==> Früher nahm man an, die Gesellschaft sei gott- oder naturgegeben
==> Wechselseitige Konstitution von Mensch und Gesellschaft, d.h. man kann Mensch nicht ohne Gesellschaft denken und andersherum
-Physisches Überleben in einer Welt der Knappheit
-Im Vergleich zu anderen Lebewesen
o Lange extra-uterine Phase: Mensch als biologische „Frühgeburt“ – während andere Säugetiere bereits nach 18 Monaten geboren werden, dann aber mehr oder weniger schnell alleine überlebensfähig sind, dauert dies beim Menschen sehr viel länger
§ Wenn Tiere nicht schnell selbst überlebensfähig wären, würden sie sterben
§ Beim Menschen hat dieser Umstand eine stärkere und längere Abhängigkeit von Anderen zur Folge
o Vergleichsweise geringe genetische Festlegung der Anpassungsmechanismen – d.h. der Mensch wird mit einer ausgeprägten Offenheit geboren, er ist das am wenigsten spezialisierte Tier
-Anthropologische Thesen von Arnold Gehlen (1904-1976)
o Mensch als „Mängelwesen“ – d.h. er ist unspezialisiert und triebungerichtet – er ist ein Generalist und außer seinem Hirn in Nichts die Spitze innerhalb der Natur
o Unterbrechung der Zusammenhänge von Antrieb, Wahrnehmung und Reaktion (so ist ein Hund bspw. einfacher zu trainieren, da seine Reaktion-Reiz-Bindung weniger stark ausgeprägt ist)
o Die „Weltoffenheit“ des Menschen d.h. er ist durch sein genetisches Programm nicht festgelegt und sehr offen
§ Dies macht ihn einerseits sehr handlungsfähig und gestaltungsfähig
§ Andererseits droht auch stets die Gefahr der Reizüberflutung – was der Mensch als relevant empfindet ist bei ihm nämlich nicht genetisch festgelegt, sondern es wird von der Gesellschaft geprägt
==> Weil der Mensch ein Mängelwesen ist, ist er auf andere angewiesen
==> Im Zusammenleben mit anderen ergibt sich somit die Notwendigkeit von Institutionen (z.B. Sprache und Verhaltensregeln)
o Damit filtert der Mensch heraus was wichtig ist
o Institutionen sind ebenfalls gesellschaftsgemacht
-Lernen
-Bewusstsein und Antizipationsfähigkeit die Folgen unseres Handelns abzuschätzen
o Basis dafür ist die dem Menschen eigene Impulshemmung, d.h. auf einen Reiz muss nicht zwingend eine Reaktion folgen
o Er denkt an das „Morgen“ und ist deswegen auch in der Lage sein Wissen an andere weiterzureichen
-Mensch nutzt Symbole – insbesondere die Sprache
==> Diese Fähigkeiten führen zur Kulturfähigkeit des Menschen, er ist in der Lage sein Wissen an andere weiterzugeben
-Die Gesellschaft…
o …löst das Problem der „Weltoffenheit“ und „Reizüberflutung“
o …ist die wichtigste Einrichtung für die materielle Produktion (Nahrung, Wasser, etc.; formt Naturstoffe zu Gütern um – heute für morgen) und Reproduktion (Kreislauf von Produktion und Konsum) im Alltag (erlaubt uns mit Knappheit umzugehen)
o …sowie die Erfüllung sozialer Grundbedürfnisse
==> D.h. die Gesellschaft macht den Menschen handlungsfähig
==> DER MENSCH IST EIN GESELLSCHAFTLICHES PRODUKT
-Sozialität und Soziabilität
o Sozialität, d.h. die Angewiesenheit auf andere eine soziale Verhaltenssteuerung
o Soziabilität, d.h. die Fähigkeit zur Aufnahme und zum Erhalt sozialer Beziehungen
-Nach Emile Durkheim (1858-1917) kommt es zu soziologischen Tatbeständen – diese sind
o Jede mehr oder minder festgelegte Art des Handelns, die die Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen äußeren Zwang auszuüben; oder auch, die im Bereiche einer gegebenen Gesellschaft allgemein auftritt, wobei sie ein von ihren individuellen Äußerungen unabhängiges Eigenleben besitzt.
§ Soziologische Tatbestände sind Elemente/Objekte (Regeln, Werte, Normen) gesellschaftlicher Strukturen
§ Äußern sich in Sitten, Bräuchen und Kulturen, die wir pflegen
§ „wir sind weniger individuell als es wir es uns einbilden“ (Durkheim)
§ Wirken auf Akteure einen äußeren Zwang aus, d.h. sie beeinflussen unser Handeln ==> Form des Gruppenzwangs, d.h. wer sich den Institutionen der Gruppe widersetzt, muss mit Sanktionen rechnen
§ Der handelnde Mensch nimmt gesellschaftliche Strukturen im Einzelnen als soziale Phänomene wahr, die er nicht ohne weiteres verändern kann (darum haben sie ein unabhängiges Eigenleben)
§ Die Tatsache, dass man sein Handeln an diesem Phänomen orientiert, bezeichnet man als soziologischen Tatbestand
§ Bsp. Zähneputzen, Schuhe tragen, bei Bus und Bahn vorher rauslassen, etc.
==>Demnach gibt es überall soziologische Regelmäßigkeiten – auch bei individuellen Vorgängen wie einer Beziehung oder Suizid (bspw. eine vermeintlich höhere Suizidrate bei Wirtschaftskrisen) – solche Vorgänge sind für die Soziologie interessant
==> Durch die Institutionalisierung nach Berger&Luckmann
-Grundsätzlich betrifft die Gesellschaft alle, d.h. es ist nicht möglich auszutreten oder ohne Konsequenzen gegen ihre Regeln zu verstoßen
o Der Wechsel von einer Gesellschaft in eine andere ist möglich, die Abhängigkeit und Sozialisation der Gesellschaft bleibt
-„Institutionalisierung findet statt, sobald habitualisierte Handlungen durch Typen von Handelnden reziprok typisiert werden. Jede Typisierung, die auf diese Weise vorgenommen wird, ist eine Institution.“ (S. 58)
-Institutionen sollen das anthropologische Problem der Reizüberflutung lösen
-Heutige Institutionen sind oft die Lösung von Problemen früherer Gesellschaften – so hatten früher verschiedene Gesellschaften/Stämme schon bei der Begrüßung Probleme
-Typen von Handelnden sind typisierte Gruppen – diese müssen aber erstmal erkannt werden, um einander richtig behandeln zu können
-Institutionelle Konflikte können durch Kommunikation behandelt werden, Irritationen bleiben aber womöglich – sind aber dann schon reflektiert worden
o Wobei Institutionen eigentlich ohne Reflexion auskommen und ohne Denken geschehen
-Soziales Handeln ist unumgänglich – trotzdem hat der Mensch seinen eigenen Willen und kann viele kleine Regeln und Institutionen jeden Tag brechen, ohne dafür sanktioniert zu werden
==> NEUE GENERATION LERNT DIE WELT IMMER SCHON FESTGELEGT KENNEN UND VERSUCHT SIE DANN ZU VERÄNDERN
==> Letztlich kommt es bei Institutionen zu einer institutionellen Ordnung und deren symbolischer Überhöhung und Rechtfertigung
==> Institutionen zu verändern oder gar abzuschaffen als durchaus sehr schwieriges Unterfangen – siehe die Rückkehr des Handschlags nach der Corona-Pandemie
o Institutionen müssen wenn von der gesamten Gesellschaft geändert werden
o Subgesellschaften können sich aber von ihnen verabschieden oder müssen sich von innen heraus verändern
==> Die Organisation einer Gesellschaft benötigt Institutionen und Regeln
Last changed10 months ago