Was ist die Gips Hypothese?
William James (1842-1912)
Nach 30 verändert sich die Persönlichkeit nicht mehr (“set like plaster”)
Was ist der Unterschied zwischen Universeller und Differentieller Veränderung?
Universelle Persönlichkeitsentwicklung:
Der Populationsmittelwert verändert sich
Allgemeine Mittelwertsverschiebungen über das Alter
-> Universelle Veränderungen und Rangordnungsstabilität (Differentielle) schließen einander nicht aus sind aber Konzeptionell unabhängig
Differentielle Persönlichkeitsentwicklung:
Die relative Position von Individuen verändert sich
Änderungen der relativen Position von individuen über das Alter
Was zeigen Studien zur Universellen Veränderung der Big Five?
McCrae et al. (1999, 2000):
Mittelwertsverläufe der Big Five in versch. Kulturen (querschnittlich: Angabe von Alter & Selbstbericht Big Five)
Ergebnis: Neurotizismus und Extraversion bei älteren Personen geringer als bei jüngeren, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit sind höher
Interpretation: „intrinsische Reifung der Persönlichkeit“
Was ist das Problem von McCrae? Was sind Kohorteneffekte?
Probleme:
Kohorteneffekte
Ältere Menschen sind unter anderen Umständen aufgewachsen als Jüngere (Nachkriegsgeneration vs. Generation Instagram) -> Evtl. ist nicht das Alter, sondern die unterschiedlichen Lebensbedingungen in versch. Kohorten für Persönlichkeitsunterschiede verantwortlich
In Meta-Analyse längsschnittlicher Studien Abnahme von Neurotizismus & Anstieg von Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit bestätigt, nicht die Abnahme von Extraversion
Annahme: „intrinsischer Reifung“
Alternativannahme: Persönlichkeit verändert aufgrund einer sich ändernden Umwelt (neue Entwicklungsaufgaben)
Was besagt die Social Investment Theorie?
Annahme:
In jedem Lebensabschnitt bestehen normative Anforderungen, die mit Übernahme sozialer Rollen einhergehen (bspw.: sicherheitsspendender Partner, sorgendes Elternteil..)
Investition in soziale Rollen verändern die Persönlichkeit
Welche Belege gibt es für die Social Investment Therie?
Exemplarischer Beleg: Bei Eingehen von Partnerschaft sinkt Neurotizismus
Neyer & Asendorpf (2001):
489 Erwachsene (18-30 Jahre)
im Abstand von 4 Jahren (1995, 1999) jeweils nach sozialen Beziehungen und Persönlichkeit befragt
Bleidorn et al. (2013):
Datensatz mit mehr als 800.000 Personen aus 62 Kulturen
Insgesamt Persönlichkeitsreifungseffekte wie in anderen Studien gefunden (geringere Werte in N, höhere Werte in V & G mit zunehmendem Alter)
Aber: In Kulturen, in denen früher Erwachsenenrollen übernommen werden (v.a., Eintritt ins Berufsleben), setzt Persönlichkeitsreifung früher ein
Was ist das zu ziehende Fazit zu universellen Veränderungen?
Replizierte Evidenz:
Im Verlauf des Erwachsenenalters nimmt der Neurotizismus ab, während Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit zunehmen
Intrinsische Reifungsprozesse allein können universelle Persönlichkeitsveränderungen nicht vollständig erklären, Umweltveränderungen spielen auch eine Rolle (siehe Social Investment Theorie)
Wie sind Universelle und Differentille Veränderungen miteinander verknüpft?
Universelle Veränderungen gehen nicht zwingend mit differentiellen Veränderungen einher…
…können aber Aufschluss über Bedingungen differentieller Veränderungen geben
Normative Entwicklungsaufgaben, die zu universellen Veränderungen führen, können für verschiedene Personen unterschiedlich und zu verschiedenen Zeitpunkten gelöst werden, was zu differentiellen Veränderungen führen kann (Verscheibung der Rangordnung)
Welche sind die 4 Prinzipien der Eigenschaftsstabilität nach Asendorpf und Neyer?
Stabilität sinkt kontinuierlich mit wachsendem Retestintervall
Akkumulierter Einfluss von Umweltereignissen, die Menschen in unterschiedliche Richtungen entwickeln lassen
Höhe der Stabilität variiert zwischen Persönlichkeitsbereichen
IQ am stabilsten (10-Jahres-Stabilität ca. .90)
Temperamentseigenschaften mittelhoch stabil (10-Jahres-Stabilität ca. .65 )
Selbstwertgefühl und Lebenszufriedenheit am wenigsten stabil (10-Jahres-Stabilität ca. .39)
Mögliche Erklärung: Unterschiedlich starker Einfluss konstanter Faktoren (z.B. Gene), die einen kontinuierlichen Einfluss ausüben
Stabilität sinkt mit zunehmend instabiler Umwelt (Entwicklungsübergänge; kritische Lebensereignisse, etc.)
Beispiel: Asendorpf (1992):
Elternurteile Schüchternheit Kinder gegenüber Gleichaltrigen (4 bis 7 Jahre)
Angaben Änderung der sozialen Umwelt durch drei kritische Ereignisse:
Wechsel Kindergartengruppe oder Einschulung, Umzug (mind. 5 km entfernt), Wegzug eines engen Freundes des Kindes
Zahl der Ereignisse korreliert mit differentieller Veränderungsstärk
-> Je instabiler die Umwelt war, desto stärker änderte sich die Schüchternheit des Kindes
Stabilität ist altersabhängig
Bei Kindern und Jugendlichen ist die Stabilität über ein Retestintervall gleicher Länge umso geringer, je jünger die Stichprobe zu t1 ist
-> Je Älter die Kinder desto stabiler wird das Merkmal, die Rangreihenstabilität verfestigt sich
Was sind mögliche Ursachen für die wachsende Stabilität über die Lebensspanne?
Zunehmende Persönlichkeit-Umwelt Passung führt zu Stabilisierung der Persönlichkeit
Newcom et al. (1967)
College-Studenten erwarben während Studienzeit liberale polit. Haltung
Polit. Haltung -> liberal gesinnte Ehemänner & Freunde -> polit. Haltung
Farrington et al. (1986)
Kriminelle Männer wurden straffällig und kamen in Haft in Kontakt mit weiteren kriminellen Kreisen
Umgang mit kriminellen Kreisen -> Erhöhung des Rückfallrisikos
Roberts et al. (2003)
Persönlichkeit -> Wahl des Arbeitsplatzes
Arbeitsplatz -> Persönlichkeit
-> Dynamische Interaktion
Warum nehmen im ganz hohen Alter die Stabilitäten wieder ab?
Mögliche Ursachen:
Veränderung der körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeit
Gravierende Umweltereignisse (bspw. Tod des Partners,..)
Sagen Messungen aus der frühen Kindheit (3 Jahre) Persönlichkeitsunterschiede im früheren Erwachsenenalter vorher?
Dunedin Longitudinal Study
N= >1000
Mehr als 90% aller 3-Jährigen einer Geburtskahorte
Wiederholte Testungen
Zuordnung der 3-Jährigen zu drei Persönlichkeitstypen:
Gehemmte/Überkontrollierte (Schüchternheit, Ängstlichkeit)
Unterkontrollierte (motorische Unruhe, Ablenkbarkeit)
Gutangepasste/Resiliente(keine Auffälligkeiten)
Können Persönlichkeitseigenschaften auch über lange Zeiträume harte/objektive Kriterien vorhersagen?
Husemann et al. (1984):
N= >600
UV: Peer-Urteil Aggresivität (8 Jahre)
AV: Verurteilung wegen krimineller Vergehen (30 Jahre)
Was besagt die Terman- Studie?
1921 von Terman begonnene Längsschnittstudie an mehr als 1000 hochintelligenten Kindern, die um 1910 in Kalifornien geboren wurden
Mehrere Nacherhebungen in den folgenden Jahren/Jahrzehnten
Zentrale Ergebnisse:
Erfolgreiche akademische Entwicklung (Schulleistungen, Anzahl der Doktortitel)
Auch gute emotionale und soziale Entwicklung
Geringeres Vorkommen von Delinquenz und Alkoholismus
Nachfolgeuntersuchung von Friedman et al. (1993)
Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeits-beurteilungen im Alter von 11 durch Eltern und Lehrer und Überlebenswahrscheinlichkeit bis ins Alter von 70 Jahren
Zentrales Ergebnis:
niedrige Gewissenhaftigkeit als Risikofaktor für frühen Tod
Mögliche Erklärungen?
Effekt von niedriger Gewissenhaftigkeit nach Friedman et al. (1995) vermittelt durch:
Alkoholkonsum
Rauchen
Unfälle
-> „Leichtsinnigkeit“ führt zu ungesundem Lebenswandel
Was sind Motivdispositionen?
= Interindividuelle Unterschiede im Anstreben von bestimmten Handlungsfolgen
-> Energetisieren Verhalten und lenken es in bestimmte Richtung
Frage: Welche übergeordneten Motivdispositionen könnte es denn geben, hinsichtlich derer sich Menschen systematisch unterscheiden?
Welche Motivdispositionen sind laut Henry Murray psychologisch relevant?
Affiliationsmotiv: Bestreben, positive soziale Beziehungen zu pflegen
Leistungsmotiv: Bestreben, sich mit Gütestandards auseinanderzusetzen und die eigene Leistung zu erhöhen
Machtmotiv: Bestreben, Einfluss auf andere Menschen auszuüben
Was ist eine Interaktionistische Sichtweise?
Murray:
Neben Bedürfnissen (needs) ist Verhalten auch von einer situativen Komponente beeinflusst (presses)
Press(es): situative Bedingungen, die Bedürfnisbefriedigung erleichtern/erschweren
Alpha-Press: objektive Merkmale einer Situation, die die Bedürfnisbefriedigung ermöglichen/erschweren
Beta-Press: subjektive Wahrnehmung und Interpretation der Situation, die Bedürfnisbefriedigung ermöglichen/erschweren
Interaktionismus: Verhalten kann nur durch die Interaktion von Merkmalen der Person (needs) und Merkmalen der Situation (press) erklärt werden
Welche zwei unabhängige Motivsysteme gibt es?
Explizite Motive: Bewusst, sagen geplantes und kontrolliertes Verhalten vorher
Implizite Motive: Unbewusst, sagen spontanes Verhalten vorher
Wie entstehen implizite Motive?
Theorie hat den Anspruch, die Entstehungsgeschichte und Wirkweise des Leistungs-, Affiliations- und Machtmotivs zu erklären
Natural Incentives: Belohnende Erfahrungen, die angeboren und universell sind (für alle Menschen in gleichem Maße gelten)
Bsp.: Geborgenheitsgefühl von Kleinkind in sozialem Umgang mit Mutter als positive affiliative Erfahrung
Durch Lernerfahrungen in der frühen (präverbalen) Kindheit kann sich jedoch der Belohnungscharakter solcher Erfahrungen verstärken oder abschwächen
Bsp.: Kind macht in versch. Situationen Erfahrung, dass sozialer Kontakt mit positiven Emotionen verbunden ist
Auf diese Weise entwickeln sich inter-individuelle Unterschiede in impliziten Motivdispositionen
Bsp.: Mensch entwickelt eine generelle Tendenz soziale Kontakte mit positivem Emotionen zu assoziieren àstarkes Affiliationsmotiv
-> Aber: Lediglich theoretische Annahmen
möglicher genetischer Einfluss bislang nicht ausgeschlossen (aber plausibel)
Evidenz, dass implizite Motive sich auch im Erwachsenenalter noch ändern können
Wie lassen sich implizite und explizite Motive messen?
Deklarative Maße: Fragebögen
z.B. Personality Research Form (Jackson, 1974; dt. Fassung: Stumpf et al., 1985)
Nondeclarative measure: alles andere
z.B. Projektive Verfahren (sog. Picture Story Exercises PSEs)
Grundannahme: Menschen mit hoher Motivausprägung haben eine Tendenz, mehrdeutige Stimuli Motiv-kongruent zu deuten
Bsp.: Thematischer Apperzeptionstest (TAT)
Was zeigen frühre experimentelle Studien zu der Entdeckung von Motivsipositionen und PSEs?
Bei ausgehungerte Probanden mehr Inhalte, die mit Essen zu tun haben (McClelland & Atkinson, 1948)
Nach leistungsrelevanten Situationen mehr Leistungsthematik (McClelland et al., 1953)
Nach Hören von charismatischer Rede mehr Machtthematik (Winter, 1973)
Auf Party mehr Affiliationsthematik als im Hörsaal (McAdams, 1980)
-> Menschen, bei denen ein bestimmtes Motiv angeregt wurde, projizieren das Motiv in die Geschichten
-> Annahme: Über Analyse von Textinhalten lassen sich auch Rückschlüsse auf zeitstabile interindividuelle Unterschiede ziehen
Was ist der operante Multi-Motiv-Test (OMT)
Der Operante Multi-Motiv-Test (OMT) - eine Art der PSE
Kuhl (2013)
Abstraktere Bilder
Markieren von Hauptperson (Annahme: Identifikation mit Selbst)
Fragen zu jedem Bild, die die Antworten strukturieren
Die drei klassischen Motivekodierbar (Affiliation, Leistung, Macht), zusätzlich Freiheitsmotiv
Was ist der Partner- Related Agency und Communion Test (PACT)?
Partner-Related Agency and Communion Test (PACT) - eine Art der PES
Hagemeyer & Neyer (2012)
Misst implizite Motive in Partnerschaften
Befürdnis nach physischer und/oder emotionaler Nähe zum Partner (communion)
Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeitvom Partner (agency)
Messansatz: Variante des OMT
Wie sind die PSE psychometrsich zu bewerten?
Objektivität:
Kodiererübereinstimmung meist gut (r >.75 bei zwei geschulten Kodierern)
Reliabilität:
Interne Konsistenz gering (α < .50) - Wie stark die Items zusammenhängen (Bilder und Geschichten)
-> Geschichten sind untereinander oft unterschiedlich
Retest Korrelationen moderat bis gering (r ≈ .60 nach einer Woche, r≈ .40 nach einem Jahr)
Mögliche Erklärungen für geringe Retest Korrelation und interne Konsistenz?
-> Krumbachs Alpha kein gutes Maß für Methode
Retest Korrelation: Erinnerungseffekte
Interne Konsistenz:
Sättigungsverlauf über Geschichten hinweg (Motiv wurde zuvor entladen)
Inter-individuelle Unterschiede darin, welche Bilder motivanregend sind
Sind explizite und implizite Motive wirklich unabhängig?
Metaanalyse (Köllner und Schultheiss, 2014)
56 Stichproben , N= 6151
mittlerer Zusammenhang: r.13 (schwach)
in neuen Studien eher Null (evtl. durch publication bias)
-> prakitsch kein Zusammenhang zwischen expliziten Motivmaßen und impliziten Motivmaßen
Aber: Positiver Zusammenhang zwischen expliziten und impliziten Motiven bei hoher Ausprägung von:
Private Body Consciousness (Thrash et al., 2007) - Körpersensibelen
Self-Determination (Thrash & Elliot, 2002) - hoher Selbstbestimmtheit
Und: Eine Passung zwischen expliziten und impliziten Motiven sagt wiederum das Wohlbefinden vorher (bspw. Hofer & Chasiotis, 2002)
Allerdings: Teilweise inkongruente Befunde, Replikationsstudie notwendig
Welche Vorhersagekraft haben explizite und implizite Motive?
Leistungsmotiv:
Explizit:
Präferenz von Leistungsaufgabe gegenüber anderer Tätigkeit (Brunstein & Hoyer, 2002)
Freiwillige Organisation von Gruppenaufgaben (Biernat, 1989)
Implizit:
Persistenz bei Leistungsaufgaben mit idiosynkratischem Feedback (Rechenaufgaben, Anagramme, Konzentrationstests; Biernat, 1989; Brunstein et al., 2005)
Affiliationsmotiv:
Menschen mit hohem impliziten Affiliationsmotiv sagt eher nonverbales Interaktionsverhalten vorraus
Menschen mit hohem expliziten Affiliationsmotiv sagt eher verbales Interaktionsverhalten vorraus
Was sind motivspezifische affektive Kontingenzen?
Motivspezifische affektive „wenn-dann“ Kontingenzen: Tendenz mit positivem Affekt auf motivspezifische Belohnungsreize (Incentives) zu reagieren
Beispiel Affiliationsmotiv: incentive = sozialer Einschluss
Idee: Diejenigen Menschen, bei denen ein motivspezifischer Incentive besonders positive Reaktionen auslöst, streben diesen Incentive dispositionell an
Beispiel: Löst sozialer Einschluss besonders positive Reaktionen aus, so wird er häufig aufgesucht (starkes Affiliationsmotiv)
Wie kann man motivspezifische affektive Kontingenz messen?
Präsentation von Bildern
Idee: automatische positive affektive Reaktion
Erfassung mit
Affektratings: Wie hast du das gerade erlebt
EMG: Mimische Reaktion
Welche Relevanz haben motivspezifische affektive Kontingenzen?
Nur schwache Korrelationen von motiv-spezifischer affektiven Kontingenzen mit Motiv-Selbstberichten und PSE Scores
Aber: Vorhersage motivationaler Outcomes (besser als PSE)
Implikationen:
Motivspezifische affektive Kontingenzen sind von Bedeutung für motiviertes Verhalten
Die klassische Annahme eines expliziten Motivsystems (erfasst über Selbstberichte) und eines impliziten Motivsystems (erfasst über die PSE) stellt eine zu starke Vereinfachung dar
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