Preise und der Wert des Geldes
Gedankenexperiment: Nehmen Sie an, der Preis (in Euro) für einen Haarschnitt verzehnfacht sich innerhalb eines Jahrzehnts…was wären mögliche Ursachen für diesen deutlichen Preisanstieg?
Szenario 1: Durch veränderte Präferenzen lassen sich die Menschen deutlich häufiger und aufwendiger die Haare schneiden…
Szenario 2: Durch eine anhaltende Knappheit der Produktionsfaktoren verteuern sich die Haarschnitte deutlich…
Szenario 3: Ohne Effekte wie in Szenario 1 und 2 auszuschließen, scheint es im konkreten Beispiel wahrscheinlicher, dass weniger die Vorliebe der Menschen oder die Verfügbarkeit der Produktionsfaktoren sich so gravierend verändert haben, sondern das Geld, das für den Kauf der Dienstleistung „Haarschnitt“ verwendet wird, im Zeitverlauf an Wert verloren hat… → Kaufkraftverlust durch Inflation
Der Wert des Geldes = Kaufkraft einer Währung…
Der sogenannte Geldwert leitet sich aus der Kaufkraft der jeweiligen Währung ab. Also: Die Gütermenge, die man für eine Geldeinheit erwerben kann.
→Nicht zu verwechseln mit dem materiellen Wert von Münzen oder Banknoten, der bei Fiatgeld im Unterschied zu Kurantmünzen zu vernachlässigen ist.
→Auch nicht zu verwechseln mit dem aufgeprägten Nominal- oder Nennwert des Geldes, der für sich genommen nichts über die reale Kaufkraft des Geldes verrät.
Es geht also um den realen (Gütertausch-)Wert des Geldes, der vom allgemeinen Preisniveau abhängt… und dieser Wert ist vor allem zeitabhängig zu betrachten.
Preise im Wandel – Intertemporaler Preisvergleich
Brotpreis je kg: 1950 = 0,26 € vs. 2015 = 2,73 €
Konnten sich die Deutschen 1950 also zehnmal mehr Brot leisten als 2015?
Faktoren des intertemporalen Vergleichs:
Welche qualitativen Unterschiede bestehen zwischen den Gütern?
Bei Brot gering – bei Gütern wie Autos, PCs o.ä. groß.
Wie hoch ist das Einkommen der Menschen?
Nominales vs. reales (kaufkraftberücksichtigendes) Einkommen
Wie hoch sind die Opportunitätskosten des Gütererwerbs?
Wie viel kosten z.B. Substitutionsgüter wie Brötchen im Vergleich?
Wie viele Stunden muss durchschnittlich für den Erwerb des Brotes gearbeitet werden?
Preise im Wandel - Kaufkraft im Urlaubsland
Wie viel ist Ihr Geld im Ausland wert?
Wer im Urlaub sparen möchte, kann bei der Auswahl des Reisezieles die Kaufkraft berücksichtigen. Wenn der Euro im Vergleich zu einer anderen Währung stark ist, profitieren Sie davon.
Denn - der Wechselkurs gleicht nicht per se Preisunterschiede aus. Sie bekommen für einen Euro zwar 1,08 US-Dollar (Stand: März 2023), doch kostet eine Kugel Eis in Deutschland etwa 1 bis 2 Euro, in den USA hingegen 3 Dollar und mehr. → Preisniveauunterschiede
Unterschiedliche Preisniveaus gibt es außerhalb und innerhalb des europäischen Währungsraumes:
Wo bekommen Sie am meisten Urlaub für Ihr Geld (Euro)?
Beispielsweise in der Türkei.
Das liegt vor allem daran, dass die Währung in den vergangenen Jahren stark an Wert verloren hat.
Bekamen Sie für 1 Euro 2018 noch 5 türkische Lira , sind es 2023 mehr als 20 Lira.
Besonders großzügig müssen Sie Ihr Budget berechnen, wenn Sie in die Schweiz oder nach Norwegen fahren (hohes Preisniveau). Im Vergleich zu Währungen anderer Länder (Devisen) ist der Schweizer Franken sehr „stark“ bzw. teuer.
Der Außenwert einer Währung gibt an, wie viele Einheiten ausländischer Währung(en) auf dem Devisenmarkt für eine Einheit des inländischen Geldes gezahlt werden.
Ein geringer Außenwert einer Währung ist zwar gut für Urlauber:innen aber zumeist schlecht für die Bürger:innen des betreffenden Landes (z.B. der Türkei). ➢ Hinweis auf schwache Wirtschaftsleistung, Instabilität der Volkswirtschaft, fehlerhafte Wirtschaftspolitik etc.
Reale und nominale Größen
Nehmen wir einmal an, das Schlaraffenland produziert nur zwei Produkte: Schokolade und Kekse.
Zehn Tafeln Schokolade zu je 1 Euro
20 Rollen Kekse zu je 2 Euro
→ Nominales Inlandsprodukt von 50 Euro
Als nominale Größe bezeichnet man Größen, die mit ihrem tatsächlichen Preis berechnet wurden – also jener Wert, der auf dem Preisschild steht.
Im Jahr darauf haben sich die Preise bei gleicher Produktionshöhe verdoppelt. Das nominale Inlandsprodukt beträgt nun 100 Euro.
Sind wir deshalb als Volkswirtschaft doppelt so reich?
→ Nein, denn bis auf die Preiserhöhungen hat sich nichts verändert. Der reale also tatsächliche Wert des Inlandsproduktes – verglichen mit dem Vorjahr – wäre der gleiche, also 50 Euro.
Reale Größen sind nominale Größen, die um den Preisanstieg korrigiert wurden; deswegen nennt man sie auch preisbereinigte Größen.
Geldwertillusion
Eine Geldwertillusion liegt vor, wenn Menschen sich beim wirtschaftlichen Handeln nicht am realen Wert des Geldes orientieren, sondern an dessen nominalen Wert; Änderungen des allgemeinen Preisniveaus also nicht berücksichtigen.In der mittleren Frist verändert sich das Preisniveau in einer Ökonomie allerdings!
Es ist dabei zu unterscheiden zwischen:
Veränderungen der Preise einzelner Güter und damit des Tauschverhältnisses der Güter zueinander
Veränderungen des allgemeinen Preisniveaus, also dem Durchschnitt aller Preise in einer Volkswirtschaft. → Inflation: Anstieg des allgemeinen Preisniveaus → Deflation: Rückgang des allgemeinen Preisniveaus
Alles wird teurer - die Inflation
Ausgleichszahlungen, Treibstoffprämien, Deckelung der Energiepreise: Viele EU-Regierungen haben mit allen Mitteln versucht, die Belastungen für Haushalte durch die Inflation zu reduzieren. Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat ist die jährliche Inflationsrate im März 2023 im Vergleich zum Vorjahr schon wieder zurückgegangen. Ist also alles wieder in Ordnung?
Beantworten Sie folgende Fragen aus dem Gespräch mit der Ökonomin Florence Jarny-Catrice:
Welche realwirtschaftlichen Auswirkungen können mit Leitzinserhöhungen einhergehen?
Was ist eine Stagflation?
In welchen EU-Ländern war die Inflationsrate im März am höchsten/geringsten?
Was haben die Länder mit einer sehr hohen Inflationsrate gemeinsam? • Welcher Gütergruppen wiesen die größte Teuerungsrate auf?
Welche Ursachen hatte die Teuerung?
https://www.youtube.com/watch?v=WNi-iqvIdS0
Sie ist einer der wichtigsten Parameter und Gegenstand hitziger ökonomischer Debatten über ihre Ursprünge, und möglichen Gegenmittel: Die Inflation – und ihre nicht minder problematische Schwester, die Deflation.
Eine Inflation bezeichnet steigende, eine Deflation fallende Preise.
„Inflation kann also definiert werden als eine Verschiebung des Tauschverhältnisses zwischen (1) Geld und (2) Gütern, wie es (3) von einer bestimmten Personengruppe erfahren wird und (4) durch einen bestimmten statistischen Apparat erfasst wird.“
Verbraucherpreisindex und Inflationsrate
Messung in der Inflation
Das allgemeine Preisniveau ist ein Maß für die durchschnittliche Höhe der Preise in der Volkswirtschaft zu einem konkreten Zeitpunkt.
→ Die Inflations- bzw. Deflationsrate beschreibt die prozentuale Veränderung des allgemeinen Preisniveaus gegenüber einer Vorperiode (meistens einem Jahr oder Monat).
Wie lässt sich das Preisniveau und dessen Veränderung nun ermittelt?
Das Gebräuchlichste Maß zur Ermittlung ist der Verbraucherpreisindex (VPI; im Englischen CPI)
→ Grundlage sind die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten „durchschnittlicher Verbraucher:innen“
→ Das Statistische Bundesamt stellt hierzu einen repräsentativen „Warenkorb“ zusammen. Er umfasst rund 650 Güterarten in 12 Güterkategorien.
Die Berechnung der VPI bzw. der Inflationsrate erfolgt in fünf Schritten:
Festlegung eines „repräsentativen Warenkorbs“
→ Mit welcher Gewichtung werden welche Güter und Dienstl. vom „durchschnittlichen Haushalt“ konsumiert?
Feststellung der verschiedenen Preise
→ Wie viel kosten die Güter und Dienstl. des Warenkorbes durchschnittlich zu einem bestimmten Zeitpunkt?
Berechnung des Preises für den gesamten Warenkorb im Basisjahr
→ Wie viel kostet der entsprechende Warenkorb nun also zum ausgewählten Zeitpunkt?
Berechnung des Verbraucherpreisindex (VPI)
→ Wie viel hat dieser repräsentative Warenkorb (z.B. des Basisjahres 2015) im Jahr 2010 gekostet bzw. was kostet er im Jahr 2022? (VPI = Preis im Jahr X / Preis im Basisjahr)*100
Berechnung der Inflationsrate
→ Wie hoch ist die prozentuale Veränderung des VPI im Zeitverlauf (Vorjahr bzw. Vormonat)?
Kritik am VPI als Inflationsindikator
Das Ziel des Verbraucherpreisindex besteht darin, Veränderungen der Lebenshaltungskosten zu messen. Abgesehen von der großen Schwierigkeit dies repräsentativ zu tun, ist dies mit weiteren, nur schwer zu lösenden Problemen verbunden:
Ermittlungsproblem der Preise: Wie hoch sind die tatsächlich von den Konsument*innen gezahlten Preise für die Güter der Lebenshaltung (Berücksichtigung von Angeboten, Rabatten, etc.)?
Substitutionsverzerrung: Wie verändert sich die tatsächliche Zusammensetzung des Warenkorbs bei unterschiedlichen Preisveränderungen der einzelnen Güter des Warenkorbs?
Einführung neuer Güter: Wie können Preise verglichen werden von Gütern, die im Basisjahr noch nicht zum Verkauf standen (z.B. Hafermilch vs. Kuhmilch)?
Nicht erfasste Qualitätsänderung: Wie lassen sich qualitative Veränderungen der Güter mit Blick auf die Lebenshaltungskosten berücksichtigen?
Zusammenfassung: Inflation und VPI
Der Verbraucherpreisindex misst monatlich die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke kaufen. Die Veränderung des Verbraucherpreisindex zum Vorjahresmonat bzw. zum Vorjahr wird als Teuerungsrate oder als Inflationsrate bezeichnet.
Beim Berechnen des Verbraucherpreisindex bzw. der Inflationsrate verwenden wir einen "Warenkorb", der rund 700 Güterarten umfasst und sämtliche von privaten Haushalten in Deutschland gekauften Waren und Dienstleistungen repräsentiert.
Der Verbraucherpreisindex dient insbesondere zur Messung der Geldwertstabilität. Bei einem länger anhaltenden Anstieg des Preisniveaus spricht man von Inflation, bei einem anhaltenden Rückgang von Deflation. Tendenziell haben sowohl Inflation als auch Deflation haben negative ökonomische Folgen. Daher ist das geldpolitische Ziel ein stabiles Preisniveau.
Inflationsarten und ihre Ursachen
Grundsätzlich unterscheidet man verschiedene Arten von Inflationen. Denn Inflation ist nicht gleich Inflation. Es gibt hierfür verschiedene Ursachen und jeweils andersartige Abläufe einer solchen Inflation:
Die Nachfrageinflation ist der klassische Fall der Inflation. Dabei steigt die Nachfrage nach einem Produkt bzw. allen Produkten an, wobei das Angebot nicht entsprechend schnell wachsen kann (etwa aufgrund von fehlenden Produktionskapazitäten). Als Folge erhöhen die Anbieter:innen die Preise für Produkte.
Hingegen entsteht die Angebotsinflation, weil die Produzenten:innen gestiegene Produktionskosten z.B. durch höhere Beschaffungskosten oder Energiepreise direkt an die Konsument:innen weitergeben. Dies führt wiederum dazu, dass die Arbeitnehmer:innen Gehaltserhöhungen verlangen – wodurch die Produktionskosten für Unternehmen weiter steigen („Lohn-Preis-Spirale“)
Die Hyperinflation ist die am stärksten ausgeprägte Inflationsart, wobei keine genaue Definition über ihren Beginn besteht. Allgemein sind Raten von über 50 Prozent notwendig, damit von einer solchen Inflationsart gesprochen wird. Findet eine Hyperinflation statt, sinkt das Vertrauen in die Währung eines Landes binnen weniger Wochen und alternative Währungen (Gold, Essen, Zigaretten) entstehen.
Bei der schleichenden Inflation nehmen die Preise langsam zu, ohne dass dies direkt von den Wirtschaftssubjekten bemerkt wird. Dabei steigen die Preise durchschnittlich um 0 bis 2 Prozent pro Jahr.
Die Hyperinflation von 1923
Unterschiede zwischen den verschiedenen ökonomischen Denkschulen
Zwischen den unterschiedlichen ökonomische Denkschulen gibt es eine Vielzahl an Positionen, die auch gegensätzliche Standpunkte zu den Ursachen einer Inflation vertreten können:
Neoklassik/Monetarismus: „Inflation ist stets und überall ein monetäres Phänomen“ (Friedman, 1970).
Neukeynesianismus: Solange die Arbeitslosigkeit oberhalb der „NAIRU“ verharrt, neigen Preise zu einer fallenden Tendenz, da die Verhandlungsmacht der Arbeitgeber stark ist. Liegt die Arbeitslosenrate längere Zeit unterhalb der NAIRU, folgt daraus Inflation Forderung einer „natürliche Arbeitslosigkeit“.
Post-Keynesianismus: Exogene Faktoren wirtschaftlicher Macht und Erwartungen (insbes. Lohnerwartungen) → Markup policies: Aufschlagpreisbildung inkl. Gewinnkomponente.
Modern Monetary Theory (MMT): Bedeutung der Realwirtschaft z.B. Energiepreise, Marktmacht, Wechselkurse, Lohnveränderungen, Verteilung, Übergewinne. → Die Geldmenge einer Fiat-Währung kann kein zentraler Inflationstreiber sein, da Geldversorgung der Geldnachfrage (Kreditvergabe) folgt. Daher: Fiskalpolitik nicht (nur) Geldpolitik als Steuerungsinstrument.
Alte Institutionenökonomik (AIÖ): Zinsen des Kreditgeldes werden an Verbraucher:innen weiter gegeben
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