Geschichtlicher Hintergrund
Übergänge (Tillmann, 2013)
Bei Übergängen handelt es sich um Lebensereignisse, die in allen Feldern der menschlichen Existenz vorkommen. Wenn wir in diesem Sinne von Übergang sprechen, geht es nicht um einen kontinuierlichen, gemächlichen Wechsel sondern immer um eine deutliche Zäsur: Man verlässt einen alten und tritt in einen neuen Zustand ein.
relativ harter Cut laut Tillmann
Übergänge/Transitionen (Welzer, 1993)
Übergänge bzw. Transitionen werden deshalb als komplexe ineinander übergehende und sich überblendende Wandlungsprozesse definiert, die Individuen aktiv zu vollziehen haben. Hierbei handelt es sich um sozial prozessierte, verdichtete und beschleunigte Phasen des Lebenslaufs
gemächlicher (langsamer) Wechsel nach Welzer
Transitionen (Schaupp, 2012)
= Forschungsthema der Soziologie und Sozialpsychologie
befasst sich mit den Wechseln von Individuen aus eingelebten Lebensabschnitten in andere UND liegt damit an einer Schnittstelle von individuellem Handlungsvermögen und von gesellschaftlichen Handlungsvorgaben und -anforderungen
"Transitionen sind sozial prozessierte, verdichtete und akzeletierte Phasen in einem in permanenten Wandel befindlichen Lebenslauf (Welzer 1993, zit. n. Schaupp 2012)
Transitionen (Griebel/Niesel, 2017)
Transitionen sind Lebensereignisse, die die Bewältigung von Diskontinuitäten auf mehreren Ebenen erfordern, Prozesse beschleunigen, intensiviertes Lernen anregen und als bedeutsame biografische Erfahrungen von Wandel in der Identitätsentwicklung wahrgenommen werden
Kritische Lebensereignisse (Hacker, 2014)
Ein Ereignis, das die bestehende Lebenssituation einer Person verändert und sie zu Maßnahmen der Bewältigung und Anpassung zwingt, ist ein kritisches Lebensereignis. Dazu können Übergänge gezählt werden, da sie ambivalent sind: Sie können belasten, aber auch positiv fördern
Schuleingangsdiagnostik (Krapp & Mandl, 1977)
Insgesamt der pädagogisch-psychologischen Theorien, Modelle & Methoden, die im zeitlichen Umfeld des Schulbeginns eingesetzt werden, um Handlungen oder Entscheidungen in der Schule vorbereiten, unterstützen & begründen zu können
heute geht es weniger darum zu entscheiden, ob ein Kind eingeschult wird, sondern vielmehr darum, welche Unterstützung es benötigt, um den Übergang gut zu bewältigen (Kammermeyer/Martschinke 2018)
Bedeutsamkeit von Schulfähigkeit und Schuleingangsdiagnostik nicht unumstritten
Arbeitskreis Grundschule fordert im Zusammenhang mit Modellversuchen zum integrativen Schulanfang die Abschaffung des Begriffs „Schulfähigkeit“ und den Verzicht auf Schuleingangsdiagnostik (Kammermeyer 2014)
=> veraltet
Schulreife (Grodhoff & Stallmann, 1961)
Grad körperlicher, geistiger und sozialer Reife des Kindes, der Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Anfangsunterricht ist. Die erforderliche körperliche Reife ist mit dem Eintritt in den ersten Gestaltwandel (Übergang von der kleinkindhaften Gestaltungsform zur Schulkindform) erreicht. Dem körperlichen entspricht ein seelisch-geistiger Strukturwandel
Transitionskompetenz (Bartnitzky, 2009)
Möglichkeit jedes Einzelnen, sein Leben zu gestalten und der Aufgabe der Bewältigung von Übergängen gewachsen zu sein
Traditionelle Schulreifetests (Kammermeyer, 2014)
v.a. Grundleistungstests (GLT, GLTP) von Kern
Ziel: Selektion → Aussonderung von nicht-schulreifen Kindern, um Schulversagen zu verhindern
Erfassung lediglich eines Merkmals → visuelle Gliederungsfähigkeit
einseitig am Kind orientiertes Testverfahren
Mängel der traditionellen Schulreifetests unumstritten (Mandl 1978)
nicht mehr aktuell
Kieler Einschulungsverfahren (Kammermeyer, 2014)
Berücksichtigung aller Teilkomponenten des Konstrukts „Schulreife“ → Informationen aus verschiedenen Datenquellen (z.B. Gespräche mit Eltern und Erzieher*innen, Tests, Beobachtungen im Kindergarten)
Vgl. Schulfähigkeit als ökopsychologisch-systemisches Konstrukt nach Nickel
„subjektive Beurteilungskompetenz des Lehrers“ spielt eine wichtige Rolle
Kieler Einschulungsverfahren hat große Akzeptanz in der Praxis, gilt aber als revisionsbedürftig → mangelnde Berücksichtigung der Gütekriterien, starke Abhängigkeit von der Lehrkraft
Einschulung nach dem Münchner Modell
Tests für die Einzeluntersuchung
Kindertageseinrichtungen (Art. 2 des bayrischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes/BayKiBiG)
Kooperation von Tageseinrichtung und GS
Beschluss KMK und JFMK: „Übergang sinnvoll und wirksam gestalten“ → gemeinsame Grundsätze und Handlungsempfeh- lungen zum erfolgreichen Übergang (KMK und JFMK 2009)
Inhaltlich
Stärkung des Selbstvertrauens der Kinder und Wertschätzung ihrer Fähigkeiten
soz. Integration der Kinder und Vermittlung einer pos. Haltung in der Rolle als zuk. SuS
altersgemäße und individuelle Betrachtung und Begleitung des Entwicklungs- und Bildungsprozesses eines jeden Kindes
Organisatorisch
Einbeziehung und Begleitung der Eltern beim Übergang ihrer Kinder
gegenseitiges Kennenlernen und Wertschätzen der professionell tätigen Akteure beider Systeme durch gemeinsame Praxiserfahrungen, Gespräche
Berücksichtigung der im päd. Handeln zu beteiligenden Akteure „Kind–Eltern–Institutionen“ (v.a. bei der Weitergabe von Bildungsdokumentationen)
Abstimmung der jeweiligen frühpädagogischen und schulischen Bildungskonzepte
Herstellung von Verbindlichkeit durch konkrete Kooperationsvereinbarungen zw. beiden Systemen vor Ort (Berücksichtigung des organisatorischen Rahmens, der Methoden und Inhalte, der Planung und Umsetzung der Elternarbeit und gemeinsamer Fortbildungen der Fachkräfte)
Nutzung der Erkenntnisse aus Schuleingangsuntersuchungen, zur gezielten Förderung und Kooperation bis zum Schuleintritt
Aufbau und Sicherung der Kooperationsprozesse durch Experten und durch ein unterstützendes Coaching (Prozessbegleitung)
Förderung der bildungsbiografischen Orientierung in den Kindertageseinrichtungen und den Grundschulen durch gemeinsame Projekte und Fortbildungsveranstaltungen
mögliche Kooperationen (Bayr. Bildungs- und Eziehungsplan)
Schulbesuche mit Vor- und Nachbereitung
Begleitung der Schulanfänger durch Schulkinder der 2. oder 3. Klasse
→ für die Kindergartenkinder: spielerisches Einüben von Inhalten, die für sie als angehendes Schulkind nützlich sein können
→ für die Schulkinder: positive Auswirkungen auf das soz. Klima in der Klasse und der Schule, Stärkung von Mitverantwortung und Mitarbeit
didaktisch-methodische Umsetzung der altersgemäßen und individuellen Betrachtung und Begleitung des Entwicklungs- und Bildungsprozesses
Anfangsunterricht
Hacker, 2014
> seit Bestehen der GS: Anfangsunterricht eine Sonderstellung und spezifische Aufgabe innerhalb des Primarunterrichts
> Erstbegegnung mit dem schulischen Lernen
> Schulanfang als Zeitspanne dabei nicht klar umrissen: Je nach Konzeption: - ersten beiden SJ Sonderaufgabe/ meist Zeitraum des ersten SJ (Denzel, 1961)
heutzutage v.a. besondere Akzente für Schulanfangszeit (ersten Wochen in der GS)
Lichtenstein- Rother (1969): Es geht um den Ausgleich unterschiedlicher Ausgangsvoraussetzungen und um die Förderung der personalen Entwicklung, um Krisen zu verhindern
Schulfähigkeit (Witzlack, 1968)
Summe ganz bestimmter Verhaltensmerkmale und Leistungseigenschaften, die notwendig sind, um im Anfangsunterricht und der weiteren Schulzeit Lernimpulse wahrzunehmen, aufzugreifen und im Sinne einer aktiven Lernauseinandersetzung zu nutzen
heute: Vorläuferfähigkeiten
SSE: phonologische Bewusstheit/Literacy (= Lese- und Schreibkompetenz)
Mathe: mengen- und zahlbezogenes Vorwissen/Numeracy (= Rechenkenntnis)
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