-Exekutive des Bundes besteht aus der Bundesregierung und der Bundesverwaltung
-Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern.
-Die Bundesverwaltung gliedert sich in die obersten Bundesbehörden, die nachgeordneten Behörden und die mittelbare Bundesverwaltung, die sog. nicht-ministerielle Bundesverwaltung
- Die zentrale Rolle für die Organisation der Bundesregierung spielt laut GG der Bundeskanzler, da die Bundesminister auf seinen Vorschlag hin vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen werden. Eine Zustimmung des Parlamentes ist nicht erforderlich, da das Kabinettbildungsrecht beim Bundeskanzler liegt. Tritt der Bundeskanzler zurück, müssen auch die Minister zurücktreten.
-Die Arbeit der Bundesregierung wird durch drei Prinzipien geleitet, die in einem Spannungsverhältnis zueinanderstehen (Art. 65 GG)
Richtlinienprinzip
-der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Er leitet die Geschäfte der Bundesregierung, hat die allgemeinen Ziele für die innere und äußere Politik durch ein Regierungsprogramm festzulegen und für dessen Verwirklichung zu sorgen (Art. 65 GG).
-Zur Durchführung seiner Aufgaben bedient sich der Bundeskanzler des Bundeskanzleramtes, welches ihn über die laufenden Fragen der allgemeinen Politik und die Arbeit der Bundesministerien zu unterrichten hat, die Entscheidungen des Bundeskanzlers und die des Kabinettes vorbereitet und die Arbeiten der Ministerien koordiniert. Der Bundeskanzler regiert, aber er administriert nicht.
Kabinettsprinzip
-Nach dem Kabinettsprinzip müssen bestimmte Entscheidungen der Bundesregierung gemeinsam vom gesamten Kabinett getroffen werden, etwa die Einbringung von Gesetzesvorhaben oder die Aufstellung des Bundeshaushalts.
-Weitere Informations- und Beschlusszuständigkeiten sind in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung geregelt (GGO), d.h. über wichtige Fragen, insbesondere über Meinungsverschiedenheiten, entscheidet die Bundesregierung als Kollegium.
- Dennoch ist dieses Kollegialprinzip in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern wie etwa Schweden, wo es keine individuelle Ministerverantwortung gibt, nur gering ausgeprägt. Das Kabinett hat allenfalls die Beschlusskompetenz, aber nicht die Initiativfunktion.
Ressortprinzip
-Die Bundesminister sind Mitglieder des Kabinetts und leiten ein Ressort innerhalb der vom Bundeskanzler bestimmten Richtlinien selbstständig und unter eigener Verantwortung (Ressortprinzip). -Das Ressortprinzip ist ein entscheidendes Strukturprinzip der deutschen Verwaltung, denn in aller Regel interveniert der Bundeskanzler nicht in die Arbeit der einzelnen Ressorts. Nur wenn im Ausnahmefall eine Frage durch Richtlinienbestimmung des Bundeskanzlers entschieden wird, ist jeder Minister daran gebunden und muss diese Entscheidung wie seine eigene vertreten. Diese formale Anwendung der Richtlinienkompetenz ist in Deutschland allerdings äußerst selten und zudem in Koalitionsregierungen schwierig.
-Generell sind die Minister in ihren Ministerien voll verantwortlich (Ministerverantwortung) und haben die ihnen nachgeordneten Behörden zu beaufsichtigen. Im Rahmen ihrer Ressortverantwortung verfügen die Minister insbesondere auch über die Organisations- und Personalhoheit für ihr Ministerium und können entscheiden, ob eine Aufgabe auf ministerieller Ebene oder in nachgeordneten Behörden wahrgenommen wird
-wird bis 1984 von einem Staatssekretär und danach von einem Bundesminister für besondere Aufgaben geleitet. Mit der Umbenennung ist eine bedeutsame Aufwertung verbunden. Der Chef des Kanzleramtes (ChefBK) besitzt seitdem als Mitglied der Bundesregierung Sitz und Stimme im Kabinett
—> Er leitet die oberste Bundesbehörde und ist zugleich Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes, der einzigen nachgeordneten Behörde des Bundeskanzleramtes. Der ChefBK ist mit der ganzen Bandbreite der Regierungsthemen befasst.
-In der täglichen Arbeit erweist sich der Kanzleramtschef als machtvolles Alter Ego des Bundeskanzlers hinter der politischen Bühne, als Koordinator vielfältiger Regierungsprozesse und als Problemlöser bei Konflikten zwischen den Ressorts
-Zudem sind dem Bundeskanzleramt verschiedene Staatsminister zugeordnet, in der 18. Wahlperiode z.B. für Kultur und Medien, Migration, Flüchtlinge und Integration sowie für Digitalisierung.
-Im Prinzip legt der Bundeskanzler, nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg), die Zahl der Ministerien und die Zuständigkeiten fest (im sog. Organisationserlass, der normalerweise am Anfang jeder neuen Regierung erlassen wird), allerdings ist dies in der Regel das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen.
—> Die Entscheidung, wie die Ressorts zugeschnitten werden und welche Partei welches Amt in einer neuen Regierung übernimmt, wird dort geklärt. Die Zahl der Minister schwankt zwischen 13 in der ersten Wahlperiode von 1949 bis 1953 und 21 zu Beginn der 15. Wahlperiode
-Neben dem Bundeskanzleramt ist dem Bundeskanzler mit dem Presse- und Informationsamt eine zweite oberste Bundesbehörde unterstellt.
Auswärtiges Amt (AA)
-vertritt die Interessen Deutschlands in der Welt, fördert den internationalen Austausch und bietet Deutschen im Ausland Schutz und Hilfe.
-Es ist die zentrale Schaltstelle der deutschen Diplomatie, in der außenpolitische Analysen und Konzeptionen sowie konkrete Handlungsanweisungen für die deutschen Auslandsvertretungen erarbeitet werden. Diese vertreten unseren Staat, wahren seine Interessen und schützen deutsche Bürger im jeweiligen Gastland.
-Nachgeordnet sind z.B. die Botschaften und Konsulate im Ausland
Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) -ist vor allem verantwortlich für die innere Sicherheit und den Schutz der Verfassung.
-Hierfür stehen ihm das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei zur Verfügung.
-Daneben gehören noch die Gestaltung des öffentlichen Dienstes, die Migration und Flüchtlingspolitik und der Sport zu seinem Aufgabenbereich.
-Als „Verfassungs- und Kommunalministerium“ ist das BMI für die Modernisierung von Staat und Verwaltung zuständig. In der 18. Wahlperiode ist das BMI auch für den Bereich Bauen zuständig.
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
- ist zuständig für die Gestaltung der Finanzpolitik und die Grundausrichtung der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.
- Der Bundesfinanzminister koordiniert die Haushaltsvoranschläge der Ministerien und entwirft den jährlichen Haushaltsplan. Nachgeordnet ist z.B. die Bundesfinanzverwaltung.
Bundesministerium für Verteidigung (BMVg)
Es ist zuständig für alle Aufgaben der militärischen Verteidigung, für den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von Auslandseinsätzen und für die gesamte Wehrverwaltung.
Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) -zuständig für die Sicherung und Fortentwicklung des Rechtsstaates.
- Im Rahmen der Rechtspolitik geht es um die Vorbereitung oder die Änderung und Aufhebung von Gesetzen.
-Das BMJV verantwortet seit Beginn der 18. Legislaturperiode auch den Bereich der wirtschaftlichen Verbraucherpolitik (z.B. bei Themen wie Roaming, Kreditverträge, Pauschalreisen).
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) -zuständig für die Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik durch gesetzgeberische sowie administrative und koordinierende Funktionen in der Wettbewerbs-, Regional- und Mittelstandspolitik. Zudem fördert das Ministerium technische Innovationen durch gezielte strukturpolitische Maßnahmen.
- In der 18. Wahlperiode ist das BMWi auch für die Ausgestaltung der Energiewende zuständig.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). - schafft die Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung und sorgt für die Funktionsfähigkeit der sozialen Systeme
-Im Bereich der Arbeitsmarktpolitik fällt insbesondere die Bundesagentur für Arbeit als mittelbare Bundesverwaltung in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)-zuständig für alle Fragen der Umweltpolitik, des Naturschutzes und Teile der Energiepolitik. -Unterstützt wird es durch das Umweltbundesamt, das Bundesamt für Naturschutz und durch vielfältige Beratungsgremien wie den Sachverständigenrat für Umweltfragen oder den wissenschaftlichen Beirat für globale Umweltveränderungen.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)-zuständig für den Bereich der Ernährung und für die Agrarpolitik.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)-zuständig für Grundsatz und Koordinierungsaufgaben für die außerschulische berufliche Bildung, die Gesetzgebung zur Ausbildungsförderung, für die Grundsätze des Hochschulwesens, die Forschungsförderung und die Bildungsplanung
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)-zuständig für die Familienförderung (Kindergeld, Erziehungsgeld, Mutterschutz), die Seniorenförderung, die Kinder- und Jugendförderung, die Wohlfahrtspflege und das bürgerschaftliche Engagement.
Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
- ist zuständig für das Gesundheitswesen insgesamt, die Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Pflegeversicherung zu erhalten, zu sichern und fortzuentwickeln sowie für.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)-zuständig für das gesamte Verkehrswesen der Bundesrepublik, soweit der Bund nach dem Grundgesetz verantwortlich ist. Zudem nimmt das Ministerium die Zuständigkeit des Bundes auf den Gebieten des Wohnungswesens, der Raumordnung und des Bauwesens wahr
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). -zuständig für die Planung und Umsetzung der Entwicklungspolitik der Bundesregierung durch die Entwicklung multilateraler und bilateraler Förderstrategien, die Unterstützung von Entwicklungsprojekten sowie die Förderung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit nichtstaatlicher Organisationen.
-Die weit überwiegende Mehrheit der Gesetze wird durch die Bundesregierung vorbereitet und in den Gesetzgebungsprozess eingebracht.
-Die ausgearbeiteten Gesetzentwürfe müssen formal vom Kabinett beschlossen werden, welches (mit wenigen Ausnahmen, z.B. in der Corona-Krise) immer am Mittwoch tagt.
-Geleitet werden die Sitzungen durch den Bundeskanzler
-Minister können durch ihre parlamentarischen Staatssekretäre vertreten werden. Das Kabinett entscheidet formal per Mehrheitsbeschluss.
-Allerdings kommt es in den Kabinettssitzungen nur äußerst selten zu kontroversen Abstimmungen, da Konflikte zwischen den Ressorts in Treffen auf Arbeits- oder Ministerebene geklärt werden, Bei Konflikten zwischen den Koalitionspartnern wird zudem der Koalitionsausschuss einberufen
-Die interne Führung der Ministerien obliegt den beamteten Staatssekretären sowie weiteren politischen Beamten, die jederzeit in den vorläufigen Ruhestand versetzt werden können —> Daraus ergibt sich eine grundlegende Stabilität der Arbeitsstrukturen in den Ministerien auch bei wandelnder Führung
-in ihren engeren politischen Aufgaben, d.h. insbesondere im Parlament, werden die Minister durch parlamentarische Staatssekretäre unterstützt
-Um den Informationsfluss zwischen Regierungsfraktionen und Bundesregierung zu verbessern, besteht die Möglichkeit parlamentarische Staatssekretäre komplementär hinsichtlich der Parteimitgliedschaft des Ministers zu besetzen. Dieses als Kreuzstichverfahren bekannte Prinzip wird in der Bundesregierung zwar nicht durchgehend angewendet, seit 1990 wurde es jedoch in den CDU/CSU-FDP- sowie die SPD/Grünen Koalitionen stets bei einzelnen Ministerien benutzt, während in den CDU/CSU-SPD-Koalitionen weitgehend darauf verzichtet wurde
- und mit Ausnahme der parlamentarischen Staatssekretäre im Bundeskanzleramt müssen die parlamentarischen Staatssekretäre Mitglieder des Deutschen Bundestages sein
- Im Bundeskanzleramt und im Auswärtigem Amt tragen die parlamentarischen Staatssekretäre den Titel eines Staatsministers, unter anderem damit sie auf dem internationalen Parkett auf Augenhöhe mit den in vielen Ländern vorhandenen Vize-Ministern agieren können.
- Die meisten Ministerien haben ihren ersten Dienstsitz von Bonn nach Berlin verlegt. Unter anderem das Bundesministerium der Verteidigung hat aber weiter seinen ersten Amtssitz in Bonn. Alle Ministerien haben jedoch zumindest jeweils einen zweiten Amtssitz in Bonn bzw. Berlin
-Wie beim Bund besteht die Exekutive der Länder aus den Landesregierungen (Staatsregierungen, Senate) und -verwaltungen.
- Die Landesregierungen bestehen aus den Ministerpräsidenten bzw. in den Stadtstaaten dem Regierenden Bürgermeister (Berlin), dem Bürgermeister (Bremen) und dem Ersten Bürgermeister (Hamburg) und den Landesministern bzw. in den Stadtstaaten den Senatoren.
-Die Regierungschefs werden vom Parlament gewählt, in den Stadtstaaten auch die anderen Regierungsmitglieder. Außer in den Stadtstaaten Berlin und Bremen hat der Ministerpräsident ähnlich dem Bundeskanzler die Richtlinienkompetenz inne.
-Landesminister wirken im Regierungskollegium mit und sind selbstständige Leiter eines Ministeriums.
-Die Landesregierungen bestehen in der Regel aus acht bis zwölf Ministerien. Neben der Staatskanzlei gibt es überall ein Innenministerium, ein Finanzministerium, ein Justizministerium, ein Wirtschaftsministerium und/oder Sozial-/Arbeitsministerium, ein Kultus- und/oder Wissenschaftsministerium, ein Verkehrs- sowie ein Landwirtschafts- und/oder Verbraucher-/Umweltministerium. Die Zuschnitte wechseln aber in Abhängigkeit von den Koalitionspartnern und den Aufgabenschwerpunkten
-Die Länder sind für die Ausführung der meisten Bundesgesetze zuständig und setzen zugleich wesentliche Rahmenbedingungen für die Kommunalverwaltungen (durch Kommunalaufsicht, Gemeindeordnungen, Regelung von Verfahrensweisen).
-Zu dem eigenständigen Kompetenz- und Regelungsbereich der Länder gehört vor allem die Kulturhoheit, also der gesamte Bereich des Schulwesens, der Förderung von Wissenschaft und Kunst, des Baus und der Unterhaltung von Hochschulen, der Bereich Innere Sicherheit sowie die Gesetzgebung für Presse, Funk und Fernsehen. Allerdings lassen sich auch diese Aufgaben nicht immer nur durch die Länder wahrnehmen, so dass eine klare Aufgabenabgrenzung im Detail schwierig sein kann.
-Die Landesministerien nehmen sowohl Regierungs- als auch Verwaltungsfunktionen wahr und verfügen daher in der Regel über einen eigenen Verwaltungsunterbau. Bei den Aufgaben der Landesverwaltung sind, wie oben schon angeführt, solche der Bundesauftragsverwaltung, der Landesvollzug von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheit der Länder und der Landesvollzug von Landesgesetzen zu unterscheiden.
-Im ersten, eher seltenen Fall führen die Länder Bundesrecht im Auftrag durch, insbesondere durch die Verwaltung der Bundesfernstraßen, der Vollzug der Wehrgesetze und der Gesetze zur Erzeugung und Nutzung von Kernenergie. Hier können die Länder im Einzelfall vom Bund angewiesen werden. Der Bund trägt in der Regel die Kosten.
-Die Ausführung von Bundesangelegenheiten in eigener Kompetenz ist der Regelfall und betrifft u.a. die Krankenhausplanung, die Jugendhilfe, den Umweltschutz, die Stadtsanierung, das Baurecht, das Straßenverkehrsrecht und das Ausländerrecht. In diesen Bereichen kann der Spielraum ausgeschöpft werden, der innerhalb der Bundesgesetze besteht und die Länder bestimmen z.B. selbst die Organisation der Behörden. Der Bund verfügt hier nur über die Rechtsaufsicht.
-Zum Vollzug von Landesgesetzen gehören die Bereiche Erziehung und Bildung (Kindergärten, Schulen, Fachhochschulen, Universitäten, Erwachsenenbildung) sowie die Denkmalpflege, Theater, Museen, die Unterstützung des Sports, die Polizei, die regionale Strukturpolitik, Wirtschaftsförderung, Landesplanung und Raumordnung.
-Zu den Aufgaben der Länder gehört auch die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen der kommunalen Selbstverwaltung und hier als häufig umstrittene Maßnahmen die Ausgestaltung der Gebietsstruktur der Kommunen, also die Frage, wieviel Kreise, kreisfreie Städte und Kommunen es in den jeweiligen Bundesländern gibt.
-mit diesem Begriff werden sowohl die Gemeinden, die kreisfreien Städte, die kreisangehörigen Städte und die Landkreise bezeichnet.
-Juristisch sind die Kommunen Körperschaften des öffentlichen Rechtes.
-Im Rahmen der föderalstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik sind sie als Träger der grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28, Abs. 2 GG) eine eigene Ebene im Verwaltungsaufbau.
-Sie gehören neben dem Bund und den Ländern zu den Gebietskörperschaften und sind damit eine der drei Hauptverwaltungsebenen. In ihrem Gebiet sind sie grundsätzlich die Träger der gesamten örtlichen öffentlichen Verwaltung.
-Neben ihnen gibt es auf der lokalen Ebene nur untere Behörden des Bundes und des Landes als Sonderbehörden (z.B. Zoll, Polizei, Finanz- oder Arbeitsagentur).
-Allerdings nimmt die kommunale Ebene auch staatliche Aufgaben wahr, entweder als Auftragsangelegenheiten oder im Wege der sogenannten Organleihe (kommunale Behörden agieren zugleich als staatliche Behörden) vor allem auf der Kreisstufe.
-Insgesamt gibt es in Deutschland 107 kreisfreie Städte 16 Kreisfreie Städte (oder Stadtkreise) sind in der Regel Großstädte oder größere Mittelstädte. Alle Kommunen, die nicht kreisfreie Städte sind, sind Kreisen zugeordnet
-Die Kommunen erfüllen im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland eine wichtige Doppelfunktion: Zum einen werden auf kommunaler Ebene in vielen Politikfeldern politische Entscheidungen getroffen, die die Lebensumstände der Bürger nachhaltig prägen. Örtliche Lösungen bieten aufgrund ihrer geringen Distanz bessere Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürger, sie machen Politik „fassbar“ —> „Schule der Demokratie“.
- Andererseits kommt den Kommunen mit Blick auf die Aufgabenerfüllung und die Bedeutung für die Lebensverhältnisse der Bürger eine wichtige Funktion der Daseinsgestaltung zu. Aus dieser Perspektive interessieren vor allem die Effektivität und Effizienz kommunaler Leistungen. Durch die Übernahme von Versorgungs-, Leistungs-, Fürsorge-, Vollzugs- und Planungsfunktionen sind Kommunen auch in Zeiten eines europäischen Mehrebenensystems unverzichtbar.
-Allerdings sind sie, gemessen an ihrer Finanzautonomie und hinsichtlich der administrativen und politischen Kompetenz, die am schlechtesten ausgestattete Politikebene
-Auch wenn die Kommunen zu den drei Hauptverwaltungsebenen gehören, so sind sie staatsrechtlich Teil der Länder und unterliegen damit ihrem Aufsichts- und Weisungsrecht. Wenn im engeren Sinne von staatlicher Verwaltung gesprochen wird, sind nur der Bund und die Länder gemeint, da nur sie über eine jeweils eigene staatliche Hoheitsmacht verfügen.
-Die konkrete Ausgestaltung der kommunalen Aufgaben, Befugnisse und Strukturen wird durch die jeweilige Landesverfassung und durch von den Ländern erstellte Kommunalverfassungen geregelt. —> Dazu gehören die Gemeindeordnungen, die Kreisordnungen, die Kommunalwahlgesetze, die Kommunalabgabengesetze sowie Gesetze über kommunale Zusammenarbeit (z.B. in NRW Kommunalverband Ruhrgebiet oder das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit).
—>Die wichtigsten Regelungen finden sich in der Gemeindeordnung (GO).
-Grundsätzlich verfügen die Gemeinden zur Verwirklichung des Selbstverwaltungsrechtes im Rahmen der Gesetze von Bund und Land über die Organisations-, Personal-, Finanz-, Planungs-, Satzungs-, Gebiets- und Aufgabenhoheit.
-Die Fach- und Rechtsaufsicht über die kommunale Verwaltung hat das Land. Die Fachaufsicht gilt aber nur für den übertragenen Aufgabenbereich, also die Auftragsangelegenheiten. Aufsicht wird in der Regel durch die Bezirksregierungen (wenn vorhanden), die Landkreise und das Innenministerium ausgeübt. In den Stadtstaaten verschmelzen kommunale und staatliche Hoheit.
-Kreise und Gemeinden verfügen im Rahmen der landesrechtlichen Bestimmungen über die Organisationshoheit in ihrem Gebiet, d.h. sie verfügen über das Recht auf eigenverantwortliche Gestaltung ihrer internen Organisation.
—> Dies umfasst sowohl die Wahl der Organe, die Organisation der gemeindlichen eigenen Verwaltung und die Regelung der „inneren Verfassung“ der Gemeinde durch Erlass der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung.
-Die Organisationsgewalt über die gemeindliche Verwaltung gilt sowohl für Selbstverwaltungsaufgaben als auch für Auftragsangelegenheiten.
-Dabei ist der Bürgermeister (Landrat) als Verwaltungschef verantwortlich für die Leitung und Verteilung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung. Er ist Dienstvorgesetzter der Wahlbeamten, Beamten, Angestellten und Arbeiter.
-Disziplinarvorgesetzter ist die Aufsichtsbehörde.
-Der Bürgermeister verfügt damit über das Organisationsrecht und kann selbständig einen Geschäfts- und Organisationsverteilungsplan erlassen und durch Einzelanweisungen die Geschäfte auf die Verwaltungsmitarbeiter verteilen
-Aufgaben in den Sektoren innere Verwaltung und allgemeine Staatsaufgaben, Soziales, Gesundheitswesen, Wirtschaftsförderung, Verkehr und öffentliche Einrichtungen
—> Damit liegt ein Großteil von Verwaltungsaufgaben in Deutschland in der Zuständigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände. Einerseits nehmen die Gemeinden nach Art. 83ff. GG Aufgaben des Bundes und des Landes als untere Verwaltungsinstanz wahr (übertragener Wirkungskreis, Auftragsangelegenheiten).
- Andererseits verfügen sie aber auch durch Art. 28 GG über eine Fülle von Aufgaben in eigener Verantwortung (Selbstverwaltungsangelegenheiten). Inhaltlich lassen sich Ordnungs-, Leistungs- und Planungsaufgaben unterscheiden
Auftragsangelegenheiten
Zu den Auftragsangelegenheiten gehört das Melderecht, das Bauaufsichtsrecht, Ausländerangelegenheiten, Zivilschutz und das Ordnungsrecht. Aufgabenbereiche sind hier die Kraftfahrzeugzulassung, das Ausländerwesen, das Pass- und Meldewesen, die Lebensmittelüberwachung, die Schulaufsicht oder das Gewerberecht.
—> In diesem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung bestehen bei der Gestaltung der Ziele keine Handlungsspielräume für die Kommunen.
-Insbesondere bei den Auftragsangelegenheiten nach Bundesrecht besteht ein umfassendes Weisungsrecht, das allerdings von den Ländern ausgeübt wird. Der Bund hat keine direkte Einflussnahme auf die Kommunen. Die Aufsichtsbehörden haben nicht nur die Rechts- sondern auch die Fachaufsicht.
-Die Auftragsangelegenheiten unterliegen in der Regel nicht der Zuständigkeit der kommunalen Vertretungen, sondern hier ist der hauptamtliche Verwaltungschef (i.d.R. Bürgermeister oder Landrat) zuständig für die Durchführung verantwortlich
-Rechtsverordnungen des Landes und das Gesetz zur Funktionalreform regeln, welche dieser Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung alle Gemeinden zu erfüllen haben und welche auf die kreisfreien Städte und Kreise übertragen werden
Selbstverwaltungsangelegenheiten
Bei den Selbstverwaltungsangelegenheiten als nichtstaatliche Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung sind
– die freiwilligen Aufgaben (z.B. Einrichtung und Unterhaltung von Grünanlagen, Museen, Schwimmbäder, Theater, Sportstätten, Büchereien, Altentreffs, Bürgerhäusern; Förderung von Vereinen; Wirtschaftsförderung; Partnerschaften mit anderen Städten) und
– die Pflichtaufgaben (z.B. Gemeindestraßen, Bebauungspläne, Bauleitplanung, Kindergärten, Jugendhilfe, Sozialhilfe, Wohngeld, Schulverwaltung, Volkshochschulen, Förderung des Wohnungsbaus, Abfallbeseitigung, Abwasserbeseitigung) zu unterscheiden.
-Bei den Selbstverwaltungsaufgaben ist die Gemeindevertretung die höchste Entscheidungsinstanz
-Die Gemeindevertretungen werden je nach Bundesland mitunter auch als Rat, Gemeinderat oder Stadtrat bezeichnet. Hier gilt die Zuständigkeit der Kommunalvertretung.
-Dennoch gibt es in Abhängigkeit von den einzelnen Aufgabenbereichen unterschiedliche Steuerungsmöglichkeiten. Die größten Gestaltungsmöglichkeiten für die Kommunalpolitik befinden sich im Bereich der freiwilligen Aufgaben, da hier auch die Ziele gesetzt werden. Die staatlichen Ebenen üben hier nur Rechtsaufsicht aus, d.h. sie kontrollieren, ob die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht gegen Gesetze verstoßen.
-Allerdings ist der Anteil der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten durch die Verengung des kommunalen Finanzrahmens und rechtliche Vorgaben der EU, des Bundes und der Länder unter dem Postulat der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse zurückgegangen.
-Im Bereich der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben liegt der kommunalpolitische Gestaltungsspielraum im Weg, vorgegebene Ziele zu erreichen. Die Ausübung dieser Aufgaben ist durch Bundes- und Landesgesetze vorgeschrieben, die staatlichen Ebenen üben natürlich auch hier die Rechtsaufsicht aus, aber bei der Ausführung der Aufgaben gibt es – je nach Detaillierungsgrad der Rahmengesetze – z.T. erhebliche Handlungsspielräume
-Die Aufgabenschwerpunkte bezüglich des Personaleinsatzes liegen auf kommunaler Ebene im Bereich Soziale Sicherung, Gestaltung der Umwelt, innere Verwaltung sowie etwas abgeschwächt im Bereich Schule und Kultur, Sicherheit und Ordnung sowie Gesundheit und Sport
—>Insbesondere in den Bereichen Soziale Dienste und Gesundheitswesen ist die kommunale Ebene seit Anfang der 60er-Jahre immer wichtiger geworden und übernimmt hier Tätigkeiten, die früher auf Landesebene angesiedelt waren oder nicht in dem Ausmaß von Relevanz waren.
-Länder haben einen erheblichen Spielraum zur Schaffung eigenständiger Kommunalverfassungen, den sie auch nutzen
-Kommunalverfassungstypen unterschieden je nach dominantem Typisierungsmerkmal entweder zwischen monistischen oder dualistischen Systemen (bezieht sich auf die Kompetenzverteilung zwischen Rat und Verwaltung) oder – orientiert an den Organen, denen Kompetenzen zugeordnet werden – zwischen der norddeutschen Ratsverfassung, der süddeutschen Ratsverfassung, der rheinischen Bürgermeisterverfassung und der unechten Magistratsverfassung unterschieden
-seit 1991 ein durchgängiger Trend zur Reform der Kommunalverfassungen in Richtung süddeutsche Rat-Bürgermeisterverfassung (mit baden-württembergischer Prägung) mit einem direkt gewählten Bürgermeister und der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden
—> Damit werden auf lokaler Ebene die über 40 Jahre existierenden repräsentativ-demokratischen Formen politischer Entscheidungsfindung durch direktdemokratische Formen ergänzt
-Orientiert an den klassischen Unterscheidungen gehen nun alle Gemeindeordnungen von einer dualistischen Kompetenzverteilung, einer kommunalen Vertretungskörperschaft und einem direkt gewählten Bürgermeister aus. Dieser ist überall Verwaltungschef und nur in Hessen muss er sich bei der Verwaltungsleitung im Magistrat absprechen (kollegiale anstatt monokratischer Leitung).
-Nach wie vor bestehen allerdings z.T. erhebliche Unterschiede im Institutionenarrangement zwischen einzelnen Bundesländern, u.a. bezüglich der Kompetenzverteilung zwischen Kommunalvertretung und Verwaltung, der Wahlzeit des Bürgermeisters, der Leitung der Gemeindevertretung (Bürgermeister oder Vorsitzender der Vertretungskörperschaft), der Möglichkeiten des Kumulierens (ein Kandidat auf einer Liste kann mehrere Stimmen erhalten) und des Panaschierens (Kandidaten von einer Liste können auf eine andere geholt werden) sowie der Durchführungsbedingungen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden
-Mittlerweile hat sich zur Beschreibung dieser immer noch variierenden kommunalen Entscheidungsstrukturen das Begriffspaar „Kommunale Konkordanz- und Konkurrenzdemokratie“ durchgesetzt —> Angelehnt an diese idealtypische Unterscheidung können die Flächenländer mittels eines Konkordanzindex zugeordnet werden
-Insgesamt ist in Deutschland ein Trend zur kommunalen Konkordanzdemokratie zu beobachten, begünstigt durch die Kommunalverfassungsreformen und die zunehmende Schwäche der Parteien. Letzteres zeigt sich auch daran, dass die Verfahrensbedingungen für Bürgerbegehren in der Tendenz immer bürgerfreundlicher werden.
-In der kommunalen Konkordanzdemokratie treffen Akteure mit einer geringeren personellen Parteipolitisierung aufeinander. Im Rat wird kaum zwischen Opposition und Regierung unterschieden, die Fraktionsdisziplin ist aus Sicht der Ratsmitglieder geringer ausgeprägt, während der Bürgermeister als exekutiver Führer dominiert.
-In der Konkordanzdemokratie halten die Akteure zudem Parteipolitik in der kommunalen Selbstverwaltung eher für schädlich (konkordante Einstellungen) und die Varianz der politischen Prioritäten ist aufgrund der geringeren inhaltlichen Parteipolitisierung niedriger als in der Konkurrenzdemokratie bzw. die Parteidifferenz hat eine niedrigere Erklärungskraft für die Prioritäten.
-Mit niedrigen Werten auf dem Kommunalverfassungsindex (durch schwächere rechtliche Kompetenzen des Bürgermeisters und starre Ratslisten bei der Kommunalwahl) gehen eher konkurrenzdemokratische Konstellationen einher, die mit steigender Gemeindegröße und mit Lage in Westdeutschland noch mal forciert werden
-Zur Finanzierung ihrer Aufgaben verfügen die Kommunen über die Möglichkeit Steuern zu erheben. Dies sind derzeit vor allem die sogenannten Realsteuern (Art. 106, Abs. 6 GG), also die Gewerbe- und Grundsteuer, sowie kleinere Verbrauchs- und Aufwandssteuern (z.B. Hundesteuer).
-Von der Gewerbesteuer fließt allerdings ein Teil des Aufkommens über die Gewerbesteuerumlage wieder an Bund und Länder zurück. Die Entscheidung über die Steuersätze obliegt dem Rat.
-Die Gewerbesteuer als wirtschaftsbezogenes Element soll den Kosten einer Gemeinde für die Bereitstellung von Infrastruktur Rechnung tragen.
-Daneben sind die Gemeinden am Steuerverbund beteiligt, einmal direkt über die Einkommenssteuer und die Umsatzsteuer, zum anderen indirekt über den kommunalen Finanzausgleich der Länder
-Der kommunale Finanzausgleich resultiert aus der grundgesetzlichen Verpflichtung, die Kommunen an den Gemeinschaftssteuern zu beteiligen und eine Finanzkraftauffüllung vorzunehmen, damit die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können.
-Weitere Einnahmequellen sind die Erhebung von Gebühren und Abgaben für die Inanspruchnahme kommunaler Dienstleistungen (9,8%) sowie die Kreditaufnahme.
-Die Kreditaufnahme unterliegt gesetzlichen Regelungen und dem Genehmigungsvorbehalt der Aufsichtsbehörde, die Einnahmen aus der Gewerbe- und Einkommenssteuer sind konjunkturabhängig, die Einnahmen aus den Zuweisungen von Bund und Land Ergebnis von Verhandlungsprozessen, bei denen die Kommunen über die geringsten Machtressourcen verfügen, und die Gebühren unterliegen dem Gebot der Kostendeckung. Die Steuerbarkeit der eigenen Einnahmesituation ist mithin begrenzt.
-in der Regel lassen sich nur die Grundsteuern und die Gewerbesteuerhebesätze und die Einnahmen aus Eigentumsveräußerungen sowie die Ausgaben für den laufenden Sachaufwand, die Personalausgaben und die Investitionsausgaben im Verbund mit den zweckgebundenen Investitionszuweisungen des Landes steuern
-Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechts- und Verfassungsstaat, in dem alle an die verfassungsmäßige Ordnung des Grundgesetzes gebunden sind, auch der parlamentarische Gesetzgeber und die Exekutive.
-„Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass die Ausübung staatlicher Macht nur auf der Grundlage der Verfassung und von formell und materiell verfassungsmäßig erlassenen Gesetzen mit dem Ziel der Gewährleistung von Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zulässig ist” (Stern 1984)
-Rechtsstaatlichkeit umfasst die Garantie der Grundrechte, Gewaltenteilung, die Rechtsbindung aller Staatsorgane, die Rechtssicherheit sowie einen gerichtlichen Schutz gegenüber Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt.
-Die Kontrolle der Rechtsstaatlichkeit obliegt der dritten Gewalt, der Judikative, der Rechtsprechung. Die rechtsprechende Gewalt hat durch das GG eine starke Stellung erhalten, denn nach Art. 19 Abs. 4 GG steht jedermann, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, der Rechtsweg offen, Art. 93 garantiert die Verfassungsbeschwerde und Art. 92 beauftragt die Richter mit der rechtsprechenden Gewalt
-In Deutschland gibt es jedoch keine einheitliche Gerichtsbarkeit, sondern verschiedene Gerichtszweige. Zu unterscheiden ist grob zwischen
der Verfassungsgerichtsbarkeit durch das Bundesverfassungsgericht und die Landesverfassungsgerichte und
den fünf Fachgerichtsbarkeiten (Zivil- und Strafgerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Finanzgerichtsbarkeit, Arbeitsgerichtsbarkeit und die Sozialgerichtsbarkeit)
-Herrschaft und Vorrang der Verfassung gegenüber dem Gesetzgeber und anderen staatlichen Organen sind die Wurzeln der Verfassungsgerichtsbarkeit. Für den Bund ist hier das Bundesverfassungsgericht (BVG) zuständig, welches nicht nur das oberste Gericht des Bundes ist, sondern zugleich ein Verfassungsorgan.
—>Damit steht es gleichberechtigt neben anderen obersten Verfassungsorganen wie dem Bundespräsidenten, dem Bundestag, dem Bundesrat oder der Bundesregierung und kann diese sogar in ihre Schranken verweisen.
-Vereinfacht ausgedrückt ist das Bundesverfassungsgericht die Hüterin der Verfassung. Es kontrolliert den Gesetzgeber, ob er beim Erlass der Gesetze gemäß den Vorschriften des GG handelt, überwacht im Wege der Verfassungsbeschwerde Behörden und Gerichte, schlichtet Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen, beschließt über das Verbot politischer Parteien und über die Verwirkung von Grundrechten
-Die wichtigsten Kompetenzen umfassen die konkrete Normenkontrolle, die abstrakte Normenkontrolle, Organstreitigkeiten und Verfassungsbeschwerden.
-Das Bundesverfassungsgericht wird niemals von sich aus tätig, sondern nur, wenn es im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften angerufen wird (Art. 93-100 GG).
-Die Entscheidungen werden in geheimer Beratung getroffen.
-Es besteht aus zwei Senaten mit je acht Richtern, die jeweils höchsten für zwölf Jahre gewählt sind. Eine Wiederwahl ist nicht möglich. Die Richter werden je zur Hälfte vom Bundestag durch einen speziellen Wahlausschuss und vom Bundesrat gewählt, wobei jeweils eine 2/3 Mehrheit nötig ist
-Die Gerichtshoheit zwischen Bund und Ländern ist bei jeder der oben genannten Fachgerichtsbarkeiten so verteilt, dass die obersten Gerichtshöfe Bundesgerichte und alle anderen in der Regel Landesgerichte sind. Daher erklärt sich auch die Zahl von 22.825 Richtern auf Länderebene, der im Jahr 2017 nur 445 Richter auf Bundesebene gegenüberstehen
-Der Aufbau der Gerichtszweige ist jeweils verschieden, jedoch umfasst er meist drei Instanzen. Bei den Richtern ist zwischen Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern zu unterscheiden. Generell sind die Richter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die Berufsrichter werden auf Lebenszeit berufen, die ehrenamtlichen Richter nur für eine bestimmte Amtszeit
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-Die Geburtsstunde der Rechnungsprüfung in Deutschland liegt weit zurück. 1714 wurde von König Friedrich Wilhelm I. die Preußische Generalrechenkammer gegründet. Sie war eine selbständige Zentralbehörde mit Sitz in Berlin und unterstand direkt dem König. Als dann im deutschen Kaiserreich von 1871 ein einheitlicher Rechnungshof des Deutschen Reiches gegründet wurde, war hier schon das Anliegen der Parlamente, mit Hilfe der Rechnungsprüfung die Regierung besser zu kontrollieren dominant und nicht mehr das Interesse des Monarchen an Kontrolle seiner Beamten
-Nach dem GG führen nun die 17 Rechnungshöfe im Bund und den 16 Ländern Verwaltungskontrolle in Form staatlicher Finanzkontrolle durch. Für die Einnahmen und Ausgaben der EU ist der Europäische Rechnungshof zuständig. Die Rechnungshöfe prüfen generell die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates hinsichtlich seiner Ordnungsmäßigkeit (Rechtsmäßigkeit, Vollständigkeit, Richtigkeit), seiner Wirtschaftlichkeit (Verhältnis von Kosten und Zweck) und seiner Sparsamkeit.
-Damit ist ihr Auftrag deutlich ausgeweitet gegenüber den historischen Vorbildern. Jeder Rechnungshof prüft den Haushalt in seinem Bereich. Alle Rechnungshöfe sind unabhängig voneinander, auch existiert keine Über- oder Unterordnung. Mitunter werden allerdings gemeinsame Prüfungen vorgenommen, wenn z.B. Haushaltsmittel verschiedener Gebietskörperschaften für einen Zweck gemeinsam verausgabt werden, etwa bei den Rundfunkanstalten.
-Die Rechnungshöfe sind Oberste Bundes- und Landesbehörden und damit von der Verwaltung unabhängig. Sie sind zudem weder der Exekutive noch der Legislative weisungsgebunden, sondern stehen im System der Gewaltenteilung zwischen ihnen. Prüfungsstoff und Bewertung bestimmen sie im Rahmen der Gesetze nach eigenem Ermessen, wobei sie Prüfungswünsche der Parlamente soweit wie möglich berücksichtigen.
-Die Mitglieder der Rechnungshöfe, der Präsident, der Vizepräsident, die Abteilungs- und Prüfungsgebietsleiter sind unabsetzbar und verfügen über richterliche Unabhängigkeit. Organisatorisch unterstützt werden die Rechnungshöfe durch ihnen nachgeordnete Rechnungsprüfungsämter.
-Die Aufbauorganisation des Bundesrechnungshofs orientiert sich an den Prüfungsgebieten, von denen es derzeit insgesamt 51 gibt, die wiederum in neun Prüfungsabteilungen zusammengefasst sind und von Abteilungsleiterinnen und -leitern geführt werden (Stand Ende 2018).
-Den in den Abteilungen organisierten Prüfungsgebieten sind jeweils Prüfungsgebietsleiterinnen und -leiter zugeordnet, die gemeinsam mit Prüfungsbeamtinnen und -beamten sowie weiteren Bediensteten des Bundesrechnungshofs die Prüfungen durchführen
-In der Regel prüfen die Rechnungshöfe stichprobenartig. Zudem gibt es unterschiedliche Formen der Prüfung, von der allgemeinen Prüfung über die Projektprüfung, die Schwerpunktprüfung, die Querschnittsprüfung hin zur Programmprüfung
-Die Prüfungstätigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes beispielsweise beinhaltet im Jahr 2018 nach Angaben des Bundesrechnungshofs ein Gesamtvolumen von über 600 Milliarden Euro an Einnahmen und Ausgaben. Hinzu kommen Sozialversicherungsträger und Beteiligungen des Bundes (Seyfried 2019a, S. 2). Die Ergebnisse der Erhebungen werden in der Regel mit den geprüften und übergeordneten Stellen erörtert, in Prüfungsmitteilungen zusammengestellt und dann der geprüften Stelle und der Aufsichtsbehörde übersandt
-Die Ergebnisse der Prüfungen sind einmal im Jahr in einem Jahresbericht dem zuständigen Parlament zu überreichen. Dieser Jahresbericht ist Grundlage für die Entlastung der Regierungen. Der größte Teil der Prüfergebnisse ist indes in diesem Bericht nicht enthalten, da viele Beanstandungen während der Prüfung behoben oder anschließend in Erörterungen ausgeräumt werden können. Die meisten Prüfungen der Rechnungshöfe werden nicht veröffentlicht.
-Daneben können die Rechnungshöfe auch jederzeit Sonderberichte erstellen oder werden vom Parlament oder der Regierung zu Beratungszwecken konsultiert.
-Die Wirkung der Rechnungshöfe liegt in der Regel in der Güte ihrer Argumente und in der Angst vor ihnen, so dass sie sehr stark präventiv wirken. Zwar gibt es keine Rechtsverpflichtung, Beanstandungen auszuräumen, aber der Ruf sachlicher Objektivität und die öffentliche Wahrnehmung erzielen in der Praxis durchaus ihre Wirkungen.
-spezifische Form der innerbürokratischen Koordination und Abstimmung, die verhältnismäßig gut funktioniert, die aber auch alles andere als unproblematisch ist, nämlich die von Frido Wagener zunächst als „vertikale Ressort-Kumpanei“ oder, etwas freundlicher, als „Fachbruderschaften“ bezeichnete Koordinierungsbürokratie.
-Gemeint ist damit die vertikale, nicht nur organisations- sondern auch ebenenübergreifende, Zusammenarbeit bestimmter Fachverwaltungen. Im Kern geht es darum, dass sich z.B. zwischen den zuständigen Behörden etwa im Bereich Agrar-, Verkehrs- oder auch Umweltverwaltung notwendigerweise über die Jahre enge Kontakte entwickeln, die sowohl lokale (Kommunalverwaltung), regionale (Mittelinstanzen), landesweite (Landesministerien) und bundesweite Organisationen umfassen können und inzwischen bis auf die EU-Ebene ausgedehnt werden.
-Das, worauf sich diese „Fachbrüder und -schwestern“ aus ihrer sektoralen, „fachlichen“ Sicht geeinigt haben, kann oft nur sehr schwer auf der jeweils politisch zuständigen Ebene verändert werden. Etwas zugespitzt formuliert: Wenn sich die Verkehrsplaner im Bundesministerium mit ihren Kollegen auf Landesebene, und die wiederum mit den Kollegen im Regierungspräsidium und im Kreis auf den Ausbau einer bestimmten Straße geeinigt haben, und sich zudem auch einig sind, dass dabei bestimmte Standards unbedingt einzuhalten sind (etwa Fahrbahnbreite, Kurvenradien), dann ist dies von den jeweils politisch verantwortlichen Gremien kaum noch zu verändern.
—>Sobald der Kreistag (oder etwa eine andere Fachbehörde) versuchen wird, Einfluss auf diese Maßnahme zu nehmen, kann ihnen vorgehalten werden, dies sei bereits mit den anderen Ebenen abgestimmt, und der Versuch dieses Ergebnis infrage zu stellen würde ggfs. das gesamte Projekt torpedieren.
-Besonders problematisch wird diese vertikale Koordination, wenn sie mit finanziellen Anreizen verbunden ist. Die inhaltliche Politikverflechtung der Fachverwaltungen wird dann durch eine ebenenübergreifende Mischfinanzierung unterstützt, die dazu führt, politische Handlungsspielräume weiter einzuschränken, denn schließlich will man öffentliche Mittel möglichst „mitnehmen“ und nicht „verschenken“.
-Wagener weist darauf hin, dass es dabei subjektiv nicht bösartig zugeht, sondern durchaus löblich, denn es geht darum, die eigene fachliche Aufgabenwahrnehmung zu optimieren. Im Ergebnis führt dies allerdings zu einer politisch unkontrollierten Selbstbestimmung der Fachbürokraten.
-In den Worten von Frido Wagener: „In den Ministerien von Bund und Ländern und in den Spitzenstellungen der Großstädte und Landkreise ist der öffentliche Dienst heute jedenfalls weidlich damit beschäftigt, den Standard der öffentlichen Aufgabenerfüllung und teilweise auch die Erfindung neuer öffentlicher Aufgaben mit Hilfe von Gesetzen, Erlassen und Programmen, insbesondere aber durch Geld, an dessen Annahme man Bedingungen knüpft, zu steuern. (...) der besonders gute Ministerialbeamte hat (...) die Formulierung schon im Vorfeld der Entscheidung soweit vorbesprochen, herunterkoordiniert, abgestimmt und mit ein klein wenig Änderungsstoff für die partout nicht zu überzeugenden Politiker angereichert, dass im Ergebnis genau das aus dem gesetzgeberischen Ratifizierungsprozess herauskommt, was die Ministerialbürokraten für angemessen und machbar halten. Dies ist gewöhnlich nicht wenig. Es ist genau geregelt und entspricht einem hohen Standard“ (Wagener 1979, S. 242).
-Ministerien unterstützen einerseits die Regierungstätigkeit, indem sie politische Entscheidungen des Ministers oder der Ministerin, insbesondere Gesetzgebung und Budgetentscheidungen vorbereiten, andererseits sind sie als oberste Bundes- oder Landesbehörden auch an der Durchführung der Gesetze, der Implementation von Politik beteiligt, in ihnen wird also regiert und verwaltet. Während Landesministerien vor allem in Ländern ohne Mittelinstanz auch vielfältige Vollzugsaufgaben wahrnehmen, bedienen sich die Bundesministerien im Wesentlichen der nachgeordneten Bundesbehörden – wenn der Bund überhaupt in die Implementation seiner Gesetze eingebunden ist
-Zu den Aufgaben der Ministerien gehören neben diesen Vollzugsaufgaben, also der Steuerung und Überwachung nachgeordneter Behörden und des Gesetzes- und Haushaltsvollzugs, auch eine Reihe für die Politik wichtiger Hilfsaufgaben wie die Beantwortung parlamentarischer Anfragen, die Vorbereitung von Reden und generell die Aufbereitung und Zusammenstellung relevanter Informationen.
-Zentrale Aufgabe der Ministerien ist aber die Programmentwicklung, also der Entwurf und, vor allem, die Novellierung von Gesetzen, die Entwicklung von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, die Aufstellung des jeweiligen Haushalts und generell die Entwicklung und Planung neuer Politikinhalte und Policies.
-Im Prinzip sind Ministerien in Deutschland im Wesentlichen einheitlich und nach bürokratischen Merkmalen aufgebaut. Im Folgenden wird dies anhand der Bundesministerien erläutert; Landesministerien weisen die gleichen Merkmale auf, sind allerdings kleiner und verfügen i.d.R. z.B. nicht über parlamentarische Staatssekretäre:
• An der Spitze des Ministeriums steht der politisch ernannte Minister oder die Ministerin. Diese sind keine Beamten, nach dem Grundgesetz dürfen sie auch keine weitere berufliche Tätigkeit ausüben.
• Jedem Minister sind (auf Bundesebene) i.d.R. ein oder zwei parlamentarische Staatssekretäre zugeordnet, die den Minister bei der Erfüllung der Regierungsaufgaben insbesondere hinsichtlich der Verbindung zum Bundestag und Bundesrat unterstützen und hier auch vertreten. Auch die parlamentarischen Staatssekretäre sind keine Beamten, sondern es handelt sich, wie der Name schon sagt, um Mitglieder des Parlaments. Mit dem Rücktritt des Ministers scheiden auch sie aus.
• An der Spitze jedes Ministeriums stehen ein oder mehrere beamtete Staatssekretäre, die den Minister nach innen in der Leitung der Ressorts unterstützen und als Behördenchefs die Dienstvorgesetzten der Mitarbeiter sind. Sie sind „politische Beamte“
• Die Ministerien gliedern sich in Abteilungen, Unterabteilungen und Referate. Diese werden von Ministerialdirektoren, Ministerialdirigenten sowie in den Referaten von Ministerialräten geleitet. • Als Stabseinrichtungen für die Leitung gibt es Ministerbüros mit persönlichen Referenten und Pressestellen, gelegentlich auch Stäbe oder Projektgruppen für besondere Aufgaben (etwa in der 13. Legislaturperiode im BMI die „Stabstelle Moderner Staat – Moderne Verwaltung“)
-Die zentralen Merkmale der Aufbau- und auch Ablauforganisation der Bundesministerien, der hierarchische Aufbau, die Art und Weise der Aufgabenerledigung und insbesondere auch die Formen der internen Koordination und der Kontakte nach außen sind in der GGO, der „Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien“ (BMI 2011) festgelegt, die es seit der Weimarer Republik gibt, und die zwar verschiedentlich vereinfacht und abgespeckt wurde, aber die klassische bürokratische Ablauforganisation nicht infrage stellt.
-Auf den ersten Blick weisen Ministerien damit alle Merkmale einer klassischen bürokratischen Organisation auf, insbesondere strikte Arbeitsteilung, hierarchische Kommunikation in einem Einliniensystem, Professionalisierung und klare Zurechenbarkeit und Verantwortlichkeit durch Aktenmäßigkeit und Schriftlichkeit.
-Die Basiseinheit der Ministerien, in denen sämtliche Aufgaben zunächst wahrgenommen werden, sind die Referate. Sie gelten daher als „Arbeitstiere“ der Ministerialverwaltung.
-Die vorherrschende Programmformulierung in den Ministerien wurde von Mayntz/Scharpf dabei als „reaktive Politik“ kritisiert, die vor allem heteronom, d.h. von äußeren Einflüssen und durch bürokratische Strukturen beeinflusst und daher in ihrer Reichweite und Zielsetzung als begrenzt, kurzfristig und umweltanpassend zu charakterisieren sei. Demgegenüber formulierten sie den Anspruch einer „aktiven Politik“, d.h. einer politik- und leitungsbestimmten Programmformulierung, die umfassende, längerfristige und umweltverändernde Politikinhalte unterstützen sollte
-Insgesamt verfügen die Bundesministerien über gut 1000 Referate, ca. 240 Unterabteilungen und 110 Abteilungen. Diese Zahlen sind seit 1980 überraschend stabil, obwohl die Zahl der Ministerien in diesem Zeitraum von ca. 20 auf 13 reduziert wurde (siehe im Detail die international vergleichende Langzeitstudie zur Entwicklung der Strukturen der Ministerialverwaltung in fünf Länder
-Zu den gemeinsamen Organisationsvorgaben der GGO gehören neben der Definition der organisatorischen Kernelemente der Bundesministerien, also der Referate, Unterabteilungen und Abteilungen aber auch eine Reihe von „besonderen Organisationsformen“ (BMI 2011, §10), z.B.:
• Organisationseinheiten mit Stabsfunktion, vor allem zur Unterstützung der Leitung;
• Projektgruppen für „zeitlich befristete komplexe Aufgaben, die einen übergreifenden Personaleinsatz erfordern“;
• Beauftragte der Bundesregierung, die Bundesbeauftragten sowie Koordinatorinnen und Koordinatoren der Bundesregierung
—> Der Anteil dieser weiteren Einheiten nimmt im Zeitverlauf deutlich zu (vgl. im Detail Fleischer et al. 2018, S. 32ff). Während sie 1980 lediglich ca. 7% der Einheiten in der Ministerialverwaltung auf Bundesebene ausmachen, liegt ihr Anteil 2015 bei 18%
-Es geht bei diesen Einheiten vor allem um die direkte politische Beratung der Minister, aber auch um Kommunikation und Pressearbeit, Koordination und längerfristige Planung. Auch wenn sich die schon von der „Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform“ vorgeschlagenen umfassenden Planungsstäbe nicht durchgesetzt haben, ist also die steigende Bedeutung von Stäben vor allem zur direkten Unterstützung des Ministers oder für begrenzte besondere Aufgaben unverkennbar.
-Dabei dürfen die durch Stäbe hervorgerufenen Konflikte in Organisationen nicht unterschätzt werden. Überspitzt gesagt sehen Stäbe Linienorganisationen als „Fachidioten“, die nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben in einen größeren Zusammenhang einzuordnen, während wiederum die Fachleute in der Linie den Stäben vorwerfen, sie würden sich kontinuierlich besserwisserisch in Angelegenheiten einmischen, in denen sie über keinerlei Kompetenz verfügten
-Kreise und Gemeinden verfügen im Rahmen der landesrechtlichen Bestimmungen über die Organisationshoheit in ihrem Gebiet, d.h. sie verfügen über das Recht auf eigenverantwortliche Gestaltung ihrer internen Organisation. Dies umfasst sowohl die Wahl der Organe, die Organisation der gemeindlichen eigenen Verwaltung und die Regelung der „inneren Verfassung“ der Gemeinde durch Erlass der Hauptsatzung und der Geschäftsordnung. Die Organisationsgewalt über die gemeindliche Verwaltung gilt sowohl für Selbstverwaltungsaufgaben als auch für Auftragsangelegenheiten.
-Der direkt gewählte hauptamtliche Bürgermeister bzw. der Landrat ist als Verwaltungschef verantwortlich für die Leitung und Verteilung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung und er bereitet die Beschlüsse der Gemeindevertretung, der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse vor. Er ist Dienstvorgesetzter der Wahlbeamten, Beamten, Angestellten und Arbeiter.
-In allen Kreisverwaltungen und ab einer bestimmten Größenordnung in den Städten und Gemeinden gibt es hauptamtliche Beigeordnete (ansonsten ehrenamtliche). Diese werden von der Gemeindevertretung gewählt, sind ebenfalls kommunale Wahlbeamte auf Zeit (meistens acht Jahre) und für die politische Leitung eines Geschäftsbereichs zuständig.
-Bemerkenswert ist, dass sie i.d.R. nicht nach dem Prinzip „Mehrheit vs. Minderheit“ gewählt werden, sondern dass alle wichtigen Parteien und anderen Gruppen in den Gemeinderäten beteiligt werden und so, je nach ihrer Stärke, in der politischen Führung der lokalen Verwaltungen vertreten sind.
-In einigen Bundesländern ist diese Proporzwahl sogar in den gesetzlichen Regelungen für die Kommunalverwaltung vorgeschrieben (z.B. in Baden-Württemberg und Sachsen), aber selbst, wenn nicht vorgeschrieben, ist diese Praxis weit verbreitet,
-Die kommunalen Vertretungskörperschaften werden zudem wie ein Parlament gewählt, die Mitglieder schließen sich zu Fraktionen zusammen, haben das Recht, kommunale Satzungen zu beschließen und fühlen sich als Parlamentarier. Von den klassischen Parlamentsrechten verfügt man somit über die Möglichkeit der politischen Leitungsentscheidung, über das Budgetrecht, über die Normsetzungsbefugnis sowie über die Kontrollfunktion. Zur Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben (§40, §49 GO NW) verfügen die Vertretungskörperschaften neben dem schon erwähnten Budgetrecht über ein Frage- und Antwortrecht, das umfassende Recht auf Information sowie die Möglichkeit, den Verwaltungschef abzuwählen. —>Parlamentscharakter der Gemeindevertretung
-Die Kommunalpolitiker arbeiten ehrenamtlich, d.h., sie erhalten nur Aufwandsentschädigungen. Allerdings nehmen die Komplexität und die zu verarbeitenden Informationen mit der Gemeindegröße stark zu, sodass zumindest in den 79 deutschen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern häufig die Grenzen der Ehrenamtlichkeit erreicht sind.
-Die Befragung aus dem Jahr 2017 in NRW ergab zudem, dass der typische kommunale Mandatsträger männlich ist, über 55 Jahre alt und hoch gebildet. Damit unterscheiden sie sich nicht wesentlich von anderen Mandatsträgern in Deutschland. Zwar fällt keine Alterskohorte komplett aus, doch sind es vor allem Schüler und Studenten, Berufseinsteiger und Mandatsträger im Lebensalter zwischen 30 und 40, die im Vergleich zur Bevölkerung erheblich unterrepräsentiert sind.
-So sind auch in den Kommunalvertretungen vor allem die Ausschüsse wichtig, in denen alle Entscheidungsvorlagen vorbesprochen werden. Zudem gibt es seit Ende der siebziger Jahre einen Ausbau „parlamentarischer Rechte“ in den Gemeinderäten und Kreistagen durch die Schaffung von Minderheitsrechten von Fraktionen bezüglich der Einberufung des Rates, der Durchsetzung von Tagesordnungspunkten, des Akteneinsichtsrechts und der Forderung nach namentlicher und geheimer Abstimmung. Damit wird die Oppositionsrolle in der kommunalen Vertretungskörperschaft rechtlich deutlich aufgewertet. Zudem gibt es überall Regelungen zum Verdienstausfall und Aufwandsentschädigungen, die aber von Kommune zu Kommune anders gehandhabt werden.
-Die zentrale organisatorische Gliederungsgröße ist das Amt. Die Ämter sind die den Vollzug der kommunalen Aufgaben tragenden Organisationseinheiten, die nach außen hin selbstständig in Erscheinung treten
-Die Amtsleiter haben die Fach- und Dienstaufsicht gegenüber ihren Mitarbeitern und verfügen damit über erhebliche Machtpotenziale.
-Der Gliederungsplan ordnet die Ämter acht Aufgabenhauptgruppen zu. Diese unter fachlichen Gesichtspunkten gebildete Systematik bildet die Basis für den organisatorischen Aufbau der Verwaltung.
- Unter diesen Hauptaufgabengruppen werden die Ämter der Verwaltung nach Zuständigkeit aufgeteilt, wobei ihnen zweistellige arabische Zahlen zugewiesen werden. Die Ämter sind dann noch weiter aufgegliedert in Abteilungen (dreistellig) und Sachgebiete (vierstellig).
-Insgesamt sind folgende Arbeitseinheiten von unten nach oben zu unterscheiden: Stelle, Sachgebiet, Abteilung, Amt, Dezernat.
-Eine Ausnahme von der fachlichen Gliederung bilden die Querschnittsämter, deren Aufgaben darin bestehen, das Funktionieren der Verwaltung sicherzustellen.
-Die wichtigsten Querschnittsämter sind das Hauptamt, das Personalamt und die Kämmerei.
-Einzelne Abweichungen von diesem Gliederungsplan sind in der Regel ortsbedingten Umständen geschuldet, insbesondere in den kreisfreien Städten sind die Abweichungen jedoch marginal. Die Zahl der Ämter hängt vor allem von der Größe der Stadtverwaltung ab.
-Der Gliederungsplan sagt aber noch nichts über die politischen und administrativen Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung aus. Hier ist in der Regel der Dezernatsverteilungsplan aufschlussreicher
Dieser ordnet einzelne Verwaltungsbereiche den jeweils zuständigen Beigeordneten zu.
Dezernate
-sind also Geschäftsbereiche der Beigeordneten, die von der Gemeindevertretung für eine bestimmte Zeit (z.B. acht Jahre) gewählt sind. Über die Zahl der Beigeordneten und den Dezernatsverteilungsplan entscheidet ebenfalls die Gemeindevertretung innerhalb des von der Gemeindeordnung vorgegebenen Rahmens. Der Zuschnitt und die Anzahl der Dezernate sind deshalb sowohl politisch motiviert wie an Kenntnissen der Dezernenten orientiert. Die Dezernenten sind die direkten Vorgesetzten der Amtsleiter.
Amt
• nach dem Dezernat die oberste Organisationsebene in der Kommunalverwaltung (z.B. Einwohnermeldeamt, Rechtsamt),
• eine Verwaltungsgemeinschaft von Gemeinden (z.B. in Schleswig-Holstein und Brandenburg),
• im Dienstrecht die Bezeichnung der Übertragung einer funktionsgebundenen Aufgabe an eine Person, die dann ein Amt innehat und eine Amtsbezeichnung führen darf (z.B. Präsident des Umweltbundesamtes, Staatssekretär, Abteilungsleiter, Professor), und schließlich
• die Bezeichnung bestimmter staatlicher Behörden (sowohl auf der oberen Ebene, etwa Umweltbundesamt, Bundeskriminalamt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wie auf der unteren Ebene, Amt für Agrarordnung, Gesundheitsamt oder Finanzamt)
-Die funktionelle Organisation, mithin der Ablauf des Verwaltungshandelns, regeln die zentrale Geschäftsordnung und allgemeine Geschäftsanweisungen. Die Regelungen beziehen sich auf Fragen der Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen, den Verkehr mit der Bevölkerung und die Organisation des Geschäftsganges (Post, Eingangsbearbeitung, Schriftverkehr, Zeichnungsbefugnis, Aktenführung. Neben der Aufgabenwahrnehmung in der „Kernverwaltung“ werden kommunale Aufgaben auch in anderen Organisationsformen vorgenommen, also in Regiebetrieben, kommunalen Eigenbetrieben und verschiedenen privatrechtlichen Formen. Zudem gibt es als Organisationsform für interkommunale Zusammenarbeit die Zweckverbände oder höheren Kommunalverbände
Ministerium (Bund und Land)
Kommune (Gemeinde und Kreis)
Oberste politische Leitung
Regierungschef (Bundeskanzler, Ministerpräsident)
Verwaltungschef (Bürgermeister, Landrat)
Politische Leitung des einzelnen Ressort
Minister (kein Beamter)
Beigeordneter, Dezernent (Wahlbeamte)
Administrative Leitung
(beamteter) Staatssekretär
Horizontale Differenzierung nach
Ressort
Dezernat
Vertikale Differenzierung nach
− Abteilung
− Unterabteilung − Referat
− Amt
− Sachgebiet
-Obwohl die Beigeordneten von der Gemeindevertretung gewählt sind, besitzt der Bürgermeister allerdings ein Weisungsrecht gegenüber den Beigeordneten
-Der Bürgermeister verfügt über das Organisationsrecht, in das die Gemeindevertretung nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen eingreifen darf. Gleiches gilt auch in den meisten Bundesländern für die Regelung der Geschäftsbereiche der Beigeordneten.
-Der Bürgermeister kann selbstständig einen Geschäfts- und Organisationsverteilungsplan erlassen und durch Einzelanweisungen die Geschäfte auf die Verwaltungsmitarbeiter verteilen.
-Zudem verfügt er über eine Beanstandungspflicht, wenn er der Meinung ist, dass gegen geltendes Recht verstoßen wird. Hier gibt es eine aufschiebende Wirkung und die Aufsichtsbehörde entscheidet.
-Der hauptamtliche Bürgermeister hat weiterhin ein Widerspruchsrecht mit aufschiebender Wirkung gegenüber Gemeinderatsbeschlüssen, die, seiner Meinung nach, das Wohl der Gemeinde gefährden. Dieser Beschluss muss dann noch einmal im Rat behandelt werden. Ein weiterer Widerspruch ist unzulässig-Der Bürgermeister bzw. Landrat ist kommunaler Wahlbeamter,
-Gegenüber dem früheren ehrenamtlichen Bürgermeister, der (in NRW) in Großstädten eine Aufwandsentschädigung von ca. 30.000 Euro erhielt, verfügt der hauptamtliche Bürgermeister nun über ein jährliches Einkommen zwischen 90.000 und 170.000 Euro je nach Gemeindegröße (B2 bis B11). Allerdings liegt zum Vergleich dazu das Einkommen des Vorstandssprechers von städtischen Versorgungsunternehmen in Großstädten mitunter bei 300.000 Euro.
Besetzung
dauerhaft
zeitlich begrenzt
Wissenschaft, Interessengruppen
Beirat
Expertenkommission
Regierung, Verwaltung
Arbeitskreis
Projektgruppe
Parlament
Ausschuss
Enquete-Kommission
Untersuchungsausschuss
-Beispiele für Beiräte wären so z.B. der Wissenschaftliche Beirat im Finanzministerium, die Monopolkommission, der Normenkontrollrat oder der Nationale Ethikrat, während ein typischer Arbeitskreis der Arbeitskreis Steuerschätzung wäre und das Parlament einen Großteil seiner Arbeit bekanntlich in festen Ausschüssen organisiert.
- Beispiele für zeitlich begrenzte Gremien wären die berühmt-berüchtigten Hartz- oder Rürup-Kommissionen, während Beispiele für eine Projektgruppe etwa die Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform, der Staatssekretärsausschuss für Bürokratieabbau oder die Kommission zur Gemeindefinanzreform wären. Enquete-Kommissionen vereinen bekanntlich externe Experten und Parlamentarier, wobei die Zusammensetzung zwischen Bundestag und Landtagen etwas differiert.
-Expertengremien sind weder ein spezifisch deutsches noch ein neues Phänomen, sondern gehören zum festen „Inventar“ der Politikberatung, sie erfüllen alle möglichen Funktionen, von der Klärung wissenschaftlicher Grundlagen über die Externalisierung von Verhandlungen bis hin zur Symbolpolitik, von der Problemdefinition bis zur Legitimation
-Die zentrale Bedeutung der Wissenschaft für die Praxis liegt vielmehr darin, dass sie Daten, Konzepte und Denkschemata bereitstellt, mit denen die Realität neu geordnet und interpretiert wird. Praktiker übernehmen in der Regel keine fertigen Lösungen oder abstrakten Theorien, sondern werden durch Begriffe, Konzepte und Sichtweisen der Wissenschaft beeinflusst. In diesem „diffuse process of enlightenment“ (Carol Weiss), also in einem langfristigen und wenig strukturierten Prozess der „Aufklärung“, liegt daher die zentrale längerfristige Bedeutung und Wirkung von Wissenschaft.
-Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass der Zugang zu wissenschaftlichem Wissen längst kein Privileg von Regierungen mehr ist, Weil Wissen eine strategische Bedeutung im politischen Machtkampf haben kann, versuchen alle Parteien, Verbände, Unternehmen und NGOs sich das aus ihrer Perspektive relevante Wissen zu beschaffen und zu kontrollieren. Wissen war schon immer Munition in politischen Auseinandersetzungen.
—> Dies stimmt auch mit der Beobachtung überein, dass sich ein großer und zunehmend wichtiger Teil der Politikberatung heute nicht mehr ausschließlich an Politik und Verwaltung richtet, sondern die öffentliche Diskussion und Konsensbildung beeinflussen will, z.B. durch öffentlichkeitswirksame Gutachten und Präsentationen. Ein wichtiger Teil der Politikberatung ist daher heutzutage Gesellschaftsberatung
-Die theoretische Diskussion um die Beziehungen zwischen politisch-administrativer Praxis und Politikberatung wird seit den sechziger Jahren durch drei ursprünglich von Jürgen Habermas unterschiedene Beratungsmodelle bestimmt: dem dezisionistischen, dem technokratischen und dem pragmatistischen Modell der Politikberatung :
• Dem technokratischen Modell zufolge wird der politische Entscheidungsspielraum aufgrund zunehmender „Sachzwänge“ immer mehr auf den von der Wissenschaft vorgezeichneten „one best way“ reduziert. Letztendlich entscheiden Experten und die Wissenschaft alle wichtigen Fragen, es gilt eine Expertokratie, Politik legitimiert nur noch.
• Dagegen verbleibt die Entscheidung im dezisionistischen Modell vollständig in der Politik, die Ziele und Wege der Beratungstätigkeit bestimmt und der Wissenschaft als „hired guns“ die bloße Dienstleistung überlässt. Die Wissenschaft ist Handlanger der Politik und wird von dieser für ihre Zwecke genutzt.
• Im pragmatistischen (nicht ‚pragmatischen’) Modell wird ein kritisches Wechselverhältnis angestrebt: Praktiker bzw. Politiker und Wissenschaftler vollziehen im Forschungs- und Entscheidungsprozess immer neue, nicht nur vom Sachzusammenhang, sondern auch von Wertungen begleitete Wahlakte. Entscheidungen entstammen der Kooperation und des gegenseitigen Lernens.
-Als am ehesten realistisch und auch normativ erwünscht gilt seit langem das pragmatistische Modell. Auch wenn die Interessen der beiden Pole höchst unterschiedlich sein mögen – Wissenschaftlern mag es um „Wahrheit“, die Anwendung und Weiterentwicklung von Methoden und Reputation gehen, Praktiker erhoffen sich Argumentations- und Rechtfertigungshilfe –, ist die Chance eines sachdienlichen Austausches hier tendenziell gegeben, werden neue Forschungen angeregt und scheinbar gesichertes Handeln problematisiert. Insgesamt ist allerdings umstritten, ob und wie wissenschaftliche, insbesondere sozial- und politikwissenschaftliche Analysen und Theorien überhaupt von der politisch-administrativen Praxis genutzt werden können
-Akteurzentrierte Ansätze sehen Politikberatung als Austausch handlungsrelevanten Wissens zwischen Individuen und vor allem Organisationen. Hier gelten dann alle Restriktionen der oben bereits diskutierten begrenzten Rationalität (bounded rationality), der selektiven Perzeption usw.
—>Politikberatung ist durch begrenztes Wissen und Informationsverarbeitungskapazitäten eingeschränkt, durch organisatorische Gegebenheiten, aber auch durch Defizite der gegenseitigen Kommunikation und Wahrnehmung und gegensätzliche Interessen. Betont werden in diesen Studien Unzulänglichkeiten :
• der Angebotsseite, d.h. des Wissenschaftssystems, z.B. weil die von der Wissenschaft angebotenen Darstellungen und Erklärungen unzureichend empirisch und theoretisch fundiert, d.h. unbrauchbar sind, weil sie zu spät kommen oder weil Wissenschaft sich, aufgrund falscher Anreize, unzureichend mit praxisrelevanten Problemen beschäftigt;
• der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Praxis, z.B. weil unterschiedliche Fachsprachen und Jargons benutzt werden und man sich daher nicht verständigen kann oder will; und
• der Nachfrageseite, d.h. des politisch-administrativen Systems, z.B. weil durch ausgeprägte juristische Orientierung der öffentlichen Verwaltung Ansprechpartner auf der Seite der Praxis fehlen, wissenschaftliche Ergebnisse nicht wahrgenommen oder bewusst ignoriert werden oder vorrangig zur Legitimation bereits gefasster Entscheidungen verwendet werden.
-Systemtheoretische Ansätze gehen in ihrer reinen Form davon aus, dass soziale Systeme in ihrer eigenen Logik „autopoetisch“ gefangen sind, und es daher keinen sinnvollen Austausch zwischen Wissenschaft (Leitdifferenz Wahrheit/Unwahrheit) und Politik (Machterhalt/Machtverlust) geben kann (Luhmann 1983):
„Politische Akteure können nicht umhin, wissenschaftliche Erkenntnisse unter dem Gesichtspunkt des politischen Nutzens zu bewerten. Der strategische Einsatz des Wissens im Ringen um Macht dominiert. Wissenschaftliche Akteure, denen der Wahrheitsgehalt ihrer Erkenntnisse als Leitstern gilt, müssen darin einen sachfremden Missbrauch der Ergebnisse ihres Schaffens wittern“ (Blätte 2019, S. 31)
-Wissensbasierte Ansätze betonen schließlich die Bedeutung spezifischer Deutungsmuster, die sich gemeinsam zwischen Politik und Wissenschaft entwickeln. Schlagworte sind Diskurskoalitionen, Epistic Communities oder Advocacy Coalitions, Diskurse, Ideen und Institutionen stehen im Zentrum der Forschung (Nullmeier 2014). Die Beziehung zwischen Politik und Beratern wird als eine Konflikt- bzw. Machtkommunikation gesehen, deren Gegenstand Definitionsmacht im Hinblick auf die Legitimation politischer Entscheidungen ist:
—> „Die Bedeutung der wissenschaftlichen Politikberatung ergibt sich aus dem Umstand, dass politische Macht, insbesondere in modernen Demokratien, auf einer doppelten Legitimation beruht: auf der Delegation der Macht durch Wahl und auf der Rationalität politischer Entscheidungen durch den Bezug auf gesichertes und in der Wissenschaft konsentiertes Wissen. (…) Entscheidungen, die offenkundig gesichertem Wissen zuwiderlaufen, haben wenig Aussicht auf öffentliche Akzeptanz“ (Weingart 2019, S. 71f.).
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