Eltern und Geschwister
= stellen ersten und primären Entwicklungs- und Bildungskontext von Kindern dar
Säuglings- und Kleinkindalter
entscheidend für Verlauf vieler Entwicklungsveränderungen
„Meilensteine der Entwicklung“
frühe Kindheit bildet Wurzeln aller späterer Bildungsprozesse
Schaffung von Voraussetzungen für lebenslanges Lernen (LLL)
frühkindliche Bildung hat positiven Effekt auf spätere Schulkarrieren
Säuglingsforschung in Entwicklungspsychologie
lange Tradition
Einsicht über beachtliche Fähigkeiten noch vor Verbalisierung
Bild vom „kompetenten Säugling“ (stark ausgeprägte soziale, kommunikative, kognitive Fähigkeiten weit vor Beginn der Sprachbeherrschung)
Säuglingsalter
bis 1. Lebensjahr (LJ)
Charakteristik: Stillzeit, Immobilität
0-3 Monate: „Erweiterte Neugeborenenphase“
spätfötales Muster angeborener Reflexe (z.B. Saugen, Wangensuchreflex)
erste interindividuelle Unterschiede erkennbar (z.B. in der Erregungsregulation oder Stabilität von Rhythmen der Körperfunktionen erkennbar)
4-12 Monate: „Säuglingsalter im engeren Sinne“
Entwicklung, kognitiver, sozialer, emotionaler Komptenzen
Kleinkindalter
2.-3. LJ
zwischen Säuglings- und Kindergartenalter
infancy (1,5-2): rudimentäre (brüchige) Sprachfähigkeit
toddler (2-3): unsichere, aber eigenständige Fortbewegung
Kulturunterschiede
bei Bezeichnung einzelner Entwicklungsphasen
—> teils durch andere Errungenschaften (z.B. erstes soziales Lächeln der Kinder oder die Fähigkeit, eigenständig zu sitzen)
erste Lebensphase gilt jedoch universell als besonders
markantes Entwicklungstempo
bedarf intensiver Zuwendung
Repertoire ab Geburt
bereits ausgestattet mit …
hilfreichen Reflexen —> Saugen, Schlucken, Greifen
vorgeburtlich geübte Sinnesleistungen —> Hören, Schmecken, Fühlen
psychophysiologische Teilsysteme
Verhalten ist zwar organisiert (Fähigkeit zur Orientierungsreaktion, Selbstregulation, Habituation)
—> aber starke individuelle Unterschiede hinsichtlich Reife, Stabilität und Elastizität
Risiken für Frühchen
frühgeboren = vor 37. Woche / Gewicht < 2,500g
geringere Erregungskontrolle
höhere Reizschwelle —> erschwert Informationsverarbeitung und -integration
Nachteil in Entwicklung komplexer kognitiver Leistungen
Defizite in motorischer Kraft & Koordination
oft Notwendigkeit mechanischer Beatmung
—> kann beidseitig befriedigende Eltern-Kind-Interaktion erschweren
—> könnte Beziehung längerfristig negativ beschatten
Beispiele für vorgeburtliche Lernprozesse
Ausrichtung auf mütterliche Stimme
Präferenz für Muttersprache
sprachrelevantes Lernen
0-3 Monate (erweiterte Neugeborenenzeit)
unreifes Verhaltensrepertoire stabilisiert sich
Grundlage für zukünftige Lernleistungen (aber auch Eltern wichtig)
3-12 Monate
Bildung basaler Kompetenzen (z.B. Fortbewegung, Nahrungsaufnahme, Kommunikation)
Entwicklung vieler motorischer Funktionen (z.B. blickkontrolliertes Greifen, Sitzen, Krabbeln, Aufstellen)
Verbesserung der Sehfähigkeit
längere Wachphasen
Interaktionen mit Eltern zunehmend gesprächsähnlicher (mit Mimik, Lauten, Gestik)
starkes Gehirnwachstum
längere Aufmerksamkeitsphasen, zielgerichtetes Schauen
8-12 Monate (3. Quartal des Säuglingalters)
Unterdrückung/Aufschub von Reaktionstendenzen —> Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Verhaltens
Steigerung der Gedächtnisleistungen —> Ausweitung kognitiver Fähigkeit (merklicher Zuwachs des LZG)
Vorsprachliche kognitive Fähigkeiten
Lernen von Kontingenzen
Erfassung von Kausalrelationen
Formung von Kategorien
Bildung von Konzepten —> für Wortlernen nicht zwangsweise erforderlich!
“Begreifen” der Umwelt
= wichtige Rolle von Motorik & Wahrnehmung
besonders wichtig = Greifen
Kinder als aktive Gestalter ihrer Entwicklung
sensitive Kooperation & Unterstützung der Exploration durch Eltern wichtig
Entwicklungsaufgaben im Säuglingsalter
(Waters & Sroufe)
Bindung als Bildungsvoraussetzung
stimulierend und unterstützend gestaltete Umgebung als positiver Faktor für die motorische Entwicklung zwischen dem 2.-11. Lebensmonat
4 übergeordnete Typen von elterlichen Betreuungsleistungen
(Bornstein, 2019)
körperlich-gesundheitliche Fürsorge: Schutz und Überwachung, Sorge für Gesundheit und körperliches Wohlbefinden
soziale Anregung: Einbezug in interaktiven Austausch mit Eltern durch visuelle, verbale, körperliche, affektive Verhaltensweisen (küssen, streicheln, lächeln, vokalisieren, spielerischer face-to-face-Kontakt)
Anleitung: Anregung der Interaktion mit Umwelt
Gestaltung der materiellen Umwelt: Einfluss auf Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten durch z.B. Ausstattung mit Spielzeug und anderen stimulierenden Gegenständen
Synchronizität & Kontingenz
Säuglinge lernen v.a. interaktiv —> wechselseitige Nachahmung sehr wichtig (v.a. von Mutter ausgehend)
Synchronizität und Kontingenz bedeutsam:
prompte, responsive Reaktion —> Aufmerksamkeit, positives Interesse
asynchrone Reaktion (Verhalten nicht auf Kind bezogen) —> Unwohlsein
Mutter-Kind-Passung variiert interindividuell
Feinfühligkeitstraining bei inadäquatem Elternverhalten kann Fähigkeiten verbessern
kommunikative Signale des Säuglings wahrnehmen, interpretieren und richtig darauf reagieren
Kommunikation & Spracherwerb
beginnen lange vor ersten Wortäußerungen
abhängig von Eltern-Kind-Interaktion & frühen Erfahrungen im familiären Umfeld
Eltern greifen intuitiv auf kindgerichtete Sprechweise zurück (Ammensprache bzw. “Motherese”)
ab 6. Monat = Kinder werden zunehmend aktive Kommunikationspartner
Eltern schaffen Grundgerüst und Rahmen der Interaktion (“Scaffolding”)
Ammensprache (“Motherese”)
Eltern passen intuitiv ihre Sprache an sprachlichen Stand/Fortschritt des Kindes an
Tonhöhe, Sprachtempo, Rhythmus …
erhöhte Prosodik besonders attraktiv für Säuglinge
wird in Interaktion mit Kleinkindern intuitiv verwendet
Prosodik hat hier aufmerksamkeitslenkende und verhaltensregulierende Funktion
Scaffolding
= Eltern schaffen Grundstruktur und Rahmen der Interaktion
ermöglichen den Kindern so ihren Beitrag zum Zwiegespräch im Rahmen des „Gerüsts“ zu leisten, das sie bereitstellen („Scaffolding“)
stellen also bereit:
Orientierungsgrundlage
freien Raum für Eigenleistung des Kindes
unterstützt Lernfortschritte in vielen Entwicklungsbereichen
positiver Effekt auf prosoziales Verhalten
Stabilität & Kontinuität mütterlicher Aktivitäten
(Bornstein)
individuelle Unterschiede in sprachlichen Stimulation
(hohe vs. niedrige) Bildungsressourcen der Eltern haben starken Einfluss
Stabilität der Unterschiede ist verschieden
Mütter behalten oft bestimmte kontinuierliche, stabile Verhaltensmuster bei
Komplementäre Verhaltenssysteme von Mutter & Kind
(Bowlby, 1984)
angeboren & evolutionär adaptiv
Mutter und Kind mit komplementären Verhaltenssystemen ausgestattet (BS bei Kind, FS bei Bezugsperson)
stellt Kind wichtige Ressource für Bewältigung & Emotionsregulation bereit
Explorationssystem (ES)
= verhaltensbiologische Basis für selbstgesteuertes Lernen
motiviert Neugier & Erkundungsverhalten bezüglich Umwelt
steht in Wechselbeziehung zu BS
nur wenn sich das Kind sicher und geborgen fühlt —> ES aktiviert —> Exploration der Welt
Entwicklung sozial-emotionaler Bindung
bis 2 Monate (“Vorphase”):
Kind nicht spezifisch an eine Person gebunden, sondern sendet Signale noch ohne Bezug auf einzelne Personen aus
ab 3 Monate:
Kind sendet Signale bevorzugt an eine oder wenige spezifische Personen
ab 7-8 Monate:
Beziehung zu spezifischen Betreuungspersonen intensiviert
Objekt- und Personenpermanenz ==> Vermissen dieser Personen
kann sich aufgrund motorischer Entwicklung aktiv in deren Nähe bringen
3 Jahre:
Phase der zielkorrigierten Partnerschaft
Orientierung (in Kommunikation) auch an situative Gegebenheiten
Bindungsqualität
Entwicklung einer personenspezifischen Bindung in ersten 2 Lebensjahren weitgehend umweltstabil
Temperament des Kindes hat Einfluss
sichere Bindung abhängig von Interaktion bzw. Feinfühligkeit der Eltern
Feinfühligkeit der Mutter
stärkt Vertrauen des Kindes in Umwelt —> Sicherheitsgefühl
fördert Kommunikationsfähigkeit schon im nonverbalen Alter
Feinfühligkeit des Vaters
für weitere Entwicklung des Kindes maßgeblich
bezieht sich v.a. auf das Spielen und kindgemäße Regulation damit verbundener Herausforderung
Internal Working Models
(Bowlby, 1969)
frühe Bindungserfahrungen liefern Modellvorstellungen von Beziehungen
diese in „Arbeitsmodellen“ (internal working models) verinnerlicht
dienen später als Handlungsgrundlage für Ausrichtung von Verhalten
durch neue Erfahrungen überarbeitbar
Folgen/Effekte sicherer Bindung
besseres Zurechtkommen in Kindergarten und Schule
konstruktiveres Konfliktverhalten
weniger Verhaltensprobleme
förderliche Basis für kognitive Bildungsprozesse
begünstigt Entwicklung von Emotions- und Frustrationsregulation
Bereitschaft, zu lernen und Schulherausforderungen zu bewältigen
Selbstwirksamkeit und metakognitive Fähigkeiten im Jugendalter —> Beitrag zu späterem Bildungserfolg
Stehen, Laufen —> höherer Aktionsradius
Entdeckung des eigenen Willens
aktives Widersetzen gegen elterliche Wünsche
stärkere Einführung in soziale, kulturelle Gemeinschaft
bessere Fähigkeit zu mentaler Repräsentation —> verändertes Erleben
Fantasie & Vorstellungskraft
Entdeckung eigener psychischer Welt
Erfahrung von Regeln & Strukturen sozialen Umgangs
Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit
6 zentrale Entwicklungsaufgaben im Kleinkindalter
(Verhoeven, 2019)
Autonomie & Unabhängigkeit
Selbsterkennung, Selbstkonzept, Selbstreflexion
Emotions- & Impulskontrolle
Empathie, Moral, Verhaltensstandards
Geschlechtsrollenidentität & -identifikation
Hineinwachsen in Gemeinschaft
Was sind wesentliche Leitprinzipien für die Förderung einer anhaltenden Lernmotivation?
Sicherung des kindlichen Bedürfnisses nach sozialer Eingebundenheit und Orientierung
Sicherung des Grundbedürfnisses nach Autonomie und Kompetenzerleben
Entwicklung im Verlauf des 2. Lebensjahres
Kinder sehen sich als Handlungsträger mit eigenem Willen
Streben nach Eigenständigkeit in Handlungsausführung
wichtig = Gewährleistung von Handlungsspielräumen
Individuation
(Mahler)
= Abgrenzung des Kindes gegenüber anderen (v.a. der Mutter)
Basis = Bedürfnis nach Autonomie & Kompetenzerleben
wird im besten Fall von Mutter toleriert und unterstützt)
Trotzphase
Abgrenzung anfangs noch unbeholfen
viele und heftige Trotzreaktionen, wenn Diskrepanz von Wollen & Können
Höhepunkt mit ca. 2 Jahren
erste Erziehungsbemühungen der Eltern
viele Anweisungen & Ermahnungen
Compliance
= Kooperation bei elterlichen Anweisungen
Entwicklung von Sozialisationsbereitschaft
Kinder sind gewillter, Anleitung von Erwachsenen zu folgen
Einfügung von Handlungen in gegebene Ziele & Vorgaben
Grundlage für Sozialisationsbereitschaft = Freude an Kompetenzerleben, wenn Handlung sich in Anweisungen einpasst
Kontrollstrategie hat Einfluss auf Kooperationsbereitschaft
positiv = Anleitung, Scaffolding (Unterstützung von Lernprozessen, Denkanstöße), verhaltensbezogene Kontrolle (ohne Machtausübung)
negativ = körperliche Strafen, Liebesentzug
Autoritativer Erziehungsstil
(Baumrind)
liebevolle Zuwendung + moderate Kontrolle = günstig für Verhaltens- und Kompetenzentwicklung
hat sich in vielerlei Hinsicht als vorteilhaft für Kinder & Jugendliche erwiesen
Achtung: im Kleinkindalter ist elterliche Kontrolle etwas weniger hilfreich —> hilfreich:
Eröffnung von Handlungsspielräumen
Anleitung kindlicher Aktivitäten
Soziale Identität
(Bischof-Köhler)
mit 18 Monaten …
Kind kann sich selbst im Spiegel erkennen (—> liefert auch Grundlage für Fähigkeit zur Empathie)
beginnt Personen zu verlgeichen
ahmt zunehmend Gleichaltrige oder Gleichgeschlechtliche spontan nach
entwickelt soziale Identität
entwickelt Fähigkeit, Aufmerksamkeitsrichtung von anderen zu erkennen & ihr zu folgen
Empathie
Grundlage: sich im Spiegel erkennen zu können
bleibt auf den anderen bezogen
Abgrenzung vom eigenen Gefühlszustand
frühe Form von Rollenübernahme
Repräsentation der Emotionen ... anderer unabhängig von sich selbst
—> Grundlage für spätere „Theory of Mind“
Theory of Mind
= Fähigkeit, Informationsstand anderer zu berücksichtigen
Entwicklung erst im Kindergartenalter
Verständnis über das Wissen und Denken anderer
förderlich = bestimmte soziale Interaktion mit Eltern
treffendes Aufgreifen der Gedanken & Gefühle des Kindes
angemessene Kommentare
Risiko- und Schutzfaktoren
beeinflussen Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten
wesentlich = sozioökonomischen Ressourcen
Bedingungen wie Armut, psychische Erkrankung von Elternteil, Frühgeburt ... führen nicht zwangsläufig zu negativen Folgen
Gefährdungen ergeben sich meist aus Konstellation mehrerer Risikofaktoren
Bewältigungsressourcen wirken modulierend
Resilienz —> positiver Entwicklungsverlauf trotz schlechter Umstände
Bewältigungsressourcen
(Kaiser & Wustmann)
= Schutzfaktoren
individuell
familiär
Bildungsinstitutionen
soziales Umfeld
schützende individuelle Ressourcen
positives Temperament (induziert Unterstützung & Aufmerksamkeit durch BP)
intellektuelle Fähigkeiten
Erstgeborenes sein
Selbstregulationsfähigkeiten
Problemlösefähigkeiten
hohe Sozialkompetenz
Empathie-, Kooperations- & Kontaktfähigkeit
gute Sprachfertigkeiten
soziale Perspektivenübernahme
Verantwortungsübernahme ...
schützende familiäre Ressourcen
verlässliche BP
Förderung von Vertrauen & Autonomie
autoritativer / demokratischer Erziehungsstil
emotional positives, unterstützendes, strukturiertes, wertschätzendes Erziehungsverhalten
Feinfühligkeit & Responsivität
Zusammenhalt
Stabilität & konstruktive Kommunikation in Familie
unterstützendes familiäres Netzwerk …
Ressourcen durch Bildungsinstitutionen
wertschätzendes Klima in Kita
klare, konsistente Regeln & Strukturen
positive Peer-Kontakte
Zusammenarbeit mit Elternhaus & weiteren Institutionen …
Ressourcen im weiteren sozialen Umfeld
Ressourcen auf kommunaler Ebene
Angebote der Familienbildung
Beratungsstellen
Frühförderungsstellen
Vorhandensein prosozialer Rollenmodelle
Normen & Werte der Gesellschaft …
Resilienzmerkmale
(teils ab schon 2 Jahren beobachtbar )
selbstständig
selbstbewusst
Streben nach Autonomie
gute Kommunikations- & Bewegungsfähigkeiten
Fähigkeit, in schwierigen Situationen um Hilfe zu bitten
förderliche, schützenden Faktoren im Schulsetting
Förderung von Resilienz
sollte wegen den entwicklungsspezifischen Besonderheiten nicht in einem (Kurs)Programm gefördert werden
stattdessen:
situativ im Alltag stärken
frühpädagogischer Fachkräfte so weiterbilden, dass sie Resilienzförderung in Alltag integrieren
Mütter mit geringer Bildung und aus deprivierten Familien
nutzen seltener Vorsorgeuntersuchungen
zeigen ungünstigeres Gesundheitsverhalten während Schwangerschaft
häufigere Frühgeburten
zeigen weniger anreichungsreiches und positives Interaktionsverhalten
Soziale Herkunft
korreliert mit weiteren Geburtsrisiken
geringes Geburtsgewicht
intrauterine Wachstumsretardierung = Verzögerung des Wachstums des Fetus in der Gebärmutter
Frühchen benötigen fürsorgliche Betreuung & unbelastete Familie
Risiken für Entwicklung steigern sich gegenseitig
präventive Unterstützungsangebote der Frühen Hilfe eher von Familien mit mittlerem bis hohem Bildungsniveau genutzt
daher: Bildung der Eltern hängt stark mit weiteren Risikofaktoren zusammen
Korrelation von Bildung und weiteren Risikofaktoren
mangelnde finanzielle Ressourcen
ungünstige Wohnverhältnisse
Belastungen des Nachbarschafts-Milieus
Gewalt im familiären / sozialen Kontext
Interaktionsverhalten
Effekt von Bildung der Mutter auf Mutter-Kind-Interaktion
geringe Bildung ==> Interaktion weniger anregungsreich & positiv
erklärt schlechteres sozio-emotionales Verhalten der Kinder
Habituationsstärke
= Abnahme visueller Aufmerksamkeit gegenüber ähnlichen Reizen
operationalisiert die Lernressourcen des Kindes
Lernressourcen unterscheiden sich nicht nach sozioökonomischen Ressourcen der Familie, sondern nach Habituationsstärke der Kinder
Bildungsdisparitäten bilden sich also wsl erst im Entwicklungsverlauf heraus
Anregungsgehalt häuslicher Umwelt
bei niedrigen (sozio-)ökonomischen Ressourcen oft schwächer
==> Nachteile für Entwicklung von Sprache, Intelligenz, kognitiver Leistungsfähigkeit
betrifft:
Verfügbarkeit von kindgerechten anregungsreichen Explorations- und Spielmöglichkeiten
Menge und Vielfalt sprachlicher Anregung
Sprach- und Intelligenzentwicklung
bereits im Alter von 5 Jahren: starke Effekte dauerhafter Armut bzgl. Sprache & Intelligenz
auch kürzere Armutsperioden machen sich negativ bemerkbar
Empirische Nachweise für Bedeutung von anregenden Erfahrungen für geistige Entwicklungen
Home Literacy Environment: Anregungsgehalt familiärer Alltagspraktiken wichtig für sprachliche & kognitive Entwicklung
—> beeinflusst phonologische Bewusstheit und Sprachkompetenz
Effekte auf kognitive Entwicklung (Anregung durch Spielsachen, elterliches Annehmen oder Engagement)
vorschulische Kompetenzen (z.B. Wortschatz, Zählfertigkeiten) als Prädiktoren späterer Schulleistungen
mangelnde elterliche Förderung korreliert mit späteren Bildungsmisserfolgen bei Kindern …
aus niedrigen Sozialschichten
mit Migrationshintergrund
Home Numeracy Environment
= Basis für spätere Entwicklung von Zahlenbegriff und Arithmetik
Vorläuferfertigkeiten & pränumerische Vorerfahrungen
kann durch familiäre Lernumwelt unterstützt werden
alltägliche Thematisierung mathematischer Zusammenhänge (Treppen zählen, Gewichtsvergleiche, Rhythmus klatschen ...)
spielerischer Aufbau von Rechenfertigkeiten
bedeutsame Einflussfaktoren:
Bildungsniveau der Eltern
mathematische Aktivitäten
familiäre Ressourcen
Rolle der Elternbildung
Eltern erhalten Informationen über gute Betreuung und Förderung z.B. aus Zeitschriften, aktuellen Buchpublikationen, Internet- oder Kursangeboten
Unterscheidung von Präventionsangeboten nach Zielgruppen
universelle Prävention: an alle Eltern und deren Kinder
selektive Prävention: an Risikogruppen (sozial benachteiligte Familien, Alleinerziehende …)
inzidierte Prävention: an Eltern und Kinder bzw. Familien, in denen schon Probleme aufgetreten sind (Probleme in Entwicklung des Kindes, Eltern-Kind-Interaktion …)
Opstapje
= Kompetenzförderungsprogramm
vor dem Kindergartenalter
Ziel: Förderung der kindlichen Entwicklung in armutsgefährdeten Familien mithilfe der Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen
Eltern erhalten dort im Rahmen von Hausbesuchen zahlreiche Anregungen, wie sie Lernprozesse der Kinder unterstützen können
z.B. gemeinsames Betrachten von Bilderbüchern, Vorlesen
—> oft relative einfache Mittel, die enorm förderlich sind
Bindungsforschung - Trainingsstudie (van den Boom, 1994)
N = Mütter hoch irritierterer Säuglinge (6-9M)
Anleitung von Feinfühligkeit hat positiven Einfluss auf Bindungsqualität der Kinder
nachhaltiger Effekt —> hohe Kooperationsbereitschaft auch noch mit 3 Jahren
Frühe Eltern-Kind-Beziehung
Kurs „Auf den Anfang kommt es an“:
Ziel = Stärkung der Beziehungs- & Erziehungskompetenzen
besonders für junge Eltern
Zeitraum = Schwangerschaft bis 2. Lebensjahr
—> zunehmend Wert darauf gelegt, Eltern mit einzubeziehen statt sich nur um das Kind zu kümmern
Elternprogramm “Elternchance ist Kinderchance”
2011 vom BuMI (DE) für Familie, Senioren, Frauen & Jugend initiiert
Fokus = präventive Funktion der Familienbildung bei Förderung gleicher Bildungschancen und positiv verlaufender Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern
passgenau qualifizierte Angebote der Familienbildung
Ziel = Eltern bei Förderung von Bildung & Kompetenz der Kinder helfen
Qualifizierung von > 5.500 Fachkräften zu „Elternbegleitern“
gezielte Beratung bei Fragen & Entscheidungen
Erste Evaluationsbefunde zu Eltern mit Begleitung
Reduktion von Ängsten und Befürchtungen
erweitertes Bildungsverständnis
stärkere Berücksichtigung informeller Bildung
positive Veränderungen des Familienlebens ==> positiver Einfluss auf erziehungsbezogenes Kompetenzerleben
Betreuungsplätze
steigende Nachfrage ==> Arbeitsfeld “Frühe Bildung” expandiert
Beschäftigungsquote von Frauen steigt
je älter die Kinder, desto häufiger Mütter wieder erwerbstätig
je qualifizierter die Mutter, desto schneller nach Geburt wieder erwerbstätig
Betreuung während Arbeitszeit für Alleinerziehende unentbehrlich
Bedarf steigt durch Geburtenanstieg & Zuwanderungsgewinne
Angebot für Kinder unter 3 sollte auch weiter ausgebaut werden
wissenschaftlich begründete Standards für Kinderbetreuung
Entwicklung von Bildungsplänen = Voraussetzung für Abbsericherung der Bildungsqualität in Tageseinrichtungen
Kinder unter 3 - Betreuung
Inanspruchnahme der Betreuungsplätze steigt
Deutschland 2020 = 35%
Ost-DE = 52,7%
West-DE = 31%
Österreich 2019/20 = 30,1%
Schweiz 2018 = 33,8%
Kinderförderungsgesetz (“KiföG-Berichte”)
publiziert Evaluationsberichte zum Ausbau der unter 3-jährigen-Betreuung
Fokus: quantitativer Ausbau & qualitative Merkmale der Betreuungsangebote
Perspektiven = Eltern, Jugendämter, Pädagogen, Tagespflegepersonal
Länderreport Frühkindlicher Bildungssysteme
alle 2 Jahre
Stand frühkindlicher Bildung in den 16 deutschen Bundesländern
12. Ausgabe —> aber Reformbedarf der Kindertagesbetreuung
Hinweis auf Unterschiede in strukturellen Rahmenbedingungen (z.B. Personalausstattung —> Folge = ungleiche Bildungs- und Entwicklungsbedingungen)
Außerfamiliär und öffentlich geförderte Kinderbetreuungsangebote
= wichtiger Sozialisationskontext!
hat Folgen auf Familie, VWL, Demografie
im deutschsprachigen Raum lang mit Skepsis betrachtet
Familie als kompetentester Kontext für Betreuung & Förderung gesehen
Heute: Rückgang der Skepsis im Westen, im Osten eh kaum vorhanden
Kompensatorische Förderung
nicht alle Eltern können Kinder gleich optimal fördern
Betreuung kann Nachteile durch professionelle Pädagogen ausgleichen
hochqualitative Betreuung kann Chancenunterschied nivellieren
N = Kinder mit Migrationshintergrund
UV = Einrichtungsqualität
hohe Qualität —> größerer rezeptiver Wortschatz
—> Kinder mit anderer Muttersprache/Migrationshintergrund profitieren besonders
NUBBEK-Studie
Qualität der Erzieher-Kind-Beziehung korreliert bei ALLEN Kindern positiv mit ...
Kommunikationsfertigkeiten
sozial-emotionalen Kompetenzen
geringem Problemverhalten
Eingeschränkte Erziehungsfähigkeit oder -bereitschaft
kann Kindeswohl gefährden
Verletzung der Grundbedürfnisse
Ignorieren der kindlichen Fähigkeiten
Kindertageseinrichtungen haben zentrale Funktionen:
Lotsenfunktion: Erzieher bevorzugte Ansprechpersonen der Kinder (dh. sie können langzeitlich negative Veränderungen beobachten) ==> sollten Eltern Zugang zu Hilfsangeboten aufzeigen
Schutzfunktion
Eltern-Kind- und Erzieher-Kind-Bindung
Bindung zu Eltern und Erziehern ≠ in Konkurrenzverhältnis
Förderung einer sicheren Bindung:
in Familie / Kleingruppe —> Feinfühligkeit
in Großgruppe —> Responsivität + Gruppenmanagement
Zusammenhänge zwischen Bindungsqualitäten nicht stark
möglich: unsichere Bindung zu Eltern aber sichere zu Erzieher
Hohe Qualität der Kinderbetreuung ist eine unabdingbare Voraussetzung für …?
physisches & emotionales Wohlbefinden
Anregung & Aufrechterhaltung der Bildungsbereitschaft
Lernfähigkeit
Eltern-Kind-Bindung
Feinfühligkeit als stärkster Prädiktor
Bindungsentwicklung an Interaktionserfahrungen der Bindungsperson gebunden
soziale Erfahrungen aus Tagesbetreuung haben keinen direkten Einfluss
keine Belege für Bindungsprobleme durch Betreuung anderer statt Eltern
—> vielfältige soziale Kontakte in Tagesbetreuung bergen Chancen für z.B. schüchterne Kinder
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