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Was sind Kognitive und (neuro)physiologische Korrelate der Intelligenz?
Mental Speed
Nervenleitgeschwindigkeit (NCV, BNCV)
EP-Latenzen (EEG; BNCV
String Length (EEG)
Was sind die Grundannahmen beim Mental Speed Ansatz?
Individuelle Unterschiede in Intelligenzleistungen bedeutsam durch (zentralnervös bedingte) Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit beeinflusst
Methodischer Zugang über sehr einfache kognitive Aufgaben (elementary cognitive tasks, ECT), die ohne Vorwissen und Strategien bearbeitet werden können und die Zerlegung in verschiedene Speed-Komponenten erlauben
Was ist die Kritik am Mental Speed-Ansatz
Mental Speed überlappt mit 10% relativ gering mit Intelligenz
Aber: liegt u.a. an der häufigen Verwendung studentischer Stichproben, die ggf. eine eingeschränkte Varianz in Mental Speed u./o. Intelligenz aufweisen (sich also in diesen Merkmalen nicht so stark unterscheiden)
bei repräsentativer Stichprobe steigt Korrelation auf .50!
Was kann man auf die Kritik zum Mental Speed erwidern?
Zusammenhang von Mental Speed mit Intelligenztestleistung plausibel, da ja Tests mit Zeitbegrenzung durchgeführt werden
Intelligenztests ohne Zeitbegrenzung-> Korrelation mit Intelligenz auch dann feststellbar
Bei Intelligenztests mit besonders hoher Ladung auf „g“ zeigen sich ebenfalls höhere Zusammenhänge mit mental speed als bei Tests mit geringerer g-Ladung
Fazit: Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit (mental speed) steht in einem besonders engen Zusammenhang mit g
Was ist die Nervenleitgeschwindigkeit und wie wird sie gemessen?
Geschwindigkeit mit der elektrische Impulse entlang einzelner peripherer Nervenfasern und über Synapsen übertragen werden (periphere Nerve Conduction Velocity - NCV)
Messung: elektrische Stimulation, mittels Oberlächenelektroden appliziert (häufig am Handgelenk)
z.B. am Ellenbogen, der Achsel werden die durch die Stimulation ausgelösten Aktionspotentiale mit Ableitelektroden erfasst
Auf Basis der Distanz zwischen Stimulations- und Ableitelektrode kann aus den Latenzen die Übertragungsgeschwindigkeit der Nerven berechnet werden (NCV)
Wo liegt der Zusammenhang zwischen Nervenleitgeschwindigkeit und Intelligenz
bereits in den 20er/30er Jahren wurden Hinweise auf positive Zusammenhänge zwischen Nervenleitgeschwindigkeit und Intelligenz gefunden
Erste neuere Untersuchungen (Vernon & Mori, 1989, 1992) erfassten die NCV am Mediannerv des Arms in mehreren Studentenkohorten
NCV wurde mit Intelligenztestwerten und Reaktionszeit korreliert
-> Intelligentere Personen wiesen in diesen Experimenten eine höhere Nervenleitgeschwindigkeit und kürzerer Reaktionszeit auf
Kritik für die Messung der NCV, um ZH mit Intelligenz aufzuweisen
für Messung der NCV ist keine kognitive oder sensorische Aktivität erforderlich!
-> Messung erfolgte am peripheren Nervensystem und nicht am zentralen Nervensystem!
Was ist Vernon‘s Argument zum Zusammenhang von NCV und IQ?
Tierversuche zeigen genetisch interindividuell variierendes Aufkommen spezifischer Proteine, die am Aufbau und der Impulsübertragung von Neuronen generell beteiligt sind.
Aber: bis dato kein direkter Nachweis der Übertragbarkeit dieser Versuche auf den Menschen.
Was ist die Annahme bei String Length? (HENDRICKSON & HENDRICKSON, 1980)
EPs (Extrazelluläre polymere Substanzen) intelligenterer Personen weisen eine höhere EP-Komplexität auf
(d.h. eine größere Anzahl identifizierbarer EP Komponenten)
String-Length-Hypothese: Menschen mit hohem IQ und damit komplexeren EPs weisen längere „EP-Schnur“ auf.
Was ist der Biologische Erklärungshintergrund für die String Length Annahme
Geringerer Fehleranfälligkeit der axonalen und synaptischen Informationsübertragung in Gehirnen höher intelligenter Personen (Hendrickson & Hendrickson, 1980)
Weniger verrauschte und damit stärker ausgeprägte bzw. komplexere EPs
Gibt es einen ZH zwischen String Length und Intelligenz?
Aktuell zu heterogene Befundlage für einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen String-Length und Intelligenz
Was ist die Annahme der neuralen Effizienzhypothese?
Zerebraler Glukosemetabolismus:
Je stärker Gehirn beansprucht wird, desto größer sein Energieverbrauch.
Energieverlust muss durch erhöhten Glukose- Stoffwechsel ausgeglichen werden.
PET-Untersuchung:
intravenöse Gabe eine Radiopharmakons (gelangt über Blutkreislauf ins Gehirn - wird dort von Zellen absorbiert und damit wird Energieverbrauch im Gehirn sichtbar)
Wie funktioniert der PET-Scan beim Messen der Intelligenz und Glukosemetabolismus?
Methode: PET-Scan während der Bearbeitung von Ravens Advanced Progressive Matrices (APM)
Ergebnis: signifikant negative Korrelation zwischen IQ und Glukosemetabolismus (r = -.48 und -.84, je nach Areal)
-> intelligente Menschen verbrauchen bei kognitiver Beanspruchung weniger „Energie“ und weisen eine geringere kortikale Aktivität auf als weniger intelligente Personen
-> weniger leuchten bei der Anzeige
Warum?
Menschen mit einer höheren Intelligenz können ihr Gehirn effizienter nutzen, indem sie vorrangig nur jene kortikalen Areale aktivieren, die auch aufgabenrelevant sind, was zu einem niedrigeren Energieverbrauch des Gehirns führt
Event-related desynchronisation (%ERD) (neurale Effizienzhypothese)
Geringere kortikale Aktivität = höhere Alpha-Aktivität und fokussiertere Aktivierungsmuster bei höher-intelligenten Personen während der Lösung von Intelligenzaufgaben
Fazit der neuralen Effizienzhypothese
Intelligentere zeigen nicht lediglich schnellere, sondern v.a. effizientere Informationsverarbeitung (d.h. sie benötigen weniger Ressourcen für die gleiche Leistung)
neurale Effizienz erfassbar mittels psychophysiologischer/bildgebender Methoden (z.B. EEG, PET)
Neurale Effizienzhypothese gilt insbes. für frontale Bereiche/Areale des Gehirns.
Bereichsspezifische Erfahrung kann mit effizienter(er) Informationsverarbeitung einhergehen.
-> Neurale Effizienzhypothese gilt insb. bei Aufgaben mit niedrig bis moderatem Schwierigkeitsgrad
Was sind mögliche neurobiologische Hintergründe, die die kognitive Leistungsfähigkeit /Intelligenz des Menschen beeinflussen?
Neural Pruning
Myelinisierung
Hirnvolumen
Neuronale Konnektivität
Synaptische/neuronale Plastizität
Warum könnte neural Pruning eine mögliche Grundlage neuraler Effizienz sein?
Anzahl der Synapsen über die Lebensspanne ist nicht konstant. Post-mortem-Analysen:
1.-3. Lebensjahr: Entstehung vieler neuer Synapsen u. synaptischen Verknüpfungen. Maximale Dichte etwa im 3. Lebensjahr
Starke Abnahme der synaptischen Dichte bis etwa zum 12. Lebensjahr „neurale Bereinigung“ (neural pruning): redundante Synapsen werden eliminiert.
ab Beginn der Pubertät bleibt die Synapsenzahl weitgehend konstant, bis sie im höheren Alter (ab ca. 70 Jahren) erneut leicht abnimmt.
-> diese neuronale Bereinigung bezeichnet man als neural pruning
Warum könnte Neuronal Pruning als mögliche Grundlage neuraler Effizienz gesehen werden?
Hypothese: Effektivität des Prunings ist essentiell für die Entwicklung der späteren Intelligenz
Intelligente Personen: besonders effizientes Pruning, nur notwendige synaptische Verbindungen bleiben erhalten
-> Geringerer Energieverbrauch, fokussiertere Aktivierung = höhere neurale Effizienz
-> Je intelligenter ein Mensch ist, desto weniger Dendriten besitzt er in der Großhirnrinde (Genç et al., 2018)
Was ist die MyelinisierungHypothese?
Annahme: „Stärke“ der Myelinisierung des ZNS beeinflusst die individuelle Intelligenz
höhere Nervenleitungsgeschwindigkeit im Gehirn
geringere Leitungsverluste
weniger „cross talk“ („Übersprechen“ zwischen d. Neuronen, geringere Fehlerrate)
= stünde im Einklang mit der neuralen Effizienz-Hypothese
bewirkt/erfordert anatomisch „größere“ Gehirne...?
Was ist der Ausgangspunkt für die Myelinisierung-Hypothese
Hohe Intelligenz geht einher mit kurzen RTs in elementaren kognitiven Tests, geringerem Glucose-Metabolismus, sowie geringerer und stärker lokalisierter EEG-Aktivität (insb. im alpha Frequenzband)
Gibt es einen Zusammenhang zwischen hirnvolumen und Intelligenz?
Vermutlich handelt es sich um ein pleiotropes Phänomen: „Gehirnvolumen und Intelligenz werden von gleichen Genen beeinflusst“
Haier (2005): totales Hirnvolumen klärt etwa 16% in Messwerte der allgemeinen Intelligenz (g) auf.
Insgesamt kann der Zusammenhang zwischen Hirnvolumen und Intelligenz (g) als weitgehend belegt angesehen werden!
Aber: Frauen haben kleinere Gehirne als Männer, dennoch bestehen, wenn überhaupt, geringe IQ Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Können wir unser Hirnvolumen durch „Training“ verändern?
Längsschnittstudie zeigt Zunahme der grauen Masse im posterioren Kortex und Hippocampus bei Medizinstudenten, die sich auf eine Prüfung vorbereiteten (MRT Messungen vor, direkt im Anschluss und 3 Monate nach der Prüfung)
Was ist der Corpus callosum?
Verbindung zwischen den beiden Hirnhemisphären
besteht beim Menschen aus rund 250 Millionen Nervenfasern
besonders ausgeprägt bei Einstein im Vergleich zu Kontrollpersonen
Neuronale Konnektivität: Fingerabdruck des Gehirns und Marker für Intelligenz?
Individuelles neuronales Konnektivitätsprofil (intrinsic functional architecture, „koordinierte Aktivität zwischen Hirnarealen”)
insb. Profil in frontalen und parietalen Hirnarealen kann reliabel zwischen Personen differenzieren und korreliert hoch mit Intelligenz (r = 0.5)
Was ist die neurale Plastitizität?
Fähigkeit des Gehirns, sich neuen (Umwelt-) Anforderungen durch Wachstum und Neubildung von synaptischer und dendritischer Verknüpfungen strukturellfunktional (adaptiv) anzupassen.
These:
Durch qualitativ höherwertige Umweltstimulation hätten sich bei intelligenteren Personen adäquatere („more fine-tuned“) Neuronennetzwerke entwickelt.
Neurale Plastizitätyhypothese
potentielle Folge:
schnellere Verarbeitung von Informationen bzw. größere mentale Geschwindigkeit (siehe kürzere RTs in elementaren kognitiven Aufgaben, ECTs)
bessere Differenzierung zwischen Inputs, dadurch selektive Aktivierung aufgaben- spezifischer Hirnareale (= siehe neurale Effizienz-Hypothese)
-> Nachweis neuraler Plastizität in verschiedenen Hirnregionen des Menschen erbracht (insb. im Hippocampus (Lernen und Gedächtnis)). Für die Rolle neuraler Plastizität im Rahmen der Intelligenz ist indes weitere Forschung nötig.
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