Soziologie
-> Definition (grob)
Klassische Definition von Max Weber (Wirtschaft und Gesellschaft):
„Soziologie“ (im hier verstandenen Sinn dieses sehr vieldeutig gebrauchten Wortes) soll heißen: eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will.
Handeln« soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden.
Soziales« Handeln aber soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist."
Hintergründe
Rechtssoziologie = Teilgebiet der Soziologie (aber traditionell von Juristen betrieben)
D.h.: Ziel ist die Erforschung sozialen Verhaltens
Hier: soziales Verhalten, das auf Recht bezogen ist
Wechselwirkungen
Die faktische Kraft des Normativen - Beeinflussung menschlichen Verhaltens durch Normen (wenn auch mitunter nicht in der gewünschten Richtung)
Die normative Kraft des Faktischen - praktische Umsetzung von Normen + sonstige faktische Einflüsse (heute: v.a. technologische Innovationen) können diese in eine ungewollte Richtung lenken, ganz aushebeln etc.
Forschungsgegenstände der (angewandten) Rechtssoziologie
Soziale (faktische) Entstehungsbedingungen für Rechtsnormen
Soziale (faktische) Umstände der Anwendung von Recht
Untersuchungen zur gerichtlichen Praxis
Untersuchungen zur Praxis der Verwaltung
Untersuchungen zur Tätigkeit des Gesetzgebers
Untersuchungen zur Vermittlung des Rechts in der Ausbildung
(etc. Anwälte, Staatsanwälte, Polizei,...)
Soziale (faktische) Wirkung von Recht
Auf den Einzelnen
Auf Gruppen / die Gesellschaft
(Empirische) Wechselwirkung zwischen rechtlichen und anderen sozialen Normen
Beschreibung des Unterschieds: Rechtssoziologie
Methoden der Rechtssoziologie
Methoden entsprechen der empirischen Sozialforschung
Erhebungen über
Den Menschen als sozial handelndes Wesen
Das Zusammenwirken in und durch Gruppen
Insbesondere:
Untersuchung äußeren Verhaltens:
a) Beobachtungen (ggf.: teilnehmende Beobachtung)
b)Aktenanalyse
c) Experimente (Labor-, Feld-)
Untersuchung innerer Einstellungen: Umfragen
Methoden der Rechtssoziologie: Bereiche der Untersuchung
-> Untersuchung zur Justiz
Mit Blick auf die Richter
Familiäre Herkunft, Ausbildung, politische + sonstige Vorlieben etc.
Auswahlverfahren
Selbstverständnis bei der Berufsausübung
Mit Blick auf die richterliche Tätigkeit
Konfliktarten und Prozessbeginn durch Beteiligte
Art und Weise der Sachverhaltsermittlung
Umgang mit Rechtsnormen (z.B. Auslegung von Generalklauseln)
Verhältnis zu anderen Prozessbeteiligten
Organisation des Justizapparats (innere Struktur, Verfahrensdauer,...)
Mit Blick auf die Ergebnisse und Folgen der Tätigkeit
Sprachliche und inhaltliche Struktur von Entscheidungen
Richterbild in der Bevölkerung
Akzeptanz richterlicher Entscheidungen
->Untersuchung zur Verwaltung
Mit Blick auf die Verwaltungsmitarbeiter
Mit Blick auf die Tätigkeit der Verwaltung
Konditionale oder zweckorientierte „Programmierung“
Umgang mit Rechtsnormen
Einfluss durch Politik und öffentliche Meinung
Organisationsformen (z.B. Spezialisierung)
(seit einigen Jahren vielfach:) Verwaltungsmoderinisierung durch Neuorganisation („Neues Steuerungsmodell“, Budgetierung, „one-stop-shop“) und moderne Technik (E-Government)
Effektivität und Effizienz mit Blick auf politische / rechtliche Vorgaben und Ressourcen (Mittel/Personal)
Wirkungen und Grenzen der Steuerung in der Praxis
->Untersuchung zur Gesetzgebung
Mit Blick auf die Abgeordneten
Auswahlverfahren (innerparteilich, Wahlen)
Selbstverständnis bei der parlamentarischen Tätigkeit
Politische Verflechtungen und Nebentätigkeiten
Mit Blick auf die parlamentarische Tätigkeit
Auslöser für gesetzgeberische Aktivitäten
Umgang mit verfassungsrechtlichen Vorgaben
Kommunikation mit Interessengruppen und Lobbyismus
Motive mit Blick auf politische Auseinandersetzung und Wiederwahl
Sprache, Systematik und Umfang von Gesetzen
Wirkungen von Gesetzen in der Wirklichkeit (Effektivität, symbolische Gesetzgebung, unerwünschte Nebenfolgen)
Akzeptanz von Gesetzen in der Bevölkerung/den relevanten Kreisen – Rechtskenntnis, Rechtsbewusstsein, Rechtsethos
Grundsätzliche Limitierung der PKS 1
PKS ist im Kern eine polizeiliche Arbeitsstatistik
Verschiebung personeller Ressourcen (Fahndungsschwerpunkt Drogen o.ä.) verschiebt ermittelte Fallzahlen
Ob Straftat vorliegt, hängt von der Bewertung des Sachbearbeiters ab - Gericht spricht ggf. später frei
Welches Delikt vorliegt, hängt von der Bewertung des Sachbearbeiters ab - Gericht würdigt später ggf. anders
PKS misst nur das „Hellfeld“
Abhängigkeit vom Anzeigeverhalten
a) Differiert nach bestimmten Opfergruppen / Tätergruppen / Delikten
b) Verändert sich über die Zeit
c) Zahl der originär durch Polizei ermittelten Fälle ist viel geringer
· Abhängigkeit vom Erfassungsverhalten der Polizei
· Grenzen der Erfassung bei Delikten aus Ausland (Internetkriminalität, Enkeltrick,...)
Grundsätzliche Limitierung der PKS 2
Aufklärungsquote
Bestimmte Delikte haben hohe Anzeigequote = geringe Aufklärungsquote (Einbrüche, Autodiebstähle)
Bestimmte Delikte werden fast nie angezeigt + kommen nur in PKS, wenn Polizei Täter schon hat („Kontrolldelikte") = hohe Aufklärungsquote (Drogen)
Sondereffekte
Orte, an denen typischerweise viele Straftaten begangen werden, beeinflussen das Lagebild in bestimmten Städten
a) Frankfurt a.M. hat die meisten Straftaten pro Einwohner (wegen dem Flughafen)
b) Standorte von Gefängnissen etc. verzerren Statistik
· Reformen im Strafrecht führen ggf. dazu, dass
a) Verhaltensweisen strafbar werden, die vorher straflos waren
b) Opfer sich zu vermehrten Anzeigen ermutigt fühlen (iVm medialer Debatte)
Verzerrungen im Bereich der Ausländerkriminalität
Einfluss der Sozialstruktur
Was bedeutet Dunkelbefragung?
man fragt Menschen, ob sie eine Straftat begangen haben
anonym
Man versucht damit herauszufinden, wie gut das Hellfeld ist, was in der PKS landet
funktioniert bei Schwerstkriminalität sehr schlecht
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