Buffl

VL 09 - Planung von Handlungssequenzen

MK
by Maxi K.

Wie wird sichergestellt, dass die richtigen Handlungselemente auch in der richtigen Reihenfolge ausgesprochen werden?

(Sequenzierung von Handlungselementen)


5 Optionen + 3 Gegenargumente

Verkettung von Handlungselementen


Option 1: Kettenmodelle (James, 1890): (Aktivierungsweitergabe)

Aussprache »Wort«:

  1. Weitergabe der Aktivierung an assoziierte Reizrepräsentation (O)

  2. Aktivierung dieser Reizrepräsentation aktiviert ihrerseits motorisches Programm des assoziierten Lautmusters (»o«)

-> je geübter, desto weniger schrittweise Kontrolle notw.: automatische Zündung von Handlungselementen

—>Entstehung eines sequenziellen Handlungsplans


Gegenargumente für Kettenmodelle

- Assoziationen zwischen Reizen sind notwendigerweise bidirektional: Assoziation Reiz X mit Reiz Y und andersrum

-> eindeutige Sequenz über Kettenmodellvorstellung nicht möglich

- Handlungssequenzen auch ohne sensorisches Feedback möglich (im Kopf lesen möglich)

- Verarbeitung des Feedbacks des jeweils vorangegangenen Handlungselementes zu langsam um folgendes Handlungselement zu aktivieren


Option 2: Münsterbergs Modell (1889) (gerichtete Assoziationen)

  • Annahme: Sequenzbildung durch (gerichtete) Assoziationen zwischen motorischen Mustern

    • direkter Verkettung der Handlungselemente: Ausführung eines Elements aktiviert Folgeelement

    • sensorischem Feedback nicht notwendig: schnelle Reaktion

  • modernere Modelle zum Erwerb von Handlungssequenzen belegen Grundannahmen (Neu: Man muss nicht immer auf Reizreaktionsebene, sondern kann auf motorischer ebne bleiben)


  • Allerdings: Warum sollte das auf Handlungsebene möglich sein, auf Ebene der Reizrepräsentation nicht?

Option 3: Greenwalds Modell (1970) (Assoziationsketten zwischen Repräsentationen von Handlungseffekten)

  • Annahme: Planung eines Handlungselementes geht mit Antizipation seiner sensorischen Effekte einher

    • Reizrepräsentationen beziehen sich auf die erwarteten Handlungseffekte

      • Aktivierung der Repräsentation des erwarteten Feedbacks (W)

      • Weiterleitung der Aktivierung an das entsprechende, für die Produktion dieses Lautmuster verantwortliche motorische Muster

    • Antizipation des Feedbacks (Aktivierung von W) aktiviert Repräsentation des zum folgenden Handlungselement gehörigen Feedbacks (O), usw. …

  • Assoziationsketten zwischen Repräsentationen von Handlungseffekten

Gegenargumente für Kettenmodelle:

- keine Aussagen über die Repräsentation des eigentlichen Handlungsziels

- Kettenmodelle für Routinehandlungen ok, aber sonst zu unflexibel, fehlende Variabilität

- Idee: Endzweck der Handlung muss im Fokus stehen


Option 4: Hulls Modell (1931) (Kontrolle durch Zielrepräsentation)

zwei Annahmen:

1. motivationale Zustände (drives) begleiten Sequenz und sind assoziiert -> Motivation färbt Sequenz und repräsentiert ihren Zweck

2. Repräsentation des Gesamtergebnisses der Handlung bereits während Ausführung der Sequenz partiell aktiviert (fractional anticipatory goal response) ->angestrebte sensorische Effekte begleiten Ausführung der gesamten Sequenz und werden mit ihr assoziiert

—>Abarbeitung von Handlungsassoziationen kontrolliert durch Zielrepräsentation:

Immer 2 Repräsentationen aktiv: handlungselement + Handlungsziel


Gegenargumente für Kettenmodelle:

- Antizipationseffekte: auch noch Repräsentationen anderer Handlungselemente möglich:

—> Reaktionszeit für ein Element abhängig von der Anzahl folgender Elemente

—>bereits zu Handlungsbeginn mehrere / alle Sequenzelemente aktiv


Option 5: Estes’ Modell (1972) (Vorwärts-Inhibitionsstruktur)

zwei Annahmen:

1. Voraktivierung aller Elemente bei Vorbereitung einer Handlungssequenz

2. Vorwärts-Inhibitionsstruktur: jedes Element hemmt alle ihm nachfolgenden Elemente

  • Handlungsbeginn: wird letztes Element der Sequenz am meisten inhibiert, erstes Element überhaupt nicht

  • Ausführung erstes Element - danach: Deaktivierung des Elements + hemmender Einfluss auf zweites Element entfällt

  • Ausführung zweites Element, …

—> liefert Erklärung für Antizipationseffekte & Vertauschungsfehler


offen: Wie wird Inhibitionsstruktur erworben und implementiert?



Wovon hängt ab, ob eine Handlung im Voraus geplant wird?

3 Faktoren

Faktor 1: Sequenzlänge

-Studien mit kurzen Sequenzlängen (Tastendruck- / Sprechsequenzen):

—> linearer Zusammenhang zwischen Initiierungszeit und Anzahl der Elemente

-Studien mit längeren Sequenzen:

- bei geübten, langsamen Bewegungen nur ein bis zwei Elemente vorbereitet

- selbst bei schnellen Bewegungen kaum mehr als sechs

- bei längeren Sequenzen: Abnahme Zusammenhang zwischen Initiierungszeit und Anzahl der Elemente


Gründe:

  • Strategie zur Schonung kognitiver Ressourcen (Arbeitsgedächtnis) und Fehlervermeidung, Effizienzsteigerung

  • längere Sequenzen bieten bessere Möglichkeiten zur Organisation der Elemente

    • Integration verschiedener Elemente: chunking

    • hierarchische Handlungsplanung

  • Umfang von Handlungsplänen steigt nicht notwendigerweise mit Anzahl von Elementen, z.B. die Planung 3x Chunk ausführen dauert nicht länger als 2x ausführen (Kornbrot, 1989)

Faktor 2: Bewegungsdauer

-Studien mit kurzen Handlungen (Produktion von Tastenfolgen / Silbenfolgen):

—> Elemente beanspruchen nur wenig Zeit, werden sehr schnell ausgeführt : reduziert Zeit für zeitlich verteilte Planung

-Studien mit langsameren Handlungssequenzen:

—>Abnahme des Zusammenhangs zwischen Initiierungszeit und Sequenzlänge (z.B. Handschreiben): selbst bei Bewegungsfolgen, die schnell ausgeführt werden können, kaum Sequenzlängeneffekte, wenn kein Zeitdruck vorhanden


Faktor 3: Übung

-Sequenzplanung verändert sich mit Übung

—>Erwerbsphase: Versuch der kompletten Vorausplanung

—> mit zunehmender Expertise: zeitlich verteilter / hierarchischer Planungsmodus

emp. Evidenz: Sequenzlängeneffekt vorhanden bei manuellem Schreiben sinnloser Zeichen, aber nicht beim Schreiben bekannter Buchstaben (Teulings et al., 1986)

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Maxi K.

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