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Rep AS Fall 2

VB
by Vanessa B.

Schema Vorabentscheidungsverfahren Art 267 AEUV

A. ZULÄSSIGKEIT DER VORLAGE

I. Sachliche Zuständigkeit/ Rechtsweg

  • EuGH ist nach Prinzip der Spezialzuständigkeut zur Entscheidung über Vorlagen berufen -> Rechtsweg eröffnet

II. Vorlageberechtigung, Art 267 II AEUV

  • Vorlageberechtigt sind die Gerichte der Mitgliedstaaten, also auch das vorlegende Verwaltungsgericht

III. Gegenstand des Verfahrens/ zulässige Vorlagefrage

  • Frage muss in abstrakter Form gestellt werden

  • Notfalls legt EuGH aus

IV. Entscheidungserheblichkeit, Art 267 II AEUV

  • Gerichtshof ist grds gehalten, über Vorlagefragen zu befinden

  • Grenze liegt bei Missbrauchsfällen (konstruierte Vorlagen) oder offensichtlich hypothetische Fragen (Einholung eines Gutachtens) -> dann nicht entscheidungserheblich

V. Vorlagepflicht, Art 267 II AEUV

  • auf die Frage, ob das vorlegende Gericht möglicherweise sogar zur Vorlage verpflichtet war, kommt es nicht drauf an

B. BEANTWORTUNG DER VORLAGEFRAGE

Inwieweit es möglich ist, EU-widrige nationale Vorschriften vorübergehend anzuwenden, hängt zum einen davon ab, ob der grundsätzlich geltende Anwendungsvorrang des Unionsrechts einschränkend dahingehend verstanden werden kann, dass die Verdrängungswirkung für den Zeitraum, die ein Mitgliedstaat benötigt, um nationale unionswidrige Rechtsvorschriften wieder mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, ausgesetzt werden kann. Zum anderen ist zu überlegen, ob sich eine Durchbrechung des Anwendungsvorrangs analog Art 264 II AEUV rechtfertigen lässt.

I. Zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts, Art 4 III EUV

  1. Nach Grds des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts müssen die unmittelbar geltenden Bestimmungen des Unionsrechts ihre volle Wirkung einheitlich in sämtlichen Mitgliedstaaten vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an und während der gesamten Dauer ihrer Gültigkeit entfalten. Jede nationale Stelle ist nach Art 4 III EUV verpflichtet, diesem Grundsatz dadurch Rechnung zu tragen, dass es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, gleichgültig, ob sie früher/später als die Unionsnorm ergangen ist, unangepasst lässt

  2. Dem steht auch nicht die Entscheidung eines obersten nationalen Gerichts entgegen, das unter Berücksichtigung des innerstaatlichen Rechtsraums eine Norm für vorübergehend weiterhin anwendbar erklärt. Dies ergibt sich nach Auffassung des Gerichtshofs nicht nur daraus, dass zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht das oberste Gericht idR nicht entscheidet, sondern ganz allgemein aus der Erwägung, dass nicht zugelassen werden kann, dass Vorschriften des nationalen Rechts, selbst wenn sie Verfassungsrang haben, die einheitliche Geltung und die Wirksamkeit des Unionsrechts beeinträchtigen

II. Zur vorübergehenden Aufrechterhaltung nationaler Rechtsakte analog Art 264 II AEUV

  • Nach Art 264 II AEUV ist es dem EuGH erlaubt, die Wirkungen einer Nichtigkeitserklärung vorübergehend auszusetzen, wenn dies aus zwingenden Erwägungen der Rechtssicherheit gerechtfertigt sei

  • EuGH lässt offen, ob und ggf unter welchen (weiteren) Vss seine für Maßnahmen der EU entwickelten Rspr zu Art 264 II AEUV in analoger Anwendung ausnahmsweise auch zu einer vorübergehenden Aussetzung der Verdrängungswirkung des unmittelbar geltenden Unionsrechts gegenüber anderslautendem nationalen Recht führen kann.

  • Jedenfalls lägen in der konkreten Vorlagesituation keine zwingenden Erwägungen der Rechtssicherheit vor, da in der zur Vorlage gemachten Fallgestaltung das vorlegende Gericht nach den eigenen Feststellungen von der Verletzung unmittelbar geltenden Unionsrechts ausging. Nationale Bestimmzngen dürften in diesem Fall auch nicht vorübergehend weiter angewandt werden.

(P) Zweifel bestehen dahingehend, ob die Anwendbarkeit des Art 45 AEUV nicht dadurch in Frage gestellt ist dass die Abfindungsregelungen nicht durch staatliche Stellen erlassen, sondern privatrechtlich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart sind

  • Ging man ursprünglich davon aus, dass die Grundfreiheiten sich nur an die Mitgliedstaaten richten, hatte der EuGH darüber hinausgehend bereits entschieden, dass das Verbot der auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung nicht nur für Akte der staatlichen Behörden gilt, sondern sich auch auf sonstige Maßnahmen erstreckt, die eine kollektive Regelung im Arbeits- und Dienstleistungsbereich enthalten (zB Verbandsregeln im Fall Bosman, Tarifvertragsregeln)

    Arg: Beseitigung der Hindernisse für die Freizügigkeit zwischen den Mitgliedstaaten wäre gefährdet, wenn die Abschaffung der Schranken staatlichen Ursprungs durch Hindernisse zunichte gemacht werden könnte, die sich daraus ergeben, dass nicht dem öffentlichen Recht unterliegende Vereinigungen und Einrichtungen von ihrer rechtlichen Autonomie Gebrauch machen.

  • EuGH führt fort, die Arbeitsbedingungene in den verschiedenen MS sind teilweise durch Gesetz oder Verordnung und teilweise durch von Privatpersonen geschlossene Verträge oder sonstige Akte geregelt und eine Beschränkung des Verbots der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit auf behördliche Maßnahmen könnte zu Ungleichheiten bei seiner Anwendung führen.

=> Diskriminierungsverbot gilt auch für alle die abhängige Erwebstäigkeit kollektiv regelnden Tarifverträge und alle Verträge zwischen Privatpersonen

(P) Fraglich ist, ob eine derartige Sitzverlegung dem Schutzbereich des Art 49 AEUV unterfällt

  • aus der in Art 54 AEUV ausdrücklich gewährten Gleichstellung mit natürlichen Personen könnte diesbezüglich folgen, dass ebenso wie diesen auch den dort genannten Gesellschaften nur das Recht zur Primärniederlassung eingeräumt werden müsse

  • Eine Gesellschaft existiert als Produkt des nationalen Gesellschaftsrechts nicht jenseits des Rechtssystems, dem sie ihre Existenz verdankt, für ihren Charakter sind damit ausschließlich die Regelungen der jeweiligen nationalen Rechtsordnung maßgeblich, nach der sie gegründet wurde

  • Hinsichtlich dessen, wie eine Gesellschaft bei deren Gründung mit dem nationalen Gebiet verknüpft ist bzw wie diese Verknüpfung nachträglich geändert werden kann, bestehen erhebliche Unterschiede im Recht der Mitgliedstaten

  • Im EU-Recht sind unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Gründung und Existenz von Gesellschaften anerkannt, was sich aus Art 54 I AEUV ergibt

=> Um Berechtigung einer Gesellschaft in Bezug auf Niederlassungsfreiheit zu bestimmen, wird für die Frage ihrer Zugehörigkeit zu einem Mitgliedstaat nämlich jedes in den nationalen Rechtsordnungen herangezogene Kriterium gleichermaßen geachtet, sei es der satzungsmäßige Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung

=> Somit gewähren Art 49 AEUV auch einer den Voraussetzungen des Art 54 AEUV genügenden Gesellschaft nicht das Recht, unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit den Sitz ihrer Geschäftsleitung beliebig in andere Mitgliedstaatenzu verlegen

=> Nur soweit eine derartige Sitzverlegung nach nationalem Recht möglich ist, unterfällt diese dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit

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Vanessa B.

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