(P) Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Normgebers
es ist problematisch, ob es möglich ist, dass aus den Grundrechten der BV ein Anspruch des einzelnen Bürgers auf Erlass von Normen mit ganz bestimmten Inhalt abgeleitet wird.
VerfGH (-) verneint dies
Arg: der einzelne Bürger hat nach bay. Verfassungsrecht grds keinen verfassungsgerichtlich verfolgbaren Anspruch auf ein bestimmtes Handeln des Gesetzgebers oder eines anderen Normgebers
aA: Gegenteilige Auffassung wäre mit Grundsatz der Gewaltenteilung Art 5 BV und mit dem Gestaltungsspielraum unvereinbar, den ein Normgeber bei der Beurteilung und Regelung eines Sachgebiets haben muss
Ausnahme gilt dann, wenn sich Antragsteller auf einen ausdrücklichen Auftrag der Verfassung berufen kann (zB Art 14 V BV), aber auch dann, wenn er ein relevantes Unterlassen des Normgebers rügt, indem er den Vorwurf erhebt, dass dieser im Zusammenhang mit einer bestimmten Rechtsmaterie etwas nicht getan habe, wozu er unter Beachtung des Gleichheitssatzes verpflichtet gewesen wäre.
(P) Frage, ob ein sachgerechtes Verhältnis zwischen Differenzierungsziel und - Kriterien gefunden wurde bei Haupt-bzw Hilfsantrag
früher: Mit Blick auf den dem Normgeber eingeräumten Handlungsspielraum wurde die Auffassung vertreten, dass “irgendein sachlicher (einleuchtender) Grund” für eine unterschiedliche Behandlung ausreiche (klassische Formel)
heute BVerfG stellt darauf ab, dass die Unterschiede der Lebenssachverhalte von solcher Art und solchem Gewicht sein müssten, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (sog neue Formel)
Richtig verstanden bedeutet das, dass in Anlehnung an die Verhältnismäßigkeitsgebote die Ungleichbehandlung zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein muss, wobei allerdings nach wie vor dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs-und Gestaltungsspielraum belassen werden muss
Prüfung der klassichen Fornel
Zulässiges Differenzierungsziel
Zulässige Differenzierungskriterien
Sachgerechtes Verhältnis zwischen Ziel und Kriterien (geeignet, erforderlich, angemessen)
(P) Streitig ist der Fall, dass die Grundrechte nach der BV weniger Rechte einräumen als diejenigen nach dem GG - Was dann?
Nach Lehre von der Mindestqualität (Mindeststandard) bezweckt Art 142 GG, dass die Grundrechte in den Ländern mindestens denselben Standard sichern, wie die Grundrechte nach dem GG. Danach gelten die hinter Bundesstandarf zurückbleibenden bayerischen Grundrechte nicht.
Nach sog. Modifikations-und Ergänzungslehre werden die “zurückbleibenden” bayerischen Grundrechte so ausgelegt, dass sie Bundesstandard erreichen. Dagegen spricht, dass durch Auslegung eines Rechts dessen Qualität nicht verändert werden kann
Nach überzeugender Auffassung des VerfGH gelten auch die “zurückbleibenden” bayerischen Grundrechte weiter. Der Grunnd liegt in der Eigenständigkeit der Länder. Die Konsequenz der Eigenstaatlichkeit ist eben auch die Möglichkeit einer eigenständigen “zurückstehenden” Grundrechtsregelung durch die Länder. Die schwächeren Grundrechte der BV befinden sich-soweit sie Schutz gewährelisten- in “Übereinstimmung” mit den entsrpechenden Grundrechten des GG.
(P) (Baueinstellungs-)Verfügung hat sich an sich erledigt
VerfGH spricht die Frage der Erledigung unter dem Aspekt des Rechtsschutzinteresses an.
Solange noch ein Interesse an der Feststellung der Verfassungswidrigkeit besteht, hält seiner Auffassung nach die Beschwer an.
Dabei geht er von einem Interesse an einer Feststellung bereits bei bloßer Nützlichkeit der Feststellung für die Wahrung der Interessen des Beschwerdeführers (etwa drohende Beseitigungsanordnung nach Art 76 BayBO) aus
Wann ist die Menschenwürde nach Art 100 BV verletzt?
Nach ständiger Rechtssprechung des VerfGH ist diese nur dann verletzt, wenn eine schwerwiegende, an den Kern der menschlichen Persönlichkeit greifende Beeinträchtigung gegeben ist.
Es muss eine derartige Beinträchtigung des Persönlichkeitswertes vorliegen, dass über die Auswirkungen gür den Betroffenen selbst hinaus die menschliche Würde als solche ohne Berücksichtigung der Einzelperson getroffen erscheint.
(P) Grundrechtsverletzung durch normatives Unterlassen möglich?
Ein solches normatives Unterlassen kann nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof aber dann Gegenstand einer Popularklage sein, wenn der Vorwurf erhoben wird, dass der Normgeber im Zusammenhang mit einer bestimmten Rechtsmaterie etwas nicht getan habe, wozu er unter Beachtung des Gleichheitssatzes oder anderer Grundrechtsnormen verpflichtet gewesen wäre
Wann liegt ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bei abgeleiteten Normen vor?
Der VerfGH prüft bei abgeleiteten Normen, die mit der Popularklage angefochten werden zunächst, ob
die Norm auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage beruht
sich die Norm im Rahmen dieser Ermächtigung hält und
ob die Norm ordnungsgemäß zustande gekommen ist
=> Der Grund für diese Prüfung liegt darin, dass die Norm gegen das Rechsstaatsprinzip (Art. 3 I 1 BV) verstieße, erwiese sie sich in einem dieser Punkte als fehlerhaft. Sie wäre schon aus diesem Grund nichtig.
Kann eine Norm des bayerischen Landesrechts Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV sein?
Nein, nach dem Rechtsschutzsystem der BV ist die Verfassungsbeschwerde nur für Einzelentscheidungen vorgesehen. Normprüfungen erfolgen nur durch Popularklage, Art. 98 S. 4 BV!
Die Popularklage hat in Deutschland weder Vorbilder noch Nachahmer.
Welcher Zweck wird gerade mit der Einrichtung dieser Klageart verfolgt?
Die Popularklage bezweckt vordringlich im öffentlichen Interesse den Schutz der Grundrechte als Institution und dient nur in zweiter Linie den Interessen einzelner Bürger.
Ist die Erhebung einer Popularklage neben einer rechtshängigen Verfassungsbeschwerde zum BVerfG noch zulässig?
Ja, die Verfassungsbeschwerde zum BVerfG steht einer Normenkontrolle grundsätzlich nicht entgegen; die Gerichte legen unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe an.
Welcher Prüfungsmaßstab gilt für die Begründetheitsprüfung der Popu-larklage?
Prüfungsmaßstab ist grundsätzlich die gesamte BV. Die Kontrolle erstreckt sich damit sowohl auf Grundrechtsnormen als auch auf die Einhaltung objektiven Rechts.
Was prüft der VerfGH bei abgeleiteten Normen zunächst im Rahmen der Begründetheitsprüfung?
Er prüft zunächst, ob die Norm auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage beruht, sich im Rahmen dieser Ermächtigung hält und ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
Wie lässt sich die Vorgehensweise des VerfGH rechtfertigen?
Erweist sich die Fehlerhaftigkeit der Norm anhand einer dieser Prüfungspunkte, so ist jedenfalls das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 I 1 BV) verletzt. Dieses kann im Rahmen der Popularklage unproblematisch unmittelbar als Prüfungsmaßstab herangezogen werden (vgl. Frage 4).
Warum lässt sich selbst bei verfassungswidriger Ungleichbehandlung
zweier Personengruppen in der Regel im Klagewege eine Ausdehnung der Begünstigung auf den benachteiligten Personenkreis nicht erreichen?
Die Entscheidung, ob die Begünstigung auf den übergangenen Personenkreis ausgedehnt wird oder auf andere Weise dem Gleichheitssatz Rechnung getragen wird, ist grds. Sache des Normgebers.
Wann kann durch Richterspruch ausnahmsweise eine Begünstigung auf die andere Gruppe ausgedehnt werden?
Wenn der Normgeber bei Beachtung des Gleichheitssatzes eine solche Regelung getroffen hätte.
(Denkbar vor allem in Bereichen, in denen der gesetzgeberische Wille durch eine hohe Regelungsdichte zum Ausdruck gebracht wurde. Beispiele: Sozialrecht, Beamtenrecht.)
Wie lässt sich ermitteln, ob eine Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten vorliegt?
Auf der Grundlage von Vergleichspaaren, welche sowohl Vergleichs- als auch Unterschiedsmerk-male aufweisen. Als Bezugspunkt der Vergleichbarkeit dient der gemeinsame Oberbegriff, unter den die unterschiedlich behandelten Sachverhalte fallen. Sind danach vergleichbare Sachverhalte gege-ben, bedarf es nur noch der Feststellung der Andersbehandlung.
Was besagt das (mittlerweile „überholte") bloße Willkürverbot?
Die von Leibholz geprägte ältere Rechtsprechung und h.L. sah den Gleichheitssatz nur dann verletzt, wenn wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleichbehan-delt wurde. Danach genügt grds. jeder sachliche (einleuchtende) Grund zur Rechtfertigung.
Wann ist nach der "neuen Formel" des BVerfG (1. Senat) eine sachlich un-
gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegeben?
Nach der "neuen Formel" des BVerfG ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Norm-adressaten anders behandelt wird, obwohl keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können.
Was ist der wesentliche Effekt dieser neuen Formel?
Die neue Formel des BVerfG hat vor allem den Weg für eine - an die Verhältnismäßigkeitsgebote angelehnte - Prüfung der Sachangemessenheit zwischen Differenzierungsziel und -kriterien geebnet.
Führt das in der Regel zu anderen Ergebnissen bei der Prüfung des Gleichheitssatzes?
Nein, das BVerfG räumt dem Gesetzgeber einen weiten Einschätzungs- (Prognose des Unterschei-dungsbedarfs) und Gestaltungsspielraum (Wahl der sachl. Unterscheidungskrit. und -mittel) ein.
Was erhöht die Kontrolldichte gegenüber dem Gesetzgeber?
Der Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum ist umso kleiner, je weniger Betroffene die Kriterien der Ungleichbehandlung beeinflussen können und je nachhaltiger sich die Ungleichbehandlung auf den Gebrauch von Freiheitsgrundrechten auswirkt.
Wovon hängt es grundsätzlich ab, ob die Grundrechte der BV neben denen des GG Bestand haben können?
Davon, ob sie mit Art. 1 - 18 GG übereinstimmen (Art. 142 GG).
Was ist möglicher Prüfungsgegenstand einer Verfassungsbeschwerde zum
Bay VerfGH?
Maßnahmen der Exekutive und Entscheidungen der Landesgerichte. Akte der Legislative sind damit ausgeschlossen. Aber auch exekutive Normsetzungsakte gehören nicht zum Prüfungsgegenstand (Po-pularklage!), vgl. bereits oben.
Kann ein Bürger eines anderen Bundeslandes Partei einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV sein?
Nach der Rechtsprechung des VerfGH mit Blick auf Art. 33 I GG schon.
Wann ist eine Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV begründet?
Wenn die vom Beschwerdeführer fristgerecht gerügten (als verletzt bezeichneten) verfassungsmäßigen Rechte tatsächlich verletzt sind.
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