Was versteht man unter der „Automatisierungspyramide“?
Die Automatisierungspyramide dient der Einordnung von Techniken und Systemen in der Leittechnik und stellt die verschiedenen Ebenen in der industriellen Fertigung dar.
Bedeutung der Einzelnen Stufen
Die unterste Level 0 entspricht der Prozessebene, also im Fertigungsprozess selbst eingesetzte Technologien wie z. B. Temperatursensoren oder Regelventile.
Das darüberliegende Level 1 besteht aus der prozessnahen Feldebene sowie der Steuerungsebene. In der Feldebene befinden sich die Schnittstellen zum technischen Produktionsprozess und dort werden Prozesssignale und Ein- wie Ausgabemodule eingesetzt. Die Steuerungsebene enthält SPSen oder RTUs zur Regelung der untergeordneten Systeme.
Auf der Prozessleitebene Level 2 kommen Systeme wie HMI und SCADA zum Einsatz, deren Aufgabe die Überwachung und Kontrolle der Level-1-Automation sowie die Ausgabe von Stellgrößen und Sollwerten ist: An diesem Knotenpunkt werden die Informationen verschiedener im System befindlicher Komponenten zusammengeführt und deren Betriebs- bzw. Maschinendaten ausgewertet. Diese Daten werden so kompiliert und formatiert, dass Nutzer mithilfe des Human-Machine-Interfaces (HMI) die Steuerung von RTUs und SPSen anpassen oder außer Kraft setzen können. Weiterhin lassen sich die Daten auch in eine Historie einspeisen, um Trendanalysen und andere Prüfungen zu ermöglichen.
Level 3 stellt die Betriebsleitebene dar und beinhaltet das Manufacturing Execution System (MES) zur Überwachung und Planung der Produktion. Das MES dient als Schnittstelle zwischen der betriebswirtschaftlich orientierten Unternehmensebene und den operativen Produktionsprozessen und ist für KPI-Ermittlung, Material-Management, Qualitätssicherung oder Dokumentation zuständig.
Das oberste Level 4 der Automatisierungspyramide ist die Unternehmensebene. An dieser Stelle kommt das im Unternehmen genutzt ERP zum Einsatz, welches die Aufgaben der Produktionsgrobplanung und der Bestellabwicklung übernimmt.
Wie wird die Automatisierungspyramide in der Praxis realisiert?
die unteren 3 Ebenen lassen sich getrennt von den oberen beiden Ebenen betrachten
die unteren 3 Ebenen findet man in der Produktion wieder (Steuerungsebene)
Beispiel Beiersdorf AG und BMH
Was ist Horizontale Kommunikation?
Horizontale Kommunikation: Kommunikation zwischen Elementen der gleichen Ebene
Horizontale Kommunikation:
Feldbus
Industrial Ethernet
Was ist vertikale Kommunikation?
Vertikale Kommunikation: Kommunikation zwischen Elementen verschiedener, benachbarter Ebenen
Vertikale Kommunikation zwischen Sensoren/Aktoren und SPS:
Konventionelle Verkabelung
Feldbus + Remote I/O
„reiner“ Feldbus
Worin unterscheiden sich die Ebenen dieser Pyramide?
Level 0: Sensor-/Aktorebene
Hier werden die Messgrößen aus dem Prozess in el. Signale gewandelt (Sensoren) und die el. Stellgrößen aus dem Automatisierungssystem in Stelleingriffe (Aktoren) umgesetzt
Eingesetzte Systeme: Information als Spannungs-oder Stromsignal
Level 1: Feldebene (und Remote I/O)
Feldebene fungiert als Schnittstelle zwischen Produktionsprozess und Steuerungsebene. Die von den Sensor kommenden analogen Signale werden in digitale Signale gewandelt und über einen Feldbus (z.B. PROFIBUS) an Controller übertragen
Level 2: Steuerungsebene (SPS)
Auf der Steuerungsebene erfolgt die Regelung des Produktionsprozesses über SPS
Konventionelle Systemstruktur
Bei den Sensoren/Aktoren werden Messgrößen aus dem Prozess in elektrische Signale gewandelt und die elektrischen Stellgrößen aus dem Automatisierungssystem in Stelleingriffe umgesetzt.
Die Mess‐ und Stellgrößen werden als analoge Signale über Kabel von den Sensoren zu den Eingangs‐ Baugruppen des Leitsystems geführt. Dort werden die elektrischen Signale gefiltert und an den Controller zur Verarbeitung weitergeleitet.
Die Ausgangssignale werden von den Ausgangs‐Baugruppen als analoge Signale zu den Aktoren geführt.
Die E/A‐Baugruppen befinden sich in direkter räumlicher Nähe zum Controller. Dies bedingt, dass die E/A‐ Signale vom Controller aus sternförmig zu den Sensoren /Aktoren geführt werden müssen und das oft über weite Entfernungen.
Was sind Vor-und Nachteile der Konventionellen Systemstruktur
Nachteile: Folgende Störungen wirken eventuell auf Signale im Feld ein: Elektrische,magnetische, Hochfrequenz-, elektrostatische und Störungen durch Erdschleifen
Vorteile: Direkte Verbindungen bieten eine höhere Kontrolle über die Datenübertragung und können sicherer sein, da sie weniger anfällig für Cyberangriffe sind im Vergleich zu vernetzten Systemen.
Wie werden bei konventionellen Systemstrukturen die analogen Signale übertragen?
Die Information kann analog auf zwei Weisen übertragen werden:
Als Spannungssignal (Höhe der Spannung entspricht Größe des Messsignals)
Als Stromsignal (Höhe des Stroms entspricht Größe des Messsignals)
Was ist Störanfälliger: Strom oder Spannung?
Ein Kabel hat immer ein Widerstand. Die Spannung beim Sensor ist anders als da wo gemessen wird. Spannungssignal ist immer Fehlerbehaftet z.B. Temperatur hat auch eine Einwirkung
Strom kann nicht seitlich weglaufen. Er ist überall der Selbe. Je länger die Stromleitung desto besser
Feldbus und Remote I/O
Bei der Systemstruktur mit Remote I/O werden die E/A‐Baugruppen verteilt im Feld in den Unterverteiler‐Schränken installiert. Dort werden die von den Sensoren kommenden analogen Signale in digitale Signale verwandelt und über einen Feldbus (z. B. PROFIBUS) an den Controller übertragen.
Feldbus= Feldebene und binary unit system
Ein Bussystem ist ein System zur Datenübertagung zw. Mehren Teilnehmern über einen gemeinsamen Übertragungsweg
Was sind Vor-und Nachteile von Feldbus mit Remote I/O
Vorteile:
Reduktion des Verkabelungsaufwands (Senkung der Investitions‐, Installations‐ und Wartungskosten)
Kürzere analoge Signalübertragung (weniger störanfällig)
Nachteil:
Wenn ein Kabel kaputt geht schwer zu finden
Interferenzen
Reiner Feldbus
Bei der Struktur mit „reinem“ Feldbus liefern die Feldgeräte kein analoges Signal, sondern sind mit einem Feldbus‐Interface ausgerüstet
Über die Busleitung erfolgt sowohl die Energieversorgung als auch die Nachrichtenübertragung.
Über Buskoppler werden diese “langsamen“ Segmente an einen übergeordneten “schnellen“ Feldbus angekoppelt
Vor-und Nachteile reiner Feldbus
Sehr sicher, dass alle Daten ankommen
Rein digitale Signalübertragung -> Reduktion der Fehler
Durchgängig digitale Signalübertragung -> Möglichkeit, neben dem Mess‐ bzw. Stellsignal weitere Informationen zu übertragen, z.B.
Parameter zur Gerätekalibrierung
Diagnoseinformationen
Nachteile:
Langsam
Unterschied zwischen koventionellem Kabel vs. Feldbus
Messumformer zur Wandlung des Messsignals
Ein Messumformer wandelt eine Temperatur über einen Temperatursensor und einen nachgeschalteten Messumformer in ein 4...20mA Standard‐Strom‐Signal um. D. h der aufgenommene Strom repräsentiert den Messwert. Dieser Stromwert dient dann als Eingangssignal für die analoge Eingabebaugruppe des Controllers.
Der Messumformer wird über die Speisespannung U aus der Eingabebaugruppe des Controllers mit Energie versorgt.
Signal = Information + Träger
-> Bereich von 4-20mA damit Grenzen außerhalb des Messbereiches definiert werden wie z.B. für Kabelbruch, Rauschen etc.
-> Strom vs. Spannungssignal: Kabel hat immer Widerstand. Spannungssignal ist fehlerbehaftet. Strom kann nicht „seitlich weglaufen“
Was ist eine Master-Slave-Kommunikation?
Master gibt an welcher der Slaves „sprechen“ darf. Jeder Slave hat zu einer bestimmten zyklischen zeit die Möglichkeit was zu sagen
Je mehr Slaves desto kürzer die Zeit
Alle Slaves der Anlage sind über ein Bussystem mit dem Master verbunden
Informationen über andere Slaves werden vom Master vermittelt
Was sind Vor- und Nachteile von Master-Slave-Kommunikation?
Slaves können nicht untereinander kommunizieren.
Wenn der Master ausfällt, funktioniert das gesamte System nicht
Nicht echtzeitfähig
digitale Signalübertragung -> weniger störanfällig
weniger Kabel -> weniger Kosten
Was ist Industrial Ethernet?
Industrial Ethernet ist echtzeitfähiges Ethernet
Industrial Ethernet ist wie die Feldbus‐Technologie eine etablierte Technologie.
Aufgrund der breiten Anwendung des Ethernets außerhalb der AT hat Ethernet‐Technologie ein besseres Preis‐Leistungs‐Verhältnis als Feldbusse.
Welche Anforderungen gibt es an herkömmliches Ethernet durch AT?
Erhöhte Schutzart, Rüttelfestigkeit
Gleichstrom‐Spannungsversorgung
Einhaltung von Echtzeitanforderungen
Welche Echtzeitklassen gibt es?
Beschreibe die Echtzeitklassen
In die Echtzeitklasse 1 werden u.a. Anwendungen eingeteilt, die auf der Interaktion mit menschlichen Anwendern beruhen. Ein Beispiel sind SCADA‐Systeme, welche über Mensch‐Maschine‐Schnittstellen den Zustand eines überwachten physikalischen Prozesses visualisieren. Weiterhin kann der Anwender über diese Schnittstellen selber aktiv in den Prozess eingreifen
Die Kommunikation zwischen dezentralen Peripheriegeräten wie der Sensorik/Aktorik und den Steuerungen muss in der Regel Echtzeitanforderungen der Klasse 2 genügen
Die höchsten Anforderungen an die Kommunikation werden in der Klasse 3 gestellt. Eine typische Anwendung sind hier Bewegungsregelungen, bei denen mehrere über vernetzte Motoren angetriebene Achsen synchron angesteuert werden müssen.
Vorteile von Industrial Ethernet gegenüber von klassischen Feldbussen
Echtzeitdaten und Nicht‐Echtzeitdaten können quasi zeitgleich über ein gemeinsames Medium übertragen werden
Es steht ein großer Adressbereich mit einer fast unbegrenzten Anzahl an Teilnehmern zur Verfügung
Durch Kaskadierung von Switches sind große Netzwerkausdehnungen realisierbar
Größere Datenmengen können effizient übertragen werden
Es ist ein gleichberechtigter Buszugriff für alle Netzwerkteilnehmer möglich
Die Kombination verschiedener Übertragungsmedien ist möglich (Kabel, Lichtwellenleiter, Funk)
Wie bringt man Ethernet ins Feld?
Ethernet-APL (Advanced Physical Layer)
Anforderungen an Ethernet im Feld
Kommunikation unter Berücksichtigung der Randbedingungen der Prozessindustrie (raue Umgebung, spezifische Topologie‐Vorgaben)
Der Betrieb in Bereichen mit explosionsfähiger Atmosphäre muss möglich sein
Die Handhabung durch das Instandhaltungspersonal muss möglich sein
Robuste und einfache Anschlusstechnik (Verpolungssicherheit)
Die Zykluszeit für die Übertragung liegt je nach Aufgabe zwischen 10 ms und 2000 ms
Das gleiche Protokoll soll unabhängig von der eingesetzten physikalischen Übertragungsschicht (Kupfer, Glasfaser etc.) verwendbar sein
Die Protokolle müssen von allen Buskomponenten (z. B. Feldgeräte, Prozessleitsysteme, Infrastrukturkomponenten, ...) unterstützt werden
Beschreibe die Technische Umsetzung von Ethernet APL im Feld
Trunk: Bietet hohe Leistungs‐ und Signalpegel für große Kabellängen von bis zu 1000 m. Er verbindet den APL‐Power‐Switch mit dem ersten APL‐Field‐ Switch in der Linie und die APL‐Field‐Switches untereinander.
Spur: Hat eine geringere Leistung mit optionaler Eigensicherheit für Längen von bis zu 200 m und verbindet die APL‐Feldgeräte mit einem APL‐Field‐ Switch.
APL‐Power‐Switch: Speist einen oder mehrere Trunk‐Ports mit Strom und Kommunikation. Er wird in der Regel von außen mit Strom versorgt.
APL‐Field‐Switch: Speist einen oder mehrere Spur‐Ports mit Strom und Kommunikation. Er kann über einen APL‐Power‐Switch oder extern mit Strom versorgt werden
Nachteile Ethernet APL
Sicherheit (Security): Werden intelligente Geräte und eine erweiterte, Ethernet‐basierende Kommunikationsinfrastruktur im Feld eingesetzt, wird die Sicherheit des Netztes immer bedeutender. Es ist daher zwingend erforderlich, dass Protokolle für Feldgeräte über obligatorische, standardbasierte Sicherheit verfügen, die von Haus aus in das Protokoll eingebettet ist.
Praxis‐Erfahrungen: Während die Ethernet‐APL‐Technologie im Labor gut erprobt ist, stellt ihre praktische Umsetzung in Großprojekten einen kritischen Meilenstein dar, bei dem noch offene Fragen zu klären sind. Dabei geht es in erster Linie nicht um die technische Funktion selbst, sondern vielmehr um die Auswirkungen auf die Projektabwicklung, die Abhängigkeiten zwischen den Abteilungen usw.
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