Was ist die klassische Fassung der Reinforcement Sensitivity Theory (RST) (Jeffrey A. Gray (1934-2004))
Fokus nicht auf kortikaler Erregung (Eysenck), sondern auf differentieller Sensitivität für Verstärker (= Reinforcement Sensitivity)
->Belohnungssensitivität -> Bestrafungssensitivität
bezieht Persönlichkeitsunterschiede auf 3 (verbundene) Hirnsysteme:
BIS: Behavioral Inhibition System
BAS: Behavioral Activation System
FFFS: Fight-Flight-Freeze System
• Persönlichkeit: Ausgangspunkt bei Eysenck, Experimente
aber andere Rotation und Benennung (Ängstlichkeit & Impulsivität)
Wie funktioniert das Behavioral Inhibition System (BIS)?
BIS spricht auf Reize an, die negative/aversive Ereignisse ankündigen (Bestrafungssensitivität):
->konditionierte Hinweisreize für Bestrafung (& Nicht-Belohnung)
->neuartige Reize
bei Aktivierung des BIS: Verhaltenshemmung („Innehalten“), Erregungssteigerung, erhöhte Aufmerksamkeit, v.a. für bedrohliche Reize
Vorherrschende Emotion: Angst (BIS kann pharmak.. d. Anxiolytika gedämpft werden)
biologische Basis: Septohippocampales System (ergänzt durch Papez-Kreis, temporale & frontale Areale des Neocortex, und insb. NA & 5-HT Projektionen in diese Regionen)
NA informiert über Bedeutsamkeit eingehender Reize; 5-HT über deren negative Valenz
Wie funktioniert das Behavioral Activation System (BAS)?
BAS spricht auf Reize an, die positive Konsequenzen ankündigen (Belohnungssensitivität):
-> konditionierte Hinweisreize für Belohnung (& Nicht-Bestrafung)
Aktivierung des BAS: Verhaltensaktivierung, Annäherungsverhalten
Positive Emotionen: Freude, Glücksgefühle Erleichterung
Biologische Basis: Basalganglien, v.a. dorsales und ventrales Striatum (insb. Nucleus accumbens: Teil des reward systems), inkl. Verbindungen zum PFC, Modulation durch dopaminerge Afferenzen
Wie funktioniert Fight Flight Freeze System (FFFS)?
sensitiv für unkonditionierte Bestrafungsreize (existentielle Bedrohung)
Aktivierung resultiert in Kampf (falls Distanz gering) oder Flucht/Erstarrung (falls Distanz größer)
Emotion: Furcht, Panik (Reaktion kann durch Anxiolytika nicht gehemmt werden)
biologische Basis: u.a. medialer Hypothalamus (vegetatives NS) und zentrales Höhlengrau (Schmerzunterdrückung, Angst-/Fluchtreflexe)
-> Biologische Basis des Psychotizismus
Wie beeinflussen BIS und BAS Persönlichkeit?
BIS und BAS sind keine unabhängigen Systeme: ist das eine aktiviert, wird das andere gehemmt
ein chronisches Ungleichgewicht der beiden Systeme als Grundlage der Ängstlichkeit und Impulsivität
->Ängstlichkeit: BIS besonders ansprechbar
->Impulsivität: BAS besonders ansprechbar
Wie werden BIS/BAS-Scales erfasst?
Erfassung BIS & BAS
Items aber unzureichend an
Gray‘s Modell orientiert
moderate psychometrische Eigenschaften; FB wird jedoch häufig verwendet
SPSRQ [Sensitivity for
Punishment and Sensitivity for
Reward Questionnaire] (Torrubia et al., dt. Hewig et al.)
• stringentere Itemsammlung & bessere psychometrische Eigenschaften
Wer lernt besser durch Belohnung oder Bestrafung? Personen mit hohen BAS oder BIS Werten?
Personen mit hohen BAS Werten lernten in Reward Trials schneller (durch Annäherung, bzw. „Drücken“)
Personen mit hohen BIS Werten lernten in Punishment Trials schneller (durch Vermeidung, bzw. „Nicht-Drücken“)
Welche zentralen Änderungen gab es in der revidierten Fassung der RST?
FFFS
reagiert auf unkonditionierte und konditionierte Hinweisreize für Bestrafung
-> Vermeidung
BAS
reagiert auf unkonditionierte und konditionierte Hinweisreize für Belohnung
->Annäherung
->Neue Reize aktivieren FFFS und BAS simultan
Was sind allgemeine Schlüsse aus der RST? (Fazit)
viel versprechende biopsychologisch fundierte Persönlichkeitstheorie
integriert persönlichkeitspsychologisch orientierte Ansätze (Impulsivität/Ängstlichkeit) mit lerntheoretischen (Belohnungs-/Bestrafungs-sensitivität) und kognitiv- neurowissenschaftlichen Zugängen (conflict monitoring, Aufmerksamkeit)
Forschung zur empirischen Prüfung und psychometrischen Erfassung in vollem Gange, meta-analytische Befunde stützen im Wesentlichen die Voraussagen der revidierten RST zu Persönlichkeitsunterschieden
Was ist der Ausgangspunkt der Sensation Seeking Theory v. Marvin Zuckerman?
initiale Beobachtung: Personen unterschieden sich in ihrem Bedürfnis nach Stimulation und in der Unruhe bei sensorischer Deprivation
-> bedürfnis nach wechselnden, neuen, intensiven und komplexen Erregungen
-> Bereitschaft, um dieser Erregung Willen physische, finazielle und soziale Risiken auf sich zu nehmen
Versuch der Systematisierung und Operationalisierung des Phänomens
Konzeptualisierung von Sensation Seeking
Wie wird das Konzept des Sensation Seeking in ein “Alternatives Fünf-Faktoren Modell” integriert?
schlägt einen Mehr-Ebenen Ansatz zur Erforschung der biopsychologischen Grundlagen der Persönlichkeit vor
Idee: interindividuelle Unterschiede im Sensation Seeking (bzw. zentraler Persönlichkeitsmerkmale) auf unterschiedlichen Verhaltens- und Erklärungsebenen untersuchen.
Thrill and Adventure Seeking (TAS)
Neigung oder Wunsch, Spannung & Abenteuer durch riskante, aufregende Aktivitäten wie schnelles Fahren, riskante Sportarten, etc. zu erleben
Experience Seeking (ES)
Neigung, neue Eindrücke zu bekommen & neue Erfahrungen zu machen (z.B. Reisen, ungewöhnliche Kunst, nonkonformistische Lebensweisen, Umgang mit sozial auffälligen oder randständigen Gruppen)
Disinhibition (DIS)
Tendenz, sich Stimulation durch soziale Aktivitäten zu verschaffen (Parties, soziales Trinken, sexuelle Kontakte)
Boredom Susceptibility (BS)
Intoleranz gegenüber sich wiederholenden Erfahrungen (Routinearbeiten, langweilige Menschen), Anfälligkeit für Langeweile, Abneigung gegenüber monotonen Situationen (diese lösen Ruhelosigkeit aus)
Wie und auf welchen Ebenen des (Sozial)verhaltens wirkt sich ein hoher/niedriger Sensation seeking Effekt aus ?
wie sehen die Geschlechts- und ALterseffekte beim SSS score aus?
Männer haben grundsätzlich einen höheren SSS-Score
Im Alter von 16-19 hat der SSS score bei beiden Geschlechtern seinen HP
Sensation Seeking in de Physiologie ( Augmenting/Reducing)
Das Prinzip: frühe EEG-Komponenten (EKPs)
N1/P1 variieren systematisch mit Reizstärke
steigende Reizintensität resultiert in größerer Amplitudenauslenkung des N1/P1 Komplex
Ab einer hohen Reizintensität jedoch inter- individuelle Unterschiede:
Reducer: N1/P1 Abnahme (Reducing als kortikale Schutzhemmung)
Augmenter: N1/P1 Zunahme (weitere Amplitudenzunahme bei starker Reizintensität (Augmenting)
-> positiver Zusammenhang zwischen kortikalem Augmenting und Sensation Seeking (vor allem DIS) gut belegt
Welche Unterschiede im Sensation Seeking entsteht durch Monoamine? (Psychopharmakologisches Modell)
Seretonin (5-HT)↓
assoziiert mit: geringerer (Verhaltensent)hemmung
Dopamin (DA)↑
assoziiert mit: höherer Belohnungssensitivität/ Annäherungsverhalten
Noradrenalin (NA)↓
assoziiert mit: niedriger kortikaler, autonomer Erregung/ Arousal
Monoaminerge Modulation im Sensation Seeking akzeptiert, aber:
gerichtete Annahme (DA↑, 5-HT↓, NA↓) (teils) problematisch
außerdem Differenzierung notwendig in Neurotransmitteraktivität (tonisches Aktivität) und -ansprechbarkeit (phasische Aktivität)
Was ist das Fazit zu den Biopsychologische Theorien der Persönlichkeit
liefern Erklärungsmodelle, woher interindividuelle Unterschiede der Persönlichkeit rühren und damit potentielle Ansatzpunkte für Modifikationen (z.B. Psychopharmakologie)
teils noch ausstehende empirische Bewährung, aktuell Gegenstand intensiver Forschung, u.a. aufgrund der großen Fortschritte in der Entwicklung biologischer Untersuchungstechniken & Messmethoden
jedoch hoher Einsatz an Technik, Zeit und Geld- Studien umfassen oft noch kleinere Stichproben
Wie wirkt Tesosteron?
Testosteron gehört zur Gruppe der Steroidhormone, bzw. der lipophilen Hormone
Wirkung erfolgt über Androgenrezeptoren
langsame, genomische Wirkung: Veränderung der Gentranskription durch Bindung an intrazelluläre Rezeptoren
schnelle, nicht-genomische Wirkung durch Bindung an membranständige Rezeptoren
passiert die Blut-Hirnschranke
Wirkung auf psychische Funktionen durch Bindung an
Androgenrezeptoren im ZNS
Beeinflussung von sexuellem Verlangen, Antrieb/Aktivität, dominantem/aggressivem Verhalten und damit assoziierten Persönlichkeitsmerkmalen
Wodurch werden Persönlichkeitsmerkmale (Psychopharmakologisch) beeinflusst?
Persönlichkeitsmerkmale werden durch viele miteinander interagierende Systeme/Transmitter beeinflusst
Beispiel: Psychotizismus-Impulsive Unsocialized Sensation Seeking (P-IMPUSS) wird moduliert durch das Zusammenspiel verschiedener Transmittersysteme
->auch Modulation durch Geschlechtshormone (Testosterone)
Welche Möglichkeiten existieren im Humanbereich, den Zusammenhang zwischen Steroidhormonen und Persönlichkeitsmerkmalen (z.B. Aggressivität od. Dominanzverhalten und Testosteron) zu untersuchen?
Messung von basalen Testosteronkonzentrationen in Blut oder Speichel
Erfassung der Testosteronreaktivität nach Provokation
Administration von Testosteron vs. Placebo
Längenverhältnis von Zeigefinger zu Ringfinger (2D:4D) als Marker der pränatalen Testosteronexposition
Welcher Zusammenhang besteht zwischen einem basalen Testestoronspiegel und versch. Maßen der Agressivität?
Meta-Analysen zeigen einen signifikanten, aber schwachen positiven Zusammenhang (r=0.08 - r=0.14) zwischen basalen Testosteronspiegeln und verschiedenen Maßen der Aggressivität
Neuere Meta-Analyse zeigt keine veränderten Testosteronspiegel bei Sexualstraftäter
Studie an Gefängnisinsassen:
• Hohe Testosteronspiegel sind mit besonders gewalttätigen Verbrechen und Verstößen gegen die Gefängnisregeln assoziiert
Testestoron vs. Placebo
Studie
N = 24 Frauen erhielten Testosteron oder Placebo
erfasst wurde die eingeschätzte Vertrauenswürdigkeit von Gesichtern
Ergebnis
Testosteron reduziert Vertrauen, aber nur bei jenen, die ein höheres Grund- vertrauen besaßen (und möglw. ein höheres Risiko getäuscht zu werden)
N = 142 Männer erhielten Testosteron oder Placebo
erfasst wurde das Risikoverhalten während eines Börsenspiels
Die Gabe von Testosteron führte zu risikoreicheren Investitionen, die mit einer Destabilisierung des Marktes verbunden waren
Probanden erhielten eine einmalige Dosis Testosteron oder Placebo
Testsession: Ultimatum-Spiel
Frauen, die glaubten Testosteron erhalten zu haben, machten vermehrt unfaire Angebote (unabhängig davon, ob sie wirklich Testosteron erhielten)
Was ist 2D:4D Ratio?
Verhältnis der Länge des Zeigefingers zur Länge des Ringfingers (2D:4D)
Retrospektiver Marker für die pränatale Testosteronexposition
Balance zwischen pränatalem Testosteron und Östrogen beeinflusst das 2D:4D ratio
Bei hohem Testosteron und niedrigem Östrogen: kleinerer 2D:4D ratio (Zeigefinger relativ kurz im Vergleich zum Ringfinger
Mechanismus: Testosteron stimuliert Wachstum, im Ringfinger (4D) befinden sich mehr Androgenrezeptoren, daher wird hier das Wachstum stärker durch Testosteron stimuliert
Männer haben kleinere 2D:4D ratios
2D:4D Ratio und Aggressivität
signifikante, aber schwache negative Korrelation (r = -0.06) zwischen 2D:4D Ratio und Aggression bei Männern
2D:4D Ratio und Sensation Seeking
Zusammenhang zwischen erhöhten pränatale Testosteronkonzentrationen und Verstößen gehen die Straßenverkehrsordnung (=Sensation Seeking Behavior)
Negative Korrelation zwischen Anzahl der Sexualpartner und 2D/4D Ratio (r= -0.27, p = 0.007)
Niedriges 2D:4D Ratio: verminderte Fähigkeit zum Belohnungsaufschub (Impulsives Verhalten)
Kann man Männer an ihren Fingern werten?
Die Studie
N= 155 Probanden (78 Männer)
Ambulatorisches Assessment jeder sozialen Interaktion (> 5min) an 20 Tagen
Männer mit niedrigem 2D:4D Ratio waren in der sozialen Interaktion mit Frauen verträglicher (Interaktion 2D:4D Ratio x Geschlecht des Gesprächspartners: p = 0.007)
Was ist Psychoneuroimmunologie?
befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen Nervensystem, Hormonsystem, Immunsystem & Psyche
Wie ist die Wechselwirkung zwischen psychischen Faktoren und Immunfunktionen?
Psychische Faktoren beeinflussen Immunfunktionen
Beispiel: Akuter/Chronischer Stress und immunologische Veränderungen
Beispiel: Persönlichkeit und Immunität
Immunfunktionen beeinflussen psychische Faktoren
aktuell diskutiert und beforscht bei Depression
Was sind Zytokine?
Botenstoffe des Immunsystems
Polypeptide, die von verschiedenen Immunzellen sezerniert werden (z.B. Makrophagen, T-Zellen) und die Kommunikation zwischen Immunzellen gewährleisten.
Ziel: wohldosierte Immunabwehr
Wie sieht die Kommunikation zwischen Immun- und Nervensystem aus?
Macht Stress krank? (Akuter Stress, Immunität)
Experiment
Physiologische und immunologische Veränderungen nach Tandemfallschirmsprung
Nach dem Sprung: Anstieg der Anzahl und Aktivität natürlicher Killerzellen (CD16+ und CD56+, eine Zellpopulation des unspezifischen Immunsystems)
Eine Stunde nach Sprung: NK Zellzahl und Aktivität sinkt unter Baseline
Neuere Meta-Analyse
Erhöhte Konzentrationen entzündungsfördernder Zytokine (Botenstoffe des Immunsystems) nach akutem Stress
Personen mit höherem Anstieg der Entzündungsmediatoren nach akuten Belastungen, sind mögl. weniger anfällig für akute Infektionen, aber anfälliger für chronische systemische Entzündungen und entzündliche Erkrankungen.
Macht Stress krank? (Chronischer Stress, Immunität)
Unter chronischen Stress finden sich häufig immunsuppressive Effekte, z.B.
verminderte IgG Produktion auf Grippeimpfung bei Pflegern eines an Alzheimer erkrankten Familienmitglieds (Vedhara et al., 1999)
verminderte NK-Zell Aktivität unter Arbeitslosigkeit (Cohen et al., 2007)
-> Beeinflussung immunologischer Parameter durch bestimmte Lebensstile, die unter chronischem Stress häufiger zu erwarten sind (Alkohol, Zigaretten, schlechter Schlaf und Ernährung)?
Schützt positive Emotionalität vor Erkältungskrankheiten?
Personen mit hoher positiver Emotionalität zeigten:
Keine Unterschiede hinsichtlich der Infektionsrate
Verminderte Erkrankungsrate bei Infektion
Weniger subjektiv geäußerte Krankheitssymptome
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