Was ist “Informed cosent”?
Jeder Heileingriff eines Psychotherapeut:in stellt juristisch zunächst eine Körperverletzung dar (§ 223 StGB), wenn KEINE informierte Aufklärung (informed consent) vorliegt.
Aufklärungspflicht über: Ablauf der Intervention, Rechtsrahmen, Therapieverfahren, alternative Behandlungsmöglichkeiten, Prognose, Risiken bzw. Neben- und Folgewirkungen
Dokumentation der Aufklärung
Was bedeutet Dokumentationspflicht und was fällt darunter?
Die psychotherapeutische Dokumentationspflicht ist eine Berufspflicht und Nebenpflicht des Behandlungsvertrags zwischen Therapeut:in und Patient:in
Ordnungsgemäße Dokumentation, d. h. richtig, umfassend, angemessen, hinreichend und leserlich
Schutz gegen unbefugten Zugriff: Akten verschlusssicher aufbewahren
Aufbewahrungsdauer mind. 10 Jahre
Folgende Aspekte müssen dokumentiert werden: Datum, Anamnesedaten, Diagnose, sonstige erhebliche Befunde, Indikationsstellung, Therapieziele, Therapieplan und Therapieverlauf inklusive besondere Vorkommnisse
Ziele der Dokumentation im Rahmen einer Behandlung
Therapiesicherung für die Patient:in im Falle der Weiter- oder Begleitbehandlung durch Dritte;
der Rechenschaftslegung für die spätere Nachvollziehbarkeit der therapeutischen Maßnahmen
der Beweissicherung in Haftungsfällen, berufsrechtlichen Verfahren oder Strafverfahren
Was ist das Auskunfts- & Einsichtsrecht von Patient*innen und was beinhaltet es?
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung → Anspruch auf Einsicht in Krankenunterlagen
Einsichtsrecht für alle objektiven Aufzeichnungen und Verlaufsdokumentationen (z.B. Diagnosen, Tests, Protokollbögen, Berichte an den Gutachter), ausgenommen sind subjektive persönliche Aufzeichnungen, fremdanamnestische Daten oder Informationen Dritter (z. B. Angehöriger)
Auskunfts- und Einsichtsrecht kann zum Schutz des Patienten aus therapeutischen Gründen eingeschränkt werden (Gefährdung der psychischen Gesundheit).
Einsichtsberechtigt ist der/die Patient:in oder bevollmächtigte Dritte
Nach dem Tode des Patienten geht das Einsichtsrecht in die Krankenunterlagen nicht auf die Erben über, hierfür bedarf es Entbindung von Schweigepflicht
Was ist Schweigepflicht und wo ist Sie festgeschrieben?
Regelung zur Schweigepflicht findet man im § 203 Strafgesetzbuch (StGB) und im § 8 der Berufsordnung für die Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Psychotherapeuten sind [unter Strafandrohung] verpflichtet, über das, was ihnen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit von Seiten des Patienten anvertraut ist, (...) Schweigen zu bewahren« (StGB §203, Abs. 1 Satz 1; SGB X §§ 67 ff).
Auszug aus der Berufsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer
(1) Verschwiegenheit über Behandlungsverhältnisse und über alles, was im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit anvertraut wurde -> gilt auch noch nach dem Tod
(2) Offenbarung nur nach wirksamer Entbindung von Schweigepflicht oder bei gesetzlich verpflichtenden Situationen oder zum Schutz eines höherwertigen Rechtsgutes -> Weitergabe von Informationen unter Berücksichtigung der Folgen für den Pat. und deren Therapie
(3) Ist die Schweigepflicht aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift eingeschränkt, so ist die betroffene Person darüber zu unterrichten.
(4) Besteht Selbst- oder Fremdgefährdung, so hat der/die PT zwischen Schweigepflicht, Schutz des Patienten, Schutz eines Dritten beziehungsweise dem Allgemeinwohl abzuwägen und ggf. Maßnahmen zum Schutz zu ergreifen
(5) Mitarbeiter und die Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf an einer psychotherapeutischen Tätigkeit teilnehmen, sind über die gesetzliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit zu belehren. Dies ist schriftlich festzuhalten.
(6)
(7) Ton- und Bildaufnahmen psychotherapeutischer Tätigkeit nur nach vorheriger Einwilligung durch Pat. (Verwendung unterliegt der Schweigepflicht) -> Pat. muss darüber informiert werden, jederzeit die Löschung zu verlangen
(8) In allen Fällen der Unterrichtung Dritter nach den Absätzen 2–7 hat sich der Psychotherapeut auf das im Einzelfall erforderliche Maß an Informationen zu beschränken
Schweigepflicht in der KJT
Abwägung verschiedener Rechtsgüter: Erziehungsrecht der Eltern und dem Selbstbestimmungsrecht des Kindes:
Sofern bei dem behandelten Kind eine ausreichende Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorliegt, haben die Persönlichkeitsrechte des Kindes Vorrang gegenüber dem elterlichen Erziehungsrecht → gilt auch bei jüngeren Kindern.
Dies bedeutet, dass in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie die Offenbarungspflicht gegenüber den Eltern eingeschränkt ist und die Schweigepflicht auch diesen gegenüber prinzipiell gilt, sofern die Kinder kognitiv in der Lage sind, eine entsprechende Entscheidung eigenständig zu treffen.
Offenbarung von Privatgeheimnissen der Kinder gegenüber ihren Eltern bedarf der ausdrücklichen Zustimmung durch die minderjährigen Patienten
Wann darf/muss die Schweigepflicht gebrochen werden? Offenbarungsbefugnissse
Ausdrückliche Einwilligung in die Weitergabe von Informationen im Rahmen der Behandlung, z.B. an die Krankenkasse, Mitbehandelnden
Mutmaßliche Einwilligung zur Offenbarung, d.h. Bruch der Schweigepflicht liegt im Interesse des Patienten, der kann aber nicht einwilligen, z.B. bei Bewusstlosigkeit Angehörige kontaktieren
Rechtfertigender Notstand, Schutz eines höheren Rechtsgutes, soweit der Bruch der Schweigepflicht ein angemesses Mittel ist um die Gefahr abzuwenden, z.B. bei Gefahr für Leib und Leben des Patienten (z.B. Suizidalität) oder Dritter (z. B. Misshandlung von Kindern)
Wann darf/muss die Schweigepflicht gebrochen werden? Offenbarungspflicht
Es besteht Anzeigepflicht für Straftaten wie Raub, Erpressung, Mord, Totschlag, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und Hochverrat allerdings nur wenn die Ausführung und der Erfolg noch abgewendet werden kann (§138 StGB Nichtanzeige geplanter Straftaten)
Bei Nichtanzeige droht Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren
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