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Gesetzgebungsverfahren

RH
by Robin H.

B. Begründetheit - I. Formelle Verfassungsmäßigkeit - 1. Gesetzgebungskompetenz - Abstraktes Wissen - Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz - Bedarfskompetenz

Bedarfskompetenz, Art. 72 Abs. 2 -> In den aufgeführten Sachbereichen hat der Bund nur dann die Kompetenz, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erfoderlich macht.

-> Gesetzgebungskompetenz des Bundes setzt zwingend die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung voraus.


Erforderlichkeit (BVerfG NJW 2015, 2399; BVerfGE 106, 62):

(1) Ohne bundeseinheitliche Regelung würde eine erhebliche Beeinträchtigung des bundesstaatlichen Sozialgefüges drohen

oder

(2) Ohne bundeseinheitliche Regelung sind nichtmehr hinnehmbare Probleme durch die Rechtszersplitterung zu befürchten

oder

(3) Ohne bundeseinheitliche Regelung steht die Funktionsfähigkeit des deutschen Wirtschaftsraums auf dem Spiel

=> Kann Bund die Erforderlichkeit nicht nachweisen, liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern


=> Vs. der Erfoderlichkeit müssen nur zum Erlaszeitpunkt des Gesetzes vorliegen (e contrario zu Abs. 4)

  • Späterer Entfall der Erforderlichkeit -> Gesetz bleibt wirksam. Gesetzgebungskompetenz geht wieder auf die Länder über. Ein legislatives Tätigwerden der Länder setzt ein Freigabegesetz (Abs. 4) des Bundes voraus. Eine unbegründete Verweigerung der Freigabe kann gegen das Bundestreuegebot verstoßen und demnach im Bund-Länder-Streit durchgesetzt werden.

  • Wurde bundeseinheitliche Regelung auf einer kompetenten Prognose getroffen, das prognostizierte Szenario trat aber nicht ein, ist dies kein Verstoß gegen die Kompetenz. Es findet wiederum ein Kompetenzübergang statt. Außerdem bedarf es ein Freigabegesetz.


B. Begründetheit - I. Formelle Verfassungsmäßigkeit - 2. Gesetzgebungsverfahren - a) Gesetzesinitiative - Mitte des Bundestages

Art. 76 Abs. 1 führt nicht weiter aus, was unter der Mitte des Bundestages gemeint ist.

Konkretisierung durch § 76 GO BT -> Gesetzesinitiative muss von einer Fraktion oder von 5% der Mitglieder des Bundestages unterzeichnet sein.

Problem: Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG, spricht nur von den Gesetzen, welche nach den Vorschriften des GG zustande gekommen sind; d.h. => Eine Beschränkung des Art. 76 Abs. 1 GG durch § 76 GO BT wäre demnach ausgeschlossen und § 76 GO BT sogar verfassungswidrig; bereits ein einzelner Bundestagsabgeordneter hätte somit das Initiativrecht inne.

  • hM -> Einschränkung möglich

    • (+) -> unbestimmte Formulierung des Art. 76 Abs. 1 GG und der damit einhergehende Konkretisierungsbedarf (durch § 76 GO BT)

    • (+) -> Bundestag wird eher nicht von Entwürfen bombardiert und ist bleibt handlungsfähiger

    => RF: Einschränkung möglich; Beschließt Bundestag ein Gesetz, welches unter Verstoß gegen § 76 GO BT eingebracht wurde, beschneidet dies nicht dessen formelle Verfassungsmäßigkeit und demnach Wirksmkeit -> Heilung des Makels.

  • mM -> Einschränkung nicht möglich

    • (+) -> Verstoß gegen Wortlaut des Art. 76 Abs. 1 GG

    • (+) -> Art. 82. Abs. 1 S. 1 GG verweist auf die Normen des GG; gerade nicht auf die eines einfachen Bundesgesetzes

    => RF: jeder Bundestagsabgeordnete darf einzelnd einen Entwurf vorlegen.

Klausur: hM vorzugswürdig, da hier die Handlungsfähigkeit des Bundestages begünstigt wird und die Initiative Einzelner nicht vollständig ausgeschlossen wird (Heilung des Makels).


B. Begründetheit - I. Formelle Verfassungsmäßigkeit - 2. Gesetzgebungsverfahren - a) Gesetzesinitiative - Vorlagen der Bundesregierung und des Bundesrates

Bevor der Bundestag nach der GO BT über die Vorlage entscheidet, muss…

  • Art. 76 Abs. 2 S. 1 GG, die Vorlage der Bundesregierung dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt werden.

    • Problem: Unklar ist, ob eine Vorlage iSd. Art. 76 als eine solche des Bundestags oder der Bundesregierung darstellt. Denn Bundesregierung überlässt häufig von ihr erarbeitete Entwürfe den sie tragenden Bundestagsfraktionen, die sie dann als ihre Vorlage einbringen.

      • mM: geisitige Urheberschaft ist entscheidend.

        • RF => Es handelt sich um eine Vorlage der Bundesregierung, bei welcher der Budnesrat nicht umgangen werden darf.

        • Rechtliche Konsequenz des Verstoßes gegen die Pflicht zur Vorlage des Entwurfs beim Bundesrat ist unbestimmt

          (1) eA: Art. 76 ist nur eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht in einer Verfassungsverletzung mündet

          (2) aA: Verfassungsverletzung (+)

      • hM: formale Betrachtungsweise: Vorlage ist als eine de Bundestages zu sehen. -> Umgehung des Art. 76 Abs. 2 S. 1 ist zulässig.

        • (+) -> geistige Urheberschaft kann nur mit großer Mühe bestimmt werden

        • (+) -> Es kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Delegierung der Vorlage an den Bundestag die Umgehung der Vorlage zum Ziel hat. Es kan vielmehr sachdienlich sein, die fachkundigen Fraktionen mit einzubeziehen.

      • Erg.: hM.

  • Art. 76 Abs. 3 S. 1 GG, die Vorlage des Bundesrates muss über die Bundesregierung dem Bundestag zur Stellungnahme vorgelegt werden.


B. Begründetheit - I. Formelle Verfassungsmäßigkeit - 2. Gesetzgebungsverfahren - b) Hauptverfahren - bb) Ordnungsgemäße Mitwirkung des Bundesrates - (2) Mitwirkung Bundesrat bei Einspruchsgesetz

Einspruchsgesetz = jedes Gesetz, dass im GG nicht ausdrücklich als Zustimmungsgesetz bezeichnet ist.

  • Will der Bundesrat Einspruch gegen einen Gesetzesbeschluss des Bundestages einlegen, so muss er binnen 3 Wochen nach Eingang desselben den Vermittlungsausschuss anrufen, vgl. Art. 77 III 1 i.V.m. II 1 GG.

    -> Anderenfalls kommt das Gesetz zustande, Art. 78 Alt. 2 GG.

    -> Anrufen des Vermittlungsausschusses = zwingende Vs. für Einspruchserhebung

  • Sodann wird die Gesetzesvorlage im Vermittlungsausschuss beraten, Art. 77 II GG.

    Wenn Änderungsvorschlag: Erneuter Beschluss des Bundestages, Art. 77 II 5 GG.

  • Nach Beendigung des Vermittlungsverfahrens muss der Bundesrat binnen zwei Wochen Einspruch gegen den Gesetzesbeschluss einlegen, Art. 77 III GG.

    -> Anderenfalls kommt das Gesetz zustande, Art. 78 Alt. 3 GG.

  • Der Einspruch kann vom Bundestag zurückgewiesen werden.

    • Einspruch mit einfacher Mehrheit des Bundesrates kann durch Beschluss mit einfacher Mehrheit iSd. Art. 77 IV 1 iVm 121 GG zurückgewiesen werden

    • Einspruch mit 2/3 Mehrheit erfordert mindestens 2/3 der abstimmenden Mitglieder im Bundestag und mindestens die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags (doppelt-qualifizierte Mehrheit), Art. 77 IV 2 GG

    -> Bei Zurückweisung des Einspruchs kommt das Gesetz ebenfalls zustande, Art. 78 Alt. 5 GG.


B. Begründetheit - I. Formelle Verfassungsmäßigkeit - 2. Gesetzgebungsverfahren - b) Hauptverfahren - bb) Ordnungsgemäße Mitwirkung des Bundesrates - (2) Mitwirkung Bundesrat bei Zustimmungsgesetzen

Zustimmungsgesetze = jedes Gesetz, das im GG ausdrücklich als ein solches bezeichnet ist

-> Zustimmungsgesetze sind im GG einzeln aufgeführt = Enumeration der Zustimmungsgesetze (Art. 73 II, 74 II, …)

  • Achtung: Art. 84 I 5, 6 -> Bund kann das Verwaltungsverfahren eines Landes, sofern ein besonderes Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung besteht, selbst Regeln. Ein solches Gesetz bedarf jedoch der Zustimmun des Bundesrates => Zustimmungsgesetz.

Besonderheit: Begründet nur eine einzige Vorschrift des Gesetzes die Zustimmungbedürftigkeit, dann ist das ganze Gesetz zustimmungsbedürftig (Grundsatz der gesetzgebungstechnischen Einheit, str.)


Bedarf es für das Zustandekommen eines vom Bundestag beschlossenen Gesetzes der Zustimmung des Bundesrates, so gilt Folgendes:

  • Gem. Art. 77 II GG muss der Bundesrat in angemessener Frist Beschluss über die Erteilung der Zustimmung zum Gesetzesbeschluss des Bundestages fassen.

  • Stimmt der Bundesrat dem Gesetz mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu, so kommt das Gesetz zustande, Art. 78. Alt. 1 GG.

  • Will der Bundesrat dem Gesetzesbeschluss des Bundestages seine Zustimmung verweigern, so kann er gem. Art. 77 II GG zunächst den Vermittlungsausschuss anrufen; eine Pflicht zur Anrufung besteht jedoch nicht.

    -> Die Frist des Art. 77 II 1 GG gilt bei Zustimmungsgesetzen nicht!

  • Verweigert der Bundesrat die Zustimmung, so können Bundestag und Bundesregierung ihrerseits die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangen, Art. 77 II 4 GG.

  • Im Falle eines Änderungsvorschlags des Vermittlungsausschusses ist auch bei Zustimmungsgesetzen stets eine erneute Beschlussfassung durch den Bundestag erforderlich, Art. 77 II 5 GG.


B. Begründetheit - I. Formelle Verfassungsmäßigkeit - 2. Gesetzgebungsverfahren - b) Hauptverfahren - cc) Abschlussverfahren

cc) Abschlussverfahren, Art. 82 I

(1) Gegenzeichnung durch Bundeskanzler oder zuständigen Minister gem. Art. 82 I 1 iVm. 58 S. 1

(2) Ausfertigung durch Bundespräsidenten Art. 82 I 1

  • Problem: Recht des Bundespräsidenten zur Prüfung des Gesetzes auf seine Verfassungsmäßigkeit?

    • bzgl. formelle Verfassungskonformität: ja (arg: Wortlaut des Art. 82 I 1 GG "nach den Vorschriften des GG zustande gekommenen Gesetze" wiederholt Art. 78 GG, der seinerseits das formelle Zustandekommen eines Bundesgesetzes zusammenfasst)

    • bzgl. politisches Prüfungsrecht: nein. Darin wäre ein unzulässiger Eingriff in die Rechte des Parlaments zu sehen, Art. 20 II 2 GG (->Gewaltenteilung)

    • bzgl. materielle Verfassungskonformität: umstritten

    • Arg.:

      • Amtseid, Art. 56 GG -> BP hat das Grundgesetz zu wahren; Ausfertigung eines offensichtlich verfassungswidrigen Gesetzes wäre ein Verstoß

      • Art. 20 III GG -> Bindung des BP an Gesetz und Recht -> somit kann BP nur verfassungsmäßige Gesetze ausfertigen

    • Kritik:

      • Art. 56 GG sagt nichts über den Umfang der Pflichten des BP aus

      • Normkontrollrecht liegt beim BVerfG; materielles Prüfungsrecht des BP wäre damit überflüssig oder sogar ausgeschlossen

      • Art. 20 III GG weist BP keine Prüfungskompetenz zu und er hat somit im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Kompetezen zu bleiben.

    • Erg.: BP obliegt nur Evidenzkontrolle, danach beschränkt sich dessen materielles Prüfungsrecht nur auf offensichtliche Verstöße.

(3) Verkündigung im Bundesgesetzblatt, Art. 82 I 1


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Robin H.

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