Was unterscheidet den Menschen von anderen Tieren?
alle Menschen sind kulturelle Wesen
Diversität
Kommunikation und Sprache
Arbeitsteilung
Innovation und soziale Weitergabe und Techniken - Wagenhebereffekt
Was macht menschliches denken einzigartig?
kognitive und soziale Vorraussetzungen für kulturelle Koordination und Weitergabe
Fähigkeit zur geteilen Intentionalität
Schaffung vom “wir”
Teilen von Wissensbeständen
Erweiterung zur kollektiven Intentionalität
objektives und rationales Denken
Teilen von soziomoralischen Werten
Geteilte Intentionalität
kollektive Intentionalität
Geteilte und kollektive Intentionalität als Grundlage für einzigartige menschliche Formen der:
Kognition und Kommunikation
objektives und ratinales Denken
symbolische Kommunikation
Soziale Organisation
Gruppenbezogene Normen und Moral
Selbstregulation
normative Selbstregulation
Evolutionärer Kontext vom Menschen
- Menschen leben radikal anders
- Aber: nur wenig Zeit bis zu den gemeinsamen Vorfahren mit Menschenaffen
- Vielzahl an biologishen Adaptationen sind unwahrscheinlich
- Änderungen mit großem Effekt:
o Veränderungen in der zeitlichen Abfolge von Entwicklungsprozessen
o Neue Komponenten die bestehendes restrukturieren
o Größere Flexibilität der Prozesse in Bezug auf Inhalt
Dreischritt der Evaluationsgeschichte
Später Stufen bauen auf den vorherigen auf
1. Individuelle Intentionalität
a. Letzter gemeinsame Vorfahren
2. Geteilte Intentionalität
a. Vormenschen (homo heidelbergensis)
3. Kollektive Intentionalität
a. Moderne Menschen (homo sapiens)
Evolutionäre Nische bei Intentionalität
- Futterkonkurrenz mit anderen Primaten -> obligate gemeinsame Nahrungssuche
Kollektive Intentionalität
- Konkurrenz zwischen Vormenschengruppen -> Zusammenschluss zu größeren Gruppen
Entwicklungsprozess “Denken” beim Menschen
- Evolutionäre Veranlagung von Entwicklungspfaden nicht Merkmalen
o Anlagen ermöglichen Entwicklung in einem bestimmten Kontext
- Ausgedehnte Periode der Unreife
o Ermöglicht Anpassung an jeweilige Lebensumstände
- Entwicklungspfade auf Leben in kulturellen Gruppen ausgerichtet
o Kooperatives Umfeld sichert überleben und ermöglicht lernen
- Wechselwirkung zwischen sich entwickelnden Prozessen
o Erzeugen „emergente“ Phänomene
Entwicklungsprozess - Prozesse die einen gemeinsamen Entwicklungspfad bestimmen
Reifungskomponenten
individuelle Erfahrungen
Exekutive Selbstregulation
Menschliche Orthogenese
- Lange zeit der unreife
- Bedarf kooperativem Umfeld
- Beschleunigte soziale Entwicklung
Methoden der vergleichenden Entwicklungspsychologie
- Vergleichende Studien mit Menschenaffen – evolutionäre Grundlagen
- Studien mit Kindern unterschiedlichen Alters – entwicklungsverlauf
- Kulturvergleichende Studien – universelle und spezifische Aspekte von Entwicklung
Menschliche Formen der sozialen Kognition
- Unterscheidung zwischen subjektiv und objektiv
- Objektives denken= unterschiedliche Perspektiven auf eine Sache
- Soziale Kognition als Grundlage für objektives Denken
- Ursprünge des objektiven Denkens liegen in der Koordination von tatsächlichen Perspektiven in sozialer Interaktion
- Notwendigkeit der Zusammenarbeit motiviert Koordination von Perspektiven
Entwicklung der sozialen Kognition beim Menschen
Meilensteine auf dem Entwicklungspfad
- Sich vorstellen was andere wahrnehmen
o Mentale zustände zuschreiben
- Aufmerksamkeit teilen
o Mentale Zustände teilen
- Perspektiven koordinieren
o Mentale Zustände als subjektiv/ perspektivisch/ falsch erkennen
- Eine objektive Perspektive einnehmen
Perspektiven koordinieren
1. Angleichen von Perspektiven
a. Aufmerksamkeit folgen (Blickfolgen)
b. Richten der Aufmerksamkeit
2. Austausch von Perspektiven
a. Sprache erlaubt es Perspektiven zu benennen
b. Geteilte Aufmerksamkeit auf mentale Zustände
3. Koordination widersprüchlicher Perspektiven
a. Perspektiven können unterschiedlich sein
b. Mehrere Perspektiven zugleich einnehmen
Koordination widersprüchlicher Perspektiven
- Visuelle Perspektivenübernahme
- Erscheinung und Wirklichkeit
- Falsche Überzeugung
o False belife
§ Zentrale Forschungsthema seit bald 50 Jahren
§ Wird oft synonym mit „theory of mind” verwendet
§ „klare“ evidenz für Zuschreibung mentaler Zustände
§ Differenzieren zwischen eigener/ anderer Perspektiven
· 3 Jahren
o Systematische Falschantworten in expliziten Aufgaben
o Korrekte Erwartung/ Antizipation in impliziten Aufgaben
o Aber: methodische Probleme!
· 4 Jahre
o Richtige Antworten über Aufgabentypen hinweg
· 6 Jahren
o Zuschreibung falscher Überzeugungen höherer Ordnung
- Sprachliche Aspekthaftigkeit
Einflussfaktoren sozialer Kognition
Einflussfaktoren
- Bei falscher Überzeugung
o Soziale Interaktion
§ Mit älteren Geschwistern/Gleichaltrige
o Sprache
§ Sprachliche Fähigkeiten des Kindes
§ Sprache – insbesondere über Perspektiven/ mentale Zustände – mit anderen
o Exekutive Funktionen
§ Kognitive Flexibilität, Inhibition
Was macht menschliche Kommunikation einzigartig?
Kooperative Kommunikation
- Kommunikation als soziale Inferenzprozess
- Unabhängige von der Modalität (Sprache, Zeichen, Gesten, Blicke)
- Kooperative Erwartung durch ostensive Signale
Sprache und Kommunikation
- Sprache und Spracherwerb nutzen die gleiche sozio-kognitive Architektur
o Pragmatisch Schlüsse im Kontext
- Kontiniuität von inter-individuellen Unterschieden in vor- und sprachlicher Kommunikation
- Wörter und Grammatik als gruppenspezifische Konventionen
- Kulturelle Evolution erzeugt arbiträre Wörter und formale Grammatik
o Andauernd Prozess
Nicaraguan Sign Language
- 1980er: Schule für gehörlose Kinder
- Spontane Entwicklung einer Gebärdensprache
- Zunehmende Grammatikalisierung über Generation hinweg
Was sind ontogenetische Vorläufer von Sprache?
- Kommunizieren intentional
- Flexibler Einsatz von Gesten
- Signale werden angepasst auf Zustand und Reaktion der Empfänger*in
- Aber: keine kooperative Kommunikation
Sprachentwicklung Meilensteine
Sprachentwicklung
- Sprachliche Kommunikation als Erweiterung natürlicher Gesten
- Sprache= soziale Konventionen mit normativer Dimension
- Grundlagen:
o Intentionen-Lesen: Bedeutung
o Muster-Finden: Struktur
- Sprachentwicklung betrifft das „ganze Kind“
o Sprache lernen brauchen kognitive, soziale und emotionale Kompetenzen
- Lernen erfolgt durch Imitation in Interaktion mit kompetentem Sprecher*innen
Wörter lernen nach dem formalen Modell (Bohn, et.al, 2021)
- Wörter beziehen sich auf Intentionen, nicht auf Dinge
o Abstrakte Begriffe, viele Verben und Adjektive
- Wortlernen nicht rein assoziativ (raumzeitlich gemeinsames Auftreten)
- Wortlernen = Verknüpfung von Intention und Wort
- Zu Beginn: gemeinsamer Hintergrund, gemeinsame Aufmerksamkeit und pragmatische Schlüsse ergeben Intention
- Später: bereits gelernte Konventionen (Wörter+ Grammatik) als zusätzlicher Hinweise auf Intention
Formales Model (Bohn et.al, 2021)
- Informationen aus mehreren Quellen werden berücksichtigt
- Rationale Integration der Information, um Intention zu erschließen
- Konventionelle Bedeutung „nur“ eine mögliche Informationsquelle
- Entwicklung:
o Sensitivität für Informationen verändert sich
o Integrationsprozess bleibt gleich
Pragmatische Schlüsse der sprachlichen Entwicklung
- Begriffe drücken Perspektiven aus, teilen die Welt auf kulturell relevante Art und Weisen auf
- Gewählte Begriffe ermöglichen Schlüsse über das gesagte hinaus -> pragmatische Schlüsse
o Alle Tiere wurden vertrieben -> auch alle Füchse
o Ich habe ein paar Kekse gegessen -> nicht alle
- Partner*in erwartet, dass bestimmte Schlüsse gezogen werden
o Kommst du mit was trinken? – Ich habe morgen Prüfung
- Selbstregulation: Überwachung ob Gegenüber versteht
Grammatikalische Konstruktion
- Grammatik = konventionelle bedeutungstragende Strukturen, die wiederverwendet werden können
o Struktur lässt auf Bedeutung schließen
- Grammatik kein starres Regelwerk – ständiger Wandel
- Grammatik lernen = individuelle (Re) Konstruktion anhand von Beispielen
o Systematische Fehler
- Ermöglicht propositionale Repräsentation
o Propositionaler Inhalt + Einstellung (
o Ausdruck objektiven Denkens
Grammatische Konstruktion
Zu Beginn (2 Jahren)
- Konkrete Konstruktion, spezifische Wörter
- Imitation und Verallgemeinerungen (Muster finden)
Ab 3 Jahren
- Verständnis von Konstruktionen unabhängig von Wörtern
- Grundlagen für propositionale/modale Aussagen
- Verwendung generischer Sprache/ objektive Aussagen
Kumulative Kultur
detailgetreute Weitergabe von Praktiken über Generationen Hinweg
Modifikation/ Innovation innerhalb einer Generation
Weitergabe neuer Praxis
Akkumulation von Neuerungen über die Zeit
Grundlage für technologische Entwicklung
Grundvorraussetzung für menschliches Leben an vielen Orten
umfasst auch nicht-funktionale Aspekte
kulturelle Praktiken regulieren soziale Beziehungen
Konformität als zentrales Element
Kulturelles Lernen in der Entwicklung
kulturelles Lernen ist soziales Lernen
Erwerb kausal undurchsichtige Praktiken/Artefakte
Baut auf Fähigkeiten zur geteilten Intentionalität auf
soziale Kognition
Kommunikation
Kooperation
verstärkt durch aktive Weitergabe
Imitation, Instruktion und Konformität als zusätzliche Komponenten
Formen des kulturellen Lernens
Imitation durch Rollentausch
soziale Imitation
Konformität mit anderen/Gruppen
Pädagogik und Lernen durch Anweisungen
selbstregulierendes Lernen
Imitation durch Rollentausch beim kulturellen Lernen
Imitation durch Perspektivenübernahme
Erleichtert Kooperation da andere Rollen leicht eingenommen werden kann
Praktiken werden “von beiden Seiten” gelernt
Bereichsübergreifendes aktives Lernen nur bei Menschen
kooperative Kommunikation
Kinder erwarten kulturelle relevante Informationen und vertrauen dem/der Informant*in
Kinder generalsieren so gelerntes auf neue Situationen
Einflussfaktoren auf kulturelles lernen
kulturelle Variantion in Bezug auf Relevanz unterschiedlicher kultureller Lernstrategien
kulturelles lernen = Zusammenspiel vieler Fähigkeiten (sozialer Kognition, Kommunikation) = indirekre Einflussfaktoren
Was ist das “Alter der Vernunft” - Warum kommt man mit sechs Jahren in die Schule?
Lage “objektive” zu denken (multiperspektivisch)
erkennen, reflektieren und koordinieren Überzeugungen
Gründe für ihre Überzeugungen angeben
Regulierung vom eigenen Verhalten
Koordinieren Verhalten und Entscheidungen mit Gleichaltrigen
Aufbau vom gemeinsames Problemlösen bei Kindern
Frühe Kindheit:
Kooperation mit Erwachsenen
zufällige Kooperation mit Gleichaltrigen
Ab 3 Jahren:
Kooperation mit Gleichaltrigen
Kooperation mit Rollentausch
Nur bedingte Koordination von Überzeugungen
Ab 5 Jahren:
Kooperation durch Dialog und Perspektivübernahme
Kooperation mit Gleichaltrigen erleichtert Problemlösen
Gründe und Rechtfertigung vom gemeinsamen denken
Kooperation bedarf Überzeugung vom gegenüber
objektive Begründung (Hinweise auf Tatsachen) um zu überzeugen
Kinder unterscheiden zwischen guten und schlechten Gründen
Begründung wird an gemeinsamen Hintergrund angepasst
Problemlösung durch Kooperation im Schulalter
Wissen das in Zusammenarbeit erschlossen wird, ist besser anwendbar als Wissen das durch Instruktion erworben wird
Zusammenarbeit gelingt nur, wenn die Kinder sich mit der Perspektive der anderen auseinandersetzen
Grundlage: gemeinsame Repräsentation vom Problems
Dialog unter Gleichaltrigen lässt Wissen und Evidenz abwiegen im Gegensatz zu direkter Anweisung durch Erwachsene
Koordinationsprozess von Kindern - Koordination von Entscheidungen
Einbettung in gemeinsamen Hintergrund
Kommunikation zur Auflösung von Unsicherheit
Basierend auf rekursiver Zuschreibung von Überzeugungen
Definition von multiperspektiven Begriffen - Koordination von Entscheidungen
Kommunikation erleichert Koordination
Begründung und Abwägen vom Diskurs erfordert Kommunikation von Perspektiven
Verwendung geht Verständis voraus
Wörter wie: glauben, denken, scheinen aber auch eigentlich, angeblich - drücken Beziehungen zwischen Welt und Akteur*innen aus
Physikalisches Wissen als Koordination von Perspektiven
Klasseninklusion
Zahlen
Gewicht, Volumen, Quantität
Definition Gruppenzugehörigkeit in der sozialen Norm?
Kleinkinder unterscheiden zwischen Fremden und Bekannten
beginnendes Verständnis von Gruppen als kooperative Zusammenschlüsse mit gemeinsamen Hintergrund, gemeinsamen Normen
Bevorzugung von Personen, die die gleiche Sprache sprechen
Kinder entwickeln Präferenzen für die “eigene” Gruppe
“Minimale Gruppe”
Mehr Mitgefühl und Hilfe
Erwartungen und Loyalität
Sorgen um die Außenwahrnehmung
Kinder ab 5 Jahren:
haben die Möglichkeit einen Teil einer Ressource zu spenden
Kinder spenden mehr, wenn ihre Spenden öffentlich ist
Wie verstehen Kinder soziale Normen?
Befolgung von sozialen Normen?
“bedürfnisunabhängige Gründe für Handlungen”
verankerung im kulturellen gemeinsamen Hintergrund
Kleinkinder:
befolgen soziale Normen als Anweisungen aus Respekt vor Erwachsenen
Vorschulalter:
Verständis, dass Normen eine objektive Quelle haben (soziale Gruppen)
Unterschied zwischen moralischen und konventionellen Normen
Moralische Normen: immer falsch diese zu brechen (kulturunabhängig)
Konventionelle Normen: Kulturabhängig - gelten nicht automatisch für jede*n
Durchsetzung von sozialen Normen
nicht notwendigerweise persönliche Betroffenheit
durchsetzung als Gruppenperspektive
andere sollen das objektiv “richtige” tun
Kinder ab 3 Jahren:
Kinder profitieren wenn Eigentum andere zerstört wird
Protest wenn Spielregeln gebrochen werden
Verwendung generisch normativer Sprache
intentionale Handlungen werden als normativ interpretiert
Schaffung von sozialen Normen
soziale Normen helfen, Verhalten zu regulieren
Grundlage: soziale Übereinkunft im gemeinsamen Hintergrund
Normen sind nur nach sozialer Übereinkunft bindend
Kinder erfinden Regeln mit Gleichaltrigen ohne Aufforderung
Verwendung generische normativer Sprache um diese durchzusetzen
Erfinden Normen und gebe diese als solche weiter
Änderung der Norm bedarf Zustimmung der Gruppe
Auffassung von Kindern zu Gerechtigkeit
Fairness, der sich aus Gruppeninteresse speist
Mitglieder der Gruppe sind “gleich”
das “selbst” hat keine besondere Stellung
persönliche Einschätzung tritt in den Hintergrund
Bewertung von Verhalten anhand entsprechender Normen
Definition Vergeltungsgerechtigkeit
Bestrafung sollte verhältnismäßig sein
Abwägung von Absicht und entstandenem Schaden
Kinder berücksichtigen die Gründe für das Fehlverhalten anderer
Absicht vs. Unwissenheit
Kinder nehmen Kosten auf sich, um andere zu bestrafen
Definition Verteilungsgerechtigkeit
Kinder bevorzugen eine faire Verteilung von Ressourcen
Gruppenzugehörigkeit = Anrecht auf Anteil an Ressourcen
Ausnahmen:
bei starken Bedürftigkeit geben Kinder einer Person mehr (um Gleichheit wieder herzustellen)
Bereits in Besitz befindliche Dinge werden nicht neu verteilt
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