Stabilität und Veränderung
· Mittelfristige Stabilität als definitorisches Merkmal von Persönlichkeit
· Dies schließt langfristige Veränderungen und Entwicklungen aber nicht aus
-> Stabilität und Veränderung von Eigenschaftswerten einer Referenzgruppe: variablen- und personenorientiert
-> Entwicklung: individuumszentriert
-> persönlichkeitspsychologisch ist die rein individuumszentrierte Betrachtung wenig interessant, weil unklar bleibt, b diese Veränderung typisch für alle Mitglieder einer Referenzgruppe ist oder auf eine individuelle Besonderheit in der Entwicklung verweist (erst deutlich durch Vergleich mit Referenzgruppe)
-> wenn sich einzelne Eigenschaftswerte einer Person ändern, findet Persönlichkeitsentwicklung statt
-> wenn umgekehrt instabile Tendenzen des Erlebens oder Verhaltens in stabile Persönlichkeitseigenschaften überführt werden, findet eine Stabilisierung der Persönlichkeit statt
-> Veränderung und Stabilisierung sind beide Ausdruck von Persönlichkeitsentwicklung
Durchschnittliche und Differentielle Entwicklung
· Individuelle Veränderungen beinhalten zwei Komponenten:
1. Durchschnittliche Entwicklung: alterstypische Mittelwertsveränderungen
- Erfasst über Mittelwertsveränderungen in Abhängigkeit vom Alter
2. Differentielle Veränderungen: Bleibt die Rangfolge von Personen über die Zeit stabil? -> Rangordnungsstabilität:
Erfasst mittels Korrelation der individuellen Eigenschaftswerte zwischen zwei Messzeitpunkten
-> Rangreihe gleichgeblieben: r = 1 (unwahrscheinlich); alle haben z.B. gleiche Lebensereignisse erfahren
-> Rangordnungsstabilität: die gewissenhafteste, …. Person ist die gewissenhafteste geblieben
-> in der Realität sind meistens sowohl Mittelwerts- als auch Rangordnungsveränderungen vorhanden
Durchschnittliche Entwicklung im IQ
- Längsschnitt: Kohorten über mehrere Jahre begleiten (besser)
- Querschnitt: zu einem Zeitpunkt unterschiedlich alte VP
- Flynn-Effekt ist heute zum Stillstand gekommen
- induktives Denken: Schnelligkeit; Regeln, Gesetze finden
- kristalline Intelligenz: z.B. Wortschatz
„Flynn-Effekt“ in Persönlichkeit?
- Unterscheiden sich die Persönlichkeiten von Personen, die 1950 und 1970 geboren wurden? (Test im gleichen Alter)
- hier z-standardisiert
- 1/5 SD höher im Mittelwert
Durchschnittliche Persönlichkeitsentwicklung
Gründe für Persönlichkeitsreifung
Rangordnungsstabilität
· Wenn differentielle Persönlichkeitsentwicklung stattfindet, ändert sich die Rangreihenfolge der Personen in der betreffenden Eigenschaft (rank-order change)
- d.h. die Korrelation zwischen zwei Testungen zu verschiedenen Zeitpunkten sinkt
Retestintervall
Formel nach James J. Conley (1984)
· Stabilität sinkt mit wachsendem Retestintervall infolge akkumulierter Umwelteinflüsse
· dieses Prinzip hat bereits Conley (1984) in einer Metaanalyse von 11 Studien zur Stabilität von Intelligenz illustriert (siehe unten)
- die Stabilität einer Persönlichkeitseigenschaft zwischen zwei Messpunkten T1 und T2 lässt sich durch eine Längsschnittstudie bestimmen, in der dieselbe Eigenschaft zu diesen beiden Zeitpunkten in einer Stichprobe von Personen gemessen und dann die Korrelation zwischen den beiden Zeitpunkten bestimmt wird
- diese Korrelation beschreibt die mittlere Stabilität der Eigenschaftswerte in der betrachteten Stichprobe; sie ist eine Eigenschaft der Stichprobe, nicht einzelner Personen
- für Erstmessungen T1 in vergleichbarem Alter sinkt die Stabilität kontinuierlich mit wachsendem Retestintervall T2-T1; das kontinuierliche Sinken der Stabilität folgt annähernd der Funktion von Conley (s.o.)
- für unterschiedliche Persönlichkeitsbereiche sind die Stabilitäten unterschiedlich hoch:
- am stabilsten ist der IQ
- mittelhoch sind selbst- und fremdbeurteilte Temperamentseigenschaften, Lebenszufriedenheit, spezifische Werthaltungen und Lebensziele
- für viele Eigenschaften sinkt die Stabilität mit zunehmend instabiler Umwelt (z.B. Krieg als Extremfall)
- bei Kindern und Jugendlichen ist die Stabilität über ein Retestintervall fester Länge meist umso geringer, je jünger die untersuchte Stichprobe zum Zeitpunkt T1 ist; im Erwachsenenalter sind die Ergebnisse unabhängig von T1; im hohen Alter können die Stabilitäten wieder sinken
Stabilität der Intelligenz
- bleibt die Rangfolge auf eine ähnliche Art vorhanden? bleiben Unterschiede konstant?
- Zahlen = Messzeitpunkte (Datenpunkte)
- keine Gerade, trotzdem (erstaunlich) stabil
Stabilität der Persönlichkeit
- R = 0.40 -> schlechtes Messinstrument
- 1-, 5-, 10-, … Jahresstabilität
- Eigenschaften im Vergleich zu anderen VP
Langfristige Stabilität des IQ
- fast ganz Schottland wurde untersucht
- Längsschnittdaten über 69 Jahre
- Intelligenz ist stabiler als erwartet
Langfristige Stabilität der Persönlichkeit
- weniger stabil als Intelligenz
Rangordnungsstabilität und Alter
· Stabilität der Persönlichkeit ist altersabhängig
- Mögliche Ursachen für die wachsende Stabilität in der ersten Lebenshälfte?
- Mögliche Gründe für die sinkende Stabilität im höheren Alter?
genetisch determiniert (Vertreter: Costa&McCrae)
Persönlichkeitsreifung dient der Vorbereitung auf reproduktive Veränderungen (z.B. Elternschaft erfordert emotionale Stabilität, Gewissenhaftigkeit un Verträglichkeit)
Evidenz: Mittelwertsveränderungen sind in vielen Ländern ähnlich
Folgen “sozialen Investments” (Vertreter: Roberts et al.)
in jedem Lebensabschnitt bestehen normative Anforderungen, die mit der Übernahme sozialer Rollen einhergehen (z.B, Elternschaft, erster Arbeitsplatz)
“Investition” in soziale Rollen verändert die Persönlichkeit
Evidenz trotz länderübergreifender ähnlicher Persönlichkeitsentwicklung: in Kulturen, in denen früher Erwachsenenrollen übernommen werden, setzt “Persönlichkeitsreifung” früher ein
Fazit: Intrinsische Reifung oder Social Investment?
- Die Forschung zeigt, das die „Persönlichkeitsreifung“ nicht nur genetisch determiniert sein kann („intrinsische Reifung“), sondern auch durch Umweltfaktoren (insb. die Übernahme sozialer Rollen, aber auch allgemein „kritische Lebensereignisse“) determiniert wird
- Allerdings ist dennoch möglich, dass die beobachteten Mittelwertsveränderungen mit dem Alter zum Teil Folge einer intrinsischen Reifung sind
Zusammenfassung: Stabilität und Veränderung von Persönlichkeit und Intelligenz
· Durchschnittliche Entwicklung im IQ (Altersverlauf gf und gc) und in den Big Five
· Persönlichkeitsreifung
- Ursachen: intrinsisch versus social investment?
- Stabilität IQ (Lothian Birth Cohort Studies)
- Stabilität der Persönlichkeit
- altersabhängig: Ursachen?
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