Was sind Wertkonten und wie funktionieren sie?
Wertkonten sind ein modernes Vergütungs- und Flexibilisierungsinstrument:
Aufgeschobene Vergütung (Deferred Compensation)
Entgeltbestandteile (im weiteren Sinne) werden nicht sofort ausgezahlt, sondern einem Wert- konto gutgeschrieben, regelmäßig angelegt, verzinst und in einer späteren Freistellungsphase ausgezahlt.
Flexibles Vorsorgeinstrument
Art, Höhe und Timing der Entgeltumwandlungen sind ebenso flexibel wie die Verwendungs- möglichkeiten der Wertguthaben.
Welche drei Phasen von Wertkonten unterscheidet man?
Ansparphase
Sondervergütung, Mehrarbeitsvergütung, Urlaubsansprüche, Arbeitgeberbeiträge
Verzinsungsphase
Verzinstes Wertguthaben
Freistellungsphase
Elternzeit, Pflegezeit, Teilzeitarbeit, Vorruhestand, Sabbatical
Welche Einbringungsmöglichkeiten gibt es?
Arbeitslohn
Überstunden
Urlaubsanspruch
Arbeitgeberbeiträge
Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen sind zu beachten?
Arbeitsverhältnis bleibt während der Anspar- und Freistellungsphase bestehen.
In der Freistellungsphase besteht ein „einseitig ruhendes Arbeitsverhältnis“.
ArbN haben in der Freistellungsphase Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit.
Welche sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen sind zu beachten?
Mitarbeiter sind während der Arbeits- und Freistellungsphase in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung versichert.
Die auf die umgewandelten Entgeltteile entfallenden SV-Beiträge werden gestundet.
ArbG hat die Wertguthaben und somit die gestundeten ArbN-Anteile zur SV ebenso wie die gestundeten ArbG-Anteile zur SV gegen eine Insolvenz des Unternehmens zu sichern.
Gestundete SV-Beiträge werden in einem sv-rechtlichen Störfall fällig. Ein solcher liegt vor, wenn das Wertguthaben nicht mehr durch bezahlte Freistellung ausbezahlt werden kann.
In der Freistellungsphase entstehen auf die aus dem Wertguthaben finanzierten Freistellungs- gehälter SV-Beiträge bis zu den jeweiligen BBG.
Welche steuerlichen Auswirkungen sind zu beachten?
Auf die einem Wertkonto zugeführten Entgeltteile entsteht zunächst keine Lohnsteuer (akein Zufluss von Arbeitsentgelt), sofern die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 17.6.2009 (BStBl. I 2009, S. 1286) erfüllt werden.
Lohnsteuer entsteht erst in der Entnahmephase aufgrund des Zuflusses von Arbeitslohn beim ArbN.
Steuerbegünstigungen (z.B. steuerfreie Zuschläge für Wochenendarbeit) können bei spezieller Aufzeichnung in eine spätere Entnahmephase überführt werden.
Im Rahmen von Störfallauszahlungen ist die Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 EStG anwendbar, da Arbeitslohn für eine mehrjährige Tätigkeit besteuert wird (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG).
Bei Überführung der Wertguthaben in Anwartschaften einer betrieblichen DZ oder einer UK entsteht keine Lohnsteuer.
Welche bilanziellen Auswirkungen sind zu beachten?
ArbG hat aus der Verpflichtung zur Finanzierung der Freistellungsphase, Rückstellungen wegen ungewisser Verbindlichkeiten zu bilden.
Das für die Wertkonten gebildete Rückdeckungsvermögen ist in der Bilanz zu erfassen, da der ArbG (bei Treuhandmodellen) zumindest wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögens bleibt.
Eine Saldierung von Verpflichtung und Rückdeckungsvermögen ist nach IFRS obligatorisch (IAS 19), wenn entweder eine Treuhandkonstruktion (CTA-Modell) aufgelegt wird oder der ArbG eine RDV für die Verpflichtung aus den Wertkonten abschließt.
In der Handelsbilanz besteht seit dem BilMoG ebenfalls ein Saldierungsgebot für Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dienen (§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB).
In der Steuerbilanz würde bei einer Versicherungslösung der Verpflichtungswert dem Aktivwert (jeweils Deckungskapital) entsprechen. Bei einer Rückdeckung mittels Investmentfonds würde bei einer verzinslichen Zusage der Rückstellungswert dem aktuellen Kurs der Anteile, der Aktivwert den (fortgeführten) Anschaffungskosten der Anteile entsprechen. Eine Saldie- rungsmöglichkeit besteht nicht.
Welche Hauptvorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen?
Wann handelt es sich bei Guthaben auf Arbeitszeitkonten um Wertguthaben im sozialversicherungsrechtlichen Sinne?
Es handelt sich bei Guthaben auf Arbeitszeitkonten nur dann um Wertguthaben im sozialver- sicherungsrechtlichen Sinne, wenn es aufgrund einer Wertguthabenvereinbarung (§ 7b SGB IV) gebildet wurde. Eine Wertguthabenvereinbarung liegt vor, wenn
in einem schriftlichen Vertrag vereinbart ist, dass Arbeitsentgelt in ein Wertguthaben eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit wieder abzubauen;
das aus dem Wertguthaben fällige Arbeitsentgelt mit einer vor oder nach der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleitung erzielt wird und
das fällige Arbeitsentgelt insgesamt 450 Euro monatlich übersteigt, es sei denn die Beschäftigung wurde vor der Freistellung als geringfügige Beschäftigung ausgeübt.
Als Negativabgrenzung darf die Wertguthabenvereinbarung nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen verfolgen (§ 7b Nr. 2 SGB IV).
Nur die so abgegrenzten Wertguthaben unterfallen den verschärften Insolvenzsicherungsbestimmungen und den besonderen sv-rechtlichen Aufzeichnungsverpflichtungen.
Welche Modelltypen gibt es?
Langzeitkonten sollen dem ArbN Freistellungen ohne Gehaltseinbußen innerhalb der Erwerbsphase ermöglichen. Die Beschäftigten können ihr angespartes Wertguthaben etwa für Sabbaticals, einen Erholungsurlaub, Fortbildungen und Qualifizierung, die Eltern- oder Pflegezeit oder eine Teilzeitbeschäftigung nutzen (vgl. § 7c Abs. 1 SGB IV).
Lebensarbeitszeitkonten sollen den ArbN einen vorzeitigen Ruhestand finanzieren helfen und dem ArbG die Möglichkeit eröffnen, in den oft wenig produktiven Vorruhestandsphasen Mitarbeiter freizusetzen.
Gleitzeitkonten werden eingesetzt, um die Mitarbeiter innerhalb eines vorgegebenen Rahmens selbst über Lage und Dauer ihrer Tages- und Wochenarbeitszeit entscheiden zu lassen.
Flexi-Konten werden zum Ausgleich von mittel- bis langfristigen Schwankungen in der Produktions- und Auftragslage eingesetzt. Sie können zur Vermeidung oder zumindest zur Verzögerung von Kurzarbeit und eines Stellenabbaus eingesetzt werden.
Welche Zusagevarianten von Wertkonten gibt es?
ArbN werden nur dann Entgeltteile einem Wertguthaben zuführen, wenn diese bis zu einer späteren Auszahlung verzinst werden. Denn ohne Verzinsung würden ArbN sich das bereits erdiente Entgelt sofort auszahlen lassen und es in ihrem Privatvermögen anlegen.
Hinsichtlich der erforderlichen Verzinsung der Wertguthaben lassen sich drei Zusagevarianten unterscheiden:
Welche externen Anlagen lassen sich unterscheiden?
§ 7d Abs. 3 SGB IV versteht unter Anlage der Wertguthaben nur die externe Anlage.
Nach der Verbreitung der externen Anlage lassen sich unterscheiden:
Investmentrückdeckung (4.3.1.1)
Versicherungsrückdeckung (4.3.1.2) und
Banksparpläne (4.3.1.3).
ArbG und ArbN stimmen sich mit der Auswahl einer Investmentgesellschaft, eines Versicherers oder eines Anbieters von Banksparplänen ab.
Welche vier Prüfkriterien legt § 7e Abs. 6 SGB IV für die Betriebsprüfung fest, die eine Verletzung der Insolvenzsicherungspflicht anzeigen?
Wird ein Kriterium erfüllt ist der im Wertguthaben enthaltene Gesamtsozialversicherungsbeitrag festzustellen. Die Prüfkriterien sind im Einzelnen:
1. Fehlende Insolvenzschutzregeln (§ 7e Abs. 6 Nr. 1 SGB IV)
Liegtkeine(d.h.wedereinegeeignetenocheineungeeignete)Sicherungsmaßnahmevor, ist sv-rechtlich abzuwickeln.
2. Ungeeignete Sicherungsmittel (§ 7e Abs. 6 Nr. 2 SGB IV)
Liegen ungeeignete Insolvenzschutzmaßnahmen vor, ist ebenfalls sv-rechtlich abzuwickeln.
Als ungeeignete Sicherungsmittel gelten nur die in § 7e Abs. 3 SGB IV genannten Maßnahmen. Ob weitere Maßnahmen
ebenfalls ungeeignet sind, ist nicht zu prüfen.
SomitlösenfolgendeMaßnahmendiesv-rechtlicheAbwicklungaus(vgl.Abschnitt4.4.3):
Bilanzielle Rückstellungen ohne weiteren Insolvenzschutz sowie o Einstandspflichten zwischen Konzernunternehmen.
3. Nicht ausreichende Höhe der Sicherungsmittel (§ 7e Abs. 6 Nr. 3 SGB IV)
§ Eine sv-rechtliche Abwicklung ist auch vorzunehmen, wenn die Sicherungsmittel das Wertguthaben um mehr als 30% unterschreiten.
§ Sicherungsmittel einer geeigneten Sicherungsmaßnahme sind (vgl. Abschnitt 4.4.2):
Zweckgebundenes Treuhandvermögen (Treuhandsicherung)
Verpfändetes Vermögen (Sicherung durch Verpfändung)
Das die Bürgschaft umfassende Vermögen (Bürgschaftsabsicherung).
§ Das Wertguthaben ist in Abhängigkeit der Zusageart für Zwecke dieses Prüfkriteriums zu bestimmen.
4. Keine Absicherung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (§ 7e Abs. 6 Nr. 4 SGB IV)
§ Ebenfalls ist das Wertguthaben sv-rechtlich abzuwickeln, wenn die Sicherungsmittel den im Wertguthaben enthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht enthalten.
Last changeda year ago