Befunde zur Selbstüberschätzung
Selbsttäuschung gibt das nötige Selbstvertrauen, um äußerem Druck standzuhalten (auch um große Projekte anzugehen, Mut, Motivation=funktional)
Psychotherapeuten überschätzen die Effektivität ihrer Therapien systematisch, indem sie sich stärker mit den Erfolgen beschäftigen und diese besser erinnern und Beispiele für Misserfolge vergessen oder deren Bedeutung als geringer einschätzen
-> Form des naiven Realismus (“seeing is believing”
die Güte der therapeutischen Beziehung wird nicht selten mit der Güte der Therapie verwechselt
“Better than avarage”-Effekt
-> in Befragungen geben 66% der Therapeuten sich die beste Note, 90% sagen über Durchschnitt
Erfolg ≠ wirksame Methode (Lilenfelt, 2013)
Gründe:
Placebo-/Erwartungseffekte
Spontanremission und/oder positive Ereignisse (v.a. bei Depression)
Regression zur Mitte
Rechtfertigungstendenzen (v.a. bei Selbstzahlern -> Dissonanztheorie)
parallele Bewältigungsversuche (Ablenkung, Beziehung) -> Effekte der Therapie zugeschrieben
Scheinbare therapeutische Wirkung - Bereiche
Wirkungen werden wahrgenommen, die gar nicht existieren
Fehlinterpretationen tatsächlicher Veränderungen, die aber auf extratherapeutische Faktoren zurückgehen
Fehlinterpretationen tatsächlicher Veränderungen, die auf unspezifische therapeutische Wirkfaktoren zurückgehen
Scheinbare therapeutische Wirkung - Gründe
Naiver Realismus (Tendenz, die interpretierende Funktion der Wahrnehmung auszuklammern; seeing is believing)
Confirmation Bias (Tendenz, selektiv Informationen im Sinne unserer Annahme zu suchen)
Illusory Causation (Tendenz, kausale Bezüge wahrzunehmen, auch wenn es sie nicht gibt)
Kontrollillusionen (Tendenz, die eigenen Einflussmöglichkeiten zu überschätzen)
Patientenerwartungen können Effekte erklären
homöopathische Angebote auch für psychische Beschwerden (z.B. Heilpraktiker für Psychotherapie)
oft geringere Wartezeiten, mehr Zeit für Gespräche
erfüllen Hoffnungen auf “sanfte” Behandlung, “keine Nebenwirkungen” bei Phytopharmaka
Typische Effekte: Erwartungs-/Placeboeffekt, Regression zur Mitte, Dankbarkeit, Hallo-Goodbye-Effekt
naive Erwartungen an Psychotherapie
Patentrezepte vom Therapeuten; Therapeut löst Probleme
Patienten möchten einfach nur “erzählen”, denn eigentlich sind die “anderen” diejenigen, die sich ändern müssen
-> aber: Erfolgserwartungen gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen für Erfolg; Erwartungen müssen nicht an wissenschaftliche Evidenz gebunden sein, um zu wirken!
Empirically supported treatments als Lösungsansatz
Effekte einer Therapieform wurden in mehr als einer Studie bewiesen
von mehr als einem Team von Wissenschaftlern
durchgeführt mit Therapiemanualen (Therapeut kann dasselbe Treatment in gleicher Form bei Patienten mit ähnlichen Problemen anwenden)
randomisierte kontrollierte Studie -> Patienten randomisiert zu den Therapieformen zugewiesen
sicherstellen, dass der einzige Unterschied die Art der Therapie ist
Therapieformen haben selbe Dauer, Therapeuten mit ähnlicher Erfahrung,…
nicht einbeziehen von Meinungen von Patienten, Professionals, Informationen aus unkontrollierten Studien/Quellen
Was sind Leitlinien allgemein?
geben Empfehlungen, wie eine Erkrankung festgestellt und behandelt werden sollte
-> richten sich vor allem an Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Fachleute im Gesundheitswesen
-> nicht rechtlich bindend
tragen dazu bei, dass Patienten angemessen behandelt werden
-> Empfehlungen zu Diagnose, Therapie, psychosozialer Unterstützung, Rehabilitation und Nachsorge
fassen das aktuelle medizinische Wissen zusammen, wägen Nutzen und Schaden ab und geben auf konkrete Empfehlungen
-> sie informieren, wie gut eine Empfehlung wissenschaftlich belegt ist
-> müssen regelmäßig aktualisiert werden
NICE-Leitlinien
NICE = National Institute for Health and Care Excellence
veröffentlicht Leitlinien für die angemessene Behandlung und Pflege von Menschen mit bestimmten Krankheiten und Bedingungen, Beratung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Leitlinien für Sozialdienste und Patienten
Bewertung erfolgt dabei in erster Linie auf Auswertungen der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit
Lesen und Interpretieren von Effektstärken (ES)
Richtgröße: d=0.8 gilt als “großer” Effekt für Interventionen
-> aber der Erwartungswert für die Effektstärken ist extrem von der Art der Studie abhängig
ES in einfachen Prä-Post Vergleichen (within group) sind größer als kontrollierte ES (between group)
ES in der Population der Therapie-Completer sind größer als in der Population der Therapie Nachfragenden (intent to treat)
Allegiance Effect
Verzerrung des vertrauten Verfahrens, das bei Schulen-Vergleichsstudien durch die Schulenzugehörigkeit der Forschergruppe entsteht, obwohl die Versuche äußerlich völlig korrekt durchgeführt worden waren
Kontrolle:
sind die Therapeuten beider Versuchsbedingungen gleichermaßen gut trainiert, gut supervidiert, gleichermaßen erfahren?
ist der für die jeweilige Bedingung zuständige Therapeut (nicht) zugehörig zur Methode
werden die Ergebnisse ausgewogen interpretiert
Mögliche Lösung: Adversarial Collaboration
kontradiktorische Zusammenarbeit -> Mischung von Reviewern mit unterschiedlichem Interesse
2 Gruppen von Experimentatoren mit konkurrierenden Hypothesen
Ziel: Konstruktion und Durchführung eines experimentellen Designs, sodass beide Gruppen zufrieden sind
ohne offensichtliche Voreingenommenheit oder Schwächen im experimentellen Design
Allgemeiner Lösungsansatz: Verbindliche Standards
z.B. CONSORT-Statement
Verbindliche Kriterien hinsichtlich
Titel/Einleitung
Methoden
Ergebnisse
Diskussion
-> Die wissenschaftlichen Journals steigern (je nach eigenem Impact) die Publikationsstandards weiter. Bestes Beispiel: Prä-Registrierung
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