Narrativ
Von lateinisch narratio = „Erzählung“ Erzählung, die einen Einfluss darauf hat, wie die Umwelt wahrgenommen wird. Transportiert Werte und Emotionen
Beispiel: Amerikanisches Narrativ über den ökonomischen Aufstieg via Fleiß „vom Tellerwäscher zum Millionär“ Wie wir über Wirtschaft und Gesellschaft nachdenken, sie interpretieren und verstehen hat Einfluss auf unser wirtschaftliches Handeln und damit auf die Ökonomie, in der wir leben. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob diese (geteilten) mentalen Modelle faktisch zutreffend sind oder nicht!
Die Ökonom:innen Deirdre McCloskey (1990) und Robert J. Shiller (2020) liefern unter anderen einen Erklärungsansatz dafür, warum sich Menschen (in wirtschaftlichen Situationen) so verhalten, wie sie es tun und nicht wie ein rationaler, nutzenmaximierender und vollständig informierter Homo oeconomicus: →Menschen reagieren auf Geschichten!
Welche politischen oder ökonomischen Narrative fallen Ihnen ein?
Pro-Globalisierung, Anti-Globalisierung, Umweltschutz pro und Kontra, Kapitalismus, Sozialismus,
Unbewusste Anwendungen von Heuristiken bei ökonomischen Narrativen
n komplexen Entscheidungsprozessen, vor allem unter Unsicherheit, stoßen Menschen an kognitive, zeitliche oder motivationale Grenzen. Dadurch treffen Sie Entscheidungen nicht auf Basis errechneter Wahrscheinlichkeiten, sondern vereinfachenden Regeln, sogenannten Heuristiken
grundsätzlich dazu geeignet, in komplexen Situationen und unter begrenztem Aufwand effiziente Lösungen zu generieren
sind fehleranfällig und können zu kognitiven Verzerrungen (engl. cognitive biases) führen
Abweichungen vom neoklassischen Erwartungsnutzenmodell werden in der Verhaltensökonomik in drei Kategorien unterteilt: non standard preferences, non standard beliefs und non standard decision making
Die Verfügbarkeitsheuristik
Die Verfügbarkeitsheuristik ersetzt die schwierige Frage nach der Häufigkeit eines Ereignisses oder dem Umfang einer Kategorie durch die einfachere Frage, wie leicht es fällt, sich an passende Beispiele zu erinnern. Ursachen dafür, dass Beispiele leicht verfügbar sind und so zu einem systematischen Fehler führen, sind eigene Erlebnisse (z.B. weibliche Dozentin in EidöD II) sowie Berichte in den Massenmedien.
Zur Definition: Bei der Availability Heuristic – auf Deutsch Verfügbarkeitsheuristik – handelt es sich um eine mentale Faustregel, die wir unbewusst bei Entscheidungen oder dem Fällen von Urteilen nutzen. Sie gehört zu einer Gruppe von Heuristiken, die wir deshalb auch „Urteilsheuristiken“ nennen. Darunter fallen beispielsweise auch die Ankerheuristik, die Repräsentativitätsheuristik und die Rekognitionsheuristik.
Die Availability Heuristic beschreibt speziell die Tatsache, dass Menschen von wenigen individuellen und einfach abrufbaren Erinnerungen auf eine größere Sachlage schließen. Selbst wenn die Fakten ganz offensichtlich dagegen sprechen!
Schwer vorstellbar? Kein Problem, es gibt für die Verfügbarkeitsheuristik viele Beispiele im Alltag: Keine Angst vorm weißen Hai! Horror-Filme und vereinzelte (!) Medien-Berichte über Hai-Attacken haben einiges angerichtet. Wir schätzen das Risiko, von einem Haifisch angegriffen zu werden, sehr viel höher ein, als die Statistik eigentlich erlaubt! So sterben jährlich viel mehr Menschen an Kokosnüssen, die vom Baum fallen, oder Flugzeugteilen, die vom Himmel fallen.
Heuristiken als Grundlage ökonomischer Narrative – Beispiel Verfügbarkeitsheuristik
Die Verfügbarkeitsheuristik tritt auf, wenn die Häufigkeit oder die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses bzw. einer Kategorie beurteilt werden soll, dem oder der Urteilenden jedoch die Zeit, die Möglichkeit oder der Wille fehlt, dafür auf genaue Daten zurückzugreifen (Stangl, 2023).
Ursprüngliche Frage: Wie groß ist der Anteil weiblicher Dozentinnen an der Uni Siegen?
Beantwortete Frage: Wie leicht fallen mir Beispiele für weibliche Dozentinnen an der Uni Siegen ein?
→ Die Verfügbarkeit von Ereignissen in Ihrer Erinnerung z.B. durch persönliche Erfahrungen, eine präsente mediale Berichterstattung oder besonders spektakuläre Ereignisse beeinflusst, wie leicht Ihnen Beispiele einfallen. Dadurch halten Sie die Gegebenheit, z.B. eine weibliche Dozentin für häufiger.
→ Durch eine Heuristik erlangtes Wissen ist häufig gut nachvollziehbar und verbreitet sich leichter als empirische Daten. Das durch die Verbreitung entstehende Narrativ birgt die Gefahr der Unwahrheit
Narrative als Grundlage einer selbst-erfüllenden Prophezeiung
Oktober 2008: Aussage der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Hintergrund der Finanzkrise „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Dafür steht die Bundesregierung ein.“
→ Vertrauensbildende Aussage, welche sich zu einem Narrativ entwickelte
→ Ziel: Verhinderung eines Bank Runs, d.h. des gleichzeitigen Ansturmes vieler Kund:innen auf die Geschäftsbanken, um Einlagen abzuheben.
Trotz faktischer Nicht-Umsetzbarkeit von Merkels Versprechen, unter anderem, da die Höhe des Geldvermögens der Deutschen von damals rund 5,9 Billionen Euro die Höhe des Bundeshaushaltes deutlich überstieg, war Merkels Kommunikation erfolgreich - der Bank Run blieb aus
Eine demokratische Gesellschaft lebt von ihrem partizipativen Charakter!
Viele Entscheidungen – ob beruflich oder privat – erfordern ökonomische Kenntnisse.
Ökonomische Bildung befähigt Menschen dazu, ihre subjektiven Ansichten über wirtschaftliche und gesellschaftliche Ereignisse fundierter zu reflektieren und die Verbreitung destruktiver/falscher Narrative entsprechend zu filtern.
Individuelle und gesellschaftliche „Immunisierung“ gegenüber destruktiven Narrativen durch faktenbasierte Bildung.
Die Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft findet nicht nur durch staatliche Maßnahmen der Wirtschaftspolitik (Top-down) sondern auch durch die Teilhabe der Gesellschaftsmitglieder selbst (Bottom-Up) statt.
Die Aufgabe von ökonomischer Bildung ist es daher, Heranwachsende zu mündigen Bürger:innen zu erziehen. Sie haben als angehende Lehrer*innen die Möglichkeit, mit darauf einzuwirken, welchen Menschen wir die Zukunft unserer Demokratie, Ökologie und Ökonomie anvertrauen!
Ökonomisches Wissen
Sie haben als angehende Lehrer*innen die Möglichkeit, mit darauf einzuwirken, welchen Menschen wir die Zukunft unserer Demokratie, Ökologie und Ökonomie anvertrauen!
Ökonomische Kenntnisse helfen, das Wirtschaftsgeschehen aus verschiedenen Perspektiven zu beurteilen und selbstbestimmte Entscheidungen Entscheidungen zu treffen, beispielweise bei Wahlen.
Ökonomische Bildung hat also große Relevanz und ist ein wichtiger Teil der Allgemeinbildung.
Allerdings verfügt die Bevölkerung in vielen Ländern nur über geringes ökonomisches Wissen. Viele Studien bescheinigen jungen Menschen und auch Erwachsenen mangelnde Kenntnisse über ökonomische Sachverhalte. • Es spricht somit viel dafür, ökonomische Bildung zu stärken. • Bildungsmaßnahmen verbessern Kompetenzen und Verhalten der Akteur:innen signifikant.
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