. Taiwan)
Internationale Organisationen (Ios): Weltgesundheitsorganisation
Staatliche (intergouvernementale) Organisationen (IGOs): NATO
Nicht-staatliche Organisationen: (I)NGOs: z.B. Attac
Hybride Formen: umfassen staatliche und nicht-staatliche Organisationen (Renewable Energy and Energy Efficiency Partnership; REEEP)
Supranationale Organisationen: EU
Wachsende Bedeutung nicht-staatlicher, transnationaler Akteure wie multinationale Unternehmen: z.B. Coca-Cola, United Fruit, Facebook, Microsoft (was zur Literatur zu „Corporate Social Responsibility“ geführt hat)
auch zivilgesellschaftliche Akteure werden transnational tätig
Internationale Regime: kooperative Institutionen zwischen Nationalstaaten / Organisationen auf der Basis informeller und formaler Strukturen, Verträge, Normen und Entscheidungsverfahren; z.B. Weltklimaregime
Wie wird ein Staat nach Jellinek definiert (3 Stichworte)?
Ein Staat ist ein soziales Gebilde, dessen konstituierende Merkmale ein von Grenzen umgebenes Territorium (Staatsgebiet), eine darauf als Kernbevölkerung ansässige Gruppe von Menschen (Staatsvolk) sowie eine auf diesem Gebiet herrschende Staatsgewalt kennzeichnen
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