-Handeln der Akteure hat oft „externe Effekte“
o D.h. es erzeugt Kosten (negative externe Effekte – anderen Menschen Schaden zufügen) oder Nutzen (positive externe Effekte – tolles Haus, da haben auch Nachbarn was von) bei anderen Akteuren
==> erzeugt Nachfrage nach mehr oder weniger Handeln
o Bspw. Umweltverschmutzung, Baulärm, Wertsteigerungen von Grundstücken durch Investitionen, etc.
-Externalitäten erzeugen typische Ordnungsprobleme
o Koordinationsprobleme
o Soziale Dilemma-Situationen
o Konflikte
==> Ordnungsbedarf / „Nachfrage“ nach Institutionen oder Normen
Wenn Sanktionsmöglichkeiten und -bereitschaft vorhanden ist
-Soziale Ordnung selbst manchmal im Gefangenendilemma zu sehen – obwohl die Grundüberzeugung der alten Soziologen (Weber, Durkeim, Parsons, etc.) eigentlich war, dass soziale Ordnung unter rationalen Egoisten nicht möglich ist
o Deswegen brauche es eine Gesellschaft mit sozialen Normen, etc. um dies anzuleiten
o Mit dem Homo oeconomicus lässt sich soziale Ordnung aber nicht hinreichend erklären (der RC-Ansatz und die Spieltheorie gehen aber von ihm aus)
-Seit Robert Axelrods „Die Evolution der Kooperation“ wissen wir aber: diese Grundüberzeugung ist nicht (ganz) richtig! – selbst wenn wir alle Egoisten wären, könnte Kooperation trotzdem entstehen
==> entscheidend ist hierfür die Langfristigkeit der Interaktion („Schatten der Zukunft auf die Gegenwart“) – dort handeln sie anders, denn sie wissen, dass sie mit einem Gegenüber dann nicht nur heute, sondern evtl. auf Jahre hin auskommen müssen
Iterierte Dilemma-Situationen (man spielt das Gefangenendilemma unendlich häufig)
-Die Wiederholung/Iteration einer Situation
o Erhöht den Nutzen einer institutionellen Lösung
o Ermöglicht spezielle Institutionen (z.B. Rotation)
o Verändert u.U. auch den Charakter des Spiels und erleichtert die Normentstehung beträchtlich
==> weitere Strategien sind möglich – individuell entscheidbar
-Axelrod bat nun Mathematiker, Informatiker, etc. Strategien zu entwickeln, die besonders erfolgreich sind
==> Tit-for-tat hat gewonnen – in der ersten Runde weiß ich jedoch nicht wie ich spielen soll, sie beginnt dort freundlich mit Kooperation – ab da an kopiert sie immer das Spiel des Gegners
o Ist aber immer zur Kooperation bereit – im ersten Moment defektieren sie aber auch, wenn der andere immer defektiert, d.h. ist gewinnen einmal möglich – nämlich in der ersten Runde
o Nicht nachtragend! Wenn möglich auf Pfad der Kooperation zu kommen, ist Tit-for-Tat dafür bereit
o Wechselseitiges Tit-for-Tat als ein kooperatives Gleichgewicht (kein Anreiz zu „Spiele immer D“ abzuweichen) – wenn ich meine Zukunft immer berücksichtige macht dauerhaftes Defektieren keinen Sinn, d.h. auch rationale Egoisten haben im Gefangenendilemma einen Grund zu kooperieren – wenn es denn dauerhaft wiederholt wird
-Bislang: Was würde passieren, wenn alle Akteure nur auf ihren eigenen materiellen Vorteil bedacht wären (d.h. wenn alle wie der Homo oeconomicus handeln würden)?
==> In der Realität ist die Lösung von Problemen sozialer Ordnung häufig einfacher
o Haben überwiegend ein positives Gefühl, wenn wir kooperieren und den anderen nicht einfach alleine lassen
-Eine große Zahl menschlicher Akteure ist nicht nur eigeninteressiert, sondern besitzt auch soziale Präferenzen
-Für kollektives Handeln besonders wichtig, ist die starke Reziprozität – diese beinhaltet eine Neigung zur
o Konditionalen Kooperation mit anderen (Gefallen erwidern, Kooperation unter Bedingung der Reziprozität, etc.)
o Bestrafung (oder Belohnung) derjenigen, die die Normen der Kooperation verletzen (oder einhalten), auf eigene Kosten, selbst wenn deren späte Erstattung unwahrscheinlich ist (altruistic punishment, d.h. ich sanktioniere weil du defektierst, auch wenn das Ganze auf meine Kosten geht)
-Public-Goods Experiment: (zur Feststellung sozialer Erwünschtheit)
o N Spieler erhalten eine Anfangsausstattung von x
o Entscheiden gleichzeitig, wie viel sie zur Produktion eines Kollektivgutes beitragen.
o Die Summe aller Beiträge wird mit einem Faktor F (z.B. 2) multipliziert und gleich zwischen allen Spielern aufgeteilt (investieren lohnt sich – hinsichtlich des Outcomes für alle)
o Defektion ist eine dominante Strategie, wenn F/N < 1
-Variante nach Fehr & Gächter (2002):
o 6 Spielrunden (Lernprozesse, Stabilität von Kooperation)
o Nach jeder Spielrunde werden alle Gruppenmitglieder über die Beiträge der anderen Mitglieder informiert.
o In jeder Spielrunde neue Gruppenmitglieder; keine wiederholte Interaktion mit denselben Teilnehmern; keine Kenntnis des vorherigen Verhaltens der anderen Gruppenmitglieder (Schatten der Zukunft entällt! Außerdem keine Vorkenntnisse über diese neuen Gruppenmitglieder)
o Weitere Variante
§ Nach jeder Spielrunde kann jedes Gruppenmitglied die anderen Mitglieder bestrafen (monetärer Verlust)
§ Diese Sanktionen sind jedoch kostspielig – Sanktionierer müssen selbst dafür zahlen, obwohl es ihnen selbst nichts nutzt
§ Rationale Egoisten würden niemals sanktionieren (kein materieller Ertrag)
§ Sanktionsmöglichkeit sollte keinen Unterschied machen: Allseitige Defektion
==> Menschen die sich zuerst kooperativ verhalten haben, defektieren auch irgendwann, da sie nicht mehr einsehen warum immer nur sie investieren sollen und andere nicht
==> Manche Menschen kooperieren von Anfang an nicht – Gesellschaft enthält verschiedene Elemente, andere wiederum nur bedingt zur Kooperation bereit
==> Nach Bestrafungsmöglichkeiten kooperiere die VP nun mehr, um den Sanktionen zu entgehen
-Soziale Ordnung wird häufig durch die Existenz sozialer Präferenzen (Reziprozität, Fairness) erleichtert
o Verschiedene positive Mittel zu sozialer Kooperation zu gelangen – negative Mittel dagegen nur eine: die Bestrafung
-Über deren Wirkmächtigkeit bestimmt jedoch häufig auch der institutionelle Kontext (z.B. die Möglichkeit zur Bestrafung)
-Ein zentraler Begriff der Soziologie
o Institutionen sind soziologische Tatbestände im Sinne Durkheims
§ Tatsächlich kann man alle Glaubensvorstellungen und durch die Gesellschaft festgesetzten Verhaltensweisen Institutionen nennen
§ Die Soziologie kann definiert werden als die Wissenschaft von den Institutionen, deren Entstehung und Wirkungsart
o Definition in Anlehnung an Esser
§ Eine Institution sei seine sozial definierte Regel, die in Erwartungen der Akteure als Geltungsanspruch verankert ist
§ Nicht nur Modell der Wirklichkeit, sondern auch Modell für die Wirklichkeit (Wolfgang Schluchter)
§ Mit Wertungen, Wünschen und Gefühlen versehen
§ Erwatungserwartungen (ich habe Erwartungen, dass jemand anders Erwartungen hat)
==> keine Organisation ohne Institutionen – da sie sozial definierte Regeln benötigt
-Definition: Eine soziale Norm sei eine sozial definierte Verhaltensregel, deren Einhaltung in den Erwartungen der Akteure als Geltungsanspruch verankert ist und deren Nicht-Befolgen zu externen Sanktionen führen kann.
==> Spezialfall einer Institution
o Verlangt bestimmtes Verhalten
o Besonders stark ausgeprägter Anspruch auf Einhaltung
o Externe Sanktionen
-Positve vs. Negative (Lob, Orden, etc. vs. Tadel, Bestrafung, etc.)
-Formelle vs. Informelle (Gerichtsverfahren vs. beiläufiges Lob)
-Externe vs. Interne
o Extern: Sanktionierung erfolgt durch andere Akteure
o Intern: Sanktionierung erfolgt durch den Akteur selbst (schlechtes Gewissen, Scham- und Schuldgefühle, etc.)
§ Voraussetzung: Internalisierung
§ Hauptprozess: Sozialisation
§ Die Befolgung der Norm stiftet einen eigenständigen Nutzen (verhindert Kosten)
§ Besonders wirksam, weil in ihrer Anwendung kostenfrei
-Drei grundsätzliche Wege der Einrichtung von Institutionen
o Per Dekret von oben (setzt Herrschaft voraus)
o Durch freiwillige Übereinkunft der Betroffenen, bzw. Vertrag, mdl. Absprache, etc. (ebenfalls voraussetzungsreich – wer garantiert bspw. die Einhaltung? Gibt es Sicherungen?)
o Ungeplant, evolutionär (vs. Dilemma-Situationen, Konflikte – Verständigung nicht ausreichend)
-Ordnungsfunktion (für das geregelte Miteinander der Akteure)
o Institutionen/Normen als Lösungen von Problemen, die durch externe Effekte entstehen
o Externe Effekte (positiv wie negativ) als (höchstens) notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingungen der Institutionen-, bzw. Normenentstehung
§ Frage des Angebots von Normen: Können diese Normen denn auch durchgesetzt werden – wenn ja. Von wem?
§ Außerdem: Warum entsteht die eine, aber nicht die andere? (können ja eventuell sogar beide zum Ziel führen) – Bedarf einer Koordinationsnorm, wie Normen in die Welt gelangen können
-Orientierungsfunktion (für die Akteure selbst)
o Instinktersatz (siehe Reizüberflutung)
o Entlastung: Institutionen nun verschaffen uns eine stabile Umwelt, die uns wenigstens ein bisschen Vernunft ermöglicht“ (Herbert, 1993)
o Definition der Situation
§ Institutionen definieren die „Regel des Spiels“ (siehe das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen, bzw. institutionellen Ordnung
§ Institutionen erfüllen auch eine „Sinnstiftungsfunktion“
-Menschliches Handeln in objektiv strategischen Situationen (und damit soziale Ordnung) hängt entscheidend davon ab
o Ob Akteure diese überhaupt subjektiv als strategische Situationen wahrnehmen
o Welche Erwartungen, Präferenzen und Normen im Zuge ihrer sonstigen Situationsdefinition aktiviert werden
-Neben teilweise angeborenen sozialen Präferenzen spielt der Prozess der Sozialisation eine wichtige Rolle dafür, auf welche mentalen Modelle Akteure ihrem Handeln zu Grund legen können – abhängig vom kulturellen/gesellschaftlichen Kontext
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