Kapitel 31.1.1 Wirkprinzipien (Beziehung und Verstehen)

3 Zentrale Elemente:

• hilfreiche therapeutische Beziehung und Nutzung dieser,

• Vermittlung emotionaler Einsicht in unbewusste Hintergründe der Symptomatik,

• Erleben und Handeln des P, Aufbau bzw. Förderung von unzureichend zur Verfügung stehenden strukturellen Funktionen

• Realbeziehung

• Arbeitsbündnis

• Übertragungsbeziehung (spezifisch psychodynamisch)

Die verschiedenen Aspekten helfen dem Veränderungsprozess.

Gewichtung ist abhängig von der Wahl des psychoanalytischen Verfahrens.

• Arbeitsbündnis: verlässlicher, geschützter Rahmen als Voraussetzung

• Übertragungsbeziehung manifestiert ungelöste Konflikte und strukturelle Probleme -> daraus resultierende Affekte und Abwehrkonstellationen. Sonst unbewusste störungsrelevante Disposition wird interpersonell erlebbar, bewusst und bearbeitbar

-> Neue emotionale Erfahrungen : dysfunktionale verinnerlichte Beziehungsrepräsentanzen aktualisieren sich, aber T beantwortet diese anders als erwartet, Gefahr sich in Muster verstricken zu lassen -> damit arbeiten: interaktive Co Regulation, z.B. rupture-repair, mismatches

Phänomen Übertragung ist ubiquitär (überall verbreitet) und zentraler Aspekt psychoanalytischer T:

• unbewusste Konflikte, Beziehungsmuster und Repräsentanzen sowie strukturelle Vulnerabilitäten manifestieren sich in Übertragungsbeziehung und sind bearbeitbar

• Freud: Neuproduktion infantiler Beziehungserfahrungen in Therapie als „falsche Verknüpfung“, „Verzerrung“, „Wiederholung“

• Heute Neuproduktion als „Neuschöpfung“ im Hier und Jetzt

• Vgl. Traumbildungsprozess: unbewusste Muster hängen sich an Tagesrest und bilden manifesten Traum

• Bisher unbewusste Wünsche und damit verbundene Affekte, die dem Verhalten Erleben zugrunde liegen gemeinsam herausarbeiten, dadurch Integration ins erwachsene Selbst möglich -> Aufarbeitung Vergangenheit ergibt sich von selbst, aber nicht notwendig, führt zu Vertiefung des Selbstverständnisses und Veränderungen

P bekommt Zugang zu inneren Zuständen und Prozessen, die von früher entstandenen unverarbeiteten psychischen Mustern geprägt sind

• Regression im Dienste des Ichs

• Solange unbewusst: weder zu erfüllen, noch aufzugeben, noch in erwachsene Form transformierbar,

• Maligne Regression: wenn auftauchende infantile Wünsche, Impulse etc. von P als nicht bearbeitbar, als gültig und unhinterfragbar erlebt -> potenziell hilfreiche Beziehungen werden zerstört

• Bei starker Neigung zu malignen Regression ist das eine Kontraindikation für eine regressionsfördernde Behandlung

• Psychoanalytische Grundregel: P sagt alles, was in Kopf kommt, fördert Regression und führt zur freien Assoziation -> führt zu Annäherung an unbewusste Konflikte und Bedeutungen,

• Gleichschwebende Aufmerksamkeit: Keine Furcht vor Regression

• Komplementär dazu: kognitiv-emotionale interpretierende Verarbeitungstätigkeit der Analytikerin: eine das aktuell Geschehen reflektierende Haltung einnehmen und Hypothese über unbewusste Determinanten formulieren

  • Verbindung Regression und auftauchende Emotionen/Wünsche/Phantasien und kognitive Reflektion dessen -> Parallelprozessieren auch als therapeutische Ich Spaltung bekannt

  • Analytischer Prozess als Oszillieren zwischen diesen Polen (gilt für T und P)

• Abstinenz

• Anonymität

• Neutralität

• Anonymität: keine persönliche Bekanntschaft zwischen T und B sorgt für Vertrauen

• Abstinenz: ermöglicht Zugänge zu bisher verborgenen Verbindungen, „Der Analytiker hat auf nichts Anrecht als auf sein Honorar“

• Neutralität: bzw. technischer Neutralität (innerlich unneutral, auf Behandlungsebene neutral verhalten), weil Ideal nicht erreichbar,

• Regressive Übertragungsbeziehung v.a. bei rigiden Persönlichkeitsstrukturen mit rigider Motiv-Affekt-Abwehrdynamik indiziert, nicht bei schwerer struktureller Beeinträchtigung

• Tiefe der Regression richtet sich nach Grad der Verankerung der Störungsdisposition in Persönlichkeit und Ausmaß struktureller Vulnerabilität

• „neue Beziehungserfahrung“ hilfreich zentral, dass sich T anders verhält als aus den frühen Erfahrungen entstandene unbewusste Beziehungserwartungen

Strupp und Binder: interaktionelles Aushandeln, Übertragungsbeziehung als zwischenmenschliche Inszenierung innerseelischer Konflikte von P und T

Klüwer: Handlungsdialog gestaltet sich nach expliziten und impliziten Beziehungsregeln von P und T

• Minimalistischer Therapieentwurf -> T erspürt Rollendruck ohne ihm nachzugeben und durchbricht maladaptiven Zirkel

• ABER: Notwendigkeit dass T Beziehungserwartung zumindest teilweise entspricht, als Voraussetzung, dass P sich auf Veränderungsprozess einlässt + T kann charakteristisches Beziehungsmuster erst verstehen, wenn es sich in der Beziehung realisiert

  • T muss sich zu einem kleinen Teil verführen lassen, um zu verstehen

Das zentrale ist ein Kommentar von Benecke

emotionale Einsicht des P in therapeutischer Beziehung wichtige Wirkvariable

• objektiv

• subjektiv

• szenisch

• Benecke unterscheidet Außenszenen und Innenszenen

• Um Szene psychoanalytisch zu verstehen ist zentral unbewusste Anteile, zusätzliche Bedeutungen und Verfälschungen der Situation herauszuarbeiten

Außenszenen – Verstehen von Beziehungsschilderungen

• Wichtige Quelle des Verstehens: Inhalte der Erzählungen des P, in allen Schulen Qualität therapeutischer Beziehung zentral, PA: v.a. aktuelle Beziehungskonflikte als Manifestation innerer und unbewusster (infantiler) Konflikte zu sehen und das zu beleuchten

• Vers. Ansätze verbal-sprachliches Material des P zu operationalisieren, bekanntester ZBKT (Zentrales Beziehungskonfliktthema) nach Luborsky und CMP (Cyclic Maladaptive Pattern) nach Strupp und Binder

• Repräsentation von Beziehungen mit Qualitäten von Subjekt und Objekt und affektiver Reaktion und Abwehr spiegeln sich wider

  • Abwehrprozesse verändern Oberfläche und werden sichtbar

• T muss verbalsprachliche Inhalte erfassen, ordnen, zueinander in Beziehung setzen und mit allgemein-psychologischen, kulturellen und spezifisch-klinischem Wissen interpretieren

Innenszenen – vom Erleben zum Verstehen

• Wichtige Quelle des Verstehens: Erleben des T in aktueller Situation mit P: Empathie bzw. Gegenübertragung (zentrale Bausteine des szenischen Verstehens)

• Empathie in allen Schulen zentral

• (Unbewusstes) affektives Erleben des P entsteht ebenfalls als (unbewusstes) affektives Erleben in Analytikerin -> durch Reflektion dem P attribuiert,

• Deutsch: konkordante Gefühlseinstellung

• Kernberg: nicht nur in augenblickliches Selbsterlebens des Ps einfühlen, sondern auch in das, was P projiziert, dissoziiert oder verdrängt

Wellendorf: empathisches Verstehen hat Grenzen

• Auf Seiten Analytikerin: z.B. Verstrickung Ü/GÜ, Kulturelle Fremdartigkeiten

• Auf Seiten P: wenn Verstanden Werden als Bedrohung warhgenommen

• Daher intersubjektives Verständnis von Empathie, kann nicht intentional hergestellt werden, sondern spezifische Qualität analytischer Beziehung, gemeinsames Produkt bzw. interaktive Erfahrung

• Benecke Achtung: hier Vermischung alltäglicher Wahrnehmung von Empathie und als interaktive Erfahrung

Früher: GÜ als neurotische Reaktion des Analytikers/Störfaktor

Heimann: ganzheitliche Auffassung, alle Gefühle (innerpsychisches Emotionen, Phantasien und Handlungsimpulse)des T sei Schöpfung des P, diagnostisches Hilfsmittel, reale Umsetzung der Handlungsimpulse des T: Gegenübertragungsagieren

Schwierig zu unterscheiden, ob Erleben des T durch P hervorgerufen oder nicht, erst GÜ, wenn eindeutig P als Quelle (Zurückführung auf Verhalten des P (auch nonverbal) als Teil des szenischen Verstehens

• Herausfinden durch Vergleich eigener Reaktion mit von P berichteten Reaktion Anderer auf das Verhalten des P

• Frage nach Umgang mit GÜ von T: überwiegend: T sollte nicht nachgeben, sondern als diagnostisches Instrument, mittlerweile auch: Unvermeidbarkeit der aktiven Teilnahme an der Inszenierung der Ü: „gleichschwebende Rollenübernahmebereitschaft“ (Sandler) oder „Handlungsdialog“ (Klüwer), nicht per se schädlich, sondern Durchgansstufe für tieferes Verstehen,

  • Gü wird dadurch zu Bestandteil des intersubjektiven Prozesses